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Need for Speed<br />
SCHNELLIGKEIT WAR EINSTMALS EINE ÜBERLEBENSFRAGE. DER<br />
URZEITLICHE DRANG, GESCHWINDIGKEITSGRENZEN AUSZUTESTEN,<br />
WIRD IM MOTORSPORT BIS HEUTE KULTIVIERT UND ZELEBRIERT.<br />
EIN INTERVIEW ÜBER DIE SUCHT NACH GESCHWINDIGKEIT MIT<br />
EX-RENNFAHRERIN SUSIE WOLFF, DER SCHNELLSTEN FRAU DER WELT.<br />
Das Gespräch führte Catherine Gottwald<br />
<strong>querspur</strong>: Seit Urzeiten sind<br />
Menschen vom Phänomen<br />
Geschwindigkeit fasziniert.<br />
Manche erliegen dem Rausch der<br />
Geschwindigkeit geradezu, andere<br />
fürchten sich davor. Sie waren in<br />
Ihrer aktiven Zeit die erste Frau in der<br />
Formel 1 nach 22 Jahren und haben<br />
immer wieder betont, Geschwindigkeit<br />
regelrecht zu lieben. Ist Speed für Sie<br />
noch immer die ganz große Liebe?<br />
Susie Wolff: Total. Diese Liebe hat<br />
bei mir schon ganz früh begonnen:<br />
Mit zwei Jahren saß ich zum ersten<br />
Mal auf einem kleinen Motorrad.<br />
Schnell(er) sein zu wollen liegt wohl<br />
in meiner Natur. Es hängt von der<br />
Persönlichkeit ab, ob man Geschwindigkeit<br />
liebt oder nicht. Bei mir war<br />
diese Liebe von Anfang an da. Auch<br />
heute noch, nach meiner aktiven<br />
Karriere als Test- und Entwicklungsfahrerin<br />
in der Formel 1, macht mir<br />
alles Riesenspaß, was mit Speed zu<br />
tun hat und mir die Möglichkeit<br />
gibt, schnell zu fahren: Radfahren,<br />
Schifahren …<br />
GESCHWINDIGKEIT<br />
KANN SÜCHTIG<br />
MACHEN<br />
<strong>querspur</strong>: Sie haben sich als Adrenalin-<br />
Junkie und „Speed-Freak“ bezeichnet.<br />
Macht der Rausch der Geschwindigkeit<br />
im Motorsport süchtig?<br />
Wolff: Ja, bestimmt. Speed hängt mit<br />
Adrenalin zusammen. Wenn man<br />
schnell fährt, spürt man das Adrenalin.<br />
Ich mag das Gefühl, wenn ich<br />
irgendwo auf der Piste schnell unterwegs<br />
bin und das Adrenalin durch<br />
meinen Körper strömt. Es ist unbeschreiblich!<br />
Nun aber, da ich seit<br />
November 2015 meine Karriere als<br />
aktive Rennfahrerin an den Nagel<br />
gehängt habe, muss ich lernen mit<br />
weniger Adrenalin auszukommen …<br />
<strong>querspur</strong>: Lässt sich diese Euphorie,<br />
die hohe Geschwindigkeiten bei Ihnen<br />
auslösen, mit einem anderen Hochgefühl<br />
vergleichen, etwa mit dem Gefühl<br />
zu gewinnen?<br />
Wolff: Nein. Speed – und die damit<br />
verbundenen Eindrücke und Emotionen<br />
– ist einzigartig. Natürlich ist es<br />
auch ein tolles Gefühl auf einem Podest<br />
zu stehen und einen Pokal in der<br />
Hand zu halten, aber es ersetzt das<br />
Glücksgefühl nicht, das du empfindest,<br />
wenn du schnell fährst. Speed ist eine<br />
Form von Ekstase, die ich in keiner<br />
anderen Form gefunden habe. Wer<br />
sie erlebt, wird süchtig danach.<br />
<strong>querspur</strong>: Die Formel 1, in der Sie<br />
zwischen 2012 und 2015 als Test- und<br />
Entwicklungsfahrerin tätig waren, gilt<br />
nicht umsonst als Königsklasse. Mit den<br />
Rennwagen werden Geschwindigkeiten<br />
von weit über 350 km/h erreicht. Wie erlebten<br />
Sie ein solch unfassbares Tempo?<br />
Wolff: Das ist sehr schwer zu beschreiben.<br />
Bei einem Formel 1-Auto erlebst<br />
du die Erdschwerebeschleunigung<br />
(von Frau Wolff in Folge als „G-Kraft“<br />
bezeichnet) wie einen Schock (Anm.:<br />
Die Pilotin wird beim Start entgegen<br />
der Beschleunigungsrichtung<br />
nach hinten in den Sitz gepresst*). Du<br />
merkst es sofort. Die G-Kraft ist unglaublich<br />
groß, besonders beim Bremsen<br />
und in den schnellen Kurven.<br />
*Zum Vergleich: Während der Beschleunigung eines PKWs wirkt auf<br />
die Insassen eine Beschleunigung von ca. 0,3 g, der Pilot eines<br />
Rennwagens erfährt beim Start 1–1,5 g und in Kurvenfahrten bis 5 g.<br />
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