CHAI 4. Ausgabe
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SOZIAL<br />
Bevor meine Reise begann, musste ich mir<br />
natürlich erst mal zahlreiche Kommentare<br />
anhören. Wie verrückt ich doch sei, oder<br />
noch besser, wie verrückt meine Eltern seien,<br />
da sie mich bei dem Ganzen unterstützten.<br />
Wenn ich Menschen helfen wolle, solle<br />
ich doch einfach Geld spenden, hieß es immer<br />
wieder. Ich dagegen ärgerte mich über<br />
diese eingeschränkte Denkweise. Schon immer<br />
war es mein Wunsch, Menschen aktiv<br />
vor Ort zu helfen, auch wenn die Hilfe nur<br />
darin bestand, ihnen ein Lächeln ins Gesicht<br />
zu zaubern.<br />
Vier Wochen lang arbeitete ich also als volunteer<br />
im Malki-Salaams Children Center<br />
in Amman, ein Institut, das syrische Flüchtlingskinder<br />
kostenlos tagsüber aufnimmt<br />
und betreut. Hier haben die Kinder, die sonst<br />
auf engstem Raum, meist ohne Fenster, und<br />
mit viel zu vielen Menschen leben, die Möglichkeit,<br />
sich in den großen Räumlichkeiten<br />
auszutoben. Ein tägliches Sportprogramm<br />
und verschiedene Aktivitäten werden unternommen,<br />
außerdem bekommen die Kinder<br />
eine feste Mahlzeit. Das besondere hier<br />
ist jedoch, dass die Kinder nicht einfach nur<br />
betreut werden, sondern dass man hier mit<br />
Psychologen zusammenarbeitet. Ein weiterer<br />
Grund, weshalb ich mich als angehende<br />
Psychologiestudentin für diese Arbeit<br />
entschieden hatte. Das Institut ist demnach<br />
nicht nur mit Spielsachen ausgestattet, sondern<br />
auch mit Räumlichkeiten für therapeutische<br />
Zwecke. Denn alleine kommen<br />
die Geflüchteten nicht aus ihrer schwierigen<br />
Situation heraus und brauchen oftmals<br />
psychologische Unterstützung.<br />
Aus dem Grund bin ich also nach Jordanien<br />
gereist. Um in dem Land, das zu den Ländern<br />
gehört, welches die meisten Flüchtlinge aufnimmt,<br />
helfen zu können. „Flüchtlinge“ – eigentlich<br />
mag ich diesen Begriff überhaupt<br />
nicht wegen seines abwertenden Klangs.<br />
Doch sie werden nicht umsonst so genannt,<br />
Flüchtlinge fliehen vor etwas. Wer verlässt<br />
denn schon freiwillig seine geliebte Heimat,<br />
um in runtergekommen, oftmals unerwünschten<br />
Zeltlagern zu leben? Es gibt<br />
triftige Gründe für eine Flucht, die häufig<br />
blutiger und erniedrigender sind, als wir es<br />
uns je erdenken können. Wann und ob sie<br />
überhaupt wieder in ihre zerstörte Heimat<br />
zurückkönnen, steht offen.<br />
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