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Arbeitszeugnisse - Miarbeiter aktiv vertreten

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Beweislast im Zeugnisprozess<br />

Wann der Dienstgeber das Zeugnis korrigieren muss:<br />

Der Beweis entscheidet!<br />

Ist das Zeugnis falsch, weil es formelle oder inhaltliche Mängel<br />

aufweist, dann haben Mitarbeiter Anspruch darauf, dass der Dienstgeber<br />

ihnen ein neues Zeugnis ausstellt. Kommt es in einem Zeugnisstreit<br />

sogar zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung, dann<br />

gelten dafür spezielle Beweislastregeln, die Sie als Mitarbeitervertretung<br />

kennen sollten.<br />

Klagt ein Mitarbeiter auf Berichtigung eines <strong>Arbeitszeugnisse</strong>s,<br />

so muss er im Klageantrag genau angeben, welche Formulierungen<br />

in seinem Zeugnis mit welchem genauen Wortlaut<br />

korrigiert werden sollen. Nach den allgemeinen Grundsätzen<br />

der Beweislast hat der Mitarbeiter als Anspruchsteller grundsätzlich<br />

die anspruchsbegründenden Tatsachen darzulegen<br />

und zu beweisen.<br />

Im Zeugnisrechtsprozess gilt folgende<br />

Besonderheit:<br />

Hat der Dienstgeber ein Zeugnis mit einer durchschnittlichen<br />

Leistungsbewertung ausgestellt, dann muss der<br />

Mitarbeiter, der eine gute bzw. sehr gute Bewertung verlangt,<br />

die Fakten und damit die tatsächliche Grundlage<br />

für eine solche Bewertung vortragen und diese ggf. auch<br />

beweisen.<br />

<br />

Stellt der Dienstgeber ein Zeugnis mit einer nur ausreichenden<br />

oder noch schlechteren Bewertung aus, dann<br />

ist er verpflichtet, darzulegen und zu beweisen, anhand<br />

welcher Fakten er zu dieser Bewertung kam.<br />

BAG: keine Verschiebung um eine Notenstufe<br />

nach oben!<br />

Erst vor kurzer Zeit hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) seine<br />

bisherige Rechtsprechung zur Beweislastverteilung im Zeugnisrecht<br />

wieder bestätigt:<br />

In dem Fall hatte eine Zahnarzthelferin gegen ihren ehemaligen<br />

Arbeitgeber mit der Argumentation geklagt, aufgrund<br />

veränderter Umstände im Wirtschaftsleben sei ein Arbeitszeugnis<br />

mit der Leistungsbewertung „gut“ inzwischen zum<br />

Durchschnitt geworden. Sie habe eine überdurchschnittliche<br />

Arbeitsleistung erbracht, weswegen ein Zeugnis mit der gängigen<br />

Standardnote „befriedigend“, die der Schulnote 3 entspreche,<br />

in ihrem Fall nicht gerechtfertigt sei.<br />

Das BAG sah für eine Verschiebung der Darlegungs- und Beweislast<br />

um eine Notenstufe nach oben keinen Anlass: Wer<br />

eine gute Leistung bescheinigt sehen wolle, müsse dies auch<br />

weiterhin unter Beweis stellen.<br />

Es bleibt also dabei: Will ein Mitarbeiter eine bessere als die<br />

durchschnittliche Bewertung erreichen, dann muss er die genauen<br />

Gründe dafür darlegen und ggf. beweisen.<br />

Das gilt auch, wenn in einer Branche gute und sehr gute Beurteilungen<br />

üblich sind (BAG, 18.11.2014, Az. 9 AZR 584/13).<br />

F A Z I T<br />

Eine negative Beurteilung brauchen Sie sich nicht gefallen zu<br />

lassen, wenn sie nicht den Tatsachen entspricht. Auch wenn <strong>Arbeitszeugnisse</strong><br />

„wohlwollend“ zu formulieren sind, muss sich<br />

dieses Wohlwollen stets im Bereich der Wahrheit bewegen! Jemand,<br />

der durchschnittliche Leistungen erbringt, darf also nicht<br />

mit „gut“ beurteilt werden.<br />

Vertritt der Mitarbeiter die Auffassung, er habe überdurchschnittlich<br />

gute Leistungen erbracht, muss er darlegen und<br />

beweisen, woraus sich diese überdurchschnittliche Qualität<br />

in seinem konkreten Fall tatsächlich ergibt. Entscheidend ist<br />

also allein die Leistung im Einzelfall und nicht die Häufigkeit<br />

der Verwendung der Note „gut“ in bestimmten Branchen.<br />

Überblick: Beweislastverteilung<br />

im Zeugnisrecht<br />

Mitarbeiter<br />

Er hat die Tatsachen vorzutragen<br />

und zu beweisen, aus denen<br />

sich eine bessere Beurteilung<br />

ergeben soll, wenn der Dienstgeber<br />

dem Mitarbeiter insgesamt<br />

eine durchschnittliche<br />

Leistung bescheinigt.<br />

W I C H T I G<br />

Dienstgeber<br />

Ihm obliegt es, die seiner<br />

Beurteilung zugrunde liegenden<br />

Tatsachen darzulegen<br />

und ggf. zu beweisen, wenn<br />

er den Mitarbeiter als unterdurchschnittlich<br />

beurteilt.<br />

Auf Daten und Fristen achten!<br />

Abgesehen von der korrekten Beschreibung der Tätigkeiten<br />

und der wahrheitsgemäßen Beurteilung der Leistungen sollten<br />

Mitarbeiter darauf achten, dass zwischen dem letzten Tag des<br />

Dienstverhältnisses und dem Ausstellungsdatum des Zeugnisses<br />

kein großer zeitlicher Abstand klafft. Denn ein später<br />

ausgestelltes Zeugnis kann bei einem künftigen Dienstgeber<br />

leicht den Eindruck erwecken, dass über den Zeugnisinhalt<br />

gestritten wurde.<br />

Auch wenn der Dienstgeber das Zeugnis tatsächlich erst später<br />

erstellt oder korrigiert, haben Mitarbeiter deshalb einen Anspruch<br />

darauf, dass das Zeugnis auf das Datum der Beendigung<br />

ihres Dienstverhältnisses zurückdatiert wird!<br />

Denken Sie auch daran, dass der Zeugnisanspruch zeitnah geltend<br />

gemacht wird. Durch Ausschlussfristen, die für ihr Arbeitsverhältnis<br />

gelten, können Mitarbeiter ihren Anspruch für immer<br />

verlieren. In den Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) Caritas ist z. B.<br />

die 6-monatige Ausschlussfrist enthalten, § 23 AVR-Caritas; für<br />

die Diakonie gilt dies entsprechend gemäß § 45 Abs. 2 AVR-<br />

DW.EKD.<br />

MAV · Mitarbeiter Aktiv Vertreten April 2016<br />

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