James Tiptree Jr.-Reader
Leseproben der 7 Bändigen Werkausgabe des Septime Verlag, sowie der Biografie von Julie Phillips.
Leseproben der 7 Bändigen Werkausgabe des Septime Verlag,
sowie der Biografie von Julie Phillips.
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Mama kommt nach Hause<br />
Der Tag, als Papa nach Hause kam, war<br />
der Tag, an dem meine Mama zu mir<br />
kam. Zumindest sehe ich den ersten Kontakt<br />
der Erde mit den A ußerirdischen so.<br />
Kann ja sein, dass sich unsere Vorstellungen<br />
davon, was menschlich ist, etwas<br />
geändert haben, aber eins hat sich nicht<br />
geändert: Die großen Ereignisse, die in<br />
die Geschichte eingehen, sind nach wie<br />
vor bloß Kulisse für das eigentliche ›Ichund-Du‹-Drama.<br />
Etwa nicht? Wurde das<br />
US-chinesisch-sowjetische Bündnis etwa<br />
nicht in eben der Woche geschlossen, in<br />
der Ihre Tochter geheiratet hat?<br />
Na jedenfalls, da waren sie nun und<br />
hockten auf Luna. Es ist zwar nicht<br />
allgemein bekannt, aber im Jahr davor<br />
hatte es einigen Wirbel um ein sich<br />
bewegendes Objekt in der Nähe des<br />
Pluto gegeben. Damals beschloss die<br />
CIA, der Weltraum würde unter der<br />
Kategorie ›Ausländisches Territorium‹<br />
in ihren Tätigkeitsbereich fallen - immerhin<br />
blieb damit den Vereinigten<br />
Stabschefs nicht die uneingeschränkte<br />
Kontrolle über mögliche Kontakte mit<br />
galaktischen Zivilisationen überlassen.<br />
Und daher konnte unser kleiner Laden<br />
ein wenig bei der elektronischen Aufregung<br />
mitmischen. Die Russen halfen<br />
auch, sie sind einfach die unumstrittenen<br />
Spitzenreiter, wenn es darum geht,<br />
große Tonnagen ins All zu hieven, aber<br />
wir haben immer noch einen Vorsprung<br />
in der Kommunikation - wir<br />
legen uns mehr ins Zeug. Die Briten<br />
und die Aussies auch, aber wir schnappen<br />
denen immer wieder die besten<br />
Leute weg.<br />
Die ersten Signale verloren sich im<br />
Sand - bis eines schönen Abends im<br />
April unsere gesamte Kommunikation<br />
zusammenbrach, der Vollmond aufging<br />
und dieser große fremde Schiffsrumpf<br />
auf den lunaren Alpen parkte. Lag einfach<br />
da, drei Tage lang, bläulich leuchtend,<br />
durch jedes Fernglas mit sechsfacher<br />
Vergrößerung erkennbar - wer sich<br />
eins kaufen konnte. Und Sie erinnern<br />
sich sicher noch, wir hatten damals ja<br />
keine bemannte Mondstation. Nachdem<br />
der Frieden ausgebrochen war, wollte<br />
niemand mehr Geld für Vakuum und<br />
Gesteinsbrocken verschwenden. So wie<br />
es um unser Weltraumprogramm bestellt<br />
war, hätten wir drei Monate gebraucht,<br />
um sie auch nur mit einer Büroklammer<br />
angreifen zu können.<br />
Am ›Tag A‹ plus eins erspähte ich Tillie<br />
am Wasserspender.<br />
Dazu musste ich durch zwei Türen<br />
und Mrs. Peabody, meine Sekretärin,<br />
hindurchsehen, aber das konnte ich inzwischen<br />
schon ganz gut. Ich bummelte<br />
hinaus und sagte:<br />
»Wie geht’s denn bei George so voran?«<br />
Sie sah mich durch ihre herabhängende<br />
Mähne mit einem Auge mürrisch<br />
an, trank ihren Becher aus und machte<br />
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