06.06.2016 Aufrufe

De:Bug 170

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

MY BLOODY VALENTINE<br />

MBV<br />

[NOT ON LABEL]<br />

ATOM TM<br />

HD<br />

[RASTER-NOTON]<br />

01 Atom TM<br />

HD<br />

Raster-Noton<br />

02 My Bloody Valentine<br />

mbv<br />

Not on label<br />

03 Function<br />

Incubation<br />

Ostgut Ton<br />

04 Ruby<br />

Foreword EP<br />

Tevo Howard Recordings<br />

05 Bandshell<br />

Caustic View<br />

Liberation Technologies<br />

06 Rainer Veil<br />

Struck EP<br />

Modern Love<br />

07 V.A.<br />

KLSUnderground 2<br />

Klasse Recordings<br />

08 Rising Sun<br />

Awake From A Dream<br />

Wake Up!<br />

09 Benjamin Damage<br />

Heliosphere<br />

50 Weapons<br />

10 Pev & Kowton<br />

Raw Code<br />

Hessle Audio<br />

11 Metaboman<br />

Ja/Noe<br />

Musik Krause<br />

12 Unknown<br />

50005<br />

Wax<br />

13 Audio Werner<br />

High<br />

Hartchef<br />

14 Elektro Guzzi<br />

Cashmere EP<br />

Macro Recordings<br />

15 Seba<br />

Identity<br />

Secret Operations!<br />

16 Blamstrain<br />

Sunday Dub<br />

Erotus Records<br />

17 Dauwd<br />

Heat Division<br />

Ghostly<br />

18 Achterbahn D’Amour<br />

Cardbox / Harmonia<br />

Acid Test<br />

19 John Foxx and The Maths<br />

Evidence<br />

Metamatic<br />

20 Maxmillion Dunbar<br />

House Of Woo<br />

RVNG Intl.<br />

21 Lake People<br />

Step Over, Trace Into Pt. 1<br />

Connaisseur Recordings<br />

22 Leon Vynehall<br />

Rosalind EP<br />

Well Rounded Housing Project<br />

23 Autechre<br />

Exai<br />

Warp<br />

24 Vincent I. Watson<br />

Serene<br />

Pyramids Of Mars<br />

25 Ametsub<br />

All Is Silence<br />

Nothings66<br />

www.mybloodyvalentine.org<br />

ALBUM<br />

DES<br />

MONATS<br />

Überraschung. Was für ein Wochenende. Man wollte es erst nicht glauben, die<br />

Server waren obendrein überlastet, aber es sollte da sein, nach 22 Jahren, das<br />

neue Album von My Bloody Valentine. Kevin Shields mal nicht nennenswert zu<br />

spät. Man hatte gehört, zur neuen Tour, vielleicht schon Anfang Februar, und<br />

selbst die Bandmitglieder hatten immer noch keine Ahnung wie es klingen<br />

könnte. Sie hatten alles eingespielt, aber darüber hinaus? Kevin wird schon<br />

was draus machen. Und dann, runtergeladen, das Vinyl dauert noch, angemacht<br />

und lauter gemacht, immer lauter, noch lauter. Und sofort immer mehr<br />

aufgesogen werden in diesen neuen Tracks, die plötzlich alle Hoffnung erfüllen,<br />

die man hatte, obwohl man eigentlich längst keine mehr hätte haben sollen. Es<br />

ist schwer zu erklären, vor allem für alle, die damals nicht in My Bloody Valentine<br />

verloren waren, was so ein Release bedeuten kann. My Bloody Valentine<br />

war immer schon eine sehr körperliche Erfahrung. Etwas, das einen öffnet, einen<br />

wortlos lässt, zu viel ist von dieser Blissed-Out-Generation geredet worden.<br />

Einen in dieses Gefühl taucht, das man zu seinem eigenen macht, das einen<br />

prägt, einem sagt wie die Welt ist, sein könnte, sein sollte, ohne dass man es<br />

genauer definieren könnte. My Bloody Valentine soll genug sein als Referenz,<br />

denn es war nie eine Generation, es ging immer nur um die vier Musiker. Für<br />

mich markierte MBV das Ende von Gitarren. Es hätte kein schöneres geben<br />

können. Ich hatte aber auch den Irrglauben, an solche Musik den Anspruch<br />

zu stellen immer weiter zu wollen. <strong>De</strong>r sollte sich dann auf elektronische Musik<br />

verlagern und lebt da in Resten immer noch. Jetzt wieder zurück? Geht das?<br />

Die Perspektive ist eine andere. Aber My Bloody Valentine sind immer noch<br />

sie selbst. Diese Melodien, die kein Ende zu finden scheinen, dieses Beharren<br />

auf eine merkwürdige Harmonie, die um ein blindes Zentrum mäandert. Diese<br />

Gewalt, die hängengeblieben sein darf, ohne Stillstand zu suggerieren. Wir<br />

werden nicht dazu kommen, das Album und seine Tracks zu beschreiben. Diese<br />

krabbelnde Elegie, dieses alles durchflutende, dieses ständige Auflaufen der<br />

eigenen Gefühle gegen diese Grenze des Sounds, die Shields so perfekt zu<br />

inszenieren weiß, dass man jedem zerrenden Gitarrensound zutraut, dahinter<br />

wäre mehr, ein Geheimnis, das man nur entdeckt, wenn man ihm seine Ohren<br />

opfert. Notfalls bis zum Gehörschaden. MBV, das hört man oft, sind Perfektionisten.<br />

Sie sind aber auch Kids. Geblieben. Sich selbst treu bis hin zu dem<br />

Punkt, an dem man nur mit ihnen glauben kann, dass sich nichts jemals verändern<br />

wird, und dass genau das gut ist, dass man diesen innersten Punkt finden<br />

kann, an dem alles wie in einer Krypta aufgehoben ist, unerreicht, unerreichbar,<br />

aber doch mit einem selbst im Einklang. Kann ich 100.000 Zeichen mehr bekommen,<br />

um nichts zu sagen?<br />

BLEED<br />

www.raster-noton.net<br />

12" DES<br />

MONATS<br />

Mit "Liedgut" und "Winterreise", seinen beiden Vorgängeralben auf Raster-<br />

Noton, hatte sich Uwe Schmidt die Latte hoch gehängt, wenn auch an einen<br />

etwas abgelegenen Ort. Das eine ein Spiel um Klangphysik und deutsche<br />

Romantik in einem Grad der Durchdringung, der eine ganz neue Liga aufmachte.<br />

Das andere, ebenso unter dem Abziehbild Schuberts, quasi den Gegenschuss<br />

auf die dunkle, sprachlose Seite nachliefernd, beide geboren aus<br />

der Exilerfahrung. "HD" nun ist ein Album, das alle angeht, mit dem sein finales<br />

Projekt zuhause ankommt, das alle Themen zusammenzuführen scheint,<br />

die Atom TM ausmachen. Lupenreiner Pop, der sich in seiner Slogan-Verdichtung<br />

auch für Kalauer nicht zu schade ist, aber an der richtigen Stelle auch<br />

kein Blatt vor den Mund nimmt. In dem die Sehnsucht nach einer Neuerfindung<br />

von Dancefloor diesem eine längst verlorengegangene Frische wiedergibt,<br />

Statement und Spiel, Abgesang und Phönix zugleich. "HD", in seiner<br />

Urfassung noch "Hard Disk Rock", hat sich in seiner siebenjährigen Reifungsgeschichte<br />

so hoch verdichtet, dass die Suche nach dem blinden Fleck seines<br />

Schöpfers jenseits der Selbstzuschreibung, das Werk sei ein spirituelles,<br />

ein musikalisches, ein wissenschaftliches, in einer hyperdeterminierten Offenheit<br />

aufgeht, die immer neue innere und äußere Querbezüge offenbart. So ist<br />

"Pop HD" im französischen Idiom Jean-Charles Vandermynsbrugges (dem ersten<br />

einer ganzen Reihe von Gästen) eben auch noch gekaufter Pop, so lässt<br />

"Strom" Kraftwerks gleichnamiges Stück hinter Atom TM s Anverwandlung und<br />

brillanten Fortführung ihres Sounds komplett verschwinden, so besingt uns<br />

Jamie Lidell dann plötzlich eine Drummachine, die natürlich längst keine mehr<br />

ist. Im "Sound of <strong>De</strong>cay" erscheint die E-Gitarre als bis an die Wimpern zugeartefaktete<br />

Hydra, und wir geraten allmählich in die gute alte baudrillardsche<br />

Beschleunigung (Lassigue Bendthaus ließen grüßen), crashen zapp!<br />

zapp! ins Musikfernsehen, das wir inzwischen im Internet gucken, also könnten,<br />

wenn wir gucken wollten, bezahlen Geld für nichts, und dürfen uns dann<br />

fallen lassen ins weiche Beatbett aus Kompressions- und Schwebungsleerstellen,<br />

in den warmen Strom elektrischer Stimmen, die majestätische Ruhe<br />

des Anorganischen, der wir uns schließlich kybernetisch anverwandeln, "Ich<br />

will eine Maschine sein", in der Wortwahl des Meisters: die ganze Scheiße aus<br />

uns raustanzend. Sehnsucht, wie gesagt, die unter der hauchfeinen, knistrigen<br />

digitalen Auskomponiertheit, den nachtweiß glimmenden Flächen immer wieder<br />

vergessen lässt, dass wir uns alle längst in einem englischen Garten befinden,<br />

in dem kein Millimeter unkultiviert ist. Auch ein politisches Werk, das ist<br />

es, was der Daniel Düsentrieb der doppelt-dreifachen Böden uns hier mitgibt,<br />

solange wir noch an das glauben, was Pop mal sein konnte.<br />

MULTIPARA<br />

68 —<strong>170</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!