NEON GOLD #2 - ALT
DAS FETTE BEUTE MAGAZIN
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en Entdeckung abgelöst hat, d.h. die Sammlung<br />
und Aneignung neuen Wissens durch den puren<br />
Zufall, Glück oder Schlauheit (wie bei der Entdeckung<br />
neuer Kontinente oder des Feuers), stößt<br />
heute also an seine Grenzen. Denn was bei dieser<br />
kontrollierten und gezielten Wissenssteuerung<br />
herauskommt, sind die immer gleichen Antworten<br />
auf die immer gleichen Fragen.<br />
Was treibt neue Ideen somit wirklich an?<br />
Wie können wir neue Fragen stellen? Dazu<br />
gilt es, die Innovation als solche neu zu interpretieren,<br />
sie aus dem geschlossenen Kontext der<br />
Techniker, Entwickler und Forscher im weißen<br />
Kittel herauszulösen und schon von Anfang an<br />
hinaus zu tragen. Wenn bekannte, aber bisher getrennte<br />
Wissenselemente beispielsweise in der sogenannten<br />
„Cross Innovation“ verknüpft werden,<br />
wenn man schon in der Anfangsphase der Entwicklung<br />
eines neuen Produkts in den Dialog mit<br />
verschiedenen Interessenten aus unterschiedlichen<br />
Branchen und Wissensgruppen tritt – ja,<br />
wenn man dem Zufall und dem freien Denken<br />
wieder mehr Raum gibt, wird aus der Innovation<br />
die Synnovation.<br />
Und in der Praxis?<br />
Als Kombination aus den Begriffen Synthese und<br />
Innovation meint die Synnovation die Verknüpfung<br />
von unterschiedlichen Wissensdisziplinen<br />
und die vielleicht unerwartete und nicht vorhersehbare<br />
Rekombination von Vorhandenem zu<br />
etwas Neuem.<br />
Kurz gesagt: Dem Zufall einfach mal freie Hand<br />
lassen. Sich weniger technozentrisch ausrichten.<br />
Kontrolle abgeben. Auf die Praxis bezogen ist das<br />
Crowdsourcing ein Paradebeispiel dafür, wie der<br />
Ansatz der Synnovation funktionieren kann: Management,<br />
Design, Technik und Konsumenten<br />
widmen sich von Anfang an Hand in Hand einem<br />
„Problem“, das sie mit den Einflüssen vieler verschiedener<br />
Ideen, einer Schwarmintelligenz, zu<br />
lösen versuchen. Man fragt seine Kunden<br />
und Zielgruppen also einfach<br />
direkt, wie sie eine Sache angehen<br />
würden, was sie brauchen<br />
und was sie mögen,<br />
statt ihnen ein fertiges<br />
Produkt aufzutischen<br />
und ihre Reaktion<br />
darauf abzuwarten.<br />
Dieser Prozess führt natürlich<br />
zu mehreren Innovationsschleifen<br />
und viele Ideen<br />
müssen verworfen werden,<br />
doch er macht auch etwas möglich,<br />
das in der kleinen Gruppe<br />
von Wissenschaftlern nicht so<br />
einfach zu Stande gekommen<br />
wäre. Ideen und Perspektiven<br />
kreuzen und ergänzen sich. Sie<br />
schaffen neue Blickwinkel und<br />
ungeahnte Möglichkeiten. Und ist man so weit<br />
gekommen, kann die Erfindung getestet und bei<br />
Bedarf angepasst werden.<br />
Zurück zu Wikipedia<br />
Um nun den Kreis zu schließen, lohnt sich wieder<br />
der Blick auf die Online-Enzyklopädie Wikipedia:<br />
Auch dieses einstig revolutionäre Projekt ist aus<br />
der Macht des gesammelten Wissens entstanden.<br />
Diese Wissensplattform hat sich die Schwarmintelligenz<br />
zu Nutze gemacht und durch das intensive<br />
Mitwirken seiner weltweiten Nutzer nicht<br />
nur das Internet entscheidend beeinflusst, sondern<br />
auch einen ganz neuen Zugang zu Wissen<br />
ermöglicht. Die stellenweise Abgabe der Kontrolle<br />
hat alles übertroffen, was im Rahmen der Kapazitäten<br />
einzelner, kluger Köpfe möglich gewesen<br />
wäre. Vielleicht sollten wir uns genau diesen<br />
Ansatz in unserem Streben „immer höher, immer<br />
weiter zu kommen“ zu Herzen nehmen und wieder<br />
ein bisschen mehr auf die glückliche Fügung<br />
und den Zufall vertrauen. Schaden kann eine<br />
weniger krampfhafte Einstellung in unserer<br />
schnelllebigen Zeit jedenfalls nicht.<br />
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