querspur-16-09-web
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ezogen wird. Dieser Computerwelt<br />
wird Leben eingehaucht, etwa durch<br />
die Arbeiter in der Produktion und ihr<br />
Handeln. Diese Modelle sind hochkomplex,<br />
bleiben jedoch ein Grundgedanke.<br />
„Eine realistische Abstrak tion<br />
ist keine Kopie der Realität. Die ist<br />
sehr viel komplexer“, betont Slusallek.<br />
Im Computer könne nicht alles bis ins<br />
letzte Detail – also bis in den atomaren<br />
oder gar subatomaren Bereich –<br />
dargestellt werden.<br />
SIMULATION IST WIE<br />
FOTOGRAFIE:<br />
EIN BESTIMMTER<br />
BILDAUSSCHNITT IST<br />
SCHARF GESTELLT<br />
Doch die Abbildung im Rechner muss<br />
genau genug abstrahiert werden, sodass<br />
die Ergebnisse stimmen. Im Simulator<br />
wird also ein Ausschnitt der<br />
echten Welt abgebildet. „Man kann<br />
das anhand des Beispiels der Fotografi<br />
e illustrieren. Der Fotograf stellt<br />
jenen Ausschnitt scharf, der ihm am<br />
wichtigsten ist. Das können die Berge<br />
im Hintergrund oder die Menschen im<br />
Vordergrund sein“, sagt Ilja Radusch<br />
vom Fraunhofer-Institut FOKUS in<br />
Berlin.<br />
Oder am Beispiel der Sturmwarnung:<br />
Um etwa Windgeschwindigkeit zu simulieren,<br />
muss nicht jedes Luftmolekül<br />
erfasst werden, aber der Luftdruck,<br />
der bei 90 km/h entstehen<br />
wird und seine Auswirkungen auf<br />
bestimmte Umgebungen. Dessen ungeachtet<br />
ist das Maß der Abstraktion<br />
ein Qualitätskriterium für virtuelle Simulation.<br />
Grundsätzlich gilt: Je detaillierter,<br />
desto besser. Ein weiteres<br />
Schlüsselkriterium für den Erfolg virtueller<br />
Simulation ist, dass vorab die<br />
richtigen Fragen gestellt werden.<br />
In der Robotik fi ndet simulierte Realität<br />
ein noch weites Anwendungsgebiet,<br />
das heißt, es gibt viel zu beforschen<br />
– zumal die Industrieroboter<br />
aktuell eine Krise durchmachen, weil<br />
sie zu unfl exibel sind. Anfang 20<strong>16</strong><br />
gab das Mercedes-Werk in Sindelfi n-<br />
gen (Baden-Württemberg) bekannt,<br />
dass dort künftig wieder verstärkt<br />
Menschen statt Roboter arbeiten<br />
würden, da die Maschinen von den<br />
detaillierten Anforderungen einer zunehmend<br />
individualisierten Fertigung<br />
schlichtweg überfordert seien. „Diese<br />
Varianz ist für die Maschinen zu viel“,<br />
wird Produktionschef Markus Schäfer<br />
in der „Welt“ zitiert.<br />
VORAUS ZU PLANEN<br />
IST FÜR MASCHINEN<br />
NOCH IMMER<br />
SCHWIERIG<br />
Dieses aktuelle Beispiel zeigt die Defi<br />
zite von Robotern, wie sie heute in<br />
der Montagehalle werken. Sie können<br />
ihre Umwelt nur sehr eingeschränkt<br />
wahrnehmen und auch nicht vorausplanen,<br />
was sich dort abspielen und<br />
der Mensch darin machen wird. „Denken<br />
wir etwa an Menschenmengen in<br />
einer U-Bahnstation, wie sie sich aneinander<br />
vorbeibewegen. Dies sind<br />
hochkomplexe Abläufe und darin ist<br />
der Mensch extrem gut. Wären indessen<br />
heutige Roboter unterwegs, würden<br />
sie vermutlich allesamt stehen<br />
bleiben“, sagt Slusallek. Das DFKI<br />
arbeitet aktuell an einem Forschungsprojekt<br />
auf dem Gebiet der kooperativen<br />
Robotik. Dabei geht es um enge<br />
Kooperation zwischen Mensch und<br />
Maschine, etwa in der Werkshalle.<br />
Bei schweren Arbeiten, wie etwa der<br />
Unterbodenmontage in der Autoproduktion,<br />
verspricht man sich davon<br />
eine Entlastung der menschlichen<br />
Arbeitskraft sowie insgesamt effi zientere<br />
Produktionsprozesse.<br />
ROBOTER SOLLEN<br />
IN ZUKUNFT MIT<br />
MENSCHEN<br />
INTERAGIEREN KÖNNEN<br />
In Zukunft sollen Roboter also nicht<br />
wie bisher allein im Käfi g an der<br />
Assembly Line werken, sondern mit<br />
dem Menschen gemeinsam, Seite an<br />
Seite und dafür müssen sie deutlich<br />
mehr können als bisher. Für die Entwicklung<br />
dieser neuen Robotergeneration<br />
wiederum braucht es simulierte<br />
Realität. „Mit traditioneller Robotik<br />
funktioniert das nicht. Denn soll der<br />
Roboter mit dem Menschen interagieren,<br />
kann er nicht bloß sein Programm<br />
abspulen, sondern muss in der Lage<br />
sein, sich ein genaues Bild seiner<br />
Umgebung zu machen und voraus zu<br />
planen, was der Mensch als nächstes<br />
tun wird“, betont der Experte. Um etwa<br />
folgenschwere Arbeitsunfälle zu verhindern,<br />
müssen die Maschinen<br />
behutsam sein, der Roboterarm darf<br />
dem Menschen beispielsweise etwas<br />
reichen, aber nicht in der Nähe seines<br />
Kopfs hantieren.<br />
IM SUPERMARKT<br />
SCHNELL ZU DEN<br />
GEWÜNSCHTEN<br />
PRODUKTEN FINDEN<br />
Anwendungsgebiete simulierter Realität<br />
fi nden sich mitunter auch für recht<br />
alltägliche Dinge wie etwa ein 3D-Simulationsmodell<br />
zur optimalen Auslegung<br />
und Beschilderung eines Supermarkts.<br />
Dabei werden Daten von<br />
Einkäufern, ihren Wegen und Erfahrungen<br />
à la „wo Nudeln sind, da ist<br />
auch Reis“ gesammelt, gespeichert<br />
und daraus in Kombination mit Umsatzzielen<br />
des Retailers eine optimierte<br />
Raumplanung der Verkaufsfl äche entwickelt.<br />
VIRTUELLE SPIEGELUNG<br />
IM MASCHINENBAU<br />
REDUZIERT<br />
REISETÄTIGKEIT<br />
DER MITARBEITER<br />
Vom Supermarkt in den Anlagenbau:<br />
In Zukunft werden Maschinenbautechniker<br />
nur noch bei sehr schwerwiegenden<br />
Störungen einer Anlage<br />
zum Kunden reisen müssen. Troubleshooting,<br />
Wartungsarbeiten und sogar<br />
Schulungen können künftig über<br />
eine virtuelle Spiegelung der Anlage –<br />
also einer Simulation – durchgeführt<br />
werden. Der Techniker beim Anlagenbauer<br />
in Österreich kann dem Kunden<br />
in Übersee an der virtuellen Anlage<br />
zeigen was zu tun ist, an welchen<br />
Schrauben gedreht werden muss,<br />
um das Problem zu beheben. In der<br />
Automobilindustrie wird schon heute<br />
eine große Anzahl von Tests realitätsnah<br />
simuliert. Das Problem dabei ist:<br />
Simulationen sind zeitintensiv und werden<br />
folglich erst in einem relativ späten<br />
Stadium des Entwicklungsprozesses<br />
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