CHAI 4. Ausgabe
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SOZIAL<br />
Funkeln in den Augen der Kriegskinder<br />
noch in keinen Kinderaugen so stark<br />
leuchten wie in ihren.<br />
Das kleine Mädchen mit den lockigen<br />
Haaren lächelt mich mit ihren kugelrunden,<br />
schwarzen Augen an. Es<br />
kann Türkisch sprechen. Wir setzen uns<br />
auf die Bank unter dem bunten „Hoffnungsposter“.<br />
Sie heißt Leila Ahmad und<br />
ist 13 Jahre alt. Ursprünglich kommt sie<br />
aus Syrien, seitdem sie 8 ist, hat sie in<br />
Istanbul gelebt. An das Leben in Syrien<br />
kann sie sich kaum noch erinnern. Ihr<br />
Vater und ihre Verwandten leben noch<br />
dort. Ihr Onkel sei im Krieg gestorben.<br />
Sie sehnt sich oft nach ihnen.<br />
Wir haben mit Maschinen gearbeitet<br />
und Taschen produziert. Das Umdrehen<br />
der Taschen war anstrengend.<br />
„Wie hast du deine Zeit in der Türkei<br />
verbracht?“, frage ich sie. „Es war sehr<br />
schwer. Wir haben mit Maschinen gearbeitet<br />
und Taschen produziert. Das<br />
Umdrehen der Taschen war anstrengend.“<br />
Auf die Frage, wie lange sie denn<br />
täglich gearbeitet habe, entgegnet sie:<br />
„Von morgens acht bis abends zehn<br />
Uhr. Dann sind wir nach Hause gegangen.<br />
Meine Schwester hat sich den Rücken<br />
gebrochen. Jetzt muss sie operiert<br />
werden. Sie sitzt da vorne.“ Sie zeigt mir<br />
ihre Schwester, die gedankenverloren<br />
auf dem Stuhl sitzt. „Istanbul war aber<br />
schön. Wir sind viel herumgefahren,<br />
haben schöne Plätze gesehen. Das hat<br />
Spaß gemacht.“ Ich bin neugierig und<br />
will wissen, was denn die kleine Leila<br />
dort am meisten gemocht hat. Sie antwortet:<br />
„Am meisten das Spielen mit<br />
den anderen Kindern. Ich hatte dort<br />
Freunde. Türkische Freunde.“ „Es muss<br />
wohl sehr schwer gewesen sein, sich<br />
von ihnen zu trennen?“ „Ja, klar. Ich<br />
vermisse sie.“ Ich frage, ob sie dort zur<br />
Schule ging. „Nein, sie haben uns nicht<br />
genommen!“, entgegnet Leila. „Wir hatten<br />
keine Papiere!“, ruft ihr 12-jähriger<br />
Bruder herüber. Er würde auch gerne<br />
in der Türkei leben. Dort habe auch er<br />
Freunde, mit denen er immer schwimmen<br />
gegangen sei. Als ich die beiden<br />
Geschwister frage, wie denn die Reise<br />
nach Deutschland verlief, antwortet<br />
Leila: „Sie war gar nicht schön. Das Boot<br />
knallte an einen Felsen. Wir sind ins<br />
Wasser gefallen. Einige Männer haben<br />
uns dann gerettet. Es waren viele da. 70<br />
oder 80. Ganz, ganz viele Kinder. Sogar<br />
ein zwei Monate altes Baby. Es wurde<br />
auch gerettet.“ Ich möchte wissen, wie<br />
die Kinder den Alltag in dieser Halle<br />
wahrnehmen. Die Schwester schildert<br />
ihre Eindrücke: „Gar nicht schön. Schau<br />
dich doch mal um. Schau doch wie wir<br />
hier leben. Wasser trinken wir aus dem<br />
Wasserhahn in der Toilette. Wir dürfen<br />
keinen Tee trinken. Wir bekommen nur<br />
wenig zu essen. Um zehn Uhr schalten<br />
sie die Lichter aus. Nachts kann man<br />
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