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ezogen wird. Dieser Computerwelt<br />

wird Leben eingehaucht, etwa durch<br />

die Arbeiter in der Produktion und ihr<br />

Handeln. Diese Modelle sind hochkomplex,<br />

bleiben jedoch ein Grundgedanke.<br />

„Eine realistische Abstrak tion<br />

ist keine Kopie der Realität. Die ist<br />

sehr viel komplexer“, betont Slusallek.<br />

Im Computer könne nicht alles bis ins<br />

letzte Detail – also bis in den atomaren<br />

oder gar subatomaren Bereich –<br />

dargestellt werden.<br />

SIMULATION IST WIE<br />

FOTOGRAFIE:<br />

EIN BESTIMMTER<br />

BILDAUSSCHNITT IST<br />

SCHARF GESTELLT<br />

Doch die Abbildung im Rechner muss<br />

genau genug abstrahiert werden, sodass<br />

die Ergebnisse stimmen. Im Simulator<br />

wird also ein Ausschnitt der<br />

echten Welt abgebildet. „Man kann<br />

das anhand des Beispiels der Fotografi<br />

e illustrieren. Der Fotograf stellt<br />

jenen Ausschnitt scharf, der ihm am<br />

wichtigsten ist. Das können die Berge<br />

im Hintergrund oder die Menschen im<br />

Vordergrund sein“, sagt Ilja Radusch<br />

vom Fraunhofer-Institut FOKUS in<br />

Berlin.<br />

Oder am Beispiel der Sturmwarnung:<br />

Um etwa Windgeschwindigkeit zu simulieren,<br />

muss nicht jedes Luftmolekül<br />

erfasst werden, aber der Luftdruck,<br />

der bei 90 km/h entstehen<br />

wird und seine Auswirkungen auf<br />

bestimmte Umgebungen. Dessen ungeachtet<br />

ist das Maß der Abstraktion<br />

ein Qualitätskriterium für virtuelle Simulation.<br />

Grundsätzlich gilt: Je detaillierter,<br />

desto besser. Ein weiteres<br />

Schlüsselkriterium für den Erfolg virtueller<br />

Simulation ist, dass vorab die<br />

richtigen Fragen gestellt werden.<br />

In der Robotik fi ndet simulierte Realität<br />

ein noch weites Anwendungsgebiet,<br />

das heißt, es gibt viel zu beforschen<br />

– zumal die Industrieroboter<br />

aktuell eine Krise durchmachen, weil<br />

sie zu unfl exibel sind. Anfang 20<strong>16</strong><br />

gab das Mercedes-Werk in Sindelfi n-<br />

gen (Baden-Württemberg) bekannt,<br />

dass dort künftig wieder verstärkt<br />

Menschen statt Roboter arbeiten<br />

würden, da die Maschinen von den<br />

detaillierten Anforderungen einer zunehmend<br />

individualisierten Fertigung<br />

schlichtweg überfordert seien. „Diese<br />

Varianz ist für die Maschinen zu viel“,<br />

wird Produktionschef Markus Schäfer<br />

in der „Welt“ zitiert.<br />

VORAUS ZU PLANEN<br />

IST FÜR MASCHINEN<br />

NOCH IMMER<br />

SCHWIERIG<br />

Dieses aktuelle Beispiel zeigt die Defi<br />

zite von Robotern, wie sie heute in<br />

der Montagehalle werken. Sie können<br />

ihre Umwelt nur sehr eingeschränkt<br />

wahrnehmen und auch nicht vorausplanen,<br />

was sich dort abspielen und<br />

der Mensch darin machen wird. „Denken<br />

wir etwa an Menschenmengen in<br />

einer U-Bahnstation, wie sie sich aneinander<br />

vorbeibewegen. Dies sind<br />

hochkomplexe Abläufe und darin ist<br />

der Mensch extrem gut. Wären indessen<br />

heutige Roboter unterwegs, würden<br />

sie vermutlich allesamt stehen<br />

bleiben“, sagt Slusallek. Das DFKI<br />

arbeitet aktuell an einem Forschungsprojekt<br />

auf dem Gebiet der kooperativen<br />

Robotik. Dabei geht es um enge<br />

Kooperation zwischen Mensch und<br />

Maschine, etwa in der Werkshalle.<br />

Bei schweren Arbeiten, wie etwa der<br />

Unterbodenmontage in der Autoproduktion,<br />

verspricht man sich davon<br />

eine Entlastung der menschlichen<br />

Arbeitskraft sowie insgesamt effi zientere<br />

Produktionsprozesse.<br />

ROBOTER SOLLEN<br />

IN ZUKUNFT MIT<br />

MENSCHEN<br />

INTERAGIEREN KÖNNEN<br />

In Zukunft sollen Roboter also nicht<br />

wie bisher allein im Käfi g an der<br />

Assembly Line werken, sondern mit<br />

dem Menschen gemeinsam, Seite an<br />

Seite und dafür müssen sie deutlich<br />

mehr können als bisher. Für die Entwicklung<br />

dieser neuen Robotergeneration<br />

wiederum braucht es simulierte<br />

Realität. „Mit traditioneller Robotik<br />

funktioniert das nicht. Denn soll der<br />

Roboter mit dem Menschen interagieren,<br />

kann er nicht bloß sein Programm<br />

abspulen, sondern muss in der Lage<br />

sein, sich ein genaues Bild seiner<br />

Umgebung zu machen und voraus zu<br />

planen, was der Mensch als nächstes<br />

tun wird“, betont der Experte. Um etwa<br />

folgenschwere Arbeitsunfälle zu verhindern,<br />

müssen die Maschinen<br />

behutsam sein, der Roboterarm darf<br />

dem Menschen beispielsweise etwas<br />

reichen, aber nicht in der Nähe seines<br />

Kopfs hantieren.<br />

IM SUPERMARKT<br />

SCHNELL ZU DEN<br />

GEWÜNSCHTEN<br />

PRODUKTEN FINDEN<br />

Anwendungsgebiete simulierter Realität<br />

fi nden sich mitunter auch für recht<br />

alltägliche Dinge wie etwa ein 3D-Simulationsmodell<br />

zur optimalen Auslegung<br />

und Beschilderung eines Supermarkts.<br />

Dabei werden Daten von<br />

Einkäufern, ihren Wegen und Erfahrungen<br />

à la „wo Nudeln sind, da ist<br />

auch Reis“ gesammelt, gespeichert<br />

und daraus in Kombination mit Umsatzzielen<br />

des Retailers eine optimierte<br />

Raumplanung der Verkaufsfl äche entwickelt.<br />

VIRTUELLE SPIEGELUNG<br />

IM MASCHINENBAU<br />

REDUZIERT<br />

REISETÄTIGKEIT<br />

DER MITARBEITER<br />

Vom Supermarkt in den Anlagenbau:<br />

In Zukunft werden Maschinenbautechniker<br />

nur noch bei sehr schwerwiegenden<br />

Störungen einer Anlage<br />

zum Kunden reisen müssen. Troubleshooting,<br />

Wartungsarbeiten und sogar<br />

Schulungen können künftig über<br />

eine virtuelle Spiegelung der Anlage –<br />

also einer Simulation – durchgeführt<br />

werden. Der Techniker beim Anlagenbauer<br />

in Österreich kann dem Kunden<br />

in Übersee an der virtuellen Anlage<br />

zeigen was zu tun ist, an welchen<br />

Schrauben gedreht werden muss,<br />

um das Problem zu beheben. In der<br />

Automobilindustrie wird schon heute<br />

eine große Anzahl von Tests realitätsnah<br />

simuliert. Das Problem dabei ist:<br />

Simulationen sind zeitintensiv und werden<br />

folglich erst in einem relativ späten<br />

Stadium des Entwicklungsprozesses<br />

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