VANGARDIST Magazine | Issue 60 | The Nostalgia Issue | Des & Jen
For the Nostalgia Issue - the 60th VANGARDIST Issue we travelled with 6 important bloggers to the hights of Semmering Mountain for a nostalgic stay in the cosy Vila Antoinette. The whole issue is all about the feeling of the golden age that lies in the past and gives us a feeling of security and being at home.
For the Nostalgia Issue - the 60th VANGARDIST Issue we travelled with 6 important bloggers to the hights of Semmering Mountain for a nostalgic stay in the cosy Vila Antoinette. The whole issue is all about the feeling of the golden age that lies in the past and gives us a feeling of security and being at home.
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abdancen und ganz fest an die Zukunft<br />
glauben. Wir würden zwar wissen,<br />
wie die aussieht, aber wir hätten<br />
auch sämtliche Filme über Zeitreisen<br />
gesehen und dabei gelernt, dass der<br />
kleinste Eingriff ins Raum-Zeit-Kontinuum<br />
die Zukunft komplett verändern<br />
kann – sie wäre wieder ein unbekanntes<br />
Terrain, voller Verheißungen und<br />
Utopien.<br />
Sagen wollen wir damit nur eines: Das<br />
paradoxe an unserer Gegenwart ist,<br />
dass wir die Zukunft gegen die Vergangenheit<br />
getauscht haben. Unsere<br />
Gesellschaften leiden an einer Depression<br />
– im klassischen, psychologischen<br />
Sinn. Wir sind als Kollektiv in<br />
genau das gleiche Loch gefallen, in<br />
welches ein erfolgreiches Individuum<br />
fällt, wenn es ein großes Projekt abgeschlossen<br />
hat. Wir können unseren<br />
Erfolg nicht genießen und konsolidieren,<br />
weil wir uns nach dem Rausch des<br />
rasanten Aufstiegs sehnen. Wir haben<br />
eine materielle Grundversorgung, die<br />
größten Hürden der Geschlechtergleichstellung<br />
sind genommen, Homosexuelle<br />
werden nicht mehr eingesperrt<br />
und ja, wir waren am Mond und<br />
sind draufgekommen, dass das zwar<br />
sexy, aber komplett sinnlos ist. Und<br />
was machen wir jetzt? Es kann eigentlich<br />
nur schlechter werden! Die Zukunft<br />
ist nichts mehr, wonach wir uns sehnen.<br />
Wir haben Angst vor ihr und darum<br />
träumen wir uns lieber in eine glorreiche<br />
Vergangenheit. Wir sind nostalgisch,<br />
weil wir uns die Zukunft nicht<br />
mehr vorstellen können. „End of History“<br />
hat das ein blauäugiger Philosoph<br />
in den 90ern genannt. Allerdings im<br />
positiven Sinne, vor dem Hintergrund<br />
des Zusammenbruchs der Sowjetunion<br />
und dem Ende des kalten Krieges,<br />
in einem Jahrzehnt, als die westliche<br />
Welt das Gefühl hatte, keine Probleme<br />
mehr zu haben. Wie beschissen sich<br />
dieses Ende der Geschichte anfühlen<br />
kann, wissen wir mittlerweile: Es ist, als<br />
wäre man jetzt schon alt. Steinalt.