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Die „verschwundene” Gams<br />
Oder wie die „Gamsvroni“ zu ihrem Namen kam<br />
Ein lohnendes Ziel ist die Gamsvroni bei Steeg. Vroni Moll bewirtet hier ihre Gäste. Originales Almflair wie anno dazumal<br />
herrscht im heimeligen Almstüberl.. „Der Mann ohne Kopf“ war eine beliebte Schauergeschichte des Großvaters. Fotos: Lechner<br />
Nach einer leichten Wanderung<br />
durch blütenreiche Bergmähder<br />
bei Steeg im oberen Lechtal erreicht<br />
ein beflissener Wanderer<br />
das hunderte Jahre alte Alm -<br />
stüberl namens „Gamsvroni“.<br />
Die Seele des „Hauses“, Vroni<br />
Moll, kredenzt zu Kasspätzli,<br />
Ochsenaugen und einem Zirbenschnapsl<br />
die ungewöhnliche<br />
Geschichte der Namensgebung<br />
obendrein.<br />
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„Gamsvroni“, einer urigen Alm im<br />
Außerfern. In Hiermoos bei Bockbach<br />
nahe Steeg kommen rare<br />
Spezialitäten deftiger Almkost auf<br />
den Tisch. Aber nicht nur der guten<br />
Verpflegung wegen besuchen<br />
Gäste aus nah und fern die beschauliche<br />
Enklave auf rund 1.500<br />
Metern Seehöhe. Das Gebäude<br />
selbst ist eine Augenweide für sich.<br />
Aus dem 16. Jahrhundert stammend,<br />
werden beim Eintritt in die<br />
niederen Stuben Erinnerungen an<br />
ferne Zeiten wach. Das Interieur<br />
bewahrte den ursprünglichen<br />
Charakter von anno dazumal.<br />
„Mir war wichtig, dass alles so bleiben<br />
darf, wie es immer war“, verweigerte<br />
Almwirtin Vroni Moll<br />
eine Anbindung an die Moderne.<br />
Vertraut von Kindesbeinen an mit<br />
den Sommern auf der Alm, dem<br />
Vieh, dem Wald und den Erzählungen<br />
des Vaters, der mit seinen<br />
Schauergeschichten den Kindern<br />
das Fürchten lehrte. Es war trotz<br />
aller Beengtheit der kleinen Alm<br />
eine schöne Zeit, die sie nicht missen<br />
möchte, und die ihre Fortsetzung<br />
in ihrem Bemühen um den<br />
Bestand der Alm fand, erzählt die<br />
„Gamsvroni“, die rührige Inhaberin<br />
der gleichnamigen Einkehr.<br />
Und diese Bezeichnung entstand<br />
so:<br />
Üblicherweise besteht zwischen<br />
Jägern und Almleuten ein gutes<br />
Einvernehmen, das bei einem gelegentlichen<br />
Zuprosten bekräftigt<br />
wird. Eine Ausnahme war ein Berufsjäger,<br />
der recht unfreundlich<br />
stets einen Bogen um jene Alm<br />
schlug, die vom Vater bewirtschaftet<br />
wurde. „Wie man in den Wald<br />
hineinruft so schallt es zurück“ –<br />
dachte sich die damals 24-Jährige<br />
und nahm alsbald die Gelegenheit<br />
wahr, dem wackeren Waidmann<br />
einen Streich zu spielen. Jäger und<br />
Jagdpächter hatten eine Gams geschossen,<br />
die sie aber nach dem<br />
„Aufbrechen“ neben dem Weg liegen<br />
ließen, um sich auf eine weitere<br />
Pirsch zu begeben. Vroni schlich<br />
sich zur Gams, schnitt ihr couragiert<br />
das Haupt ab und warf den<br />
Wildkörper in den anbei fließenden<br />
Bach. Der Kopf wurde in einen<br />
Plastiksack gewickelt und landete<br />
im Misthaufen. Der unbeliebte<br />
Schütze sollte damit zur vergeblichen<br />
Suche nach dem Tier<br />
verleitet werden - so der Plan.<br />
Doch es kam anders. Die beiden<br />
Jäger fuhren ohne lang zu suchen<br />
auf und davon. Nach zwei Stunden<br />
war alles in heller Aufruhr.<br />
Streifenwagen mit Blaulicht,<br />
Suchhunden und Gendarmen<br />
fahndeten nach der Gams wie<br />
nach einem Serienmörder. Der<br />
Streich der Vroni Moll gipfelte in<br />
einer Anklage wegen Wilddiebstahl<br />
und infolgedessen fasste sie<br />
ein Strafmaß von drei Jahren bedingt<br />
aus. Diese Begebenheit<br />
machte die Runde im Lechtal und<br />
sie erhielt einen „Tusch für die<br />
Gamsvroni“ beim jährlichen Talfest.<br />
Dies alles geschah vor 30 Jahren.<br />
Die Strafe ist getilgt, die Lacher<br />
kamen auf ihre Kosten und zurück<br />
blieb eine Begebenheit, an die<br />
letztlich nur mehr der Name<br />
„Gamsvroni“ vom Almstüberl erinnert.<br />
(leva)<br />
32 8. September <strong>2015</strong>