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James Tiptree Jr.-Reader

Leseproben der 7 Bändigen Werkausgabe des Septime Verlag, sowie der Biografie von Julie Phillips.

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Dank meiner Vergangenheit als Schöpfer<br />

gefälschten Beweismaterials in den schlechten<br />

alten Zeiten. Fälschung - ich kann das<br />

Wort nicht ausstehen. Auf meine berufen<br />

sich immer noch die Historiker.<br />

In der Mittagspause sah ich mich im<br />

Rapa’s, unserer hiesigen Zufluchtsstätte,<br />

nach Tillie um. Seit Big Brother in Langley<br />

dahintergekommen ist, dass unsere<br />

Jungs und Mädels zu Rapa’s gehen, statt<br />

sich den Pappfraß der Behördenkantine<br />

anzutun, ist Rapa’s ehemalige Kassiererin<br />

durch eine Jungfer mit biederem Rocksaum<br />

und Kamera in jedem, ähm, Augapfel<br />

ersetzt worden. Aber das Essen ist<br />

immer noch gut.<br />

Tillie saß entspannt zurückgelehnt<br />

da, um ihren sinnlichen Mund spielte<br />

ein verträumtes, schiefes Lächeln. Sie<br />

hörte mich kommen und wischte es weg.<br />

Ihre Gelassenheit war nur vorgetäuscht;<br />

ich sah, wie ihre Hand mit ein paar zerpflückten<br />

Streichhölzchen zugange war.<br />

Sie lächelte wieder, aber diesmal, als<br />

ob ihr jemand fünfzig Cent für den rechten<br />

Arm geboten hätte. Aber es war alles<br />

in Ordnung. Ich kannte sie schon, sie hatte<br />

einen ihrer guten Tage. Wir bestellten<br />

Kalbfleisch und Pasta. Einvernehmlich.<br />

»Sieh dir mal das hier an«, lockte ich.<br />

»Uns ist es endlich gelungen, eine flüchtige<br />

Synchronisation mit ihrem Signal<br />

herzustellen und ein paar Einzelbilder<br />

aufzufangen.«<br />

Das Foto war zur Hälfte verschwommen,<br />

der Rest dagegen sehr klar. Tillie<br />

starrte darauf.<br />

»Es ist - es ist -«<br />

»Ja-ha, es ist bildschön. Sie ist schön.<br />

Und dir wie aus dem Gesicht geschnitten,<br />

mein Mädchen.«<br />

»Aber Max, bist du ganz sicher?«<br />

Dass sie meinen Namen aussprach, war<br />

ein gutes Zeichen.<br />

»Ganz. Wir haben gesehen, wie sie<br />

sich bewegt hat. Das hier, Kleines, ist<br />

›das Alien‹. Wir haben es sogar von jedem<br />

großen Filmarchiv auf der Welt überprüfen<br />

lassen. Es ist keine irgendwie geartete<br />

alte Ausstrahlung. Siehst du die Inschrift<br />

auf ihrem Helm und die Schalttafel im<br />

Hintergrund? Sowas hat niemand. Auch<br />

ganz eindeutig, wo die Übertragung herkommt.<br />

Das Schiff da oben ist voller<br />

menschenähnlicher Gestalten. Zumindest<br />

weiblicher … Was hat George herausgefunden?«<br />

»Du bekommst noch eine, äh Kopie«,<br />

sagte sie abwesend, während sie verzückt<br />

das Bild in sich aufnahm. »Er hat<br />

zirka zweihundert Wörter entschlüsselt.<br />

Es ist seltsam. Sie wollen landen - und<br />

irgendwas von wegen Mutter. Sowas wie,<br />

Mutter ist wieder da, oder ist zu Hause.<br />

George meint, ›Mutter‹ würde es am<br />

besten treffen, jedenfalls kriegt er’s nicht<br />

besser hin.«<br />

»Wenn das Mutter ist, mein lieber<br />

Mann! Ah, deine Pasta ist da.«<br />

Sie landeten eine Woche später, nach<br />

heftigem internationalem Tauziehen. Bei<br />

Mexico City, wie jeder weiß. Mit einem<br />

schlichten Senkrechtstarter. Dank Georges<br />

Beziehungen - im wahrsten Sinne<br />

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