Gemeinsam
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EINBLICKE<br />
Mit Praxisanleitung fällt das Lernen leichter<br />
Aufregung pur. Kein Tag wie jeder andere. Heute steht eine Schülerin<br />
im Mittelpunkt, gleich beginnt ihre Prüfung zur Anerkennung als<br />
examinierte Gesundheits- und Krankenpflegerin. Es ist kurz vor 7.00<br />
Uhr. Noch sitzt sie in der morgendlichen Übergaberunde und lässt<br />
sich überreden, Kaffee zu trinken, aber essen geht nicht.<br />
Jede Station muss seit 2004 einen Praxisanleiter-/in haben, der/die<br />
sich nach einer 5-monatigen Ausbildung um die Verknüpfung von<br />
theoretischer und praktischer Ausbildung kümmert.<br />
BONN<br />
Auf den Stationen bedeutet es, das Anleiten<br />
und Begleiten der Schüler in allen Bereichen<br />
von berufspädagogisch qualifiziertem Personal<br />
durchzuführen. Heute widmet sich Praxisanleiterin<br />
Sr. Lilli ausschließlich ihrer aufgeregten<br />
Schülerin. Tags zuvor hat sie zwei<br />
pflegebedürftige Patienten ausgesucht, bei<br />
der die Schülerin (Grund-)Pflege und komplexe<br />
Behandlungspflege vor den Prüfern durchführen<br />
kann. Der Schülerin fallen plötzlich<br />
alle möglichen Horrorszenarien ein, die sie<br />
mit der Praxisanleiterin durchsprechen will.<br />
Lauter „was ist, wenn…?“, „ich traue mich<br />
bestimmt nicht, richtig zu reagieren“. Sr. Lilli<br />
ist die Ruhe selbst. „Das ist bei jedem Schüler<br />
so“, meint sie verständnisvoll. Als die Pflegepädagogin<br />
der Schule eintrifft, beginnt<br />
der Ernst. Die Schülerin stellt ihre beiden<br />
Patienten vor mit ausführlicher Anamnese,<br />
Erklärung, warum welche Medikamente<br />
verabreicht werden und die Pflegeplanung.<br />
Ihre gesetzten Prioritäten geraten schon am<br />
Anfang der Prüfung durcheinander, weil ein<br />
Patient eine Injektion erhalten muss, die<br />
nicht eingeplant war.<br />
Die Schülerin konzentriert sich auf ihre Pflege.<br />
Sie, die vorher geweint hat vor Aufre-<br />
22 <strong>Gemeinsam</strong><br />
gung und Versagensangst, pflegt jetzt souverän,<br />
nichts ist mehr übrig geblieben von<br />
„flatternden“ Händen. Darin zeigt sich die<br />
tägliche praktische Übung, bei der Schüler<br />
durch die Praxisanleitung schrittweise an<br />
die eigenständige Wahrnehmung der beruflichen<br />
Aufgaben herangeführt werden.<br />
Bei jedem Dienstbeginn entscheidet die Praxisanleitung,<br />
was welcher Schüler an diesem<br />
Tag lernt, welche pflegerischen Aufgaben<br />
übernommen eübernehmen kann, ob er einen<br />
Patient allein versorgen kann oder ob er<br />
lieber noch mal zuschauen soll.<br />
Dazu kommen die Praxisaufgaben, die die<br />
Schule vergibt. Der Unterkurs hatte z.B. die<br />
Aufgabe, sich mit den Vitalwerten auseinanderzusetzen,<br />
berichtet Lilli. „Wir müssen<br />
den Raum zur Auseinandersetzung geben,<br />
zum Beispiel durch weiterführende Literatur,<br />
Fragen beantworten, Gespräche führen<br />
oder Patienten mit ihren Krankheitsbildern<br />
vorstellen“.<br />
Die Praxisanleitung sorgt für einen durchgehenden<br />
Fluss der Anleitung durch das<br />
Gesamtteam, sie vertritt die Interessen des<br />
Schülers im Team und macht Lernangebote.<br />
Learning by doing -<br />
Schüler lernen von den<br />
examinierten Pflegekräften.<br />
„Unser Team ist sehr aufgeschlossen, den<br />
Schülern weiterzuhelfen“, sagt Sr. Lilli, sie<br />
können sich mit ihren Fragen an jeden im<br />
Team wenden“.<br />
Und das macht zum Beispiel Schüler Juri<br />
sehr ausgiebig. Er schaut den examinierten<br />
Pflegekräften interessiert über die Schulter,<br />
ist aufmerksam und saugt alles auf, was er<br />
erlebt. Gerade ist er damit fertig geworden,<br />
Sr. Monika bei einem Verbandswechsel zu<br />
assistieren, da läuft er den langen Flur hinunter,<br />
bleibt kurz stehen, um ein verrutschtes<br />
Bild an der Flurwand in die richtige Position<br />
zu rücken und schaut jetzt Sr. Claudia bei der<br />
Küchenbestellung zu. „Woher wisst ihr, wie<br />
viel ihr bestellen müsst?“, und dann: „Morgen<br />
könnte ich das ja mal machen“:<br />
Ist das nun einer guten Anleitung zu verdanken<br />
oder ist er einfach gut?<br />
Sr. Lilli lacht: „Ich würde sagen, toller Schüler.<br />
Mit der Anleitung kann man ja nicht<br />
die Persönlichkeit verändern, aber ein gutes<br />
Vorbild sein, einen bleibenden Eindruck und<br />
Freunde an der Arbeit vermitteln. Ich versuche<br />
ein gutes Beispiel zu geben.“ Ihr ist<br />
es wichtig, von Anfang an Vertrauen aufzubauen,<br />
damit die Schüler sich darauf freuen,<br />
hier zu arbeiten. „Wenn man mit Schülern<br />
arbeitet, wird man immer wieder mit neuen<br />
Fragen konfrontiert, so dass man sich auch<br />
selbst immer weiter entwickeln muss“, zieht<br />
Lilli ein Resümee für sich selbst. Dabei ist sie<br />
Fragen ja von ihrem kleinen Sohn gewöhnt.