Militärgeschichte
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neue<br />
Horvaths Roman basiert auf einem<br />
»Fischaugen«, er heißt T, den N ermordet<br />
habe. T wird observiert und tötet<br />
sich schließlich selbst. In seinem Abschiedsbrief<br />
steht: »Der Lehrer weiß,<br />
dass ich den N erschlagen habe.«<br />
älteren Dramenfragment des Autors,<br />
die Umsetzung als Hörspiel durch<br />
Uwe Schareck (Bearbeitung und Regie)<br />
war also nur konsequent, auch wegen<br />
der stark alltagssprachlichen Prosa des<br />
Werkes. Atmosphärisch dicht setzt<br />
Schareck das Geschehen in Szene: Er<br />
lässt Hitler im O-Ton zu Wort kommen,<br />
zeitgenössische Musik erklingt<br />
(»Vor der Kaserne«), moderne, dröhnende<br />
Bass-Schlagwerk-Synthesizer-<br />
Klänge beenden die einzelnen kurzen<br />
Szenen, wenn sie auf ihren jeweiligen<br />
Szenenhöhepunkt zugespitzt worden<br />
sind, und treiben die Handlung auf<br />
das dramatische Finale zu. Auch beim<br />
wiederholten Hören verliert diese<br />
Adaption das Romans nichts von ihrer<br />
Spannung. Fazit: Äußerst empfehlenswert!<br />
Michael Thomae<br />
!<br />
Comics & Graphic Novels<br />
Preußischer Blues<br />
Andächtig bewundert Ludwig von<br />
Schlitt, Spross einer verarmenden<br />
ostelbischen Junkerfamilie, das Foto<br />
der neuen SMS Nassau, des ersten<br />
Großlinienschiffs der Kaiserlichen Marine,<br />
das 1908 vom Stapel lief. »Glaubst<br />
du, wir dürfen später jemals darauf<br />
fah ren?«, fragt er seinen älteren Bruder<br />
Oswald. Dieser antwortet: »Du Dummkopf!<br />
Die von Schlitts gehen zur Kavallerie.«<br />
Schließlich war der Vater der beiden<br />
Jungen ein Kriegsheld, er hatte als<br />
Hauptmann im Deutsch-Französischen<br />
Krieg gekämpft und im August 1870 an<br />
der Schlacht bei Mars-la-Tour teilgenommen.<br />
Als Gegenleistung für sein<br />
dort verlorenes Bein dürfen die Söhne<br />
auf die Kadettenanstalt und werden<br />
zur Verwendung in der militärischen<br />
Elite des Kaiserreiches ausgebildet.<br />
Der niederländische Autor Simon<br />
Spruyt zeichnet eine – wie es heißt –<br />
mögliche Geschichte einer preußischen<br />
Jugend vor dem Ersten Weltkrieg. Im<br />
Mittelpunkt steht Ludwig, der in der<br />
Kadettenanstalt schnell zum besten<br />
Schützen aufsteigt und entgegen der<br />
Familientradition seine Begeisterung<br />
für die Artillerie entdeckt. In seinen<br />
Tagträumen hält er Zwiesprache mit<br />
einer von ihm erschossenen Ente, seinem<br />
Vater und seinen Ahnen und mit<br />
dem Kaiser höchstselbst. Für ihn soll er<br />
doch eines Tages in den Krieg ziehen<br />
und in letzter Konsequenz sein Leben<br />
opfern. Doch was hat das Schicksal<br />
wirklich mit ihm vor? Ist er nur irgendwer,<br />
ein Rädchen im Getriebe, ein Teil<br />
der graublauen Masse mit einfachem<br />
Strichmännchengesicht? Oder hat<br />
seine Existenz einen höheren Zweck?<br />
Der Comic bildet eine willkommene<br />
Abwechslung und Ergänzung zu den<br />
Simon Spruyt, Junker. Ein preußischer Blues,<br />
Hamburg 2016. ISBN 978-3551763204; 192 S., 24,99 Euro<br />
zahlreichen Neuerscheinungen der<br />
vergangenen Jahre, die den Ersten<br />
Weltkrieg und insbesondere die jungen<br />
Soldaten in Panels und Sprechblasen<br />
verpackten. Spruyt zeigt, woher<br />
diese jungen Männer kamen, wie sie<br />
aufwuchsen und welches Gedankengut<br />
sie prägte. Dabei gelingt es ihm,<br />
gleichzeitig tiefsinnig und unterhaltsam,<br />
hintergründig und humorvoll zu<br />
sein. Stilistisch überzeugend sind die<br />
Zeichnungen in blaugrauer Tusche gehalten.<br />
Zu Recht wurde das Werk 2014<br />
mit dem Preis für den besten niederländischen<br />
Comic ausgezeichnet.<br />
fh<br />
<strong>Militärgeschichte</strong> · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 2/2016<br />
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