Gemeindebrief juni-august-2016-web
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Das geistliche Wort<br />
Liebe Leserinnen und Leser!<br />
Ebbe und Flut<br />
Unseren Sommerurlaub<br />
verbringen wir in der<br />
Regel an der ostfriesischen<br />
Nordseeküste.<br />
Immer wieder versetzt<br />
mich dort ein Naturphänomen<br />
ins Staunen: Der<br />
Wechsel von Ebbe und<br />
Flut.<br />
Dieser Wechsel prägt den<br />
Tagesablauf der Küstenbewohner.<br />
Er erfolgt in einem 12,25-stündigem Rhythmus<br />
und entsteht, weil die Wasserbewegung der Ozeane auf<br />
jene Gezeitenkräfte zurückzuführen ist, die infolge des<br />
Mondumlaufs und infolge der Erddrehung um die Erde<br />
wandern und den regionalen Meeresspiegel in fortlaufenden<br />
Takt heben und senken. Auch die Sonne, die<br />
wesentlich weiter von der Erde entfernt ist, trägt dazu<br />
bei.<br />
Die Küstenbewohner leben mit diesem Rhythmus.<br />
Besonders die Fischer, Fährenbetreiber und Freizeitkapitäne<br />
kennen sich damit aus. Wenn Ebbe ist und im<br />
Wattenmeer nur schmale Fahrrinnen bleiben, sind<br />
manche der Inseln nicht über den Wasserweg erreichbar.<br />
Viele Boote liegen dann in den Häfen fest, an Fischfang<br />
ist nicht zu denken. Das Element fehlt, in dem sie<br />
sich bewegen können. Manchmal geschieht es, dass<br />
Bootsbesitzer sich sogar ganz bewußt im Watt ‚trockenfallen'<br />
lassen: Das Boot liegt dann bei Ebbe schief<br />
auf den Sandbänken auf und man kann seinen Rumpf<br />
ganz bequem inspizieren oder reparieren. Kommt das<br />
Wasser dann mit der Flut zurück, richtet sich das Boot<br />
wieder auf und hat wieder die Möglichkeit, seiner<br />
Bestimmung gerecht zu werden. Los geht die Fahrt und<br />
ein paar Stunden später kommt der Fang an Land.<br />
Ebbe und Flut - ein Bild auch für unser menschliches<br />
Leben: Ebbe und Flut, Auf und Ab, Hin und Her - nichts<br />
ist so beständig wie die Veränderung. Da gibt es Zeiten,<br />
in denen unsere Fahrt auf dem Wassers gut vorangeht,<br />
auf den Wellen des Erfolges, im gemeisterten Alltag, im<br />
funktionierenden Leben. Aber Ebbe ist eben auch<br />
manchmal, dann wird's trocken und leer, nichts geht<br />
mehr. Wie ein Boot, das im Sand festliegt. Die Kräfte,<br />
die unser Leben nach unten ziehen, lassen uns wie<br />
festgesetzt fühlen. Und man spürt, dass die eigene Kraft<br />
nicht ausreicht, um die Situation zu verändern. Damit<br />
das Schiff wieder flott wird und die Lebensfahrt<br />
weitergehen kann, muss ein anderer kommen, der uns<br />
hilft: Gott.<br />
Der Glaube an Gott bezeugt seit Urzeiten die Erfahrung,<br />
dass Gott uns mit seiner Liebe und seiner Barmherzigkeit<br />
umgibt und unser Lebensschiff immer wieder<br />
flott machen will, damit es sich von der Erde lösen kann<br />
und neue Fahrt gewinnt. Gottes Liebe trägt uns durch<br />
das Meer der Zeit. Sie begegnet uns im anderen Menschen,<br />
im Zuhören, im Verstehen, in der helfenden Tat,<br />
im Einsatz für andere. Gott will nicht, dass wir ewig auf<br />
Grund liegen oder in Problemen festsitzen. Nein, neue<br />
Fahrt soll es geben und erfülltes Leben, das schließt<br />
Zeiten der Ebbe nicht aus, aber sie werden auch wieder<br />
vorübergehen.<br />
Herzlichst<br />
Ihr Martin Roggenkämper<br />
3