16.06.2016 Aufrufe

Couchstories Nr.3

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

2015<br />

couchstories<br />

WO GESCHICHTEN ZUHAUSE SIND<br />

AUF DER COUCH MIT:<br />

H ANDREAS TISCHHAUSER<br />

H CHRISTINE SCHÜRCH &<br />

DANIEL SUTTER<br />

H MICHAEL GIRSBERGER<br />

H SABINE LANG &<br />

DANIEL BAUMANN<br />

H ULRIKE WITTMANN &<br />

HEINZ HOFER-WITTMANN<br />

H JOHANNES & LUKAS WEIBEL<br />

H RAHEL LEUENBERGER &<br />

LORIS MÜLLER<br />

H SIMON JACOMET


HAPPY<br />

THURSDAY .CH<br />

SONNEN<br />

E C O D E S I G N<br />

Hilf mit, ein Zeichen zu setzen, und verzichte mit uns darauf<br />

am Donnerstag Fleisch zu essen! Der HappyThursday verursacht<br />

weder Kosten noch Aufwand. Alles was nötig ist, ist ein gesunder<br />

Menschenverstand und der Wunsch nach Veränderung.<br />

Melde dich noch heute auf HappyThursday.ch an!


die <strong>Couchstories</strong> gehen in die dritte<br />

Runde!<br />

Anlässlich unserer Gewerbeshow<br />

vom 16. bis 19. April 2015 in Herzogenbuchsee<br />

werden wir sie Ihnen gerne persönlich überreichen<br />

und mit Stolz zwei besondere Leckerbissen<br />

präsentieren.<br />

Unsere Lernenden:<br />

Zusammen mit unserem Team demonstrieren sie eine Handwerkskunst<br />

höchster Güte und Qualität. Das Kapito nieren -<br />

wer kennt diese alte Polsterkunst?<br />

Genuss pur:<br />

Unser Partner, derkaffee.ch, zelebriert mit Ihnen das heiße<br />

Aufbrühen ihres hochwertigen und einzigartigen Kaffees,<br />

natürlich zum Degustieren.<br />

In dieser Ausgabe finden Sie unter anderem zwei Geschichten,<br />

in denen die Protagonisten beschreiben, wie sie zu Ihrem<br />

Beruf kamen - oder sind es sogar Berufungen, die sie uns da<br />

schildern?<br />

Der Strauss an Geschichten ist bunt, so wie der Frühling nun<br />

auf uns zukommt. Nehmen Sie sich also Zeit und geniessen Sie<br />

mit den ersten Sonnenstrahlen unsere neue Lektüre.<br />

Wir freuen uns auf viele Begegnungen an der HAGA oder<br />

auch sonst immer und überall. Genuss tut gut, lassen Sie sich<br />

ab und zu dazu verführen.<br />

Fritz Steffen - Steffen Raumkonzepte, Herzogenbuchsee<br />

<strong>Couchstories</strong><br />

Ein Magazin über Design, Handwerk und<br />

Traditionen mit Porträts von Menschen,<br />

die damit in ihrem Alltag zu tun haben ...<br />

Herausgeber :<br />

Steffen Raumkonzepte AG<br />

Bernstrasse 14, 3360 Herzogenbuchsee<br />

www.steffen-raumkonzepte.ch<br />

Konzept, Layout und Fotos:<br />

SONNEN ecodesign<br />

Wasserwerkgasse 1, 3011 Bern<br />

www.sonnen.ch<br />

Klima neutral produziert.<br />

Gedruckt auf Recycling-Papier.


4 Andreas Tischhauser – www.tiscatiara.com


es ist seit jeher eine Kunst, einem Gebäude die besondere<br />

Note und einem Raum einen einzigartigen Charakter zu<br />

verleihen.<br />

«Raumtextilien vermögen den<br />

Ausdruck eines ganzen Raumes<br />

zu verwandeln – ähnlich wie<br />

ein Gemälde an der Wand.»<br />

Das Wissen um die Wirkung von Textilien war es, das bereits<br />

meinen Grossvater faszinierte. Er fasste sich in einer denkbar<br />

ungünstigen Zeit ein Herz und gründete 1940 ein Unternehmen,<br />

welches er TISCA nannte. Den Namen schöpfte er<br />

ganz pragmatisch aus den vier Anfangsbuchstaben des<br />

Familiennamens Tischhauser. Weil die hohe Qualität der<br />

Produkte seit dem ersten Tag der Firmengeschichte ein<br />

Steckenpferd des Unternehmens ist, bediente er sich auch<br />

gleich des Familienwappens, um daraus eine Art<br />

Qualitäts-Siegel zu kreieren. Damit signalisierte er<br />

bereits damals, mit seinem Namen hinter den Produkten<br />

zu stehen. Zum 75-Jahre-Jubiläum, welches wir 2015<br />

feiern, haben wir dieses Qualitäts-Siegel aus dem<br />

Archiv geholt, es wiederbelebt, aufgefrischt und angepasst,<br />

denn heute erscheint es mir wichtiger denn je,<br />

dem Konsumenten zu signalisieren, woher ein<br />

Produkt stammt und wer dahinter steht. In der<br />

schnelllebigen, globalisierten Welt von heute kommt<br />

solchen Signalen eine erhöhte Bedeutung zu, davon<br />

bin ich überzeugt.<br />

Doch zurück zum Anfang der Geschichte. Man schrieb<br />

das Jahr 1940. Europa brannte, die Schweiz war von kriegführenden<br />

Mächten umgeben. In dieser unsicheren Zeit<br />

schritt mein Grossvater, Anton Tischhauser sen., zur Tat und<br />

gründete in Gais einen kleinen Handweb-Betrieb. Damit<br />

schaffte er willkommene Arbeitsplätze, doch sah er sich auch<br />

grossen Herausforderungen ausgesetzt. Er erzählte uns häufig,<br />

dass es damals aufgrund der gestörten Materialzufuhr kaum<br />

möglich war, Rohstoffe zu erwerben. Doch ohne Rohstoffe lässt sich<br />

auch nichts weben. So hatte er nach neuen Wegen gesucht und<br />

damit begonnen, alte Kleider und Textilien<br />

als Grundmaterialien zu nutzen. Aus den<br />

daraus gewonnenen Stoffstreifen wurden<br />

in Hand arbeit Teppiche gewebt, welche im<br />

regionalen Markt guten Anklang fanden. Bis<br />

zur Inbetriebnahme der ersten mechanischen<br />

Web maschine sollten allerdings noch 15 Jahre<br />

vergehen.<br />

Was als Kleinstbetrieb entstand, hat sich zu einem<br />

führenden Textilunternehmen weiter entwickelt.<br />

Heute produziert TISCA TIARA textile Bodenbeläge,<br />

Gardinen, Möbel- und Dekorations stoffe für<br />

den Wohn-, Objekt- und Transport bereich sowie<br />

Sportbeläge.<br />

Seit der Gründung vor 75 Jahren ist der Fokus auf<br />

das Thema Textil geblieben. Ebenso unverändert sind<br />

die zentralen Unternehmenswerte wie Qualität, Zuverlässigkeit,<br />

Kontinuität und Innovationslust. Auch<br />

der Hauptsitz ist nach wie vor im Appenzellerland,<br />

genau wie die wichtigsten Produktionsstand orte.<br />

Das ist ein klares Bekenntnis zum Produktionsstandort<br />

Schweiz. In Gesprächen mit Kunden wird<br />

mir immer wieder bewusst, wie viele Leute kaum<br />

glauben können, dass in der Schweiz noch<br />

produziert werden kann. Doch mit der<br />

entsprechenden Technologie ist das sehr<br />

wohl möglich. Allerdings, wenn ich mir<br />

den Hinweis als Schweizer Unternehmer<br />

erlauben darf, muss den politischen und<br />

wirtschaftlichen Rahmenbedingungen<br />

5


Fritz Steffen über Andreas Tischhauser<br />

Tisca Tiara ist, wie wir ein Traditionsunternehmen im appenzellerischen Bühler, welches<br />

Andreas Tischhauser zusammen mit seiner Familie leitet.<br />

Ich bin dem Namen Tischhauser bereits schon als Kind in unserer kleinen Werkstatt mit dem<br />

damaligen Showroom in Heimenhausen begegnet, später wieder in der Ausbildung in Attiswil<br />

und Solothurn und auf meinen Wanderjahren.<br />

Tisca Tiara ist in unserer Branche seit langem ein fester Begriff und ein Name für höchste<br />

Qualität und Langlebigkeit. Produkte aus ihrem Sortiment verschönern zahlreiche Lebensund<br />

Arbeitsräume unserer Kunden und die Verarbeitung macht uns immer grosse Freude.<br />

Sorge getragen werden. Zurück zu unserem<br />

Unter nehmen. Ganz wesentlich erscheint mir,<br />

dass TISCA TIARA ein inhabergeführtes Familienunternehmen<br />

ist und bleibt. Die Unabhängigkeit<br />

auf der einen Seite gewährt unseren Kunden<br />

Kontinuität und Zuverlässigkeit auf der anderen<br />

Seite. In der heutigen Zeit ist das keine Selbstverständlichkeit.<br />

Heute sind wir in der dritten Gene ration<br />

und funktionieren als richtiges Familien unternehmen.<br />

Der gute Austausch zwischen den Generationen und<br />

die fruchtbare Arbeit innerhalb der Generation erachte<br />

ich als überaus wertvoll.<br />

So wie sich die Welt seit 1940 verändert hat, tat es auch<br />

das Unternehmen. Nicht nur Wachstum und die<br />

Erschliessung neuer Produktionsmethoden gehörten<br />

dazu. Es ist trotz, oder vielleicht dank des gleichbleibenden<br />

Fokus auf das Thema Textilien gelungen, neue<br />

Märkte zu erschliessen und völlig neuartige Produkte und<br />

Lösungen zu lancieren. Genau das ist es, was mir richtig<br />

Spass macht: Brücken bauen, Verbindungen suchen und<br />

Neues schaffen. Der Reiz des Unkonventionellen ist für<br />

mich eine wichtige Triebfeder. Vielleicht fragen Sie sich<br />

jetzt, was ich darunter verstehe. Die Antwort darauf lässt<br />

sich an mehreren Meilensteinen in der Firmengeschichte<br />

erkennen. Die ersten Produkte, welche die kleine Weberei in<br />

den ersten Jahren verliessen, waren von Hand gewebte<br />

Teppiche, welche man sich zum Beispiel unter den Tisch oder<br />

in einen Flur gelegt hat. Hauptanwendungsbereich dieser<br />

Produkte war der Boden, genauer gesagt nur ein Teil des<br />

Bodens. Wenige Jahre nach der Gründung wurde die Produktion<br />

von Möbelstoffen aufgenommen, später auch die<br />

Produktion von Vorhängen und Teppichböden. Mit anderen<br />

Worten vollzog man damit den Schritt vom reinen<br />

Teppichhersteller zum Produzenten von Heimtextilien.<br />

Vor wenigen Jahren haben wir einen weiteren wichtigen<br />

Schritt gewagt. Während früher unser Interesse<br />

immer auf Innenräume gerichtet war, traten plötzlich<br />

auch Aussenräume ins Scheinwerferlicht. Das<br />

Produktportfolio wurde von Heimtextilien auf<br />

6<br />

Lebensräume im Innen- und Aussenbereich erweitert.<br />

Wer sagt denn, dass es nur im Inneren Räume gibt? Im<br />

Gegenteil, die Aussen räume werden immer wichtiger.<br />

Selbst im Wohnbereich versuchen die Menschen, den<br />

Wohnraum nach Aussen zu erweitern. Garten und<br />

Terrassen haben heute einen ganz anderen Stellenwert.<br />

Textilien können da einen wichtigen Beitrag<br />

leisten.<br />

Begonnen hat das alles mit Fußball. Es war für mich<br />

ein grosses Highlight, als im Jahre 2005 unser erster<br />

Kunstrasen das Werk verliess und in Bühler installiert<br />

wurde. Das Produkt war nicht nur für unser<br />

Haus ein Novum, sondern war auch auf dem Weltmarkt<br />

eine Innovation. Ein Fussball-Kunstrasen,<br />

welcher nicht mehr mit Sand und Gummigranulat<br />

verfüllt werden musste. Köbi Kuhn, damals Coach<br />

der Schweizer Nationalmannschaft, kam zur<br />

Eröffnung des Platzes und überzeugte sich vom<br />

neuen Ansatz. Einige Monate später wurde das<br />

offizielle Euro 08-Kickoff auf dem Jungfraujoch-Gletscher<br />

auf einem Appenzeller Rasen<br />

ausgetragen und Ottmar Hitzfeld stand mit<br />

seinem Namen Pate für das höchstgelegene<br />

Fussballfeld Europas, 2000 M.ü.M. in Gspon<br />

im Wallis. Für mich waren das nicht nur sehr<br />

eindrückliche Erlebnisse, sondern sind auch<br />

Ausdruck dafür, was mit zum Teil verrückten<br />

Ideen, einer Portion Mut und viel<br />

Engagement geschaffen werden kann. Es<br />

ist für mich eine Faszination, die Grenzen zu<br />

verschieben, etwas Bestehendes zu erweitern,<br />

zu verändern oder zu kombinieren.<br />

Eine wichtige Voraussetzung war auch die Lust<br />

unserer Mitarbeitenden, aus dem Thema Textil<br />

noch mehr herauszuholen, das Unerwartete herauszufordern<br />

und sich fragenden Blicken zu stellen.<br />

Nur mit grossem Engagement aller Beteiligten ist es<br />

möglich, etwas wirklich Neues zu schaffen. Die Technologie<br />

zur Produk tion dieser Produkte war uns bekannt. Sie<br />

war im Grundsatz die Gleiche, wie wir sie bereits für die


Produktion von Teppichböden brauchten. Jedoch<br />

erforderte dieser Schritt andere Maschinen,<br />

umfangreiche Anpassungen in der Produktion<br />

und neue Materialien. Und das Resultat, also das<br />

Endprodukt, sollte sich an völlig neue Kunden und<br />

Märkte richten. Eine Aufgabe, welche mich damals<br />

derart reizte, dass ich früher als geplant aus Amerika<br />

zurückkam, um mich dieser Herausforderung zu<br />

stellen.<br />

Als ich damals in New York arbeitete, hätte ich mir<br />

sehr gut vorstellen können, noch einige Zeit da zu<br />

bleiben. Viel zu beeindruckt war ich von der Vielfalt<br />

und Energie in dieser Stadt. Zugegeben, meine<br />

Heimat, das Appenzellerland und New York City haben<br />

wenig gemeinsam. Vermutlich sind es aber genau diese<br />

Gegensätze, die mich so faszinieren, der Wandel, die<br />

Dynamik und die Offenheit und Freude am Neuen. So<br />

bleibt alles anders – auch in unserem Produktportfolio.<br />

Beispielhaft möchte ich hier den Sportbereich erwähnen.<br />

Inzwischen wurde das Angebot erweitert auf Tennis, Golf,<br />

Hockey und Multisport. Jede Sportart hat ganz spezifische<br />

Anforderungen an einen Belag. Jedes Produkt bedarf einer<br />

intensiven Entwicklung.<br />

Manchmal spielen auch Zufälle eine wichtige Rolle. Weil der<br />

Appenzeller Rasen nicht mit Sand oder Granulat verfüllt<br />

werden muss, interessierten sich auch schon rasch private<br />

Kunden für dieses Produkt. Ein entsprechendes Angebot kam<br />

auf den Markt. Irgendwann fragte ich mich: Muss Kunstrasen<br />

eigentlich immer Grün sein? Nein! Und schon war der farbige<br />

Kunstrasen geboren. Anfänglich erklärten uns einige Betrachter<br />

für verrückt. Doch heute ist das ein Produkt, welches ganz neue<br />

Möglichkeiten in der Aussenraumgestaltung bringt und sich<br />

grosser Beliebtheit erfreut. Aus dem farbigen Rasen, erhältlich in<br />

zwölf Colorits plus dem obligaten Grün, entstand wiederum ein<br />

neues Projekt, das Outdoor-Möbel TIM. TIM steht für TISCA<br />

TIARA, Intertime und Christophe Marchand und ist branchenübergreifendes<br />

Projekt dreier Schweizer Unter nehmen. Ziel war<br />

die Kreation eines neuartigen Sofas für draussen. Ein Sofa,<br />

welches ebenso bequem, hoch im Designanspruch und neu<br />

in der Anwendung sein sollte. Die Idee dazu entstand<br />

schon vor Jahren. Doch erst im Gespräch mit Johannes<br />

Weibel von Intertime, dem Spezialisten für Sitzmöbel,<br />

wurde daraus ein greifbares Projekt. Während das<br />

Design vom renommierten Designer Christophe<br />

Marchand stammt, zeichnet sich Intertime für die<br />

Herstellung des Sofas aus und TISCA TIARA ist<br />

für die Produktion des Rasens zuständig. Auch<br />

dieses Projekt zeigt, was mit unkonventionellen Ideen<br />

möglich ist. Die Bereitschaft zur Kooperation und das<br />

Beschreiten von neuen Wegen schaffen Raum für Kreatives.<br />

Und deshalb ist unser Firmen-Leitsatz nicht nur<br />

eine inhaltsleere Marketingformel, sondern ein Auftrag,<br />

der ver pflichtet: TISCA TIARA kleidet Lebensräume.<br />

Somit schliesst sich der Kreis und wir kommen wieder<br />

auf die Raumtextilien für den Innenbereich zu<br />

sprechen. Als verbindendes Element unter den<br />

verschiedenen Produktionsarten besteht in der<br />

Firmengruppe eine klare Zielsetzung über das, was<br />

ein Teppich oder ein Stoff sein kann und sein soll.<br />

Raumtextilien dürfen nicht billige Effekthascherei<br />

sein, sondern bilden im wahrsten Sinne des<br />

Wortes die Grundlage für eine gute Wohnkultur.<br />

Dazu benötigen wir ehrliche Strukturen, klare<br />

Farben und auserlesene Materialien. Unsere<br />

Teppiche und Stoffe sind authentisch, bestehen<br />

aus den besten Materialien und werden mit<br />

Liebe und Erfahrung sorgfältig gefertigt.<br />

TISCA TIARA schafft textile Werte. Produkte<br />

mit Geschichte, Herkunft und Kultur. <br />

7


10 Christine Schürch & Daniel Sutter– www.derkaffee.ch


d<br />

as ist ein Reiseruhebett. Gebaut hat es<br />

mein Grossvater in seiner Schreinerei in<br />

Rüedisbach, wohl als Beitrag zu seiner<br />

Aussteuer. Es reiste als Küchenstuhl durchs Bieler<br />

Seeland, ruhte in Wohn- und Arbeitszimmern im<br />

oberen Emmental und steht heute wieder an<br />

seinem Geburtsort. Im hohen Alter pflegte<br />

meine Grossmutter auf diesem Kanapee ihren<br />

Mittagsschlaf zu machen und abends sass<br />

sie auf diesem und trank eine Tasse Milchkaffee.<br />

Übrigens, meine Grossmutter wollte<br />

ihren Milchkaffee immer sehr heiss. Als<br />

Barista weiss ich heute: die Milch sollte<br />

nicht wärmer als 65 Grad sein, damit der<br />

Milch zucker sein Aroma voll entfalten kann<br />

und die Milch den Kaffee nicht verbrennt.<br />

Meine Grossmutter hätte das als Mumpitz<br />

empfunden.<br />

Am Anfang unserer Leidenschaft für Kaffee<br />

sassen wir, Daniel und ich, nicht zusammen auf<br />

einem Sofa. Vielmehr sass Daniel auf dem Boden<br />

eines Tukuls in Äthiopien und ich in der Entwicklungsabteilung<br />

einer Institution für Erwachsenenbildung.<br />

In Äthiopien hat Daniel in der Entwicklungszusammenarbeit<br />

Solaranlagen gebaut und<br />

Kaffeebauern kennengelernt. Er entdeckte, wie vielfältig<br />

Kaffee sein kann und was in einer oft achtlos<br />

getrunkenen Tasse Kaffee eigentlich alles steckt. Eine<br />

Kaffeezeremonie in Äthiopien dauert Stunden. Genug<br />

Zeit also um die Hektik des Projektes abzuschütteln<br />

und sich auf das Getränk zu freuen. Daniels Neugier<br />

erwachte und mit Rohkaffee im Gepäck flog er zurück<br />

in die Schweiz.<br />

«Nach eher abenteuerlichen<br />

Röstexperimenten in unserer<br />

Küche wusste bald keiner<br />

von uns mehr genau, wessen<br />

Idee es eigentlich gewesen<br />

war, sich intensiv mit diesen<br />

Bohnen auseinanderzusetzen.»<br />

11


Auf einer Reise durch das berühmte Kaffeegebiet von<br />

Jamaika fanden wir zwar nicht den Spitzenkaffee, den und Röstungen vor ein grösseres Publikum zu<br />

wir dort vermutet hatten, verloren dafür unser Herz an treten. Wir können uns noch ganz genau daran<br />

den Trommelröster, auf welchem wir in den Blue erinnern, wie es war, als die erste Bestellung kam,<br />

Mountains bei einem Kaffeebauern rösten durften. deren Absender wir nicht kannten. Heute, ungefähr<br />

Und weil es wohl so sein musste, stand genau dieses 5 Jahre nach dieser ersten Bestellung, machen wir<br />

Modell einige Monate später einsam an einer Messe. Der noch immer gerne alles selber und in Handarbeit.<br />

Wir rösten, degustieren, besuchen die<br />

Käufer holte die Maschine nicht ab und der Verkäufer war<br />

heilfroh, dass wir uns dazu entschliessen konnten, uns der Kaffeebauern, verpacken, versenden Pakete,<br />

Maschine anzunehmen. Danach haben wir viele Stunden<br />

gelernt und allmählich den Mut gefasst, mit unseren Kaffees<br />

12


eantworten E-Mails und nehmen das<br />

Telefon ab. Wir wollen die ganze Wertschöpfungskette<br />

kennen, wenn immer<br />

möglich auch die Namen unserer Kundinnen<br />

und Kunden und die der Kaffeebauern, die uns<br />

ihre Bohnen anvertrauen. Es ist nämlich ein<br />

langer Weg, bis ein Espresso aus ihrer<br />

Kaffeekirsche entsteht. Nur handgepflückte<br />

Kaffeekirschen garantieren einen hochstehenden<br />

Kaffee, denn nur ein Mensch kann bei<br />

der Ernte, reife von unreifen und makellose<br />

von beschädigten Kirschen unterscheiden.<br />

Bis der Rohkaffee bei uns ist, wurde er zudem<br />

beim Trocknen ständig überwacht, sorgfältig<br />

verlesen, sortiert und für die Reise<br />

nach Rüedisbach in Jutesäcke verpackt.<br />

Wir wollen auch sicherstellen, dass die<br />

Pflückerinnen und Pflücker einen fairen<br />

Lohn und die Bauern einen ebensolchen<br />

Preis für die harte Arbeit und ihr Engagement<br />

für eine nachhaltige Anbauweise<br />

erhalten. Deshalb kaufen wir Bio- und<br />

Havelaar zertifizierten Kaffee ein.<br />

Das Sofa steht in unserer Rösterei, geografisch an der Grenze<br />

zwischen Emmental und Oberaargau im kleinen, abgelegenen Dorf<br />

Rüedisbach. Wir wagen nicht zu behaupten, dass sich die Idylle hier<br />

auf die Qualität des Kaffees überträgt, aber ganz aus schliessen<br />

möchten wir es nicht. Uns freut es, dass wir in dieser schönen<br />

Umgebung jede Woche frisch rösten können. Sortenreine<br />

Pur-Single-Estate-Kaffees mit fruchtig-zitrischen Noten aus<br />

Äthiopien, aus Mittelamerika und der Karibik, Kaffeespezialitäten<br />

mit eher nussig-schokoladigen Aromen und<br />

mit weiteren Kaffee-Perlen mischen wir harmonische,<br />

runde und kräftig-erdige Kompositionen.<br />

Fritz Steffen hat die Gretchenfrage ausgesprochen,<br />

welche heute vielleicht allen Röstmeistern gestellt wird.<br />

«Nun sagt ... wie habt ihr‘s mit dem Kapselkaffee?», fragte<br />

er uns bei einem Besuch in Herzogenbuchsee. Bis zu<br />

dieser Couch story hatten wir eine Weile Zeit, uns eine<br />

Antwort einfallen zu lassen, die einem hervorragenden<br />

Fachmann für Design, Handwerk und Tradition würdig ist.<br />

Sie lautet: «Kapselkaffee ist wie Holzlaminat.» Wir setzen<br />

uns für ehrlichen, frischen und unverkapselten Spitzenkaffee<br />

aus dem Emmental ein.<br />

Fritz Steffen über Christine Schürch & Daniel Sutter<br />

Als wir uns vor über einem Jahr in Gedanken auf die HAGA 2015 vorbereiteten, kam meinem<br />

Bruder die Idee, unsere Besucher mit etwas Genussvollem zu verwöhnen. Er dachte dabei an<br />

etwas persönlich Hergestelltes, gut Riechendes und sicher auch toll Schmeckendes, eben<br />

etwas wie Kaffee.<br />

So gelangten wir auf ein paar Umwegen zur Kaffeerösterei derkaffee.ch unmittelbar in<br />

unserer Nähe in Rüedisbach neben Wynigen.<br />

Im bedächtigen Bauerndörfchen entstand vor wenigen Jahren eine kleine aber feine<br />

Kleinrösterei. Die beiden haben uns herzlichst empfangen und gelehrt, dass Kaffee nicht<br />

gleich Kaffee ist - oder wie Roger Federer sagt: «gekapselt oder gemahlen!»<br />

Lassen Sie sich also an unserer Gewerbeshow inspirieren und geniessen Sie eine der<br />

persönlich zubereiteten Köstlichkeiten.<br />

<br />

13


Lang/Baumann<br />

«Module #3» & «Beautiful Curtain #1», 2013<br />

Museumscafé, Buchladen und Empfang<br />

im FRAC Nord-Pas de Calais, Dunkerque F


16 Michael Girsberger – www.girsberger.com


schon seit meiner frühesten Kindheit<br />

dreht sich in meinem Leben vieles ums<br />

Sitzen. Zwar geht es dabei weniger<br />

um Sofas als vielmehr um Stühle. Es war<br />

mein Urgrossvater Heinrich Girsberger, der<br />

1889 in Zürich eine Drechslerei gründete<br />

und damit den Grundstein für das heutige<br />

Unternehmen Girsberger legte. Schon bald<br />

machte er sich Gedanken darüber, wie<br />

Kinder und Erwachsene beim Klavierspielen<br />

den gleichen Hocker benutzen könnten.<br />

Kurzerhand entwickelte er einen höhenverstellbaren<br />

Klavierstuhl. So wurde Girsberger<br />

zum Spezialisten für neuartige Sitzlösungen.<br />

Drei Generationen später ist daraus ein international<br />

agierendes mittelständisches Unternehmen<br />

geworden. ‚International‘ bedeutet in<br />

unserem Fall jedoch nicht, dass wir unsere<br />

Produktion in fernöstliche Billiglohnländer<br />

ver lagert hätten. Ganz im Gegenteil: Wir halten<br />

bewusst an der Produktion in der Schweiz und in<br />

Deutschland fest. Einfach ist das nicht. Wir alle<br />

wissen, wie prall gefüllt die Parkhäuser bei preisgünstigen<br />

Möbelhäusern an einem Samstag sind.<br />

Die Nachfrage nach zeitge mässen, erschwinglichen<br />

Möbelstücken mit einer überschaubaren Lebensdauer,<br />

so dass man sie scheinbar mit gutem Gewissen<br />

nach kurzer Zeit ersetzen kann, ist offensichtlich<br />

unge brochen.<br />

Dennoch gibt es eine gegenläufige Bewegung, die in<br />

meinen Augen an Bedeutung gewinnt. Immer mehr<br />

Menschen suchen unverwechselbare Produkte, deren<br />

Herstellung sich zurückverfolgen lässt. Ich bin mir nicht<br />

sicher, woher diese Bewegung kommt. Ermüdet<br />

uns die Vielfalt der Produkte, die wir der Globalisierung<br />

verdanken? Oder haben wir vielmehr genug<br />

davon, dass wir scheinbar in jeder Stadt der Welt die<br />

immer gleichen Markenartikel kaufen können? Wie<br />

dem auch sei, die Anzeichen, dass viele Menschen sich<br />

wieder auf die eigene Umgebung zurückbesinnen, sind<br />

unübersehbar. Der kleine Quartierladen um die Ecke hat<br />

trotz vergleichsweise hoher Preise wieder Kundschaft. Grossverteiler<br />

stecken viel Werbebudget in Kampagnen für ihre<br />

regionalen Produkte. Unter dem Namen ‚Urban Gardening‘<br />

wird sogar in den Städten wieder Gemüse angepflanzt.<br />

Natürlich ist mir bewusst, dass es gutverdienende Menschen<br />

sind, die sich regionale Bioprodukte aus dem Quartierladen<br />

oder eben ein Möbelstück aus einer Schweizer Manufaktur<br />

leisten können. In Bützberg im Kanton Bern, wo unsere<br />

Wohnmöbel entstehen, betragen die Lohnkosten etwa das<br />

Dreissigfache von denen in China, dem mit Abstand weltgrössten<br />

Hersteller von Möbeln und Komponenten für<br />

deren Herstellung. Die Baumstämme für unsere Massivholztische<br />

suchen wir in der Schweiz und in den<br />

Wäldern und Sägereien der umliegenden europäischen<br />

Länder selber sorgfältig aus. Ein solches Möbelstück<br />

hat naturgemäss seinen Preis – dafür ist es mit Sicherheit<br />

bis ins Detail ökologisch einwandfrei und unter<br />

sozial gerechten Arbeitsbedingungen entstanden.<br />

Dass Girsberger diese Werte hochhält, ist übrigens<br />

nicht mein Verdienst. Ich bin mit dieser Haltung<br />

und Überzeugung gross geworden: Meine Vorfahren<br />

waren von Anfang an bestrebt, die richtige<br />

Balance zwischen ökonomischem Erfolg, sozialer<br />

Orientierung und ökologischer Verantwortung zu<br />

finden. Eine nachhaltige Unternehmensführung,<br />

die mehr ist als ein marketingwirksames Versprechen,<br />

erfordert manchmal beträchtlichen<br />

Durchhaltewillen. Der Verdrängungswettbewerb<br />

im Büromöbelmarkt, unserem Kern ge schäft, ist<br />

so unerbittlich, dass wir neue Nischen suchen<br />

mussten – und fanden.<br />

17


Nach wie vor bestimmt das Sitzen unser Denken und Handeln.<br />

Im Zuge der Fokussierung auf bestimmte Marktnischen entstand<br />

unter anderem das Konzentrat Girsberger Dining. Dahinter steht<br />

die Erkenntnis, dass der Esstisch den Mittelpunkt jedes Hauses<br />

und jeder Wohnung bildet. Die Faktoren, die in diesem zentralen<br />

Wohnbereich für Behaglichkeit und Komfort sorgen, sind<br />

so vielfältig, dass es unseren Möbeldesignern Jahr für Jahr<br />

gelingt, neue Formen zu entwerfen. Design, Haptik und<br />

Qualität gehen nahtlos ineinander über und tragen zum<br />

Wohlbefinden und zur Identifikation mit dem eigenen,<br />

unverwechselbaren Möbelstück bei. Unverwechselbar sind<br />

unsere Tische, weil sie ausnahmslos aus Massivholz<br />

bestehen. Nicht nur viele verschiedene Holzarten, sondern<br />

auch unterschiedliche Herkunftsgebiete tragen zum individuellen<br />

Erscheinungsbild der Stämme bei, so dass jedes<br />

Tischblatt sein ganz eigenes Gesicht hat, was bei preisgünstigen<br />

Möbelhäusern undenkbar wäre. Wir gehen so<br />

weit, dass wir die Käufer eines Massivholz tisches einladen,<br />

in unserem Werk in Bützberg gemeinsam mit dem<br />

Schreiner die Bretter auszuwählen und anzuordnen –<br />

und damit den Charakter ihres Tisches weitgehend<br />

selbst zu bestimmen. Dieses Angebot erfreut sich grosser<br />

Beliebtheit.<br />

Aussergewöhnlich sind diese Produkte nicht nur im<br />

Hinblick auf Materialien und Qualität der Verarbeitung,<br />

sondern auch bezüglich ihrer Funktionen. So<br />

haben wir Massivholztische entwickelt, die sich im<br />

Handumdrehen und ohne Kraftaufwand ausziehen<br />

lassen – und dabei die Maserung eines einzigen<br />

Baumstammes behalten. Oder wir haben, fünfzig<br />

Jahre nachdem der Holzdrehstuhl vom Markt<br />

verschwand, diesen in einer modernen Form wieder<br />

auferstehen lassen.<br />

«Bei Girsberger entsteht<br />

von der Idee über<br />

den Prototyp bis zum<br />

fertigen Produkt alles<br />

unter einem Dach.»<br />

Insgesamt 26 Mitarbeitende in den Bereichen<br />

Design, Konstruktion und Modellbau widmen<br />

sich der schwierigen Aufgabe, Produktideen zu<br />

ent wickeln, die wirklich neu sind. Die Mitarbeitenden<br />

dieser Abteilungen geniessen viel Spielraum<br />

und Handlungsfreiheit – und sie sind durch<br />

und durch Teamworker. Neue Ideen entstehen bei<br />

Girsberger auch in der Kaffeepause, auf einer<br />

Zugfahrt oder beim gemeinsamen Mittagessen.<br />

Nun habe ich gar viel über Massivholztische<br />

ge sprochen – in einem Magazin, das <strong>Couchstories</strong><br />

heisst. Tatsächlich fertigt Girsberger auch eine Art<br />

Couch. Otto, den der spanische Möbeldesigner Carlos<br />

Tíscar entworfen hat, bezeichnen wir als Loungesessel<br />

oder Eineinhalbsitzer, denn er bietet<br />

zusätzlich Platz für Taschen, Unterlagen und<br />

Laptop – und mir die Gelegenheit, Sie von<br />

e iner im eigenen Haus produzierten ‚Couch‘<br />

aus zu begrüssen.<br />

18


Fritz Steffen über Michael Girsberger<br />

In unmittelbarer Nähe von Herzogenbuchsee liegt die Möbelfabrik von Michael<br />

Girsberger, ein international tätiges Unternehmen für Sitzmöbel im Büro- und<br />

Ess bereich sowie für Tische für den Arbeits- und Privatraum.<br />

Uns verbindet nicht nur die Beratungs- und Verkaufsseite, wir arbeiten auch<br />

im Aus bildungsbereich seit über vier Jahren eng zusammen. Unsere Lernenden<br />

absolvieren während ihrer Lehrzeit als Innendekorateurinnen und -dekorateure<br />

zwei Praktika, jeweils für drei Monate, in der Industriepolsterei und Konfektionsabteilung<br />

der Firma Girsberger. Beide Seiten profitieren enorm, aber vor allem<br />

profitieren die Lernenden von der erweiterten Grundausbildung. Wir sind stolz,<br />

die Firma Girsberger als Partner zu haben und freuen uns auf viele weitere<br />

erfolgreiche Projekte.<br />

19


22 Sabina Lang und Daniel Baumann – www.langbaumann.com


in unserem Atelier, einer ehemaligen Motorenfabrik<br />

in Burgdorf, bildet das Canapé, zusammen mit ein<br />

paar Sesseln und einem kleinen Glastisch ein<br />

zentraler Ort. Hier besprechen wir alles, sitzen abends bei<br />

einem Bier zusammen oder arbeiten noch ein bisschen,<br />

lesen oder recherchieren im Internet, telefonieren, oder<br />

verbringen Zeit in unserer kleinen Lounge mit Freunden<br />

oder Nachbarn, die uns besuchen. Es fühlt sich ein<br />

wenig an, als würden wir um eine imaginäre Feuerstelle<br />

sitzen, insbesondere da der Raum ansonsten<br />

sehr hoch ist und wir umgeben sind von Werkzeugen,<br />

Arbeitstischen oder dem, was aktuell gerade am<br />

Entstehen ist. Das Canapé ist übrigens ein Eineinhalb-Sofa.<br />

Zu zweit ist es eher unbequem, da es sich<br />

in der Mitte etwas absenkt, deshalb sitzt meist nur<br />

eine Person darauf.<br />

Nur durch eine Glaswand vom Atelier getrennt<br />

und leicht erhöht im Mezzanin, liegen unsere<br />

Wohnung und unser Büro. Auch dort hat es ein<br />

Sofa, ein längeres das allerdings eher zum<br />

Filme schauen oder zum Liegen und Zeitung<br />

lesen von uns und unserer Tochter genutzt<br />

wird.<br />

Wir haben nie eine Trennung zwischen Wohnund<br />

Arbeitsraum gesucht. Im Gegenteil, da wir<br />

als Künstlerpaar zusammenarbeiten, war es uns<br />

immer wichtig das Alltägliche in die Kunst einfliessen<br />

zu lassen sowie die Arbeit als einen Teil<br />

des Lebens zu betrachten. Selbst nach der Geburt<br />

unserer Tochter hat sich dies nicht wesentlich verändert.<br />

Sie lebt mit uns und hat viel Freiraum und Platz.<br />

Die künstlerische Arbeit wird oft missverstanden.<br />

Die Vorstellung über das Eintreffen<br />

eines plötzlichen Geistesblitzes trifft<br />

sehr selten zu, und wenn, dann nicht unbedingt<br />

während der Arbeit, sondern eher bei<br />

einem anregenden Gespräch mit Freunden<br />

oder beim Zugfahren oder an einem Konzert.<br />

Jedenfalls springt die geniale Idee, wenn sie<br />

denn mal vorkommt, nicht aus einem heraus.<br />

Vielmehr ist es ein langsames Herantasten. Eins<br />

ergibt das andere und nach vielen Jahren der<br />

Erfahrung und Vertrautheit mit dem eigenen<br />

Werk kann man aus diesem Erfahrungsschatz<br />

selbst Bezüge herstellen und wiederum Neues<br />

daraus schöpfen.<br />

Bei uns hat der Dialog einen grossen Stellenwert.<br />

Das Reden über unsere Arbeit, das Erklären und<br />

Fragen, das Teilen von Wissen, die Kritik und eine<br />

immerwährende Neugierde auf die Sicht des<br />

Anderen, sind für uns inspirierende Elemente bei der<br />

Kreation eines Werkes. Hinzu kommen dann weitere<br />

Faktoren die unser Tun oder die Entscheidungsschritte<br />

beeinflussen. Der Ort, für den wir eine Installation<br />

erschaffen, involvierte Personen wie Freunde, Kuratoren<br />

oder Handwerker spielen dabei eine Rolle. Jedenfalls<br />

ist es nicht so anders, als in jedem anderen Beruf,<br />

in dem man etwas gestalten muss. Der Unterschied liegt<br />

vielleicht eher in der Begründung, weshalb man etwas<br />

tut.<br />

Unsere Arbeiten werden, wie bereits angedeutet, sehr<br />

oft für einen bestimmten Ort konzipiert. Manchmal<br />

beziehen sie sich auf die Architektur eines Raumes<br />

oder verändern das Bestehende komplett. In der<br />

Ausführung bedienen wir uns schon seit unseren<br />

Anfängen einer breiten Materialpalette. Von<br />

Wandmalereien, über Teppichräume, Skulpturen<br />

aus Holz oder Metall, aufblasbaren Strukturen,<br />

Wandobjekten oder gar funktionalen Arbeiten,<br />

haben wir alles erprobt. Oft arbeiten wir auch<br />

im öffentlichen Raum. Das Medium der<br />

Ausstellung ist sehr befreiend. Man kann<br />

23


eine zeitlich begrenzte Veränderung einer Situation<br />

vornehmen, die dann wieder spurlos verschwindet,<br />

als wäre nichts gewesen. Dies ist dennoch meist mit<br />

grossem Aufwand verbunden. Eigentlich wollen wir,<br />

obwohl wir alle unsere Projekte minutiös planen, auch<br />

immer uns selber überraschen, sehen uns also auch als<br />

Betrachter unserer eigenen Werke. Es ist wichtig auf eine<br />

Situation einzugehen, sie genau zu analysieren, eine Art<br />

Recherchearbeit zu betreiben, um den Kontext wirklich zu<br />

verstehen. Wir sind überzeugt, dass wenn man so vorgeht, sich<br />

dies auf die Glaubwürdigkeit des Kunstwerkes auswirkt und<br />

somit von andern Betrachtern wahrgenommen werden kann. Das<br />

Gleiche gilt für die Zusammenarbeit generell.<br />

«Nur wer bereit ist sich dem<br />

Anderen anzunähern, zu hören,<br />

was machbar ist und wo die<br />

Grenzen liegen und dies in die<br />

eigenen Über legungen einzubauen,<br />

wird ernst genommen<br />

und beide Seiten können<br />

etwas daraus ziehen.»<br />

Es ist immer enorm spannend mit Handwerkern zu<br />

arbeiten und wir wollen jedes Mal, wenn wir etwas<br />

nicht selber realisieren, trotzdem nah am Prozess dran<br />

sein. Sei es mit einem Metallbauer, Schreiner, Teppichleger,<br />

Ingenieur, einer Lackiererin, Architektin oder<br />

Sattlerin - es gibt immer Neues zu entdecken und<br />

man lernt etwas, das man wiederum in die Kunst<br />

einbeziehen kann.<br />

Schon länger arbeiten wir für die meisten Ausführungen<br />

mit Handwerkern aus der Umgebung von<br />

Burgdorf. Für ein neues Museum in Dunkerque<br />

in Frankreich wurden wir eingeladen, eine Art<br />

Möbel skulptur für das Museumscafé zu<br />

bauen. Anstelle von vielen kleinen Tischen<br />

schlugen wir ihnen einen sehr grossen<br />

langen Tisch mit eingebauten Sitzbänken<br />

vor. Einerseits, weil der Raum sehr lang,<br />

hoch und schmal ist, andererseits<br />

wurde der Ausbau von den Archi tekten<br />

bewusst roh belassen. Betonboden und<br />

-decke, Sichtbaustein, Wände und<br />

Neon beleuchtung. Es interessierte uns,<br />

mit einem sehr farbigen und monumentalen<br />

Möbel einen Kontrast zur Architektur<br />

zu suchen. Hinzu kamen noch<br />

Lampen, die zusätzlich eine andere<br />

Stimmung über dem Tisch erzeugten,<br />

sowie ein grosser Vorhang, mit dem man<br />

den ganzen langen Raum auf einer Seite<br />

abtrennen konnte. Es war für uns das erste<br />

Mal, dass wir einen Vorhang machten.<br />

Überhaupt war es für uns neu, mit Stoff zu<br />

arbeiten. Fündig wurden wir ganz in<br />

unserer Nähe. Zusammen mit Création Baumann,<br />

die den Stoff in leuchtenden Farben für<br />

uns produzierten und Steffen Raumkonzepte,<br />

die den Vorhang genäht haben und uns zudem<br />

beratend zur Seite standen, konnten wir dieses<br />

Projekt erfolgreich realisieren. Die Zusammenarbeit,<br />

wie auch das Ergebnis ist toll und der<br />

Vorhang stösst auf viele begeisterte Reaktionen.<br />

So haben wir wieder etwas Neues entdeckt,<br />

unser Spektrum an Möglichkeiten erweitern<br />

können und freuen uns, auch in Zukunft vermehrt<br />

zusammenzuarbeiten.<br />

24


Fritz Steffen über Sabina Lang und Daniel Baumann<br />

Unser langjähriges und grosses Netzwerk, welches schon unsere Eltern pflegten, machte es<br />

möglich. Das Künstlerpaar Lang/Baumann wurde uns durch Création Baumann vorgestellt,<br />

und so wurden wir in Ihr Projektteam für den Beautiful Curtain in Dunkerque einbezogen. Ihre<br />

künstlerischen Vorstellungen und die minutiöse Vorarbeit zur Umsetzung gepaart mit unserer<br />

Erfahrung und dem Fachwissen, liessen einen unglaublich eindrucksvollen Raumteiler<br />

entstehen. In der Zwischenzeit durften wir bereits eines Ihrer jüngsten Projekte in Bern<br />

begleiten und umsetzen.<br />

Die Zusammenarbeit mit Sabine Lang und Daniel Baumann hat uns in der Konfektion neue<br />

Massstäbe gesetzt. Wir sind überzeugt, die gewonnenen Erkenntnisse und die neuen<br />

Denkweisen bringen uns und unser Team erneut weiter.<br />

Grossartig dass wir hier mitarbeiten durften. Herzlichen Dank an Sabine, Daniel und auch an<br />

Ueli und Eveline von Création Baumann. Mit solchen Teams kann man auch mal die Grenzen<br />

des Machbaren überschreiten und es gelingt trotzdem noch.<br />

25


textile<br />

www.tisca


passion<br />

tiara.com


28 Ulrike Wittmann & Heinz Hofer-Wittmann – www.wittmann.at


herr Hofer-Wittmann:<br />

Bei jeder Firma gibt es Milestones. Für<br />

Wittmann war es, als wir damals die<br />

Josef Hoffmann Rechte erworben haben. Eigentlich<br />

war es ein Zufall, wie wir dazu gekommen sind.<br />

Professor Spalt wurde von der Witwe von Josef<br />

Hoffmann angesprochen. Sie hat ihn gefragt, ob er<br />

jemanden kennt, der die Möbel auflegen möchte.<br />

Zuvor hatte sich die renommierte italienische Firma<br />

Cassina um die Rechte beworben, aber die Witwe<br />

hat ein österreichisches Unternehmen mit höchster<br />

handwerklicher Qualitätsarbeit bevorzugt. So<br />

sind wir zu dieser Kollektion gekommen, die<br />

Wittmann international bekannt machte und<br />

auch heute noch sehr beliebt ist. Im Grunde war<br />

es einfach ein glücklicher Zufall. Später haben<br />

die Amerikaner aber auch die Japaner die<br />

Möbel entdeckt.<br />

«Oftmals sind es die<br />

kleinen Zufälle, die<br />

richtungsweisend für<br />

die Zukunft sind»<br />

Frau Wittmann:<br />

Ich habe die Witwe leider nicht kennengelernt.<br />

Das passierte in den späten 60er Jahren und zu<br />

der Zeit war ich noch zu jung und gar nicht in die<br />

geschäftlichen Geschehnisse involviert, obwohl ich<br />

und meine fünf Schwestern natürlich quasi in den<br />

Werkstätten aufgewachsen sind. Unser Wohnhaus war<br />

immer sehr verbunden mit der Werkstätte, das war fast<br />

wie eins. Die Mitarbeiter haben gespielt mit<br />

uns in der Pause, aber zu solch wichtigen<br />

Terminen, wie mit Carla Hoffmann hat unser<br />

Vater uns nicht mitgenommen. Ich war da ja<br />

erst 13 Jahre alt. Aber das war damals schon<br />

ein sehr wichtiges Ereignis, wie auch Professor<br />

Spalt eine sehr wchtige Rolle für die Firma<br />

spielte, nicht nur indem er den Kontakt herstellte,<br />

sondern weil er die Richtung mitgeprägt hat,<br />

nämlich in die Richtung von Qualität und Design.<br />

Als Handwerksbetrieb war die Qualität immer<br />

schon wichtig, aber das Design war natürlich<br />

damals nicht so im Fokus. Man war ja auch auf<br />

diesem Gebiet nicht speziell ausgebildet und auf dem<br />

Land betrachtete man die Dinge damals aus einem<br />

anderen Blickwinkel. Johannes Spalt, der eben von<br />

Wien gekommen ist und gut vernetzt war mit Wiener<br />

Architekten, hat einen neuen Spirit in den Betrieb<br />

gebracht.<br />

Herr Hofer-Wittmann:<br />

In den Nachkriegsjahren gab es natürlich einen großen<br />

Möbelbedarf, Design war jedoch nicht so gefragt. Es<br />

bedurfte doch einiger Investitionen und entsprechend<br />

intensiver Auseinandersetzung mit den Möbeln. Zu<br />

Beginn des 20. Jahrhunderts gab es noch Kunden, die ihre<br />

ganze Ausstattung, angefangen von den Möbeln bis hin<br />

zum Besteck und den Gläsern entwerfen liessen. Das ist<br />

heute natürlich fast nicht mehr bezahlbar.<br />

Frau Wittmann:<br />

Das waren nur einige wohlhabende Familien in Wien,<br />

die dieses Grossbürgertum noch gelebt haben. Diese<br />

Familien haben, wenn auch vielleicht unbeabsichtigt,<br />

damals schon investiert in gutes Design, welches nun<br />

durch die Vermarktung der Lizenzrechte auch für<br />

die breitere Masse erschwinglich ist.<br />

29


Dadurch, dass der Betrieb anfangs noch relativ klein war,<br />

wurden die Architekten, die uns zeitweilig besuchten,<br />

wie ein Teil der Familie behandelt. Sie sassen bei uns<br />

am Esstisch und es wurde natürlich dann auch in<br />

Anwesenheit von uns Kindern diskutiert. Heute sind<br />

wir schon mehr darauf bedacht, das Private vom<br />

Geschäftlichen zu trennen, aber damals ging das<br />

alles ineinander über. Mitarbeiter, Gäste, alle<br />

waren Teil dieser grossen Familie. Man muss<br />

dazu aber auch sagen, wir Kinder waren damals<br />

sehr brav. Wenn Gäste bei uns zu Hause waren,<br />

wurde natürlich eine gewisse Disziplin von<br />

uns verlangt.<br />

Ich bin die Einzige von uns Töchtern, die den<br />

Betrieb weiterführt. Die anderen haben sich<br />

nicht begeistern können dafür, sie sind in unterschiedliche<br />

andere Richtungen gegangen. Familiär<br />

ist es im Grunde genommen heute noch, indem wir<br />

ganz viele Mitarbeiter beschäftigen, die in der unmittelbaren<br />

Umgebung zuhause sind, deren Familie<br />

wir gut kennen und auch deren familiäre Situation.<br />

Wenn sich in deren Familie etwas ereignet, sei es<br />

etwas Positives oder auch etwas Anderes, dann<br />

weiss man davon. Jeder kennt jeden. Es gibt auch<br />

Familien, von denen mehrere Generationen bei uns<br />

arbeiten. Und das spürt man auch, wenn man durch<br />

das Unternehmen geht, es sind da nicht irgendwelche<br />

Leute beschäftigt, sondern sie sind Teil eines Ganzen.<br />

Die Philosophie der Firma wird sozusagen weitervererbt.<br />

Viele Mitarbeiter gehen auch nach Hause zum<br />

Mittagessen. Sie wissen schon um Qualität und es<br />

besteht ein hohes Bewusstsein für die Wichtigkeit des<br />

Unternehmens für diesen Ort. Da ist eine ganz hohe<br />

Identifikation da.<br />

Draußen in der Eingangshalle sind auf einer riesigen<br />

Wand fast alle Mitarbeiter lebensgroß abgebildet. Es<br />

gibt natürlich eine Geschichte dazu. In unserem<br />

Wiener Schauraum findet einmal im Jahr eine Kunstveranstaltung<br />

statt. Sie heißt ‚Kunst bei Wittmann‘<br />

und wir arbeiten mit ganz jungen Künstlern zusam­<br />

30


men. Es wird von externen Leuten<br />

kuratiert, die uns immer wieder neue<br />

talentierte Künstler suchen, die wir dann<br />

gemeinsam aussuchen. Einmal im Jahr<br />

beschäftigt sich einer dieser Künstler mit<br />

unserem Unternehmen und macht dann<br />

eine Arbeit speziell für unseren Showroom.<br />

Die letzte dieser Arbeiten war von<br />

Birgit Graschopf. Sie hat einen Tag lang<br />

unsere Mitarbeiter fotografiert und es dann<br />

am Bildschirm bearbeitet und damit eine<br />

Fotoprojektion direkt an die Wände in<br />

unserem Showroom gemacht. Es existiert<br />

jetzt noch dort und die Begeisterung aller<br />

war sehr groß. Wir haben dieses Sujet so<br />

schön gefunden, dass wir es auf eine Tapete<br />

haben drucken lassen. Die Künstlerin hat es<br />

sich extra noch einmal angesehen und<br />

entsprechend überarbeitet vor dem Druck.<br />

Herr Hofer-Wittmann:<br />

Das war sehr aufwendig natürlich, sie hat sogar<br />

die Nacht durchgearbeitet. Zwei Nischen in<br />

unseren Räumen hat sie zu einer Dunkelkammer<br />

umfunktioniert. Sie hat die Wand mit einer<br />

Emulsion beschichtet und belichtet. Das war sehr<br />

interessant. Wenn wir solche junge, unbekannte<br />

Künstler für ein Projekt auswählen, gehen wir zu<br />

ihnen ins Atelier und schauen uns die<br />

Arbeiten an. Dadurch entsteht dann auch ein sehr<br />

guter Kontakt. Es ist für beide Seiten eine gute<br />

Sache. So fließt dieser künstlerische Aspekt in<br />

unsere Projekte über, und meistens sind es - in<br />

Anführungszeichen - unbekannte Künstler, die dann<br />

später eine tolle Karriere gemacht haben.<br />

Frau Wittmann:<br />

Diese Projekte machen wir jetzt seit 11 Jahren. Die Kuratoren<br />

haben ein sehr feines Gespür und eine gute Hand für Kunst,<br />

muss man sagen. Wir sind da wirklich immer sehr gut beraten.<br />

Es ist schön zu sehen, wenn man ganz junge Künstler da bei<br />

uns hat und irgendwann später liest man dann, dass sie eine<br />

grosse Ausstellung realisieren können und internationale<br />

Anerkennung ernten. Wir kaufen dann auch immer Stücke.<br />

Das macht sehr viel Spass, diese Kunstreihe. Wir versuchen<br />

das in Zukunft stärker heranzuführen ans Unternehmen, um<br />

noch eine stärkere Verknüpfung zu finden, zwischen dem<br />

Künstlerischen und dem Design. Man kann das auch<br />

schon sehen, in der Art, wie wir uns darstellen auf Messepräsentationen<br />

zum Beispiel.<br />

Wir leben das Thema der Nachhaltigkeit schon seit Jahrzehnten.<br />

Jetzt, wo es in aller Munde ist, klingt es für uns<br />

mehr nach einem Werbeslogan, als nach einer Philosophie.<br />

Für uns ist es so grundlegend und naheliegend, dass wir<br />

das gar nicht mehr erwähnen. Es ist uns eine Selbstverständlichkeit,<br />

nicht Dinge zu produzieren, die man<br />

dann nach drei Jahren entsorgen will, sondern die nach<br />

Jahrzehnten noch wunderbar in Ordnung sind und die<br />

man dann vielleicht neu bezieht, um sie zu erhalten und<br />

nicht zu entsorgen.<br />

Herr Hofer-Wittmann:<br />

Wir haben uns selbst die Latte sehr hoch gelegt. Wir<br />

versuchen Möbel zu machen, die dem Kubus nahekommen.<br />

Das Design ist über hundert Jahre alt und hat<br />

heute noch immer seinen Platz und seine Gültigkeit.<br />

Fritz Steffen über Ulrike Wittmann & Heinz Hofer-Wittmann<br />

Tradition – Handwerk – Design. Nichts passt besser zu Wittmann, als diese drei Schlagworte,<br />

die unser Unternehmen, die Steffen Raumkonzepte AG, seit Jahren begleiten.<br />

Das österreichische Traditionsunternehmen in Etsdorf am Kamp in der Nähe von Wien ist für<br />

uns der Innbegriff von höchstem Anspruch an Design in vollendeter Ausführung mit dem<br />

Anspruch Generationen zu überdauern. Ihre Schlaf-, Wohn-, und Arbeitsmöbel überzeugen<br />

uns seit je her und passen hervorragend zu unserem Denken und Handeln.<br />

Mit einem herzlichen Empfang gewährten uns Frau Wittmann und Herr Hofer-Wittmann<br />

persönlich einen Einblick in Ihre Manufaktur zusammen mit dem Designer-Duo von Studio<br />

Wettstein. Der Charme des Unternehmerpaars überstrahlt Ihre Produkte und lässt die Persönlichkeit<br />

spüren. Lassen Sie sich doch einmal selber überzeugen und ‚besitzen’ Sie bei uns<br />

einen ‚echten Wittmann’.<br />

31


34 Johannes & Lukas Weibel – www.intertime.ch


k<br />

indheitserlebnisse auf dem Sofa<br />

Wenn wir über die Anfänge unserer Geschichte nachdenken,<br />

kommen wir nicht umhin, schon bei den Kindheitserinnerungen<br />

auf der einen oder anderen Couch zu verweilen.<br />

Als Kinder hielten wir uns oft in der Firma auf. Zum<br />

einen waren wir so in der Nähe unseres Vaters und konnten<br />

miterleben, wie er als Geschäftsmann in Aktion war. Das<br />

war um einiges spannender, als zu Hause im Garten zu<br />

spielen, oder der Mutter beim Aufräumen zu helfen. Zum<br />

andern war die Firma natürlich ein toller Spielplatz für<br />

entdeckungshungrige Jungs. Das Beste aber war, dass uns<br />

alle in der Firma kannten und wir haben die Mit arbeiter<br />

gekannt. Es war immer jemand da, der gerade einen<br />

Witz auf Lager hatte oder zufällig ein Hustenbonbon in<br />

der Hosentasche bei sich hatte. Wir waren gerne dort<br />

und genossen die geschäftige Arbeits stimmung, in der<br />

immer etwas im Entstehen war. So haben wir bereits<br />

als junge Burschen viel vom Geschäftsleben und der<br />

Möbelbranche mitbekommen. Auch daheim war<br />

diese Atmosphäre allgegenwärtig und wir nahmen<br />

sie mit jeder Mahlzeit auf.<br />

Ab und zu gab es auch Projekte, an denen wir aktiv<br />

mitwirken durften. Ich erinnere mich an die fröhlichen<br />

Nachmittage, als wir zusammen mit Nachbarskindern<br />

als Fotomodelle für Werbeaufnahmen<br />

Heubürzel auf dem Sofa machen durften. Dass<br />

wir auf den Möbeln herumturnen durften, war<br />

natürlich eine Ausnahme.<br />

Normalerweise war das nämlich nicht gestattet.<br />

Noch heute löst es bei mir einen Reflex aus,<br />

wenn sich jemand auf eine Armlehne setzt. Das<br />

geht gar nicht und wurde uns schon als Kinder<br />

eingetrichtert. Aber gegen ein bisschen Show<br />

hatte selbst unser Vater nichts einzuwenden.<br />

Immerhin wurde damit die Strapazierfähigkeit<br />

und Alltagstauglichkeit auf sportliche<br />

Art und Weise unter Beweis gestellt.<br />

Durch solche und andere Erfahrungen haben wir im<br />

Laufe der Zeit viel über Materialien wie Leder und<br />

Stoffe mitbekommen. Natürlich haben wir bereits<br />

als Kinder viele Möbelgeschäfte gekannt. Selten<br />

wurde ein Ausflug in eine Stadt unternommen,<br />

ohne einen Blick in die Schaufenster der örtlichen<br />

Möbel häuser zu werfen. Wir kannten<br />

die Modelle auswendig und staunten, wenn<br />

neue Kombina tionen oder Farben ein<br />

anderes Bild prägten. Für uns war es ein<br />

Spiel, das wir uns zu eigen gemacht hatten.<br />

Trotz vielen Engagements hat unser Vater<br />

immer einen Weg gefunden, Zeit mit uns zu<br />

ver bringen. Manchmal haben wir aber auch<br />

auf ihn verzichten müssen, weil er nicht nur<br />

im Geschäft, sondern auch in der Politik und<br />

im Militär sehr engagiert war.<br />

Berufswunsch Johannes Weibel<br />

In meiner Freizeit habe ich viel gezeichnet und<br />

gebastelt. Ich sammelte Materialreste in der<br />

Firma zusammen und auch Werkzeug gab es überall.<br />

Es ist wie mit allem, was man fleißig übt und<br />

interessiert verfolgt, man gewinnt immer mehr ein<br />

Gespür dafür. Dementsprechend war mein Berufswunsch<br />

immer schon Innenarchitekt oder Designer<br />

zu werden. Mir war bereits früh klar, dass ich einen<br />

kreativen und handwerklichen Beruf lernen wollte.<br />

Mein Vater hat mich dann auch sanft zu einer Ausbildung<br />

des Innendekorateurs gedrängt, weil es eine<br />

sehr gründliche und umfassende Grundausbildung und<br />

eine gute Basis für eine Weiterbildung war. Schon<br />

während der Lehre habe ich sehr schnell gemerkt, dass<br />

ich an meinem Traumberuf des Produkt designers festhalten<br />

wollte und ich war entschlossen, dies um jeden<br />

Preis zu verwirklichen. In dieser Zeit hatte ich auch immer<br />

wieder mit Intertime Sofas zu tun, da mein Lehrmeister<br />

auch ein Kunde von Intertime war.<br />

35


Entwürfe als Student<br />

Wenn man die Möglichkeit bekommt, etwas aus einer<br />

anderer Perspektive zu betrachten, kommen nicht immer<br />

nur die vorteilhaftesten Eigenschaften ans Licht. Mir<br />

wurde bald bewusst, dass die Sofas von Intertime die<br />

schwersten Möbel bei der Auslieferung waren. Aber<br />

Erkenntnis ist der erste Schritt zu einer Verbesserung.<br />

Ich habe meinen Vater oft an den Messen in Zürich und<br />

Köln besucht und natürlich habe ich mich mit der Zeit<br />

immer häufiger einbringen können.<br />

Ich absolvierte das Studium für Produkt Design am<br />

Art Center College of Design. Mein Vater hat mich<br />

sehr oft an den Wochenenden in die Produktentwicklung<br />

mitgenommen, um die neusten Projekte<br />

zu besprechen. Das hat meine Wahrnehmung für<br />

Proportionen und Details sicher schon früh<br />

geschärft. Ich habe meine Freizeit während des<br />

Praktikums in Mailand genutzt, um ihn mit<br />

Skizzen und Inputs für neue Sofas zu überraschen.<br />

Bei Frogdesign in Deutschland habe ich später an<br />

interessanten Projekten im High-Tech-Bereich<br />

mit arbeiten dürfen. Auch die Telekommunikation<br />

und Unterhaltungs elektronik war ein<br />

grosses Thema. Für mich war es immer ein<br />

Traumjob in einem sehr spannenden Umfeld.<br />

Einer der interessantesten Erfahrungen waren<br />

sicher die Wochen im Büro im Silicon Valley in<br />

den USA, bei denen ich projektweise involviert<br />

war. Dabei habe ich auch ein paar alte Freunde aus<br />

der Studienzeit wiedergetroffen.<br />

Familiengründung und Eintritt in die Firma<br />

Mit der Gründung einer eigenen Familien kam der<br />

Wunsch auf, zurück in die Schweiz zu ziehen. Zu<br />

diesem Zeitpunkt wollte mein Vater wissen, ob wir<br />

uns eine Übernahme der Firma vorstellen könnten. Es<br />

war für mich und meinen Bruder von Anfang an klar,<br />

dass wir es nicht alleine machen wollten. Ich wollte<br />

mich auf das Produkt konzentrieren können und Lukas<br />

konnte seine Stärken im Rechnungswesen einbringen.<br />

36


1998 trat ich in die Firma ein und<br />

kümmerte mich um das Produktmanagement<br />

und das Corporate<br />

Design. Gleichzeitig schloss ich ein<br />

weiteres Nachdiplom studium für<br />

Corporate Design Management ab.<br />

Mit dem Generationenwechsel 2001<br />

wollten wir der Firma eine neue<br />

Identität geben, ohne aber die ganze<br />

Geschichte in Frage zu stellen. Für<br />

mich war klar, dass wir mit namhaften<br />

Designern arbeiten müssen. Zusammen<br />

mit Hanspeter Wirth haben wir dann<br />

ein Sofa ent wickelt, welches sich deutlich<br />

von der bestehenden Linie differenzierte.<br />

In Verbindung mit dem Generationenwechsel<br />

war es eine gute Story<br />

und hat uns sehr viel Publizität gebracht.<br />

Rückschläge und Schritte in die Zukunft<br />

Im Jahr der Firmenübernahme war der<br />

Markt jedoch rückläufig und wir hatten<br />

einen Umsatzrückgang zu verbuchen.<br />

Noch im Vorjahr hatten wir ein Rekordergebnis<br />

und wir fragten uns natürlich, ob<br />

es an der neu einge schlagenen Richtung<br />

lag. Es war aber konjunkturell bedingt und<br />

ging vielen von unseren Partnerfirmen und<br />

Mit bewerbern ebenfalls so. Wir mussten<br />

handeln und uns nach einigen guten Jahren<br />

des Wachstums auf weniger Umsatz einstellen.<br />

Im Nachhinein war es trotz allem sehr<br />

lehrreich und hat uns sicher auch geprägt.<br />

Die Neupositionierung ging nicht so schnell und war nicht so einfach,<br />

wie wir uns das vorgestellt hatten. Die Kollektion Intertime war bei<br />

unseren Handelspartnern klar verortet und unser Produkt stand für<br />

ein solides, eher konservatives und braves Produkt.<br />

«Die Glaubwürdigkeit im Designsegment<br />

mussten wir uns jedoch<br />

erst verdienen. Jahr für Jahr<br />

haben wir mit neuen Produkten<br />

unsere Posi tion gestärkt und<br />

glaubhafter machen können.»<br />

Wir konnten viele internationale Designpreise entgegennehmen.<br />

Rückblickend können wir sagen, dass wir zusammen<br />

sicher viel erreicht haben. Die Firma steht auf einer noch<br />

besseren Basis und ist für zukünftige Herausforderungen<br />

gerüstet. Wir streben nicht so sehr ein quantitatives Wachstum<br />

an - die Anzahl der Mitarbeiter ist mit 70 Personen nur<br />

unwesentlich höher als 2001. Unser Ziel ist eine Ver besserung<br />

der Positionierung und der Ausstrahlungskraft, eine Expansion<br />

und somit ein Wachstum in ganz Europa. Eine gute<br />

Bestätigung für unseren Weg war sicher auch der Aargauer<br />

Unternehmenspreis, den wir im Frühling 2014 entgegennehmen<br />

durften. Es ist eine Auszeichnung, die nicht nur<br />

für die guten Produkte steht, sondern alle Aspekte wie z.B.<br />

Nachhaltigkeit, Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeiter, Entwicklung der Unternehmung relativ zur<br />

Branche berücksichtigt.<br />

Fritz Steffen über Johannes & Lukas Weibel<br />

Mit den Brüdern Weibel stellen wir Ihnen einen weiteren tollen Schweizer Möbelproduzenten<br />

vor. Uns verbinden viele Parallelen: zwei Brüder - ein Familienunternehmen - ein geliebtes<br />

Handwerk - der Anspruch auf Design - höchste Qualität - Individualität und nicht zuletzt auch<br />

der Mut, Neues anzupacken.<br />

Wenn wir uns treffen, tauschen wir uns über die kommenden Trends, geschäftliche Erfolge<br />

aber auch Misserfolge und aktuelle Projekte aus. Es sind immer spannende Gespräche. Die<br />

Zusammenarbeit mit der Firma Intertime unterstreicht auch unsere Bestrebungen beim<br />

Einkauf möglichst kurze Wege zu haben und immer zu wissen, woher das entstehende Möbel<br />

stammt, eben auch ein Teil der Nachhaltigkeit.<br />

Wir schätzen die individuelle Zusammenarbeit und präsentieren Ihre Produkte gerne unserer<br />

anspruchsvollen Kundschaft.<br />

37


Authentic. Zwei Bohlen aus dem Herzen des Baumstamms bilden das Tischblatt. Design: Stefan Westmeyer<br />

www.girsberger.com/dining


40 Rahel Leuenberger & Loris Müller – www.steffen-raumkonzepte.ch


mein Name ist Rahel und mir<br />

macht es Freude einen Raum<br />

zu verändern und ihn zum<br />

Leben zu erwecken, so dass er wohnlich wird.<br />

Schon früh hatte mich das Handwerkliche in den<br />

Bann gezogen. Ich wollte nichts lieber tun. Als Kind<br />

spielte ich gerne im Dreck, mochte es aber nicht,<br />

wenn meine Hände verklebt damit waren, da wurde<br />

ich richtig kribbelig. Also musste immer irgendwo<br />

Wasser zur Verfügung stehen. Es war interessant zu<br />

entdecken, was man aus den verschiedensten Materialien<br />

herstellen kann und zu experimentieren, auch<br />

wenn manches nicht so herauskam, wie ich es wollte.<br />

«Ich sehe meine Welt oftmals<br />

ein bisschen zu bunt<br />

und sorgenlos.»<br />

Oft ist mein Handeln schneller als mein Denken. Meine<br />

Intuition ist scheinbar unabhängig und eine ungebändigte<br />

Neugierde treibt mich an. Ich konnte es nie abwarten, zu<br />

sehen, wie das Ergebnis aussehen würde. Selten hatte<br />

ich im Voraus eine visuelle Vorstellung davon, aber<br />

das hat den Resultaten einen zusätzlichen Glanz verliehen.<br />

«Volle Kanone mit dem Kopf durch die<br />

Wand», sagten die, die mich am besten kannten.<br />

Mein Zimmer wurde zum Showroom, ich veränderte<br />

es immer wieder, um zu sehen, wie die<br />

Anordnung den Raum veränderte und wie ich<br />

den grösstmöglichen Platz einsparen konnte.<br />

Da die meisten Möbel ziemlich schwer<br />

waren, hörte man mich durch das ganze<br />

Haus poltern. Meinem Vater wurde bewusst, dass ich mir<br />

einen handwerklichen Beruf suchen muss. So bin ich<br />

dann auf Innendekorateurin gestossen oder besser gesagt<br />

auf das Geschäft Steffen Raumkonzepte aufmerksam<br />

ge worden. Wie bei allem, was neu ist, war ich bei meinem<br />

ersten Arbeitstag sehr aufgeregt. Ich wusste nicht, was<br />

auf mich zukommen würde. Im Pflegeheim Wiedlisbach<br />

durfte ich Linoleum verlegen und machte da schon<br />

meine ersten Überstunden. Da dieser Betrieb wie eine<br />

grosse Familie ist, verlor ich bald meine anfängliche<br />

Scheu und habe mich gut eingelebt.<br />

Um den Zusammenhalt des Teams zu fördern, trinken<br />

wir oft ein «Fürabebier» zusammen und ab und zu<br />

stellen wir auch ein Menu auf die Beine. Es kam<br />

schon vor, dass wir ein oder zwei Biere zu viel<br />

hatten, aber so entstehen eben die witzigsten<br />

Geschichten. Mir zum Beispiel passierte, dass ich<br />

plötzlich begonnen hatte, Herrn Steffen Senior zu<br />

duzen. Ein Arbeitskollege hatte mich darauf<br />

aufmerksam gemacht. Aber entweder hat Herr<br />

Steffen das selber nicht bemerkt oder es nicht<br />

gross zur Kenntnis genommen. Mir jedenfalls<br />

war es am nächsten Arbeitstag peinlich und ich<br />

war sehr erleichtert, dass er mich nie darauf<br />

ansprach. Zu meinem Arbeitskollegen Nicolai<br />

Meyer habe ich ein sehr freundschaftliches<br />

Verhältnis aufgebaut oder besser gesagt eine<br />

väterliche Freundschaft. Auch das hat mir<br />

auch geholfen, mich besser einzuleben. Wir<br />

arbeiteten oft zusammen und der Spass kam<br />

dabei nie zu kurz. Wir waren ein sehr gut<br />

eingespieltes Team und machten unsere Arbeiten<br />

gut und seriös. Ein wenig tollpatschig war ich<br />

manchmal schon. Ich bin auch schon buchstäblich<br />

im Leim gesessen oder habe den Parkettboden mit<br />

einer Trinkflasche unter Wasser gesetzt. Es gab am<br />

Anfang auch kaum eine Woche, in der ich mir nicht in<br />

den Finger geschnitten hatte, aber das gehört eben zum<br />

41


Beruf dazu. Natürlich habe ich es auch<br />

schon geschafft, in ein Stromkabel oder in<br />

ein Wasserrohr zu bohren. Aber genau das<br />

liebe ich an meiner Arbeit, man weiß nie,<br />

welche Überraschungen auf einen warten. Ich<br />

habe schon viele interessante Arbeiten ausführen<br />

können, die ich mir selbst im Bett noch<br />

einmal durch den Kopf gehen lasse. Aus diesem<br />

Grund habe ich nach meiner 4-jährigen Lehre<br />

als Innendekorateurin, noch eine zusätzliche<br />

Lehre zur Wohntextilgestalterin angehängt. Klar<br />

war der Umstieg vom Boden zum Nähen nicht<br />

einfach, es sind ja schliesslich doch zwei ganz<br />

verschiedene Welten.<br />

Ich konzentriere mich immer sehr auf meine Arbeit<br />

und vergesse meistens, was um mich herum<br />

geschieht, was sicherlich gut für die Arbeit an sich<br />

ist. Der Nachteil dabei ist aber, dass ich selten<br />

bemerke, wenn der Chef eintrifft. Besonders Andreas<br />

Steffen kann sich meist so unbemerkt nähern und<br />

fragt dann auch immer, als ob nichts gewesen sei,<br />

warum ich so erschrocken bin. Ich muss tatsächlich<br />

aufpassen, dass ich vor lauter Schreck nicht plötzlich<br />

mit dem Messer abrutsche.<br />

Was ich besonders gerne mache, ist das traditionelle<br />

Polstern. Jennifer Fritz hat mich immer unterstützt und<br />

bestätigte das auch dem Chef, wenn dieser fragte:<br />

«Chunnt‘s guet?» Als er sich davon überzeugen konnte,<br />

meinte er dann: «Entweder me het die Gab oder äbe de<br />

nid.» Es ist schön zu erleben, dass meine Ideen auch einen<br />

Platz haben und meine Kollegen offen sind für Vorschläge.<br />

Stellt euch vor, ich konnte sogar dem Chef schon einmal<br />

etwas beibringen.<br />

Ich heisse Loris und mache eine Berufslehre als Innendekorateur<br />

bei der Firma Steffen Raumkonzepte AG. Ich war<br />

nicht gerade ein Musterschüler, da ich nicht gerne<br />

stundenlang hinter den Büchern hockte, sondern lieber<br />

etwas Kreatives herstellte, meinem Hobby dem Modellfliegen<br />

nachging oder an den Modellrennautos herumbastelte.<br />

Schnell war mir klar, dass ich etwas mit<br />

meinen eigenen Händen erschaffen wollte. Ich möchte<br />

sehen können, was ich am Abend geleistet habe. In der<br />

Schnupperlehre merkte ich, dass diese Arbeit, das<br />

Unter wegssein, immer mit neuen Menschen in<br />

Kontakt zu kommen, in verschiedene Häuser und<br />

Wohnweisen Einblick zu haben, mich sehr fasziniert.<br />

Jetzt, nach nicht ganz drei Jahren Lehrzeit kann ich<br />

schon auf viele tolle Erlebnisse, tolle Momente und<br />

sehr viele neu gewonnene Erfahrung zurücksehen.<br />

Die Arbeit gefällt mir immer noch so gut wie am<br />

ersten Tag, auch wenn es manchmal anstrengende<br />

Tage gab, an denen nicht immer alles so lief wie<br />

geplant. Dies macht diesen Beruf auch spannend,<br />

da nicht alles bis ins Detail planbar ist. Ich liebe<br />

den Umgang mit verschiedenen Materialen und<br />

Hölzern für die diversen Bodenbeläge. Auch<br />

musste ich lernen, dass Schönheit und Zweckmässigkeit<br />

nicht immer vereinbar sind und dass<br />

Schönheit für jeden Menschen etwas anderes<br />

bedeutet oder jeder Mensch dies anders<br />

42<br />

Fritz Steffen über Rahel Leuenberger & Loris Müller<br />

Unsere Lernenden sind ein Grundpfeiler unserer Unternehmung. Seit Andreas Steffen und ich in den elterlichen<br />

Betrieb eingetreten sind, ist die Ausbildung junger Personen zu Handwerkern ein zentrales Ziel.<br />

Loris Müller ist zurzeit im dritten Lehrjahr als Innendekorateur / Bodenleger und Rahel Leuenberger macht eine<br />

Zusatzausbildung zur Wohntextilgestalterin. Sie sind zwei unserer gegenwärtig sechs Lernenden.<br />

Als Ausbildungsbetrieb mit vier Innendekorateur-Lernenden und zwei Wohntextilgestalterinnen sind wir schweizweit<br />

der konstanteste Lehrbetrieb. In den vergangenen Jahren haben über 30 junge Leute Ihren Wunschberuf bei<br />

uns erlernen können. Immer wieder schöpfen wir gemeinsam aus diesen Beziehungen. Viele gegenseitig gemachte<br />

Erfahrungen bringen uns weiter. Unsere Branche ist klein und so trifft man sich immer wieder. Dies sind stets tolle<br />

Begegnungen und nicht selten zieht es einen ehemaligen Lernenden zurück zu seinen Wurzeln.<br />

Die beiden porträtierten Lernenden präsentieren sich stellvertretend für Ihre Kolleginnen und Kollegen. Das<br />

gesamte Team ist stolz auf unsere ‚Stifte’ und wir geben unsere Erfahrungen und unser Fachwissen gerne weiter.


wahrnimmt. Es fasziniert mich, wie man in Neubauten<br />

Modernes realisieren kann, aber auch bei Altbauten oder<br />

Renovationen den Charme der Wohnung oder des Baues<br />

unterstreichen kann mit Farben, Mustern und diversen ‘Putzen am Freitagabend‘ geht. Aber solche<br />

Details, wie Stoffen oder Möbeln. Jeder Raum bekommt so Konflikte werden meistens schnell behoben.<br />

sein eigenes Kleid oder seinen eigenen Charakter.<br />

Das Wochenende liebt ja jeder.<br />

Bei all der Arbeit ist es natürlich sehr wichtig, dass sich Es gab ein paar Baustellen, die mir besonders<br />

das Team versteht und Hand in Hand arbeitet. Ich kann gut gefallen haben, wie zum Beispiel, als wir<br />

wirklich sagen, dass wir ein eingespieltes Team sind und zu zweit für drei Tage ins Berner Oberland<br />

uns verstehen. Auch, wenn nicht immer alles klappt bei reisen durften, um dort in einer Ferienwohnung<br />

einen neuen Parkettboden zu ver legen<br />

diversen Projekten, die uns sehr herausfordern, weil es<br />

immer wieder neue Hürden zu meistern gibt, so muss oder die Arbeiten im Bundeshaus waren sehr<br />

man lernen, Fehler auszubügeln und für Fehler geradezustehen.<br />

Manchmal gibt es aber auch Auseinander­<br />

teilweise leisten mussten, waren eine wertvolle<br />

eindrücklich. Auch die Nachtschichten, die wir<br />

setzungen unter den Lehrlingen, wenn es um das Thema Erfahrung.<br />

Nach meiner Lehrzeit werde ich in die RS gehen<br />

müssen und natürlich möchte ich mich in diesem<br />

Beruf weiterentwickeln, Verantwortung übernehmen<br />

und Erfahrungen sammeln ... vielleicht<br />

auch einmal selbständig arbeiten. Für mich zählt<br />

im Augenblick, dass ich diese Lehrzeit mit Freude<br />

und einer guten Leistung beenden kann und was<br />

weiter auf mich zukommt, da lass ich mich auch<br />

etwas überraschen. Zufall, Glück, Glaube, Mut,<br />

Optimismus, Wille und Zuversicht werden hoffentlich<br />

meine Begleiter sein. Herzlichen Dank meinen<br />

Chefs, dass sie mir diese Lehre ermöglichen. <br />

43


46 Simon Jacomet – www.zai.ch


i<br />

u falliu – Falsch gelaufen<br />

Wir hatten einen spitzbübischen Gedanken,<br />

Theophil Butz, die Marketinglegende und ich. Für<br />

unseren Stand an der Wintersportmesse in<br />

München wollten wir Sessel konstruieren, welche<br />

die Philosophie von unserer Ski Firma zai<br />

verkörperten, die Besucher unseres Messestandes<br />

sollten jedoch nicht zu lange darauf<br />

verweilen. Schliesslich wollten wir uns immer<br />

wieder mit neuen Kunden zu Verkaufsgesprächen<br />

hinsetzen. Wir gestalteten darum<br />

die Sitzfläche eher hart. Es kam anders. Wir<br />

hatten uns zu viel Mühe gegeben die<br />

Verhältnisse von Sitzfläche, Sitzwinkel und<br />

Rückenlehne, sowie Sitzhöhe aufeinander<br />

abzustimmen. Nach Erledigung der Verkaufs<br />

gespräche blieben die Leute entspannt<br />

sitzen und suchten nicht das Weite.<br />

Andere Messebesucher schauten sich gar<br />

nicht unsere Ski an, sondern fotografierten<br />

nur die Sessel.<br />

Sesidas – Sitzungen<br />

Sessel, Sofas und das Sitzen haben<br />

mich immer interessiert. Als ich nach<br />

einem Schranksprung den Matratzenrost<br />

meines Kinderbettes durch schlagen<br />

hatte, wusste ich, dass sich Couchs mit<br />

Federn besser dafür eignen. Der Sitzstoffabrieb<br />

steht dort in einem direkten Verhältnis<br />

zur Anzahl Sprünge, lässt sich jedoch<br />

durch die Anwendung einer zusätzlichen<br />

Stoffdecke hinauszögern, die Federn halten<br />

ewig. In meiner Klosterschulzeit in Disentis<br />

wurde ich öfters ermahnt, mich anständig hinzu­<br />

setzen. Die weniger wertvolle Unterrichtszeit nutzte ich,<br />

um auf den Hinterbeinen von Stühlen zu balancieren.<br />

Mein Rekord lag knapp über 10 Minuten und wurde<br />

wahrscheinlich in einer Mathe Stunde aufgestellt. Ab<br />

und zu störte ich den Unterricht durch krachende<br />

Fehlversuche. Heute interpretiere ich dieses pubertäre<br />

Balancieren als eine Vorstufe zu meiner Art, Dinge und<br />

das Leben anzugehen. Im Idealfall gelingt es mir mit den<br />

Kräften zu spielen, die Dinge so auszubalancieren, dass sie<br />

auf den Punkt gebracht werden und leicht wirken.<br />

«Durch das Herausfordern des<br />

Ungleichgewichts konnte ich<br />

das Gleichgewicht erfahren. Die<br />

Nähe zum Absturz muss ich<br />

dabei aushalten können.»<br />

Beim Skifahren geht das spielerisch und vereinzelt mit Beulen<br />

- bei zai ist es knallharte, intensive und erfüllende Arbeit.<br />

47


Sesentir da casa – Sich zu Hause fühlen<br />

Mitte 20 baute ich mein erstes Haus, ein Wohnatelier, da ich<br />

mich der Erschaffung von Kunst widmen wollte. Mein erstes<br />

Möbelstück im Haus war der Wink-Sessel von Toshiyuki Kita,<br />

natürlich in Leder. In meinem jugendlich künstlerischen Übermut<br />

erbaute ich im Grenzbereich von Funktion und Skulptur<br />

die weiteren Sitzgelegenheiten selber. Ich wollte Plätze für<br />

unterschiedliche Stimmungen und Bedürfnisse schaffen. Hart<br />

trifft auf weich, eckig auf rund, schwebend auf geerdet und so<br />

weiter. Bestimmte Sitzgelegenheiten werden nur durch den<br />

Gebrauch als solche erkennbar. Heute, nach bald 30 Jahren<br />

streiten meine Kinder um ihren Platz auf dem Wink-Sessel und<br />

erleben im Haus auf kreative Art das Sitzen und Liegen. Nach bald<br />

zehnjähriger Entwurfsarbeit ist ein neues Haus in der Bauphase und<br />

ich habe keine Ahnung, welche Möbel darin Platz finden<br />

werden, der erbaute Raum wird es uns dann schon sagen.<br />

48


zai anfla la lingia, che capescha il cuolm – zai findet die Linie, die den Berg<br />

versteht<br />

Eine Skifirma mitzugründen und aufzubauen, daran hätte ich vor 13 Jahren<br />

nicht gedacht. Mittlerweile steht zai in seinem zwölften Jahr. Ich bin froh,<br />

diesen Entscheid getroffen zu haben, mit einem tollen Team zu arbeiten und<br />

immer wieder wertschätzende Kunden kennenzulernen. Die zai-Jahre sind<br />

ein enormes Lebenskondensat im Ungleich-Gleichgewicht. Seit zai ist es<br />

mir noch bewusster, keine neumodische Life–Work Balance zu haben, das<br />

Eine ist zugleich das Andere. In dieser Zeit habe ich nur zwei Sessel<br />

gekauft. Einer davon, der Chair One mit Zementfuss von Constantin<br />

Grcic, hat mich wegen seiner Konstruktion angezogen. Bei zai betreiben<br />

wir seit Beginn einen enormen Aufwand, um der Komplexität von Skikonstruktionen<br />

und damit der Fahrleistung und Fahrfreude innovative<br />

Schübe zu geben. Qualität und die damit verbundene Langlebigkeit sind<br />

für einen Nischenanbieter eine Selbstverständlichkeit, so wie gutes<br />

Design als Resultat aus diesen Faktoren hervorgeht. Da mein Knochenbau<br />

ein ‚Chair One Missverhältnis‘ aufzuweisen scheint, oder die<br />

Fleischverpackung um meine Knochen zu zai (rätoromanisch für zäh)<br />

ist und High-Tech-Bürostühle zu ergonomisch katastrophalen Sitzpositionen<br />

führten, bin ich dazu übergegangen, bei der Computerarbeit<br />

zu stehen. Bei Ermüdungserscheinungen hilft mir seit zwei<br />

Jahren eine Design-Rarität aus der Patsche. Der Erwerb des Early<br />

Charles Eames Drafting Chair 1960‘s in Indigo Blau verursachte<br />

jedoch einen massiven Krach mit meiner Frau. Er konnte aber<br />

beigelegt werden, weil es sich scheinbar um das letzte erwerbbare<br />

Exemplar in dieser sehr limitierten Ausführung handelt und somit<br />

eine Wertsteigerung garantiert ist. Aber unter uns - ich gedenke<br />

nicht, das Teil je zu verkaufen. Bestimmte Werte bleiben für immer.<br />

Schön, wenn das Leben bei der Auswahl hilft und sie mein Leben überdauern<br />

werden.<br />

Fritz Steffen über Simon Jacomet<br />

Zai, was ist das? Zai, wer steht dahinter? Zai, wo produzieren die?<br />

Zai ist räteromanisch und bedeutet Zäh oder wie wir Oberaargauer auch sagen Zäii.<br />

Unsere Gast-Story gehört dieses Mal einem unkonventionellen Skihersteller.<br />

Viele Fragen und eine Anfrage mit spontaner Zusage führten uns auf den Weg nach<br />

Disentis. Sie finden das etwas abgelegen? Ein Schreiner erklärte mir beim Finish einer<br />

Skikante an der Werkbank, dass das nur auf die Sichtweise ankommt. Er hat recht. Via<br />

Andermatt gelangten wir mit der Eisenbahn über die Oberalp ins Surselva.<br />

Uns erwartete ein toller Tag und ein herzlicher Empfang in den Präsentations-,<br />

Entwicklungs-, und Werkstatträumen der High-tech Skimanufaktur. Auf die Frage, wer<br />

diese Skis eigentlich kauft, zeigten sich rasch Parallelen auf. Die Kunden suchen die<br />

Perfektion, die Langlebigkeit und das Individuelle der hochwertigen Zai-Produkte. Es<br />

sind sehr bewusste Käufer, die eine individuelle Beratung und das Massgeschneiderte<br />

wünschen, eben wie bei der Anschaffung eines neuen Betts, Sofas oder Bodenbelags.<br />

Wir danken herzlich für den Einblick und tragen Eure Botschaft gerne weiter.<br />

49


IM MAI SIND GROSSE NEUIGKEITEN ZU ERWARTEN ...<br />

SONNEN ecodesign

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!