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Arbeitszeugnisse - Miarbeiter aktiv vertreten

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Mitarbeiter Unzulässige Aktiv Angaben Vertreten im Zeugnis<br />

A K T U E L L E<br />

U R T E I L E<br />

Das darf der Dienstgeber nicht erwähnen!<br />

Es gibt bestimmte Vorkommnisse, die nichts in einem Zeugnis zu<br />

suchen haben. So haben Ausfallzeiten wie eine längere Krankheit<br />

keinen Bezug zur Leistung des Mitarbeiters, weil sie in die Gesamtbeurteilung<br />

nicht einfließen. Ein potenzieller neuer Dienstgeber<br />

sollte aber wissen, wenn ein Bewerber über einen längeren Zeitraum<br />

ausgefallen ist und deshalb keine Berufserfahrung sammeln<br />

konnte. Welche Grenzen die Rechtsprechung in diesem Zwiespalt<br />

zieht, lesen Sie hier.<br />

Grundsätzlich gilt: Einmalige Ausrutscher oder zeitlich begrenzte<br />

Leistungsdefizite, die auf private Schicksalsschläge<br />

zurückzuführen sind (z. B. Tod der Ehefrau, Scheidung), muss<br />

der Dienstgeber unerwähnt lassen; sie würden andernfalls<br />

das Leistungsbild verfälschen.<br />

Keine Erwähnung dürfen im Zeugnis auch<br />

folgende Umstände finden:<br />

erteilte Abmahnungen/Ermahnungen<br />

Alkoholkonsum, soweit er keine Auswirkungen auf Leistung/Führung<br />

hat<br />

Kündigungsgründe; dies gilt insbesondere auch bei einer<br />

fristlosen Kündigung, weil hier bereits der aufgeführte<br />

Beendigungszeitpunkt auf sie hindeutet<br />

Krankheiten und sonstige Fehlzeiten<br />

Schwerbehinderteneigenschaft (es sei denn, der Mitarbeiter<br />

wünscht die Erwähnung!)<br />

Tätigkeit in der Mitarbeitervertretung oder in einer arbeitsrechtlichen<br />

Kommission zur Gestaltung des kirchlichen<br />

Arbeitsrechts<br />

Partei- oder Gewerkschaftszugehörigkeit des Mitarbeiters<br />

Straftaten (Ausnahme nur dann, wenn sie in einem unmittelbaren<br />

Bezug zum Dienstverhältnis stehen)<br />

B E I S P I E L<br />

Notarztfahrer des Krankenhauses … wird wegen Trunkenheitsfahrt<br />

verurteilt; Materialverwalter unterschlägt Büromaterial.<br />

Sonderfall: freigestelltes MAV-Mitglied<br />

Die Tätigkeit als Betriebsrat bzw. in der MAV ist (so die ganz<br />

überwiegende Auffassung in Rechtsprechung und Literatur)<br />

nur auf Wunsch des Mitarbeiters in das Zeugnis aufzunehmen.<br />

Dabei ist aber lediglich die Tätigkeit als ehrenamtliches Engagement<br />

gemeint. Etwas anderes kann sich ergeben, wenn<br />

der Mitarbeitervertreter von der Arbeitsleistung freigestellt<br />

war.<br />

Ein Dienstgeber kann im Hinblick auf den Grundsatz der Zeugniswahrheit<br />

in einen Konflikt geraten, wenn die MAV-Tätigkeit<br />

bei vollständiger Arbeitsfreistellung über einen längeren Zeitraum<br />

ausgeübt wurde.<br />

Freistellungszeit wahrheitsgemäß, dann könnte dies den ehemaligen<br />

Mitarbeitervertreter gegenüber Mitbewerbern benachteiligen,<br />

wenn er sich bei einem anderen Dienstgeber bewirbt,<br />

da hiermit seine MAV-Tätigkeit sowie die Tatsache evident<br />

sind, dass er seinen eigentlichen Beruf über eine lange Zeit<br />

gar nicht ausgeübt hat.<br />

Wie ist dieser Konflikt zu lösen?<br />

Zwar dürfen nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts<br />

(BAG) Arbeitnehmer nur nach Eignung, Befähigung<br />

und fachlicher Leistung beurteilt werden. Demzufolge dürfen<br />

Merkmale, die keinen Bezug zur geschuldeten Leistung haben<br />

– wie die MAV-Tätigkeit –, grundsätzlich nicht erwähnt werden.<br />

Ausnahmsweise wird jedoch die Erwähnung als statthaft angesehen,<br />

wenn wegen des Ausmaßes der Ausfallzeit eine die<br />

Gesamtdauer des Beschäftigungsverhältnisses umfassende<br />

Beurteilung nicht möglich ist. Das Landesarbeitsgericht (LAG)<br />

Köln hat in diesem Zusammenhang geurteilt, dass derjenige,<br />

der 5 Jahre lang nicht mit seinen arbeitsvertraglichen Aufgaben<br />

befasst war, weniger (aktuelle) Berufserfahrung hat als ein Arbeitnehmer,<br />

der nicht so lange „draußen“ war (6.12.2012, Az.<br />

7 Sa 583/12).<br />

F A Z I T<br />

In diesen Fällen darf und muss die langjährige Freistellung eines<br />

Mitarbeitervertreters im Zeugnis erwähnt werden!<br />

Sonderfall: Elternzeit<br />

Eine ähnliche Konstellation ergibt sich, wenn der Mitarbeiter<br />

eine bis zu 3-jährige Elternzeit in Anspruch genommen hat.<br />

Nach der Rechtsprechung des BAG darf der Dienstgeber die<br />

Elternzeit eines Mitarbeiters im Zeugnis nur erwähnen, sofern<br />

sich die Ausfallzeit als eine „wesentliche tatsächliche Unterbrechung<br />

der Beschäftigung“ darstellt. Das ist laut BAG der<br />

Fall, wenn diese nach Lage und Dauer erheblich ist und wenn<br />

bei ihrer Nichterwähnung für Dritte der falsche Eindruck entstünde,<br />

dass die Beurteilung des Arbeitnehmers auf einer tatsächlichen<br />

Arbeitsleistung beruht, die der Dauer des rechtlichen<br />

Bestands des Arbeitsverhältnisses entspricht.<br />

In dem entschiedenen Fall wertete das BAG ein Zeugnis als<br />

zulässig, das einem 4 Jahre und 2 Monate beschäftigten Koch<br />

erteilt worden war und in dem eine fast 3-jährige Elternzeit<br />

erwähnt wurde (10.5.2005, Az. 9 AZR 26/04).<br />

In diese Linie passt auch eine Entscheidung des LAG Köln<br />

(4.5.2012, Az. 4 Sa 114/12): Danach kann eine Elternzeit von<br />

einem Jahr, die am Ende eines 6,5 Jahre dauernden Arbeitsverhältnisses<br />

genommen wurde, im Zeugnis erwähnt werden.<br />

Denn hier hat er neben der ihm obliegenden Pflicht zur Zeugniswahrheit<br />

auch das Benachteiligungsverbot gegenüber Mitarbeitervertretern<br />

(§ 18 Abs. 1 MAVO bzw. § 19 Abs. 1<br />

MVG.EKD) in Betracht zu ziehen: Benennt er nämlich die<br />

F A Z I T<br />

Es kommt also bei der Elternzeit darauf an, auf welche Zeitdauer<br />

sie sich innerhalb des Arbeitsverhältnisses erstreckt.<br />

MAV · Mitarbeiter Aktiv Vertreten September 2012<br />

April 2016<br />

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