0 - Credit Suisse - Deutschland
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Seit 1 9 das Magazin der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> Nummer Dez. 09/Jan.10<br />
Verantwortung<br />
Bergführer Die Gäste am Seil vertrauen ihm<br />
Berufseinstieg Im «Konter» fühlen sich die Gäste wohl<br />
Dossier Mit Partnern gemeinsame Ziele erreichen<br />
Doppelbelastung Milizsystem als tragende Säule<br />
Nachhaltigkeit Geschäftserfolg wird neu defi niert<br />
Nachdenken Monika Hauser zur Kraft der Solidarität<br />
bulletin plus Sorgenbarometer<br />
Drei Schüler sind begeistert<br />
von myclimate (Dossier).
Mit Worten nur schwer<br />
zu beschreiben.<br />
So ist das oft mit einer<br />
neuen Idee.<br />
Der Audi A5 Sportback. Die Kraft klaren Designs.<br />
Das wirklich Neue der Idee Sportback liegt in der Kombination von scheinbar Unvereinbarem:<br />
sportlichem Design und Funktionalität. Aussen die Proportionen eines klassischen Coupés,<br />
innen das Raumgefühl eines Avant, gekoppelt mit dynamischen Fahreigenschaften bei hervorragender<br />
Effizienz. Eine Idee, die auch ohne Worte überzeugt.
Foto: Rainer Wolfsberger<br />
Gold Winner<br />
Gold Winner<br />
Preisträger<br />
Verantwortung ist ein Vertrauensbeweis, kann aber auch eine Bürde sein.<br />
Denn Verantwortung übernehmen und tragen ist anspruchsvoll. Es bedeutet<br />
Entscheidungen fällen und durchsetzen. Und das ist nicht immer einfach.<br />
Editorial 3<br />
Und doch gelten im Berufsleben Funktionen mit Verantwortung als erstrebenswert,<br />
da vielseitig, fordernd und interessant. Auch wenn mit dem Grad der Verantwortung<br />
immer auch der Druck wächst, das Richtige zu tun. Nicht immer ist der richtige<br />
Weg klar vorgezeichnet. Häufig führen mehrere Wege zum Ziel.<br />
Die <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> gehört zu den grössten Unternehmen in der Schweiz und zu<br />
den bedeutendsten Banken weltweit. Deshalb tragen wir eine grosse Verantwortung<br />
gegenüber den Kunden, Aktionären, Mitarbeitenden, Behörden und der Gesellschaft.<br />
Diese Verantwortung können wir aber nur wahrnehmen, wenn wir als Unter-<br />
nehmen langfristig Erfolg haben. Gerade im heutigen Umfeld, das geprägt ist<br />
von Veränderungen mit weitreichenden Folgen, können wir nur mit Kompetenz,<br />
Sorgfalt und verantwortungsvollem Handeln diesen Erfolg erzielen.<br />
Ich bin mir bewusst, dass wir in einer Zeit leben, die viele Verantwortungsträger<br />
vor schwierige Entscheidungen stellt, die für sie eine grosse Herausforderung<br />
darstellen. Umso mehr ist es für uns als Unternehmen wichtig, dass unsere<br />
Kunden, Aktionäre und Mitarbeitenden die <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> als verlässlichen und<br />
fairen Partner wahrnehmen.<br />
Dazu gehört auch, dass wir die Mitarbeitenden dazu ermutigen, sich aktiv in<br />
der Gesellschaft zu engagieren. Sei es mit politischen Mandaten, in Vereinen oder<br />
sonstigen Aktivitäten. So leisteten <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> Mitarbeitende 2008 weltweit<br />
90 000 Stunden Freiwilligenarbeit.<br />
Ein wichtiges Anliegen ist der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> die Nachwuchsförderung. Schliesslich<br />
sind die Jungen von heute die Entscheidungsträger von morgen. Ihre Ausbildung<br />
liegt uns am Herzen. So stellen wir in der Schweiz rund 1200 Ausbildungsplätze<br />
für Lernende, Praktikanten sowie für Mittelschul- und Hochschulabgänger zur Ver-<br />
fügung. Daneben unterstützen wir auch verschiedene Nachwuchsförderungsprogramme<br />
in den Bereichen Sport und Kultur.<br />
In einer Zeit, die geprägt ist von Veränderungen, gilt es Verantwortung zu übernehmen.<br />
Die <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> kann und will einen wichtigen Beitrag dazu leisten.<br />
Hans-Ulrich Doerig, Verwaltungsratspräsident der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> AG
«Wenn sich kein Lüftchen regt, rühren<br />
sich die Bäume nicht.»<br />
Chinesisches Sprichwort<br />
SYMPHASIS: Die gemeinnützige Stiftung für<br />
Sozial-Karitatives<br />
Natur-, Umwelt-, Tier- und Artenschutz<br />
Breiten- und Behindertensport<br />
Jugend und Senioren<br />
Kultur<br />
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Mit der gemeinnützigen Stiftung SYMPHASIS haben Sie als Donatorin oder Donator<br />
die Möglichkeit, sozial-karitative, umweltbezogene, kulturelle und gesundheitssportliche<br />
Projekte nach Ihren persönlichen Vorstellungen zu unterstützen.<br />
Bewegen auch Sie etwas.<br />
Wir sind gerne für Sie da und freuen uns auf Ihre Kontaktnahme:<br />
Gemeinnützige Stiftung SYMPHASIS, Schanzeneggstrasse 3, CH – 8070 Zürich<br />
Telefon +41 44 332 14 45, Telefax +41 44 332 14 46, www.symphasis.ch, info@symphasis.ch<br />
SYMPHASIS wird unterstützt durch die <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong>
Coverfoto: Bernard van Dierendonck | Foto: Bernard van Dierendonck<br />
6<br />
Verantwortlich ist man nicht nur für das, was man tut,<br />
sondern auch für das, was man nicht tut, sagte Lao-Tse.<br />
Und es ist zu ergänzen: Verantwortung wahrnehmen ist<br />
keine reine Frage der Quantität, sondern der Einstellung<br />
und des Agierens im Rahmen der eigenen Möglichkeiten.<br />
6 _ Bergführer Die Verantwortung gegenüber seinen Gästen<br />
ist sein täglich Brot. Eine Tour auf den Claridengipfel.<br />
12 _ Weltweite Armut Eine aktuelle Studie zeigt auf, dass<br />
die Armut immer noch ein weibliches Gesicht trägt.<br />
14 _ Jugendarbeitslosigkeit Wie man die Hauptsorge der<br />
Schweizer beim Essen bekämpfen kann.<br />
Der Forest Stewardship Council (FSC) setzt mit 10 Prinzipien und Kriterien den Standard für eine umwelt- und<br />
sozialverträgliche Waldbewirtschaftung. Schweizer Papier (Z-Offset, mit 30% FSC-Anteil), aus europäischem Zellstoff,<br />
hergestellt von der ISO-14001-zertifizierten Ziegler Papier AG, Grellingen.<br />
<strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong><br />
Inhalt<br />
17 _ Wanderpokal Die Energieeffizienz der<br />
<strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> wurde ausgezeichnet<br />
18 _ Mandatsträger Der schwierige Spagat<br />
zwischen Beruf und öffentlichem Amt<br />
21 _ Barrieren Im Zusammenhang mit der<br />
<strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> mehr und mehr ein Fremdwort<br />
22 _ Kundenstiftungen Verantwortungsvoller<br />
Umgang mit den finanziellen Ressourcen<br />
23 _ Dossier Partnerschaft<br />
01 Unternehmerische Verantwortung<br />
Partner helfen bei der Umsetzung<br />
02 myclimate Ein wichtiges Thema verbindet<br />
Schüler über die Kontinente hinweg<br />
03 Pro Infirmis Die Schweiz ist noch längst<br />
nicht rollstuhlgängig<br />
04 Pfadi In Jugendorganisationen lernt man,<br />
Führungsverantwortung zu übernehmen<br />
05 Musikkollegium Winterthur Eine Stadt<br />
schreibt eine Oper, Schüler erleben Musik<br />
06 SRK Verloren, verschwunden, vermisst:<br />
Der Suchdienst hilft<br />
07 Yes Wenn der Banker für einige Tage<br />
zum Lehrer wird<br />
08 Porträts Fünf Partnerorganisationen des<br />
Corporate Volunteering stellen sich vor<br />
Wirtschaft<br />
41 _ Erfolgsfaktoren Antworten auf ökologische<br />
und soziale Fragen finden wird entscheidend<br />
44 _ Arbeitsmarkt Die Talsohle ist auch in der<br />
Schweiz noch nicht durchschritten<br />
Leader<br />
46 _ Monika Hauser Eine Ärztin als Anwältin<br />
der Frauen<br />
Schlusspunkt<br />
50 _ Fritz Gutbrodt Gedanken über die Weiter-<br />
entwicklung der klassischen Philanthropie<br />
Service<br />
43 _ Impressum<br />
> bulletin plus «Sorgenbarometer»<br />
Das Heft im Heft auf Seite 11<br />
Neu: bulletin zum Hören<br />
Das bulletin als Hörmagazin finden Sie<br />
auf www.credit-suisse.com/bulletin
6 Verantwortung Bergführer<br />
Zu Gast in den Bergen<br />
Verantwortung übernehmen ist das täglich Brot des Bergführers. Der 49-jährige<br />
Markus Wey von der Bergschule Uri ist seit bald 2 Jahren mit Gästen in den Bergen<br />
unterwegs. Bis zu welchem Grad er die Verantwortung für andere übernehmen<br />
kann und wo die Selbstverantwortung jedes Einzelnen zum Tragen kommen muss,<br />
erklärt er während einer Tour auf den Clariden.<br />
bulletin 5/09 <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong>
Bergführer Verantwortung<br />
Über den Hüfifirn entlang von Gletscherspalten<br />
zum Claridengipfel, der sich rechts hinter<br />
dem Vorgipfel erhebt.<br />
<strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> bulletin 5/09
Verantwortung Bergführer<br />
Text: Daniel Huber<br />
Rund eine Stunde vor Sonnenaufgang begrüsst Bergführer Markus<br />
Wey seinen «Gast» auf der Klausenpasshöhe. Bergführer sprechen<br />
nicht von Kunden oder Klienten, sondern konsequent von Gästen.<br />
Sie verstehen sich als Gastgeber der Berge und nicht als deren Verkäufer.<br />
Wey hat seinem Gast eine Tour auf den 3267 Meter hohen<br />
Clariden vorgeschlagen. Das sei schon ein richtiger Berg mit allem,<br />
was dazugehöre, inklusive Gletscherüberquerung mit Steigeisen<br />
und einer nicht allzu anspruchsvollen Kletterpassage – gut zu machen<br />
für einen unerfahrenen Unterländer mit einer einigermassen<br />
guten Laufkondition.<br />
Nachdem Eispickel und Steigeisen ausprobiert und im Rucksack<br />
verstaut sind, geht es im Morgengrauen über feuchte Alpwiesen steil<br />
bergauf. Ein erstes, abtastendes Gespräch entsteht. Es stellt sich<br />
heraus, dass Markus Wey eigentlich auch ein Unterländer ist, auch<br />
wenn wenig vom Dialekt übrig geblieben ist. Er ist in Zürich aufgewachsen<br />
und hat dort eine Lehre als Maschinenmechaniker absolviert,<br />
um später Bordmechaniker bei der damaligen Swissair zu werden.<br />
Doch nach dem Lehrabschluss gab es für ihn nur noch die Berge –<br />
eine Leidenschaft, die er von seinem Vater mitbekommen hat.<br />
Mittlerweile werfen die ersten Sonnenstrahlen ein warmes, schönes<br />
Licht auf die Bergkette der gegenüberliegenden Seite des Tals.<br />
Am Clariden kommt es immer wieder zu tödlichen Unfällen. Es gibt<br />
verschiedene an sich ungefährliche Stellen, die aber bei einem Ausrutscher<br />
unweigerlich zu einem Absturz über eine der mehreren hohen<br />
Felswände rund um den Clariden führen. Aus diesem Grund wurde<br />
auch die letzte Kletterpassage zum Gipfel direkt über der berüchtigten,<br />
über 1000 Meter hohen Nordwand mit Ketten gesichert.<br />
Aber zuerst einmal erreicht Bergführer Wey mit seinem Gast das<br />
so genannte Iswändli. Es ist der letzte, steil abfallende Ausläufer<br />
des Hüfifirns. Das Festschnallen der Steigeisen ist gar nicht so<br />
simpel. Wey zeigt es am rechten Fuss vor und beobachtet den Gast,<br />
wie er sich beim linken anstellt. Auch wenn es etwas dauert, scheint<br />
der Bergführer mit dem Sitz des Eisens zufrieden zu sein. Jetzt noch<br />
Handschuhe und Regenjacke überziehen, dann gehts gesichert am<br />
Seil mit den ersten zaghaften Schritten und dem Pickel auf der Berg-<br />
bulletin 5/09 <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong><br />
Bild links Der 49-jährige Stadtzürcher Markus Wey ist seit bald 2 Jahren als<br />
Bergführer unterwegs und lebt mit seiner Frau und seinen vier Kindern in Andermatt.<br />
Bild rechts Und immer wieder der atemberaubende Blick in die Weite der Bergwelt.<br />
Im Hintergrund erstrahlen die Jegerstöck im Licht der ersten Sonnenstrahlen.<br />
seite los. Rutscht einer der Seilschaft an einer solch steilen Stelle<br />
aus, so ist die Gefahr gross, dass er den Partner mit in die Tiefe<br />
reisst. Darum hat Wey den Gast am kurzen Seil. «Es wird damit zu<br />
meinem verlängerten Arm, mit dem ich hastige Bewegungen und<br />
Unsicherheiten sehr direkt mitbekomme und wenn nötig sofort reagieren<br />
kann.»<br />
Wenn Wolken bedrohlich werden<br />
Oben am Iswändli angekommen holt Wey ein relativ klobiges GPS-<br />
Navigationssystem aus der Tasche und fixiert den momentanen<br />
Standort. Dasselbe habe er zuvor schon beim Einstiegspunkt gemacht.<br />
«Wenn man hier im Nebel die Orientierung verliert, kann es<br />
gefährlich werden. Denn das Iswändli mündet auf beiden Seiten<br />
in hohe Felswände.» An diesem Tag ist an sich schönes Wetter mit<br />
klarer Sicht. Doch sind einige der Gipfel in der Nähe mittlerweile in<br />
kleine, aber dichte Quellwolken gehüllt. «Es kann gut sein, dass wir<br />
in zehn Minuten auch in so einer Wolke stecken. Das weiss man nie.»<br />
Plötzlich bekommen die beiden blinkenden Punkte auf dem ansonsten<br />
leeren Display für den Gast eine sehr beruhigende Wirkung.<br />
Über den eigentlichen Gletscher geht es am etwas längeren,<br />
straffen Seil weiter, jederzeit bereit, im Notfall den bergseits gehaltenen<br />
Pickel sichernd ins Eis zu rammen und mit der anderen Hand<br />
über eine spezielle Schlaufe das Seil zu fixieren. «Ob ein unerfahrener<br />
Gast das im ersten Schreck dann auch wirklich so macht, weiss<br />
ich natürlich nicht. Jedenfalls hat er es irgendwo im Hinterkopf», sagt<br />
Wey. «Meide zudem die schneebedeckten Stellen. Da ist das Risiko,<br />
dass darunter ein Hohlraum liegt, grösser.» Wey ist während einer<br />
Tour am Tödi mit seinem Bruder auch schon einmal in eine Spalte<br />
gestürzt. Es ging aber alles gut. Der Bruder wusste, was in einem<br />
solchen Fall zu tun ist. «Leider ist das aber eher die Ausnahme», sagt<br />
Wey und erzählt, wie er vor Jahren auf dem Hüfifirn per Zufall im<br />
Nebel auf eine Gruppe gestossen ist, bei der zwei Bergsteiger einen<br />
dritten am Seil hielten, der in eine Spalte gestürzt war. Allerdings<br />
wussten sie nicht, wie weiter, und verharrten so schon seit zehn<br />
Minuten in Hilflosigkeit. «Ich bin überzeugt, wenn man an einem<br />
Fotos Seiten 6 –10: Bernard van Dierendonck
schönen Herbstwochenende am Anfang des Gletschers einen<br />
kleinen Eignungstest machen würde, dann wüssten 80 Prozent der<br />
Berggänger nicht, wie sie mit Seilen einen Flaschenzug machen<br />
könnten.»<br />
Eigenverantwortung fängt bei der Selbsteinschätzung an<br />
Gerade weil die Freiheit in den Bergen immer noch so gross und<br />
unreglementiert ist – der Alpinismus ist in der Schweiz eine der letzten<br />
Sportarten mit erhöhtem Risiko, die man noch ohne Brevet ausüben<br />
kann –, ist Verantwortung hier oben ein so wichtiges Thema.<br />
Dabei kann auch ein Bergführer, der für eine Tour engagiert wird,<br />
mit all seinem Fachwissen und seiner Erfahrung immer nur einen Teil<br />
der Verantwortung übernehmen. Ganz wichtig ist und bleibt für Wey<br />
deshalb die Eigenverantwortung und die fängt für ihn schon vor der<br />
Tour bei einer gesunden Selbsteinschätzung an. Je nach Schwierigkeitsgrad,<br />
Dauer und zu überwindenden Höhenmetern müssen die<br />
Teilnehmer einer Tour bestimmte Kletterkenntnisse sowie eine ausreichende<br />
Grundkondition mitbringen.<br />
«Wer nach der ersten Steigung schon ans Leistungslimit kommt,<br />
kann später in einer schwierigen Situation für die ganze Gruppe zur<br />
Gefahr werden», erklärt Wey. «Entsprechend kann es vorkommen,<br />
dass ich solche Leute vor einer kritischen Passage an einem geschützten<br />
Punkt zurücklasse, wo sie auf die Rückkehr der Gruppe<br />
warten müssen. Verantwortung übernehmen heisst auch unangenehme<br />
Entscheidungen durchsetzen.»<br />
Nach dem Firn geht es ohne Steigeisen über ein teilweise recht<br />
rutschiges Geröllfeld weiter hinauf zum Vorgipfel. Zwischen dem<br />
Vorgipfel und dem Hauptgipfel kommt die Seilschaft zu einer Schlüsselstelle<br />
der Tour: ein schmaler, vielleicht 30 Meter kurzer, aber mit<br />
Schnee bedeckter Grat. Ein allfälliger Ausrutscher zur Linken führt<br />
unweigerlich über die 1000 Meter hohe Nordwand in den sicheren<br />
Tod. Trotzdem entscheidet sich Wey gegen das Anschnallen der<br />
Steigeisen. Der griffige Schnee, die als ausreichend eingestufte<br />
Trittsicherheit des Gastes und die Tatsache, dass sie nur zu zweit<br />
unterwegs sind und im Notfall der sichernde Sprung auf die gegen-<br />
Bergführer Verantwortung 9<br />
Bild links Unterwegs am Seil mit Steigeisen und Pickel: Das Iswändli ist die erste Schlüsselstelle beim Aufstieg zum Claridengipfel<br />
(Mitte). Bild Mitte Die zweite Schlüsselstelle: die mit Ketten ausgerüstete Kletterpassage unterhalb des Claridenhauptgipfels.<br />
Bergführer Wey sichert zusätzlich mit dem Seil. Bild rechts Sicher angekommen auf dem 326 Meter hohen Clariden folgt der obligate<br />
Händedruck zwischen Bergführer und Gast.<br />
überliegende Seite des Grates relativ einfach zu meistern ist, minimieren<br />
für ihn das Risiko auf ein vertretbares Mass.<br />
Über 220 Tage pro Jahr als Bergführer unterwegs<br />
Wey ist seit bald 25 Jahren Bergführer. Dabei ist er jedes Jahr zwischen<br />
220 und 250 Tagen mit Gästen unterwegs und gehört damit in<br />
der Schweiz zu einer kleinen Gruppe von vollamtlichen Bergführern –<br />
insgesamt sind rund 2500 registriert –, die von ihrem Beruf leben<br />
können. Das ist aber auch nur möglich, weil die Bergschule Uri, wo<br />
er Teilhaber und Technischer Leiter ist, nicht nur in der ganzen Schweiz<br />
Touren anbietet, sondern auch in Südamerika, Nepal oder Afrika. So<br />
hat Wey schon 14 Mal den Kilimandscharo bestiegen. Auch 2009<br />
war er im Oktober mit einer Gruppe in Afrika am Kilimandscharo<br />
unterwegs. Darüber hinaus ist er im Alpinen Rettungsdienst der<br />
Schweiz aktiv und leitet dort den Bereich des Hundewesens mit<br />
170 Lawinen- und 70 Sommersuchhunden.<br />
Und wann sieht er seine Frau und seine vier Kinder? «Im November<br />
recht viel.» Und wie geht er mit seiner persönlichen Verantwortung<br />
gegenüber seiner Familie um? Schliesslich kam es 2008 in<br />
den Schweizer Bergen zu 2277 Unfällen und davon endeten 104 tödlich.<br />
«Wenn ich in Zürich im Auto unterwegs bin, setze ich mich ungleich<br />
grösseren Risiken aus, auf die ich zumeist keinen Einfluss<br />
habe. Klar stürzen immer wieder auch erfahrene Bergführer ab und<br />
klar gibt es keine 100 -prozentige Sicherheit. Doch kann ich hier in<br />
den Bergen den Grad des Risikos und der Gefahr stärker selber<br />
bestimmen.»<br />
Händedruck und Eintrag im Gipfelbuch<br />
Das letzte Stück zum Gipfel steht bevor. Wey steigt in der kleinen<br />
Felswand entlang dem Grat vor und sichert mit dem Seil zusätzlich<br />
zu den fest verankerten Ketten. Ähnlich der eisernen Regel eines<br />
Kapitäns zur See ist der Bergführer immer der Erste der Seilschaft<br />
auf dem Gipfel und der Letzte, wenn es hinuntergeht. Nach etwas<br />
mehr als einer Viertelstunde ist auch der letzte Aufstieg geschafft.<br />
Bergführer und Gast sind sicher am Ziel: dem Clariden. Die Rund- ><br />
<strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> bulletin 5/09
10 Verantwortung Bergführer<br />
Bild links Die herrliche Gipfelaussicht vom Clariden reicht nach Südwesten über den<br />
Hüfifirn bis weit in die Walliser Alpen. Links hinten beginnt das Maderanertal.<br />
Bild rechts Dann folgt der Abstieg gut gesichert am Seil direkt über der fast 1000 Meter<br />
hohen Nordwand.<br />
sicht mit dem Tödi zur Linken, dem mit dem Hüfifirn bedeckten Talkessel<br />
direkt unter einem und einer Weitsicht zur Rechten bis zum<br />
Dom-Massiv ist atemberaubend schön. Natürlich dürfen der obligate<br />
Händedruck und der Eintrag ins Gipfelbuch nicht fehlen.<br />
Bei der Mittagsrast kommt das Gespräch unweigerlich auf den<br />
Klimawandel und die Verantwortung des Menschen gegenüber der<br />
Umwelt. Am Clariden ist die Erwärmung für regelmässige Besucher<br />
wie Wey allgegenwärtig. So beginnt das Iswändli jedes Jahr etwas<br />
weiter oben, zieht sich der Abbruch des Claridenfirns oberhalb der<br />
Nordwand immer weiter zurück.<br />
Wey sieht das eher pragmatisch. «Es gab schon immer Zeiten,<br />
in denen sich die Gletscher zurückzogen. Das ist nicht neu. So kam<br />
Hannibal mit seinen Elefanten vermutlich auch über schneefreie<br />
Alpen. Neu ist lediglich die Geschwindigkeit, mit der es passiert.»<br />
Für ihn ist klar, dass er der Natur, die er so liebt, bestmöglich Sorge<br />
trägt. Durch den Rückzug der Gletscher würden auch gewisse Stellen<br />
plötzlich begehbar, dafür andere nicht mehr. Und natürlich gäbe<br />
es etwas mehr Steinschlag und Schotterfelder. Aber die grössten<br />
Gefahren für einen Bergsteiger seien immer noch der plötzliche<br />
Wetterumschlag, dem Gewitter ausgesetzt sein auf einem Gipfel<br />
oder Grat, der plötzliche Nebel. Die neuen elektronischen Hilfsmittel<br />
könnten zwar helfen, das Risiko zu minimieren, trotzdem gehörten<br />
Höhenmesser und Karte weiterhin zur Grundausstattung eines Bergführers.<br />
Die funktionieren auch ohne Batterien. Eine gefährliche<br />
falsche Sicherheit vermittelten zudem Handys, die in den Bergen<br />
häufig keinen Empfang hätten.<br />
Immer auf den nächsten Schritt konzentrieren<br />
An diesem herrlichen Herbsttag Ende September bleiben die Quellwolken<br />
an einigen der benachbarten Berggipfel hängen. Den Clariden<br />
lassen sie unbehelligt. «Ein Bergführer will natürlich jedem Gast<br />
etwas Besonderes bieten, das Erfolgserlebnis einer Gipfelbesteigung»,<br />
erzählt Wey. «Dazu muss er den richtigen Tritt vorgeben, zusehen,<br />
dass regelmässig und an guten Stellen Pausen eingelegt<br />
werden. Wichtig ist aber auch, dass noch genügend Reserven vor-<br />
bulletin 5/09 <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong><br />
handen sind, um wieder sicher runterzukommen.» Abwärts erscheint<br />
dem Gast die Kletterpassage unterhalb des Gipfels wesentlich gefährlicher.<br />
«Das ist normal», beruhigt der Bergführer. Er lässt den<br />
Gast am langen Seil gesichert vorsteigen. «Einfach immer nur auf<br />
den nächsten Tritt konzentrieren. Das ist wie beim Überqueren der<br />
Strasse. Klar schaue ich zuerst nach links und rechts, ob sie frei ist,<br />
aber dann konzentriere ich mich zuerst auf den Randstein, damit ich<br />
nicht umfalle.» Und wenn es dann trotzdem nicht mehr weitergehen<br />
will, dann wirkt ein kurzer, beruhigender Griff am Rucksack oder an<br />
der Schulter des Gastes Wunder. Mit jedem Schritt gewinnt der<br />
Gast etwas an Sicherheit, und so geht es zügig über den Gletscher,<br />
das Iswändli und die Alp den Berg hinunter.<br />
Nein, mit dem tagtäglichen Tragen von Verantwortung habe er<br />
keine Mühe, schliesst Wey den Bogen. Er könne in der Regel auch<br />
sehr gut schlafen. «Ein Liftbauer trägt ja auch eine enorme Verantwortung.<br />
Allerdings hat er während seiner Arbeit nie so eine schöne<br />
Aussicht wie ich. Ich liebe meinen Beruf.» Daran muss der Gast am<br />
nächsten Morgen denken, als er mit schweren Beinen im Lift hinauf<br />
zum 5. Stock eines Zürcher Bürohauses fährt und durch das Fenster<br />
den neblig grauen Himmel der Stadt betrachtet. Wie schön es doch<br />
war, als Gast in den sonnigen Bergen unterwegs zu sein. <<br />
Weitere Bilder zur Clariden-Tour unter:<br />
www.credit-suisse.com/bulletin<br />
Wettbewerb: Eiger, Mönch und Jungfrau zum<br />
Greifen nah erleben! bulletin verlost ein dreitägiges<br />
Gletschertrekking für zwei Personen der Bergschule<br />
Uri. Die Tour führt vom Jungfraujoch über den längsten<br />
Gletscher der Alpen, den Aletschgletscher,<br />
ins Lötschental. Details zur Tour und Teilnahmetalon<br />
unter www.credit-suisse.com/bulletin.<br />
Weitere Tourangebote unter www.bergschule-uri.ch.
ulletin plus –<br />
das Heft im Heft für<br />
Schweizer Leser<br />
Sorgenbarometer 2009 – wo drückt die Schweizer der Schuh?<br />
Seit über 30 Jahren wird im Auftrag des bulletin die Umfrage «Sorgenbarometer» durchgeführt.<br />
Längst ist sie zum Standardinstrument für Politiker, Journalisten und Wirtschaftsführer<br />
geworden, die wissen wollen, wie die Stimmung in der Schweizer Bevölkerung<br />
ist, was die Stimmbürger wirklich bewegt. Neben dem interessanten Langzeitvergleich gibt<br />
es immer wieder erstaunliche Ergebnisse, die nach Analysen rufen. Hätten Sie gedacht,<br />
dass die Bevölkerung Fernsehen und Radio mehr vertraut als dem Bundesgericht – und<br />
den Gratiszeitungen mehr als den bezahlten Zeitungen? Und dass die patriotischsten<br />
Schweizer im Tessin wohnen?<br />
PDF-Versionen (d/f/i) unter www.credit-suisse.com/bulletin.
12 Verantwortung Girls Report<br />
Armut ist immer<br />
noch weiblich<br />
Der aktuelle Bericht des Kinderhilfswerks Plan über die weltweite Situation von<br />
Mädchen und jungen Frauen fördert viele Versäumnisse zu Tage. Weil die Folgen davon<br />
nicht nur aus humanitärer, sondern auch aus wirtschaftlicher Sicht gravierend sind,<br />
ruft die Organisation nun mit einem Aktionsplan alle Länder zum Handeln auf.<br />
Text: Regula Gerber<br />
«70 Prozent der 1,5 Milliarden Menschen, die mit weniger als einem<br />
Dollar pro Tag leben, sind Frauen. Rund 62 Millionen Mädchen dürfen<br />
nicht zur Schule gehen. Und in vielen Ländern erhalten Frauen bis<br />
zu 50 Prozent weniger Lohn als die Männer für die gleiche Arbeit.»<br />
Besorgnis erregende Fakten, die Beatrice Weber, Geschäftsführerin<br />
von Plan Schweiz, präsentiert. Plan setzt sich für die Rechte der<br />
Kinder ein. Und ganz besonders für die der Mädchen, weil diese am<br />
meisten unter der Armut und ihren Folgen leiden. In diesem Rahmen<br />
erscheint jährlich der Bericht «Weil ich ein Mädchen bin – Zur Situation<br />
der Mädchen in der Welt». Das ist eine umfangreiche Dokumentation<br />
der Lebensumstände wie die Verletzungen der Rechte der<br />
Mädchen. Darin integriert ist auch eine Langzeitstudie, die über das<br />
Schicksal von 142 Mädchen berichtet, die 2006 in verschiedenen<br />
Teilen der Welt geboren wurden. Diese Mädchen und ihre Familien<br />
besucht Plan bis 2015 jährlich, um Gesundheit, Bildung und Ernährung<br />
der Kinder zu dokumentieren.<br />
Der diesjährige Bericht «Weil ich ein Mädchen bin», den Beatrice<br />
Weber an einer von Plan Schweiz und <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> gemeinsam<br />
organisierten Veranstaltung erläuterte, könnte aktueller nicht sein:<br />
Er widmet sich den Mädchen in der globalen Wirtschaft.<br />
Ausgrenzung von Frauen gefährdet den Wohlstand<br />
Eine weltweite Rezession trifft die ohnehin Schwachen am stärksten:<br />
die jungen Frauen und Mädchen in den Entwicklungsländern.<br />
Beatrice Weber erklärt: «Wenn zu Hause plötzlich das Geld fehlt,<br />
sind die Mädchen die Ersten, die von der Schule genommen und für<br />
Arbeit im Haushalt oder auf dem Feld eingesetzt werden. Jüngsten<br />
Untersuchungen zufolge sind weltweit mehr als 100 Millionen Mädchen<br />
von Kinderarbeit betroffen. Haushaltsarbeit wird vielfach als<br />
eine ‹sichere› Beschäftigungsform betrachtet, in Tat und Wahrheit<br />
sind die Mädchen dadurch aber verstärkt Missbrauch und ausbeuterischen<br />
Arbeitsverhältnissen ausgesetzt.»<br />
In vielen Ländern werden in wirtschaftlich schwierigen Zeiten an<br />
erster Stelle die jungen Frauen entlassen, von denen Millionen in der<br />
Exportindustrie und im informellen Sektor arbeiten. Endstation ist<br />
deshalb oftmals die Prostitution. Zudem gibt es Millionen von Frauen,<br />
die ihr Heimatland verlassen haben und im Ausland arbeiten. «Geldüberweisungen<br />
spielen eine wichtige Rolle für die Volkswirtschaften<br />
der jeweiligen Heimatländer», meint Beatrice Weber und führt die<br />
Philippinen als Beispiel an: «2007 waren dort zehn Prozent der<br />
B evölkerung im Ausland tätig und überwies allein in diesem Jahr<br />
bulletin 5/09 <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong><br />
14,5 Milliarden US-Dollar nach Hause. Das wird in diesem Jahr nach<br />
Schätzungen der Weltbank massiv weniger sein.»<br />
Alles Folgen der Rezession also, gegen die es schon aus humanitärer<br />
Sicht zu kämpfen gilt. Doch es gibt auch wirtschaftliche<br />
Gründe: Langfristig gehen den betroffenen Volkswirtschaften durch<br />
die mangelnden Investitionen in Mädchen pro Jahr Milliarden von<br />
US-Dollars verloren – Geld, das die Länder und ihre Gesellschaften<br />
dringend nötig hätten. Und dieser Zustand von wirtschaftlicher und<br />
sozialer Ungerechtigkeit geht schliesslich die ganze Welt an, wie<br />
Hillary Clinton, Aussenministerin der USA, feststellt: «Wenn die<br />
H älfte der Weltbevölkerung weiterhin wirtschaftlich, politisch, rechtlich<br />
und sozial ausgegrenzt bleibt, ist unsere Hoffnung auf Demokratie<br />
und Wohlstand gefährdet.»<br />
In Mädchen investieren heisst Armut durchbrechen<br />
Hillary Clintons Aussage unterstreicht das eindeutige Ergebnis des<br />
Plan-Berichts 2009: Frühzeitige Investitionen in Mädchen fördern<br />
das Wachstum und die Entwicklung eines gesamten Landes. Aus<br />
OECD-Statistiken geht hervor, dass die Länder mit den niedrigsten<br />
Bildungsquoten bei Mädchen auch am unteren Ende des Index für<br />
menschliche Entwicklung liegen. Der Kreislauf der Armut kann also<br />
nur durchbrochen werden, wenn mehr in Mädchen investiert wird.<br />
Beatrice Weber kennt die Statistiken, die die Wirkung belegen:<br />
«Wenn 1 Prozent mehr Mädchen die Oberstufe besucht, steigt das<br />
jährliche Pro-Kopf-Einkommen eines Landes um 0,3 Prozent. Und<br />
schon ein zusätzliches Jahr Oberstufe erhöht das Einkommen einer<br />
jungen Frau um 10 bis 20 Prozent. Ausgebildete Mädchen und<br />
Frauen heiraten später, haben weniger Kinder und schauen besser<br />
auf ihre eigene Gesundheit und die der Kinder. Sie fördern wiederum<br />
ihre Kinder, damit diese eine bessere Bildung erhalten. Das hat zur<br />
Folge, dass diese Menschen je länger je mehr qualifiziert und unabhängig<br />
sind.» Deshalb unterstützt Plan – nebst der Arbeit in den<br />
Bereichen Einkommensberatung, Infrastruktur und Gesundheit –<br />
die Bildung von Mädchen durch Stipendien für weiterführende Schulen,<br />
durch Weiterbildung sowie durch Qualitätsverbesserung der<br />
Schulen, Lehrkräfte und des Unterrichtsmaterials. Und: Plan ruft<br />
weltweit zum Handeln auf.<br />
Mit dem Aktionsplan (siehe Box) fordert das Kinderhilfswerk<br />
Regierungen, Geberländer, Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen<br />
auf, sich aktiv in ihrem Umfeld für die Verbesserung der<br />
Situation von Mädchen und jungen Frauen einzusetzen. Damit sie an<br />
Foto: Martin Dixon, Dixon Deux Yeux
Entscheidungsprozessen und am öffentlichen Leben – und dadurch<br />
an der Wirtschaft – teilhaben können.<br />
Im nächsten Umfeld handeln<br />
Trotz der Erfolge bei der Förderung von Gleichberechtigung in den<br />
letzten Jahren, trotz internationaler Bestimmungen hält die Welt ihre<br />
Verpflichtungen gegenüber Mädchen bisher nicht ein. Obwohl verschiedene<br />
internationale Abkommen die Diskriminierung von Frauen<br />
und Mädchen verbieten und sie auch in nationale Gesetze übertragen<br />
worden sind, werden sie nicht konsequent umgesetzt. Wohl<br />
auch deshalb ist eines der acht Ziele der Millenniumserklärung – des<br />
Pakts zwischen den Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen zur<br />
Beseitigung menschlicher Armut – die Förderung der Gleichstellung<br />
der Geschlechter und Ermächtigung der Frau. Gerade Letzteres<br />
beispielsweise wird durch den achten Punkt im Aktionsplan verlangt;<br />
denn leider gibt es immer noch Länder, in denen es Frauen und Mädchen<br />
nicht erlaubt ist, Land oder anderes Eigentum zu besitzen.<br />
Was aber kann ein Grossunternehmen in der Schweiz konkret<br />
tun? Beatrice Weber meint dazu: «Es kann beispielsweise in Leadership-Fähigkeiten<br />
von jungen Mitarbeiterinnen investieren und Bildungsprogramme<br />
für junge Frauen in Entwicklungsländern unterstützen.»<br />
Es zeige sich, dass Grossunternehmen sehr viel bewirken<br />
könnten, wenn sie wollten. «Durch eine Zusammenarbeit wie die<br />
mit der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> erhalten wir gerade für den jährlichen Report<br />
eine grössere Plattform und im Allgemeinen mehr Aufmerksamkeit<br />
für unsere Anliegen. Dies ist für Plan Schweiz besonders wichtig, da<br />
wir hier erst seit 2006 präsent sind. Im Übrigen unterstützt die <strong>Credit</strong><br />
<strong>Suisse</strong> im Rahmen ihrer Global-Education-Initiative auch unsere<br />
Bildungsprogramme in Guatemala und Liberia.»<br />
Um mit dem Aktionsplan etwas verändern zu können, sieht es<br />
Beatrice Weber immer noch als entscheidend an, dass jeder sich<br />
selbst und das nähere Umfeld prüft. «Selbst wir bei unserer Organisation<br />
nehmen den Aktionsplan als Orientierung und schauen von<br />
Zeit zu Zeit, ob wir noch auf Kurs sind. Je sensibilisierter die Menschen<br />
sind, umso eher passieren auch Veränderungen.» Sie freut<br />
sich deshalb auch sehr darüber, dass so viele Gäste an der Veranstaltung<br />
erschienen sind. «Ich habe auch die vielen engagierten<br />
Fragen aus dem Publikum sehr positiv erlebt. Solche Anlässe sind<br />
wichtig, um eine gesellschaftliche Diskussion über die Anliegen der<br />
Entwicklungshilfe in Gang zu bringen.» Und nicht nur das: Beatrice<br />
Weber ist es mit Hilfe des Reports auch gelungen aufzuzeigen, wo<br />
wirksame Entwicklungshilfe konkret ansetzt. <<br />
Kinderhilfswerk Plan<br />
Seit seiner Gründung im Jahr 193 ist Plan von einem kleinen<br />
Büro zu einer internationalen Organisation mit 1 Partnerländern<br />
und rund 0 Projektländern angewachsen. Mit 000 Mitarbeitenden<br />
und 60 000 Freiwilligen ist Plan eines der grössten privaten,<br />
politisch und konfessionell unabhängigen Kinderhilfswerke.<br />
2006 wurde das Schweizer Büro in Zürich gegründet. Im Zentrum<br />
der Arbeit von Plan stehen der Grundsatz der Hilfe zur Selbsthilfe<br />
beziehungsweise die Kinder, wobei der Fokus auf den Mädchen<br />
liegt. Plan International ist neben Camfed, Care und Room to Read<br />
eine von vier Organisationen, mit denen die <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> im<br />
Rahmen ihrer globalen Bildungsinitiative zusammenarbeitet.<br />
Dabei sollen rund 4 000 Ausbildungsplätze geschaffen werden.<br />
Mehr Informationen zum Thema finden Sie unter:<br />
www.plan-schweiz.ch, www.un.org/milleniumsgoals<br />
www.credit-suisse.com/bulletin (Film über Plan)<br />
www.credit-suisse.com/verantwortung<br />
Girls Report Verantwortung 13<br />
Gerade in aufstrebenden Märkten stellen Frauen mit weiterführender<br />
Schulbildung mittlerweile einen bedeutenden Teil der Arbeits-<br />
kräfte. Zum Beispiel in wachsenden Dienstleistungssektoren der<br />
Banken- und Versicherungsbranche, etwa in Call Centern.<br />
Der Aktionsplan<br />
1. Keine Kompromisse beim globalen Ziel,<br />
Gleichberechtigung zu schaffen und internationale<br />
Verpflichtungen einzuhalten.<br />
2. Die Prinzipien der Gleichberechtigung in wirtschaftspolitischen<br />
Strategien auf nationaler und<br />
regionaler Ebene vollständig umsetzen.<br />
3. Die Bildung für Mädchen von den ersten<br />
Lebensjahren an zu einer Priorität machen.<br />
4. Soziale Sicherungssysteme schaffen und<br />
erhalten.<br />
. Die Investitionen in Beschäftigungsmöglichkeiten<br />
für junge Frauen erhöhen.<br />
6. Junge erwerbstätige Frauen unterstützen<br />
sowie angemessene Bezahlung und Arbeitsbedingungen<br />
sichern.<br />
. In die Entwicklung der Führungsqualitäten<br />
junger Frauen investieren.<br />
. Die Rechte von Mädchen und jungen Frauen auf<br />
den Besitz von Land und Eigentum sichern.<br />
9. Nationale und internationale Datenerhebungen<br />
nach Alter und Geschlecht differenzieren,<br />
um so die Arbeit von Mädchen und jungen Frauen<br />
zu erfassen und auswerten zu können.<br />
10. Weltweit verbindliche Richtlinien für erwerbstätige<br />
Mädchen und Frauen entwickeln und<br />
fördern.<br />
<strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> bulletin 5/09
14 Verantwortung Jugendarbeitslosigkeit<br />
Viadukte der Hoffnung<br />
Arbeit ist kein notwendiges Übel, sondern ein menschliches Grundbedürfnis. Die Angst<br />
vor der Arbeitslosigkeit steht seit Jahren an der Spitze des Sorgenbarometers des bulletin.<br />
Gerade in Zeiten steigender (Jugend-)Arbeitslosigkeit gilt es, Netzwerke zu knüpfen und<br />
Viadukte in eine Zukunft gesicherter Arbeitsplätze zu bauen. Neue Ideen sind gefragt.<br />
Optimistische Initiative. Ein Besuch im Restaurant Konter in Wetzikon stimmt zuversichtlich.<br />
Text: Andreas Schiendorfer<br />
3.2%<br />
Mai 03 2004 2005 2006 2007 2008 Oktober 09<br />
Im September 2009 waren bereits 29 999 Jugendliche ( ,4 Prozent) im Alter zwischen 1 und 24 Jahren arbeitslos gegenüber 2,4 Prozent<br />
im Juni 200 . Es ist zu befürchten, dass diese Zahl sich in den nächsten Monaten – trotz Erholung im Oktober – noch massiv erhöhen wird.<br />
bulletin 5/09 <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong><br />
.3%<br />
Fotos: Muster Mustermann | Muster Mustermann
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Die Liebe, heisst es, geht durch den Magen. Als Gast fühlt man sich<br />
im modern eingerichteten, 2005 eröffneten Restaurant sofort wohl:<br />
Hier wird mit Verve serviert. Und ein verstohlener Blick in die Küche<br />
zeigt: Da wird mit Herzblut gekocht. Natürlich, das klingt ein bisschen<br />
pathetisch; aber die gute Laune im «Konter» ist nicht gespielt<br />
und wirkt, bereits mit dem ersten Löffel Tomatencrèmesuppe, ansteckend.<br />
Das kann doch nicht sein, dass diese Jugendlichen erfolglos<br />
200 Bewerbungen geschrieben haben und auf den verzweifelten<br />
Amtsstellen als nicht vermittelbar galten, ehe sie von Netz:werk, der<br />
Stiftung für Soziale Arbeit, Sport und Kultur, eine Chance erhalten<br />
haben. Nicht eine letzte Chance, sondern die erste. Die meisten<br />
werden sie packen. Davon bin ich – nun bei Schweizer Bio-Kalbsschnitzel<br />
an Marsalajus mit Kartoffel-Sellerie-Stock und Stangensellerie<br />
(Menü 2) – restlos überzeugt.<br />
Allerdings zeigen die Statistiken, dass es gerade nach Abschluss<br />
der Lehre besonders schwierig ist, eine Anstellung zu finden. Bei<br />
keiner Altersgruppe ist die Arbeitslosigkeit höher als bei den 20-<br />
bis 24-Jährigen. Ende Juni 2009 waren es in der Schweiz bereits<br />
5,2 Prozent, während die Gesamtarbeitslosenquote noch bei<br />
3,2 Prozent lag und die Jugendarbeitslosigkeit, also die 15- bis<br />
19-Jährigen eingeschlossen, bei 4,1 Prozent. Bis Ende September<br />
war aber auch die Jugendarbeitslosigkeit schon bei 5,4 Prozent<br />
angelangt. Dahinter stecken 29 999 Einzelschicksale, jedes einzelne<br />
eines zu viel.<br />
Der Einstieg in den Beruf prägt das ganze Leben<br />
«Wir können unseren Jugendlichen nach der Lehre leider keinen Job<br />
anbieten», meint dazu Netz:werk-Projektleiterin Yvonne Krauer.<br />
«Doch nach der Zeit bei uns sind sie von ihrer Ausbildung her und<br />
vor allem auch mental fit für den Arbeitsmarkt. Die erste Berufserfahrung,<br />
im Normalfall also die Lehre, ist prägend für das ganze<br />
Leben. Im Positiven wie im Negativen.»<br />
Das Arbeitsintegrationsprojekt für Jugendliche und junge Erwachsene<br />
(AIP) biete mittlerweile bereits 25 Berufsbildungs- oder Beschäftigungsplätze<br />
an, ergänzt AIP-Leiterin Catherine Bolliger. Dies<br />
betrifft in erster Linie das Restaurant Konter in Wetzikon, wo man<br />
in der Küche oder im Restaurationsbetrieb eine zwei- oder dreijährige<br />
Ausbildung absolvieren kann. Zusätzliche Ausbildungsplätze<br />
gibt es im nahe gelegenen, im Frühjahr 2008 eingerichteten Mittagstisch<br />
E1S sowie, für angehende Schreiner, im so genannten<br />
Jobbus/Garage, einem weiteren von insgesamt sieben verschie-<br />
3<br />
denen Tätigkeitsfeldern der Stiftung. «Man kann aber, und das ist<br />
uns sehr wichtig, auch ein Arbeitstraining mit gleichzeitiger schulischer<br />
Bildung und Berufsfindung machen oder seinen Schulabschluss<br />
nachholen. Hinzu kommen auch noch vereinzelte IV-Integrationsmassnahmen»,<br />
weist Catherine Bolliger auf ein wesentliches<br />
Ergänzungsangebot hin, denn ohne einen Schulabschluss liefert<br />
auch die beste Attestlehre keine optimalen Zukunftsaussichten.<br />
Jugendarbeitslosigkeit: zentrales Thema im Sorgenbarometer<br />
Die Sorgenbarometer- Umfrage des bulletin zeigt seit Jahren, dass<br />
die Arbeitslosigkeit die Hauptsorge der Schweizerinnen und Schweizer<br />
ist. Dies betrifft einerseits ganz persönlich die Angst um den<br />
eigenen Arbeitsplatz oder den der Angehörigen, anderseits aber<br />
auch das gesellschaftliche Problem, das nur gemeinsam gelöst werden<br />
kann. Konkret bezeichnen dieses Jahr 66 Prozent der Stimmbürgerinnen<br />
und Stimmbürger die Arbeitslosigkeit als eine von fünf<br />
Hauptsorgen des Landes. Dieser Wert liegt zwar noch deutlich unter<br />
Jugendarbeitslosigkeit Verantwortung 1<br />
der absoluten Spitze (89 Prozent im Jahr 1993). Allerdings kommt<br />
man dem Höchstwert dieses Millenniums (71 Prozent im Jahr 2005)<br />
schon sehr nahe. Konnten die Befragten nur eine einzige Sorge<br />
nennen, so war dies für knapp einen Fünftel der Bevölkerung die<br />
Arbeitslosigkeit. Bei den 18- bis 29-Jährigen lagen diese Werte<br />
erwartungsgemäss noch etwas höher, nämlich bei 73 respektive<br />
22 Prozent. Beim Sorgenbarometer spürt man insgesamt eine grosse<br />
Zuversicht der Schweizerinnen und Schweizer (siehe bulletin plus),<br />
dennoch gehen 58 Prozent davon aus, dass die Arbeitslosigkeit auch<br />
in zehn Jahren noch eines der fünf grössten Probleme sein wird.<br />
14 Prozent stufen sie sogar als künftiges Hauptproblem ein.<br />
Das Vertrauen der Jungen in die Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen<br />
ist gemäss unserer Umfrage zwar um fünf Prozent<br />
tiefer als bei der Gesamtbevölkerung, es liegt aber immer noch bei<br />
bemerkenswerten 55 Prozent. Hohes Vertrauen fordert indes auch<br />
hohe Verantwortung. Alles in allem hat man aber tatsächlich das<br />
Gefühl, die politischen und wirtschaftlichen Akteure des Landes<br />
würden ihre Hausaufgaben während dieser Baisse sehr gut erledigen.<br />
Sie haben aus früheren Krisen die Lehren gezogen.<br />
Im «Konter» ist auch Fussball, der FC Zürich, ein Thema<br />
Natürlich reden wir im «Konter» ebenfalls über die aktuelle Wirtschaftslage.<br />
Rein umsatzmässig hat sich diese aber weder im Restaurant<br />
noch im Jobbus/Garage, wo man handwerkliche Dienstleistungen<br />
aller Art anbietet, negativ bemerkbar gemacht. Offensichtlich darf ><br />
Fonds Jugendarbeitslosigkeit Die Stiftung Symphasis<br />
konnte dank der Grosszügigkeit von Spenderinnen<br />
und Spendern unter ihrem Dach einen Fonds<br />
einrichten, der ganz gezielt Projekte zur Bekämpfung<br />
der Jugendarbeitslosigkeit in der Schweiz<br />
unterstützt. In den Fonds Jugendarbeitslosigkeit<br />
fliesst auch ein substanzieller Betrag aus den 2005<br />
von der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> emittierten Charity Notes.<br />
Die Anleger verzichten zugunsten des Fonds freiwillig<br />
auf einen Teil des ihnen zustehenden Ertrags.<br />
Die <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> steuerte die Emissionskosten bei.<br />
Zudem übernimmt die <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> bei der Stiftung<br />
Symphasis weitgehend die Kosten für die Administration,<br />
die beispielsweise die Selektion und Evaluation<br />
geeigneter Projekte beinhaltet.<br />
<strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> bulletin 5/09
16 Verantwortung Jugendarbeitslosigkeit<br />
man auf eine treue Stammkundschaft zählen, und auch das Preis-<br />
Leistungs-Verhältnis stimmt. «Ausser während der Schulferien ist es<br />
hier immer gestossen voll», meint Catherine Bolliger mit berechtigtem<br />
Stolz. «Aber man muss flexibel sein. Beim Mittagstisch, den wir neben<br />
anderen Geldgebern auch dank der Unterstützung der gemeinnützigen<br />
Stiftung Symphasis eröffnen konnten, zeigte sich schon<br />
bald, dass wir mit Schülern alleine die gewünschte Auslastung nicht<br />
erreichen konnten. Deshalb haben wir das ‹E1S› für weitere Interessenten<br />
geöffnet und bieten dort zwei Menüs in Selbstbedienung<br />
und deshalb nochmals etwas billiger als im ‹Konter› an.»<br />
Mit Blick auf einen Wimpel hinter der Theke möchte ich provokativ<br />
wissen, wer denn hier GC-Fan ist. «Stimmt, der Name unseres<br />
Restaurants würde gut zur Konter-Mannschaft GC passen, doch im<br />
Fussball halten wir es mit den Starken, den Spielstarken», nimmt<br />
Kaspar Jucker, seit Jahren ein bekennender FCZ-Fan, die freundschaftliche<br />
Kampfansage an. «Als gute Gastgeber haben wir beim<br />
letzten Jobbus-Cup den Sieg den Seegurken aus Stäfa überlassen.<br />
Aber beim wöchentlichen Mittwochsfussball lassen wir unsere<br />
Klasse regelmässig aufblitzen. Einmal war ein unbekannter Zaungast<br />
da. Vielleicht ein Talentspäher aus Zürich?»<br />
Spass beiseite: Der Sport spielt beim Netz:werk eine zentrale<br />
Rolle, beispielsweise auch in Form von mitternächtlichem Basketball.<br />
Und natürlich die Kultur. Mit dem vorzüglich gestalteten Jahresbericht<br />
befindet sich die Stiftung auf preisverdächtigem Höchstniveau, und<br />
das «Konter» hat sich – nach etwelchen Anlaufschwierigkeiten – auch<br />
als eines der wenigen Kulturzentren des Zürcher Oberlandes etabliert.<br />
«Wir sind vielseitig interessiert und alles andere als Trübsalblaser»,<br />
betont Jucker. «Sport und Kultur besitzen natürlich auch<br />
eine therapeutische Komponente. Die Musikkonzerte im ‹Konter›<br />
bringen uns zudem mit neuen, jugendlichen Kreisen in Kontakt. Wer<br />
einmal hier gewesen ist, kommt ganz bestimmt wieder.»<br />
Der Erfolg hat sich herumgesprochen<br />
Das Zürcher Oberländer Arbeitsintegrationsprojekt ist beeindruckend,<br />
aber es ist, und gerade das stimmt optimistisch, alles andere denn<br />
ein Einzelfall. Der Hunger hätte uns beispielsweise auch nach Lyss<br />
treiben können, wo die FONDATION gad STIFTUNG im Jahr 2007<br />
in einer ehemaligen Fabrikhalle ein ebenfalls beispielhaftes Ausbildungs-<br />
und Gastronomieangebot eingerichtet hat. Das Restaurant<br />
Lyssnord, wo jugendliche Arbeitslose eine Grundausbildung in<br />
bulletin 5/09 <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong><br />
Gastronomieberufen erhalten, war von Anfang an so erfolgreich,<br />
dass man nächstes Jahr in Biel ein weiteres Ausbildungsrestaurant<br />
einrichtet. Zudem wurde Lyssnord vor einem Jahr um eine Glacé-<br />
und Suppenproduktion erweitert.<br />
Man hätte aber auch in Basel die Job Factory der Stiftung Job<br />
Training besuchen können, in Zürich die Stiftung work4you, «die<br />
Chance» in Staad oder die Stiftung deStarts in Düdingen. Beispiele<br />
gibt es viele, allerdings noch längst nicht genug. Das Rote Kreuz in<br />
Genf wiederum unterstützt mit seinem Programm «Logement Jeunes»<br />
Schüler und Lehrlinge in zuvor schwierigen Wohnsituationen. Es<br />
stellt ihnen Unterkünfte zur Verfügung und begleitet sie auch bei der<br />
Absolvierung ihrer schulischen Ausbildung oder Berufslehre.<br />
Am Anfang standen subversive Immobilien-Haie<br />
Ganz ähnlich hat es Anfang der 1990er-Jahre in Tann-Rüti mit dem<br />
Wohnnetz der Gemeinnützigen Gesellschaft Bezirk Hinwil begonnen,<br />
als einige «subversive Immobilien-Haie» (Originalton Festschrift)<br />
mit viel Einsatz und Fantasie günstigen Wohnraum vermittelten,<br />
an Familien, Schüler und Lehrlinge, aber auch an Randständige oder<br />
Sozialfälle. Später stellte die Bekämpfung der offenen Drogenszene<br />
in der Stadt Zürich auch das Zürcher Oberland vor neue, grosse<br />
Herausforderungen, die 1997 zur Eröffnung der Werkstatt Jobbus/<br />
Garage und im Jahr darauf zur Gründung der Stiftung Netz:werk<br />
führten. Diese ist mittlerweile ein währschaftes KMU mit 50 Mitarbeitenden<br />
und 225 Klientinnen und Klienten und einem fast ausnahmslos<br />
selbst erwirtschafteten Umsatz von jährlich rund fünf<br />
Millionen Franken.<br />
Und man ist beim Netz:werk, marktwirtschaftlich denkend, stets<br />
offen für neue Aufgaben. Dem Mittagstisch wird ein Kiosk angegliedert,<br />
man ist gebeten worden, die Weiterführung eines vor der<br />
Schliessung stehenden Dorfladens im Rahmen des AIP zu prüfen,<br />
und in wenigen Monaten expandiert Netz:werk sogar nach Zürich.<br />
In einem der Wipkinger Viaduktbögen wird mit Unterstützung der<br />
Stiftungen Symphasis und Accentus das «AIP Restaurant Viadukt»<br />
eröffnet, das eine sinnvolle Ergänzung zum «Konter» sein soll;<br />
denn im Gegensatz zum Wetziker Restaurationsbetrieb wird in<br />
Zürich vor allem am Abend und in der Nacht einiges los sein. Man<br />
darf gespannt sein.<br />
Damit ist nun alles gesagt. Ausser das «Wichtigste»: Der Schoggikuchen<br />
im «Konter» ist ein absolutes Muss! <<br />
Bild links Im Restaurant Konter in Wetzikon gehört gute Laune zum Service. Bild Mitte Der Jobbus/Garage, der ebenfalls zur Stiftung Netz:werk<br />
gehört, bildet neu auch angehende Schreiner aus. Bild rechts Am Mittagstisch E1S sind auch Nichtschüler willkommen.
Fotos: Sebastian Schiendorfer | Martin Stollenwerk<br />
<strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong><br />
Business / Sponsoring / Unternehmerische Verantwortung<br />
BärenPark in Bern<br />
Wappentier lebt artgerecht<br />
Den Bären im Wappen tragen viele.<br />
Doch ausser Bern besitzt keine<br />
Hauptstadt der Welt einen modernen,<br />
artgerechten BärenPark.<br />
Nach einem grosszügigen Umbau<br />
kann nun die seit 1315 bestehende<br />
Tradition weitergeführt werden.<br />
Björk und Finn fühlten sich bereits<br />
an der Eröffnung Ende Oktober<br />
sichtlich wohl. Der Jubiläumsfonds<br />
der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> Foundation hat<br />
die «Bärengraben-Sanierung» als<br />
Partner mitunterstützt.<br />
www.baerenpark-bern.ch<br />
Oskar-Brunner-Fonds-Lehrlingspreis<br />
Preis für Automechaniker<br />
Das Rückgrat der Schweizer Wirtschaft<br />
sind die KMU. Das Rückgrat<br />
der KMU sind die Handwerker.<br />
Ihnen wird meist wenig Beachtung<br />
geschenkt. Und doch tragen sie<br />
entscheidend zum Qualitätsstandort<br />
Schweiz bei. Im Gedenken<br />
an ihren Vater hat Friedel Brunner<br />
innerhalb der Stiftung Accentus<br />
einen Fonds errichtet, der jährlich<br />
Preise für die drei besten Zürcher<br />
Lehrabschlüsse im Bereich Automobilmechanik/-technik<br />
ausrichtet.<br />
And the winners are: Silvan Capaul<br />
(1. Rang), Luca Belvedere und<br />
Levin Eggler. In den Vorjahren<br />
gewannen Marcel Müller (2008)<br />
und Christian Schenk (2007).<br />
Lily-Waeckerlin-Preis<br />
«Wegweiser Musik» in Basel<br />
Das Projekt «Wegweiser Musik»<br />
des Vereins Gare des enfants in<br />
Basel hat den mit 60 000 Franken<br />
dotierten Lily-Waeckerlin-Preis<br />
für Jugend und Musik 2009 erhalten.<br />
Der von der Schlagzeugerin<br />
Sylwia Zytynska geleitete Verein<br />
veranstaltet im Saal des Basler<br />
Gare du Nord Konzerte, in denen<br />
Kinder für Kinder spielen. Mit<br />
dem Projekt «Wegweiser Musik»<br />
wird nun an Orten Musik gemacht,<br />
an denen sich die Kinder im Alltag<br />
aufhalten. Konkret werden zusammen<br />
mit drei Basler Krippen<br />
mit einfachen Mitteln musikalische<br />
Mitmachaktionen entwickelt und<br />
mit professionellen Musikern<br />
der Musik-Akademie aufgeführt.<br />
Das Schlusskonzert findet am<br />
28. März 2010 statt. Die früheren<br />
Preisträger: Musikschule Köniz<br />
(2008), Ecole de Musique du<br />
Conservatoire de Lausanne (2007),<br />
Musikhochschule Luzern (2006)<br />
und Conservatorio della Svizzera<br />
Italiana Lugano (2005).<br />
www.accentus.ch<br />
Partnerschaft mit Roger Federer Der vierfache<br />
Weltsportler des Jahres verkörpert Werte, die<br />
auch der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> wichtig sind: Qualitätsbewusstsein,<br />
Zuverlässigkeit, Respekt vor<br />
dem Gegenüber, Streben nach Spitzenleistun-<br />
gen, Verantwortungsbewusstsein. Federer<br />
ist für die <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> ein idealer globaler Botschafter.<br />
Am 16. November wurde eine lang-<br />
fristige Partnerschaft beschlossen. Die <strong>Credit</strong><br />
<strong>Suisse</strong> unterstützt überdies die Roger Federer<br />
Foundation. Diese fördert Bildungsprojekte,<br />
vor allem in Südafrika, und ergänzt damit die<br />
globale Bildungsinitiative der Bank.<br />
Wanderpreis Energie-Modell Zürich<br />
<strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> 1<br />
Energie sparen lohnt sich auch in finanzieller Hinsicht<br />
Im Jahr 2006 hat die <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong><br />
als erstes Grossunternehmen in der<br />
Schweiz die Treibhausgasneutralität<br />
realisiert. Weil sie seither den<br />
Betriebsoptimierungspfad aus ihrer<br />
Klimastrategie kontinuierlich weiter-<br />
verfolgte, erhielt die <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong><br />
nun den Wanderpreis Energie-<br />
Modell Zürich für 2007 und 2008.<br />
«Dank des intensiven Erfahrungsaustausches<br />
konnten wir unsere<br />
Energieeffizienz deutlich steigern»,<br />
erklärt Patrik Burri, globaler Leiter<br />
für Umwelt- und Energiemanagement<br />
bei der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong>.<br />
14 Unternehmen aus den Sektoren<br />
Dienstleistung, Handel und<br />
Industrie sind im Energie-Modell<br />
Zürich zusammengeschlossen. Das<br />
1997 gesetzte Ziel, die Energieeffizienz<br />
innerhalb von zehn Jahren<br />
freiwillig um 15 Prozent zu steigern,<br />
wurde 2005 mit dem Zeithorizont<br />
2012 erneuert und auf das ganze<br />
System Schweiz erweitert. Zusammen<br />
konnten die Firmen den CO 2 -<br />
Ausstoss seit dem Jahr 2000 um<br />
28 000 Tonnen (34 Prozent) auf<br />
54 700 Tonnen senken.<br />
«Wir wollen unseren CO 2 -Fussabdruck<br />
weiter reduzieren», führt<br />
Rolf Krummenacher an, Leiter von<br />
Corporate Real Estate and Services.<br />
«Allein die <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> konnte für<br />
2008 Massnahmen im Umfang von<br />
knapp sieben Millionen Kilowattstunden<br />
ans Energie-Modell rapportieren.<br />
Wir wollen auf diesem<br />
hohen Niveau fortfahren. Mit dem<br />
Erweiterungsbau des Uetlihofs<br />
entstehen nach dem umwelt- und<br />
energieschonenden Minergie-P-<br />
Standard 2000 Arbeitsplätze.»<br />
Solche Massnahmen fallen auch<br />
finanziell ins Gewicht, so dass sich<br />
allfällige Mehrkosten schnell bezahlt<br />
machen. «Seit der Einführung<br />
der Treibhausgasneutralität konnten<br />
wir durch Energieeffizienzmassnahmen<br />
jährliche Einsparungen von<br />
rund drei Millionen Franken realisieren»,<br />
betont Burri. «Wir sind stolz,<br />
dass die <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> Schweiz in<br />
dieser Hinsicht beispielhaft voranschreitet<br />
und einen wesentlichen<br />
Beitrag zur Initiative ‹<strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong><br />
Cares for the Climate› leistet», hebt<br />
Rolf Krummenacher die bankinterne<br />
Signalwirkung hervor.<br />
Texte: Andreas Schiendorfer<br />
Anzeige<br />
Der Zürcher Regierungsrat<br />
Markus Kägi (rechts)<br />
gratuliert der <strong>Credit</strong><br />
<strong>Suisse</strong>, vertreten durch<br />
Rolf Krummenacher,<br />
für ihren Erfolg bei der<br />
Steigerung der Energieeffizienz.<br />
<strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> bulletin 5/09
1 <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong><br />
Elisabeth Engel führt eine politische Gemeinde. Beruflich steht sie einer wichtigen Abteilung<br />
der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> vor – dies erfordert einen ständigen «Koordinations-Seiltanzakt».<br />
Seiltanz zwischen Büro<br />
und Gemeinderatssaal<br />
Rund 300 Mitarbeitende der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> engagieren sich zusätzlich zum<br />
Beruf in einem politischen Nebenamt. Sie sind Teil des in der Schweiz<br />
tief verwurzelten Milizsystems. Die <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> sieht in ihren politischen<br />
Mandatsträgern wichtige Brückenbauer zwischen Wirtschaft und Politik.<br />
Es ist Montag, 18 Uhr. Elisabeth Engel trifft<br />
im Gemeindehaus von Uesslingen-Buch ein.<br />
Seit 2005 ist sie Gemeindepräsidentin – offiziell<br />
Gemeindeammann – der kleinen Thurgauer<br />
Weinbaugemeinde. Eine Stunde bleibt<br />
ihr noch für letzte Vorbereitungen der Gemeinderatssitzung.<br />
Die Sanierung der Dorfbrücke<br />
samt vorübergehenden Verkehrsumleitungen<br />
ist diesmal wohl das heikelste<br />
Traktandum. Seit der letzten Sitzung vor zwei<br />
Wochen hat sie ihre gesamte Freizeit inves-<br />
tiert in Planungs- und Repräsentationsaufgaben,<br />
die Sitzungsvorbereitung sowie die<br />
Koordination der hängigen politischen Dos-<br />
bulletin 5/09 <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong><br />
siers mit den verschiedenen Verwaltungsstellen,<br />
den Gemeinderäten und der Gemeindeschreiberin.<br />
Während der Bürgersprechstunde<br />
werden die Engels-Türen regelmässig<br />
geöffnet, diese Woche ging es um eine Flurstreitigkeit<br />
sowie Anträge für Umzonungen.<br />
Szenenwechsel. Dienstag, 7 Uhr. Elisabeth<br />
Engel trifft in ihrem Büro bei der <strong>Credit</strong><br />
<strong>Suisse</strong> an der Brandschenkestrasse in Zürich<br />
ein. Hier leitet sie eine Fachstelle, die unter<br />
anderem für die Umsetzung des Compliance<br />
Training der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> Mitarbeitenden in<br />
der Schweiz verantwortlich zeichnet. Doch<br />
über Mittag heisst es bereits wieder amtliche<br />
Protokolle studieren und dringliche Anfragen<br />
aus der Gemeinde beantworten. Elisabeth<br />
Engel ist sich bewusst, dass das Nebeneinander<br />
von Beruf und politischer Arbeit, ein<br />
«Koordinations-Seiltanzakt», wie sie selbst<br />
erklärt, ohne die grosse Flexibilität des Arbeitgebers<br />
und ihres privaten Umfelds nicht<br />
möglich wäre.<br />
Damit ist sie kein Einzelfall, sondern eine<br />
von rund 300 Mitarbeitenden der <strong>Credit</strong><br />
<strong>Suisse</strong> Schweiz, die nebenamtlich ein gewähltes<br />
politisches Mandat auf Gemeinde-<br />
oder Kantonsebene ausüben. Sie sind im<br />
Berufsleben beispielsweise als Kundenberater,<br />
Controller oder Regionenleiter tätig und<br />
bekleiden nebenbei ein Amt im Kantonsrat,<br />
Gemeinderat, in einer Finanz- oder Schulkommission<br />
oder an einem Gericht.<br />
Die Bank schätzt das Engagement<br />
«Politische Mandatsträger haben eine wichtige<br />
Funktion als Brückenbauer zwischen<br />
Wirtschaft und Politik», ist Hans-Ulrich<br />
Meister, CEO <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> Schweiz, überzeugt.<br />
Diese Wertschätzung wird auch am<br />
jährlich stattfindenden Treffen der politisch<br />
aktiven Mitarbeitenden der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong><br />
übermittelt. Organisiert wird das Treffen von<br />
Public Policy. Ihr Leiter René Buholzer sieht<br />
die Bedeutung einer politischen Tätigkeit im<br />
Nebenamt vor allem in der positiven Wechselwirkung<br />
zwischen Wirtschaft und Politik:<br />
«Die Politik ist darauf angewiesen, dass sie<br />
Input aus der praktischen Erfahrung der Privatwirtschaft<br />
erhält – und dies aus erster<br />
Hand, von Leuten, die täglich im Wettbewerb<br />
stehen und kompetent einbringen können,<br />
wie sich die politischen Entscheidungen in<br />
der Praxis auswirken.» Die Wirtschaft sei<br />
umgekehrt darauf angewiesen, dass die<br />
Politik Rahmenbedingungen schaffe, die<br />
Wachstum und damit Wohlstand für möglichst<br />
viele ermöglichen. Gerade für die Banken,<br />
die einem dichten Regulierungswerk<br />
unterstehen, sei dies besonders wichtig, betont<br />
Buholzer.<br />
Es gilt als Besonderheit des politischen<br />
Systems der Schweiz, dass Politiker ihr Mandat<br />
als Nebenamt ausüben und hauptberuflich<br />
einer anderen Erwerbstätigkeit nachgehen.<br />
Dahinter steht der Milizgedanke, der<br />
auf der republikanischen Vorstellung beruht,<br />
dass die Bürger in sämtlichen öffentlichen<br />
Angelegenheiten des Staates Verantwortung<br />
für das Gemeinwesen übernehmen sollen.<br />
Das Milizsystem ist in der Schweiz tief verwurzelt.<br />
Jede vierte Person führt mindestens<br />
Fotos: Eva-Maria Züllig
eine unbezahlte Tätigkeit bei Organisationen<br />
oder Institutionen aus. Doch nebst der zunehmenden<br />
Professionalisierung zahlreicher<br />
staatlicher Ämter mangelt es immer öfter an<br />
Freiwilligen, die bereit sind, die hohe zeitliche<br />
Beanspruchung auf sich zu nehmen. Wenn<br />
überhaupt, engagieren sich Freiwillige lieber<br />
in Sport und Kultur statt in der Politik. Laut<br />
Bundesamt für Statistik sind gemessen an<br />
der Schweizer Wohnbevölkerung nur noch<br />
2,3 Prozent der Frauen und 5,4 Prozent der<br />
Männer bei einer politischen Partei oder in<br />
einem öffentlichen Amt aktiv.<br />
So ist es nicht erstaunlich, dass immer<br />
häufiger Vollzeitpolitiker sowie Vertreter von<br />
Verbänden, Gewerkschaften oder öffentlichen<br />
Institutionen in den Parlamenten sitzen<br />
und immer weniger aus der Privatwirtschaft.<br />
Als Grund wird oft die mangelnde<br />
zeitliche Vereinbarkeit von politischem und<br />
beruflichem Engagement genannt.<br />
Grosszügige Arbeitszeitregelung<br />
Damit die Doppelbelastung bewältigt werden<br />
kann, unterstützt die <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> die nebenamtliche<br />
politische Tätigkeit aktiv, indem<br />
Mitarbeitende für ein politisches Amt einen<br />
Teil ihrer Arbeitszeit in Anspruch nehmen<br />
können. Beansprucht die Ausübung des<br />
Mandats weniger als 20 Prozent der Arbeitszeit,<br />
wird dem Mitarbeitenden weiterhin der<br />
volle respektive der bisherige Lohn ausbezahlt.<br />
Die Vergütung für das politische Amt,<br />
zum Beispiel Sitzungsgelder, steht dem Mitarbeitenden<br />
zu und gilt als Entschädigung für<br />
die in der Freizeit zu leistenden Vorbereitungsarbeiten<br />
für das Amt.<br />
Die politischen Mandatsträger decken ein<br />
breites politisches Meinungsspektrum ab.<br />
«Diese Vielfalt begrüssen wir», bestätigt<br />
Hans-Ulrich Meister. «Allen gemeinsam ist<br />
die Überzeugung, dass wir als Bank eine<br />
besondere wirtschaftliche und gesellschaftliche<br />
Verantwortung tragen und dass dazu<br />
auch die Mitwirkung an der politischen Arbeit<br />
im Rahmen des Milizsystems gehört.»<br />
Für Elisabeth Engel gründet die Motivation<br />
zum politischen Engagement in der direkten<br />
Demokratie der Schweiz: «Wir leben<br />
in einem Land, in dem wir mitbestimmen<br />
dürfen und etwas bewegen können.» Sie<br />
wolle nicht immer nur reklamieren, sondern<br />
konkret etwas bewegen. Trotz Doppelbelastung<br />
meint sie deshalb: «Das Amt als Gemeindeammann<br />
würde ich jederzeit wieder<br />
annehmen.» Monika Güntensperger<br />
«Mein Projekt für die Schweiz»<br />
<strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> 19<br />
Womit befassen sich die politischen Mandatsträger im Konkreten? Mit welchen<br />
Projekten versuchen sie, ihre Gemeinde oder ihren Kanton vorwärtszubringen?<br />
Diese Fragen waren die Grundlage für die im Sommer 2009 von der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong><br />
Public Policy lancierte Aktion «Mein Projekt für die Schweiz». Das Ergebnis<br />
lässt sich sehen.<br />
Die rund 20 bei der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> tätigen<br />
Gemeindepräsidentinnen, Gemeindepräsidenten<br />
sowie Kantonsräte wurden im<br />
Rahmen der Aktion «Mein Projekt für die<br />
Schweiz» eingeladen, ein Projekt aus ihrer<br />
Region vorzustellen, das für die gesamte<br />
Schweiz beispielhaft sein könnte.<br />
Hohe Qualität der beurteilten Projekte<br />
Eine Expertenjury bestehend aus alt Bundesrat<br />
Flavio Cotti, Professorin Monika Bütler<br />
von der Universität St. Gallen, economiesuisse-Direktor<br />
Pascal Gentinetta, Avenir-<br />
<strong>Suisse</strong>-Direktor Thomas Held und René<br />
Buholzer, Leiter Public Policy <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong>,<br />
nahm die eingereichten Projekte unter die<br />
Lupe. Eine Auswahl zu treffen, erwies sich<br />
als schwierig. «Die eingereichten Projekte<br />
waren alle von hoher Qualität und unterstützenswert»,<br />
meint Jurymitglied Thomas Held.<br />
«Sie verdeutlichen das grosse gesellschaftliche<br />
Engagement der Politmandatsträger.»<br />
Die Jury hat schliesslich vier Projekte ausgewählt,<br />
die dem Regional Management<br />
Board Schweiz unter der Leitung von Hans-<br />
Ulrich Meister präsentiert werden.<br />
Wenn das Herz plötzlich stillsteht<br />
Um Herzensangelegenheiten geht es im<br />
Projekt des Berner Grossrats Thomas Fuchs.<br />
Viele Leute erkennen die Anzeichen eines<br />
Herzinfarktes nicht, reagieren zu spät und<br />
wissen nicht, was im Falle einer Herzrhyth-<br />
1<br />
musstörung zu tun ist. Fuchs hat deshalb im<br />
Grossen Rat einen Vorstoss eingereicht, der<br />
verlangt, dass nebst der Verbreitung öffentlich<br />
zugänglicher Defibrillatoren ein Netz von<br />
Erstversorger-Teams aufgebaut wird und<br />
erste Kenntnisse über die Verhaltensweisen<br />
bei einem Herznotfall bereits an Schulen<br />
vermittelt werden. «Die <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> hat erfreulicherweise<br />
gerade am Standort Murifeld<br />
in Bern bereits reagiert und nebst der Instal-<br />
«Der Entscheid, die<br />
Gemeinden zu fusionieren,<br />
ist ein innovativer Schritt<br />
und das Projekt zur konkreten<br />
Umsetzung eine<br />
grosse Herausforderung.»<br />
Pascal Gentinetta<br />
lation von Defibrillatoren auch eine gut besuchte<br />
Ausbildung vor Ort durchgeführt»,<br />
meint Thomas Fuchs, der als Gruppenleiter<br />
einer Krediteinheit in Bern arbeitet.<br />
«Die Zielsetzung des Projekts ist von<br />
grosser gesellschaftlicher Bedeutung und<br />
deshalb sehr zu begrüssen», begründet alt<br />
Bundesrat Flavio Cotti die Wahl der Jury<br />
voller Anerkennung.<br />
Daniel Müller ist Teamleiter Privatkunden<br />
bei der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> in Bern und seit ><br />
1 Prominente Jury: Flavio Cotti, alt Bundesrat, mit Pascal Gentinetta, Direktor economiesuisse.<br />
2 Monika Bütler, Volkswirtschaftsprofessorin an der Universität St. Gallen, mit Projektinitiator René Buholzer.<br />
2<br />
<strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> bulletin 5/09
20 <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong><br />
Mitte 2003 Gemeindepräsident in Niedermuhlern,<br />
einer kleinen Landgemeinde mit<br />
535 Einwohnern. Sinkende Schülerzahlen<br />
haben Politiker und Schulkommission frühzeitig<br />
veranlasst, für ihre Realschule eine<br />
langfristige Lösung zu finden. Zusammen mit<br />
den Gemeinden Wald und Oberbalm beschloss<br />
man die Schulzusammenlegung,<br />
wobei Niedermuhlern als Standortgemeinde<br />
«Die Gemeinden haben<br />
einen guten Kompromiss<br />
gefunden, was das Verhältnis<br />
zwischen Zentralisie-<br />
rung und Dezentralisierung<br />
angeht.»<br />
Monika Bütler<br />
nominiert wurde. Die Lösung hat den Vorteil,<br />
dass sie leicht kostengünstiger ist als der<br />
Vorschlag des Kantons Bern, der eine Zentralisierung<br />
in grösseren Oberstufenzentren<br />
vorsah. «Die Gemeinden haben einen guten<br />
Kompromiss gefunden, was das Verhältnis<br />
zwischen Zentralisierung und Dezentralisierung<br />
angeht», meint Jurorin Monika Bütler.<br />
Es ist ein Zeichen, dass der ländliche Raum<br />
auch in Zukunft attraktiv gestaltet werden<br />
kann. Dank der Erhaltung einer Realschule<br />
auf dem Land können rund 40 Schüler weiterhin<br />
mit einem kurzen Schulweg rechnen.<br />
Um eine Fusion geht es auch im Projekt<br />
von Beat Noser, Gemeindepräsident in Oberurnen.<br />
Die Glarner Landsgemeinde hat im<br />
Mai 2006 entschieden, die heutigen 26 Gemeinden<br />
des Kantons zu drei Grossgemeinden<br />
Glarus Süd, Glarus Mitte und Glarus<br />
Nord zusammenzulegen. Pascal Gentinetta<br />
Anzeige<br />
bulletin 5/09 <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong><br />
1<br />
3<br />
1 Daniel Müller löst das Problem sinkender Schülerzahlen kostengünstig. 2 Beat Noser steht uneingeschränkt<br />
hinter dem mutigsten Fusionsprojekt der Schweizer Geschichte. 3 Reinhold Sommer-Schwegler<br />
unterstützt ein beispielhaftes Integrationsprojekt. 4 Thomas Fuchs: Ein kleiner, roter Koffer kann Leben retten.<br />
ist als Jurymitglied von diesem Vorhaben<br />
überzeugt: «Der Entscheid, die Gemeinden<br />
zu fusionieren, ist ein innovativer Schritt und<br />
das Projekt zur konkreten Umsetzung eine<br />
grosse Herausforderung.» Beat Noser ist<br />
Leiter Global Print bei der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> in<br />
Zürich und nebenbei stellvertretender Projektleiter<br />
der Zusammenlegung von heute<br />
acht Gemeinden zur neuen Gemeinde Glarus<br />
Nord. Ziel des Projekts ist es, die Departemente<br />
professioneller und die Entwicklung<br />
der neuen Gemeinde zukunftsorientierter<br />
und wettbewerbsfähiger zu gestalten. «Dabei<br />
bleibt kein Stein auf dem anderen», sagt Beat<br />
Noser, der im Juli 2010 im neuen Gemeinderat<br />
von Glarus Nord Einsitz nehmen wird.<br />
Alle Departemente werden reorganisiert, und<br />
sämtliche Angestellten der Gemeinden müssen<br />
sich für die neuen Aufgaben bewerben.<br />
Integration durch Mitternachtssport<br />
Welche neuen Wege gibt es, um das gemeinsame<br />
Zusammenleben von Einheimischen<br />
und Ausländern in einer Gemeinde zu för-<br />
2<br />
4<br />
dern? Mit dieser Frage befasst sich Reinhold<br />
Sommer-Schwegler in seiner Funktion als<br />
Mitglied der Bürgerrechtskommission der<br />
Luzerner Gemeinde Schötz, die er nebst seiner<br />
Tätigkeit im Bereich Private & Business<br />
Banking/Trade Finance ausübt. Das diesen<br />
Sommer lancierte Projekt «Gemeinsame Integration»<br />
möchte das gegenseitige Verständnis<br />
der Kulturen, die auf dem Gemeindegebiet<br />
leben, verstärken. Die zuständige<br />
Integrationskommission, die sich aus Mitgliedern<br />
verschiedener Nationen zusammensetzt,<br />
schafft Raum für Begegnungen, sei es<br />
an einem Mitternachts-Basketball-Treff für<br />
Jugendliche oder beim kulinarischen Vorstellen<br />
des Heimatlandes. «Solche Projekte,<br />
mögen sie noch so klein sein und in noch<br />
so kleinen Gemeinden stattfinden, fördern<br />
das gemeinsame Zusammenleben aller Mitmenschen<br />
in der Schweiz», ist Kantonsrat<br />
Reinhold Sommer-Schwegler überzeugt.<br />
Diese Integration «von unten nach oben» war<br />
es auch, was die Expertenjury zur Wahl des<br />
Projekts bewogen hat. Monika Güntensperger<br />
Fotos: Eva-Maria Züllig | <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong>
Die Bank ohne Hindernisse<br />
Vor drei Jahren ist das Projekt «Accessibility» der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> mit dem<br />
Ziel gestartet worden, um ihre Dienstleistungen für Menschen mit Behinderung<br />
barrierefrei zu gestalten. Websites, Bancomaten und Geschäftsstellen<br />
sollen für Menschen mit Mobilitätsproblemen ebenso wie für Sehbehinderte,<br />
Gehörlose und ältere Menschen zugänglich sein. Inzwischen ist die <strong>Credit</strong><br />
<strong>Suisse</strong> die am besten zugängliche Bank der Schweiz. Eine Zwischenbilanz.<br />
Geld am Bancomaten beziehen, via Online<br />
Banking Zahlungen tätigen oder mit dem<br />
Kundenberater Kontakt aufnehmen: Das Erledigen<br />
von Bankgeschäften gehört für die<br />
meisten Leute zum normalen Alltag. Für<br />
mehrere hunderttausend Menschen, die in<br />
der Schweiz mit einer Behinderung leben,<br />
bergen solche Tätigkeiten jedoch täglich<br />
neue Herausforderungen.<br />
Viele Gebäude und elektronische Services<br />
der Banken werden Menschen mit einer Behinderung<br />
sowie älteren Menschen nicht<br />
gerecht. Der Anstoss, die Bankdienstleistungen<br />
behindertengerecht zu gestalten,<br />
kam von einem Mitarbeitenden der <strong>Credit</strong><br />
<strong>Suisse</strong>, der selbst sehbehindert ist. Alireza<br />
Darvishy hatte die Idee, durch entsprechendes<br />
Umprogrammieren Webinhalte für<br />
Blinde und Sehbehinderte zugänglich zu machen.<br />
Hanspeter Kurzmeyer, Leiter Privatkunden<br />
Schweiz, unterstützte Darvishy darin<br />
tatkräftig, weil er sofort die Notwendigkeit<br />
zum Handeln erkannte. Deshalb leitete er ein<br />
langfristiges Projekt ein mit dem Ziel, die<br />
Bank und ihre Dienstleistungen Menschen<br />
mit Behinderungen umfassend zugänglich zu<br />
machen. 2007 wurde das Center of Accessibility,<br />
welches das Projekt zusammen mit<br />
direkt und indirekt betroffenen Mitarbeitenden<br />
umsetzt, unter der Leitung von Frau<br />
Zahra Darvishi ins Leben gerufen.<br />
Web als Türöffner<br />
«Das Internet kann für Menschen mit Behinderungen<br />
ein Tor in die Selbständigkeit sein»,<br />
erklärt Alireza Darvishy. «Zahlungen einfach<br />
und bequem von zu Hause aus erledigen zu<br />
können oder sich schnell via Web Informationen<br />
zu beschaffen, bedeutet, auf keine<br />
fremde Hilfe angewiesen zu sein.» Doch<br />
längst nicht alle Websites erfüllen diese<br />
Funktion. Dazu muss ein Bildschirmleseprogramm<br />
die Website auditiv umsetzen. Jede<br />
Überschrift und Grafik wird mit einem Text<br />
hinterlegt, vor allem aber sind Applikationen<br />
und Webportale entsprechend umzupro-<br />
Die <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> legt grossen Wert auf die<br />
Rollstuhlgängigkeit ihrer Geschäftsstellen.<br />
grammieren und Inhalte einfach und verständlich<br />
anzuordnen. Eine aufwändige und<br />
dementsprechend kostspielige Angelegenheit,<br />
aber nur, wie Darvishy betont, wenn<br />
man sie nachträglich ausführen muss. Bei<br />
rechtzeitiger Planung hingegen halten sich<br />
die Kosten in Grenzen.<br />
Seit 2007 hat die <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> aus Überzeugung<br />
schrittweise alle Online-Portale in<br />
diesem Sinne zugänglich gemacht. Dafür<br />
erhielt sie von der Stiftung «Zugang für alle»<br />
mehrere Zertifizierungen mit Höchstwert,<br />
namentlich für das Webportal Direct Net<br />
(Online Banking), das Online-Magazin In<br />
Focus sowie für die gesamte Homepage der<br />
<strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong>, die seit Sommer 2009 vollständig<br />
barrierefrei ist. Mittlerweile ist man<br />
auch im Ausland, so etwa im deutschen Bundeswirtschaftsministerium,<br />
auf diese Pionierleistung<br />
aufmerksam geworden.<br />
Sprechende Bancomaten<br />
Barrierefreiheit hört jedoch nicht beim Internet<br />
auf: Der Zugänglichkeit von Bancomaten<br />
kommt ebenfalls ein hoher Stellenwert zu. Im<br />
Sommer 2008 begann die <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong>, an<br />
häufig frequentierten und dafür geeigneten<br />
Standorten 290 sprechende Bancomaten<br />
einzurichten, die in vier Sprachen durch die<br />
<strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> 21<br />
am Bancomat möglichen Dienstleistungen<br />
führen. Alireza Darvishy sieht darin einen<br />
eigentlichen Meilenstein in der Vermittlung<br />
von Bankdienstleistungen: «Dieser Service<br />
ist für uns Betroffene von grossem Wert und<br />
gleichzeitig ein Beitrag an alle Menschen<br />
mit einer Sehbehinderung. Egal, ob <strong>Credit</strong><br />
<strong>Suisse</strong> Kunde oder nicht.» Seit der Einführung<br />
im letzten Jahr haben schon über<br />
3000 Benutzer von diesem Service Gebrauch<br />
gemacht.<br />
Zugänglichkeit bedeutet aber auch eine<br />
behinderten- und betagtengerechte Gestaltung<br />
der Geschäftsstellen. Die <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong><br />
hat sogar eigene Richtlinien für Um- oder<br />
Neubauten von Geschäftsstellen und Büros<br />
eingeführt. Seit 2007 wurden sämtliche<br />
Um- und Neubauten behindertengerecht<br />
realisiert. Dabei wurden die Zugänge von<br />
Gehwegen und Parkplätzen stufen- und<br />
schwellenlos gemacht. Ferner hat die <strong>Credit</strong><br />
<strong>Suisse</strong> seit 2008 bereits 31 tiefer gelegte<br />
Bancomaten für Rollstuhlfahrer installiert.<br />
Zu den Verbesserungen in der Kommunikation<br />
mit Kunden gehört auch, dass von<br />
der Bank in Papierform verschickte Informationen<br />
wie Bankauszüge für Blinde und<br />
Menschen mit Sehbehinderungen in Brailleschrift<br />
gedruckt sind; Senioren können die<br />
Auszüge in Grossschrift anfordern. Immer<br />
mehr Kunden nutzen diesen neuen Service.<br />
Zudem können sich Gehörlose und Hörbehinderte<br />
via Procom bei der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong><br />
melden und so problemlos sämtliche Dienstleistungen<br />
in Anspruch nehmen.<br />
Teil der Unternehmenskultur<br />
Neben den technischen Verbesserungen ist<br />
die Sensibilisierung von Mitarbeitenden für<br />
die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen<br />
ein wichtiger Bestandteil des Accessibility-Projekts.<br />
Um Berührungsängste abzubauen,<br />
hat die <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> das «Disability<br />
Awareness Training» eingeführt. Bis jetzt ><br />
Anzeige<br />
<strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> bulletin 5/09
22 <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong><br />
sind rund 2000 Mitarbeitende speziell auf die<br />
Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen<br />
und der wachsenden Anzahl von älteren<br />
Menschen sensibilisiert und geschult<br />
worden. Innerhalb der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> wurde<br />
2006 das «Disability Interest Forum» für<br />
direkt und indirekt betroffene Mitarbeitende<br />
gegründet. Mit dessen Hilfe werden ein Netzwerk<br />
und ein Forum für den Austausch von<br />
Informationen rund um dieses Thema auf-<br />
und ausgebaut. Was vor drei Jahren mit einer<br />
Idee begonnen hat, ist heute zu einer langfristigen<br />
Initiative angewachsen, die ihre<br />
Wirkung nicht nur in der Verbesserung des<br />
Kundenservice zeigt: «Die Sensibilisierung<br />
hat bei uns enorm an Bedeutung gewonnen.<br />
Accessibility ist ein Teil unserer Unternehmenskultur»,<br />
so Alireza Darvishy. Die <strong>Credit</strong><br />
<strong>Suisse</strong> ist inzwischen die am besten zugängliche<br />
Bank der Schweiz und hat es geschafft,<br />
die Barrierefreiheit in allen Dienstleistungsbereichen<br />
zu institutionalisieren.<br />
Schweizweit sind bereits 290 sprechende Banco-<br />
maten installiert. Und sie werden rege genutzt.<br />
Hanspeter Kurzmeyer ist stolz auf das bisher<br />
Erreichte und sieht im langfristig angelegten<br />
Projekt auch einen Beitrag für die Gesellschaft:<br />
«Mit dieser Initiative wollen wir uns<br />
als Bank hervorheben, die sich gezielt auf die<br />
Bedürfnisse einer grösser werdenden Kundengruppe<br />
ausrichtet. Gleichzeitig nehmen<br />
wir aber auch unsere soziale Verantwortung<br />
wahr. Durch die Zugänglichkeit unserer Produkte<br />
und Dienstleistungen für Menschen<br />
mit Behinderungen möchten wir zu einer<br />
stärkeren Integration dieser Personen in der<br />
Schweiz beitragen.» Maya Kunz<br />
� www.credit-suisse.com/barrierefreiheit<br />
� www.credit-suisse.com/accessibility<br />
siehe auch «Bauberatung der Pro Infirmis»<br />
(Seite 2 f.)<br />
bulletin 5/09 <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong><br />
Die Stiftungsgelder werden<br />
verantwortungsbewusst<br />
angelegt und eingesetzt<br />
Die gemeinnützigen Stiftungen Accentus, Empiris und Symphasis unterstützen<br />
jährlich über 100 verschiedene Projekte dank der Spenden zahlreicher Kundinnen<br />
und Kunden von <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong>, Clariden Leu und Neuer Aargauer Bank.<br />
«Unsere Donatorinnen und Donatoren müssen<br />
darauf vertrauen können, dass die Stiftungen<br />
mit ihren Spenden – die bis zu mehreren<br />
Millionen Franken betragen können –<br />
gewissenhaft umgehen», ist sich Daniel Otth,<br />
der Geschäftsführer der Stiftungen Accentus,<br />
Empiris und Symphasis, seiner Verant<br />
«Das Vermögen der<br />
Stiftung dient ausschliesslich<br />
dem Zweck, die<br />
gemeinnützigen Anliegen<br />
der Donatorinnen und<br />
Donatoren zu realisieren.»<br />
Daniel Otth<br />
wortung bewusst. «Neben der kritischen<br />
Evaluation und Selektion geeigneter Projekte<br />
und Partnerorganisationen gehört es zu unseren<br />
zentralen Aufgaben, die uns anvertrauten<br />
Vermögenswerte professionell und nach<br />
bestem Wissen anzulegen.»<br />
Die drei gemeinnützigen Stiftungen verfügen<br />
über bewährte Prozesse für Anlage<br />
und Überwachung der Stiftungsvermögen,<br />
ganz im Sinne einer zeitgemässen «foundation<br />
governance».<br />
Die Donatorinnen und Donatoren können<br />
Verwendungszweck wie auch Ausschüttungsmodalitäten<br />
ihrer Spende in einem weit abgesteckten<br />
Feld frei bestimmen. Deshalb<br />
legt die Geschäftsleitung der Stiftungen die<br />
jeweils passende Anlagestrategie individuell<br />
fest und betraut dann, etwa im Rahmen eines<br />
genau definierten Vermögensverwaltungsmandates<br />
oder mit einem transparenten,<br />
regulierten Anlagefonds, Spezialisten der<br />
<strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong>, der Clariden Leu oder der<br />
Neuen Aargauer Bank mit der Umsetzung.<br />
Je nach Ausgangslage kann dies zum Beispiel<br />
eine ausgewogene Strategie mit bis zu<br />
40 Prozent Aktien sein.<br />
Mit einer umsichtigen Planung der Liquidität<br />
ist sichergestellt, dass die Verpflichtungen<br />
gegenüber den unterstützten Projektpartnern<br />
jederzeit erfüllt werden können. Mittel, die für<br />
zugesagte oder beabsichtigte Projektfinanzierungen<br />
benötigt werden, werden separat und<br />
risikoarm zum Beispiel in Festgeldern oder<br />
auf Sparkonti angelegt. Dadurch konnten<br />
auch in Zeiten turbulenter Märkte wie 2008<br />
neue Vergabungen gesprochen werden.<br />
Die Überwachung der Anlageergebnisse<br />
obliegt dem vom Stiftungsrat eingesetzten<br />
Investment Review Committee. Diese Fachleute<br />
mit jahrelanger Erfahrung im Finanzbereich<br />
überprüfen regelmässig die eingegangenen<br />
Risiken und die damit erzielten<br />
Renditen. Bei unbefriedigender Performance<br />
wird die Situation eingehend analysiert. Als<br />
eine mögliche Massnahme werden dann zum<br />
Beispiel andere Anlageinstrumente eingesetzt.<br />
Reto Donatsch, Vorsitzender dieses<br />
«So verschieden<br />
die gemeinnützigen Ziele<br />
der Spender, so unterschiedlich<br />
die passenden<br />
Anlagestrategien.»<br />
Reto Donatsch<br />
Investment Review Committee, bringt es auf<br />
den Punkt, wenn er festhält: «Die verantwortungsvolle<br />
und professionelle Anlage des<br />
Vermögens ist die Grundlage für die Erfüllung<br />
des Stiftungszwecks.» Dominik Pfoster<br />
�<br />
Mehr zu den Stiftungen in den Artikeln<br />
auf den Seiten 14 bis 17 sowie unter<br />
www.accentus.ch, www.empiris.ch,<br />
www.symphasis.ch.<br />
Foto: Mathias Hofstetter
Dossier<br />
Partnerschaft<br />
Inhalt<br />
01 Jubiläumsfonds der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> Foundation<br />
Corporate Volunteering der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong><br />
02 myclimate<br />
03 Pro Infirmis<br />
04 Pfadfinderbewegung Schweiz<br />
0 Musikkollegium Winterthur<br />
06 Schweizerisches Rotes Kreuz<br />
0 Young Enterprise Switzerland<br />
0 Fünf Partner in Kurzporträts
01<br />
Partnerschaft<br />
Gemeinsam mehr bewegen<br />
Überzeugt davon, dass ein intaktes gesellschaftliches Umfeld ein wichtiger Faktor für den<br />
nachhaltigen Geschäftserfolg ist, engagieren sich die <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> und ihre Mitarbeitenden<br />
seit Jahren für die Gesellschaft und für soziale Anliegen. In der Schweiz unterstützen der<br />
Jubiläumsfonds der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> Foundation und das Corporate Volunteering – zusammen mit<br />
ihren Partnerorganisationen – ausgesuchte Projekte in den Bereichen Bildung, Soziales,<br />
Integration, Umwelt und Kultur. Auch die Mitarbeitenden werden ermutigt, durch ehrenamtliche<br />
Arbeitseinsätze selbst mitzuhelfen.<br />
Welche Verantwortung tragen Unternehmen?<br />
Gerade in wirtschaftlich herausfordernden<br />
Zeiten scheint klar, dass die erste<br />
Antwort auf diese Frage die Verantwortung<br />
für die Profitabilität der eigenen Firma sein<br />
muss. Ebenfalls unumstritten ist die Verantwortung,<br />
die ein Unternehmen gegenüber<br />
ihren Kunden und Mitarbeitenden wahrzunehmen<br />
hat. Gleichzeitig wird jedoch der<br />
Ruf nach einer sozialen Komponente im<br />
Begriff «Unternehmensverantwortung» immer<br />
lauter. Kunden und Mitarbeitende verlangen<br />
in zunehmendem Masse, dass auch<br />
die Werte eines Unternehmens ihren eigenen<br />
ethischen, sozialen und ökologischen Wertvorstellungen<br />
entsprechen. Eine Forderung,<br />
die manchen Konzern der gewinnorientierten<br />
Privatwirtschaft in eine Grundsatzdiskussion<br />
über Unternehmensstrategie und -kultur<br />
führt.<br />
Werte statt Worte<br />
Das Wahrnehmen der sozialen Verantwortung<br />
gegenüber der Gesellschaft – also ein<br />
Engagement ausserhalb des Kerngeschäfts<br />
einer Bank – hat bei der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> und<br />
ihren Mitarbeitenden Tradition. Ausgehend<br />
von ihrem ganzheitlichen Verständnis der<br />
unternehmerischen Verantwortung, ist die<br />
Bank überzeugt, dass nur ein intaktes und<br />
solides gesellschaftliches Umfeld einen<br />
nachhaltigen Geschäftserfolg ermöglicht.<br />
Fritz Gutbrodt, Director der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong><br />
Foundation, erklärt: «Wir möchten in allen<br />
Regionen, in denen wir tätig sind, ein guter<br />
lokaler Partner sein und einen Beitrag zum<br />
Wohl der Gesellschaft leisten, indem wir uns<br />
mit unseren verschiedenen Partnerorganisationen<br />
für ausgesuchte Projekte weltweit<br />
einsetzen. Gemeinsam mit unseren Partnern<br />
können wir etwas bewegen. Zudem möchten<br />
wir durch unser soziales Engagement zeigen,<br />
dass wir unsere Unternehmenswerte auch<br />
konkret umsetzen und leben. Werte sollten<br />
immer mehr sein als nur Worte.»<br />
Den Unternehmen stehen – wie Privat personen<br />
auch – grundsätzlich zwei Mittel zur<br />
Verfügung, um sich sozial zu engagieren:<br />
Zeit und Geld. «Indem wir auch ehrenamtliche<br />
Arbeitseinsätze unserer Mitarbeitenden bei<br />
gemeinnützigen Projekten fördern, ergänzen<br />
wir nicht nur die finanzielle Unterstützung um<br />
ein persönliches Engagement, sondern unsere<br />
Mitarbeitenden erhalten auf diese Weise<br />
vielmehr auch Gelegenheit, sich freiwillig<br />
für eine gute Sache einzusetzen und neue<br />
Menschen und Situationen kennenzulernen.<br />
Das Erlebnis, gemeinsam mit den Partnerorganisationen<br />
und Arbeitskollegen etwas<br />
für jemanden zum Positiven hin verändern zu<br />
können, fördert den Teamgedanken, die soziale<br />
Kompetenz und somit die Unternehmenskultur.<br />
Zudem wird die eigene Perspektive<br />
um eine sehr wertvolle Erfahrung erweitert»,<br />
ergänzt Hanspeter Kurzmeyer, Leiter Privatkunden<br />
Schweiz und Mitglied des Corporate<br />
Volunteering Committee der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong>.<br />
Corporate Volunteering Schweiz<br />
In der Schweiz organisiert und koordiniert<br />
das Corporate Volunteering, unter der Leitung<br />
von Zahra Darvishi, die gemeinnützigen<br />
Engagements der Mitarbeitenden. Um das<br />
Volunteering-Programm innerhalb der Bank<br />
zu fördern, gewährt die <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> ihren<br />
Mitarbeitenden pro Jahr einen Arbeitstag,<br />
den sie für die Freiwilligenarbeit einsetzen<br />
dürfen. In den USA und in Grossbritannien<br />
bereits seit vielen Jahren implementiert, erfreut<br />
sich auch das Corporate Volunteering<br />
in der Schweiz seit seiner Lancierung im Mai<br />
2008 stetig wachsender Beliebtheit: Rund<br />
3000 Mitarbeitende haben im Jahr 2008<br />
während insgesamt 19 500 Stunden freiwillige<br />
Arbeit zugunsten der Gemeinschaft geleistet.<br />
Die Idee, anderen Menschen nicht allein<br />
durch finanzielle Spenden, sondern durch<br />
den eigenen beherzten Einsatz helfen zu<br />
können, findet bei immer mehr Mitarbeitenden<br />
grossen Anklang.<br />
In der Schweiz liegt der Fokus der Freiwilligenarbeit<br />
auf der Integration von Menschen<br />
mit Behinderung und sozial Benachteiligten.<br />
Aber auch dem Schutz der Umwelt,<br />
speziell dem des Schweizer Bergwaldes,<br />
wird Rechnung getragen. Dem Thema Bildung<br />
kommt bei der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> weltweit<br />
eine besondere Bedeutung zu. In der Schweiz<br />
widmen sich <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> Mitarbeitende der<br />
Vermittlung von finanz- und volkswirtschaftlichem<br />
Wissen an Kinder und Jugendliche.<br />
Jubiläumsfonds der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong><br />
Der Jubiläumsfonds der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> Foundation,<br />
unter der Geschäftsführung von<br />
Janine Händel, arbeitet ebenfalls mit Partnerorganisationen<br />
zusammen, um gezielt und<br />
wirkungsvoll die Unterstützung von nachhal-
tigen Projekten mit klarem Bezug zur Schweiz<br />
zu gewährleisten.<br />
Anlässlich des 125-jährigen Bestehens<br />
der Schweizerischen Kreditanstalt wurde<br />
1981 die damalige Jubiläumsstiftung gegründet.<br />
17 Jahre später wurde sie mit der Jubiläumsstiftung<br />
der Schweizerischen Volksbank<br />
zusammengeschlossen. Seit der Integration<br />
in die globale <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> Founda tion<br />
im Jahr 2008 wird sie unter dem Name n<br />
«Jubiläumsfonds der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> Foundation»<br />
weitergeführt.<br />
Die thematischen Schwerpunkte des Jubiläumsfonds<br />
liegen auf der Integrationsförderung<br />
von unverschuldet Benachteiligten<br />
und auf der Auseinandersetzung mit gesell-<br />
schaftsrelevanten Themen. Zudem werden<br />
junge Talente in Kultur, Sozialem und Wissenschaft<br />
unterstützt – unter anderem durch<br />
die Verleihung der Preise «<strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong><br />
Young Artist Award» und «Prix <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong><br />
Jeunes Solistes» am Lucerne Festival sowie<br />
dem «<strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> Award for Best Teaching»<br />
an allen Schweizer Universitäten und Fachhochschulen.<br />
Nebst der Pflege der Partnerschaften<br />
mit Organisationen von nationaler<br />
Bedeutung erfolgen auch projektorientierte<br />
Vergabungen auf lokaler Ebene an nicht<br />
gewinn orientierte, nicht politische Organisationen<br />
in der Schweiz, über die die Mitglieder<br />
der Vergabungskommission des Jubiläumsfonds<br />
entscheiden. Mandana Razavi<br />
Der Jubiläumsfonds der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> Foundation arbeitet mit 13 Partnerorganisationen zusammen:<br />
ETH Zürich Foundation<br />
www.ethfoundation.ch<br />
Musikkollegium Winterthur<br />
www.musikkollegium.ch<br />
Pfadibewegung Schweiz<br />
www.pbs.ch<br />
Stiftung Schweizerischer<br />
Jugendmusikwettbewerb<br />
www.sjmw.ch<br />
Stiftung Kinderdorf Pestalozzi<br />
www.pestalozzi.ch<br />
Schweizerisches Komitee<br />
für UNICEF<br />
www.unicef.ch<br />
Multiple Sklerose<br />
Gesellschaft Schweiz<br />
www.multiplesklerose.ch<br />
Pro Infirmis<br />
www.proininfirmis.ch<br />
Museum Bellerive – ein Haus<br />
des Museum für Gestaltung Zürich<br />
www.museum-bellerive.ch<br />
Stiftung myclimate<br />
www.myclimate.org<br />
Weltweit engagiert<br />
Informationen über unser soziales<br />
Engagement und unsere Partnerorganisationen<br />
in den <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong><br />
Regionen EMEA (Europa, Naher<br />
Osten und Afrika), Americas und<br />
Asien-Pazifi k sowie über unsere<br />
vier globalen Initiativen in den<br />
Bereichen Bildung, Mikrofi nanz,<br />
humanitäre Hilfe und Umwelt<br />
fi nden Sie unter:<br />
https://www.credit-suisse.com/<br />
citizenship/de/initiatives/index.jsp<br />
Swisscontact<br />
www.swisscontact.ch<br />
terre des hommes schweiz<br />
www.terredeshommes.ch<br />
WWF Schweiz<br />
www.wwf.ch<br />
Mehr Informationen über den Jubiläumsfonds der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> Foundation und dessen Partnerschaften sowie über dessen Musik- und Wissenschaftspreise<br />
finden Sie unter: https://www.credit-suisse.com/citizenship/de/jubilee_fund.jsp<br />
Seit 200 hat die <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> in der Schweiz auf nationaler Ebene Partnerschaften mit Organisationen:<br />
Schweizerisches Rotes Kreuz<br />
www.redcross.ch<br />
Plusport<br />
www.plusport.ch<br />
Yes – Young Enterprise Switzerland<br />
www.youngenterprise.ch<br />
Love Ride Switzerland<br />
www.loveride.ch<br />
Museum Bellerive<br />
Procap<br />
www.procap.ch<br />
Mehr zum Corporate-Volunteering-Programm der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> in der Schweiz erfahren Sie unter:<br />
https://www.credit-suisse.com/citizenship/de/volunteering_partners.jsp<br />
Stiftung Hoffnung für Menschen in Not<br />
www.schweizer-tafeln.ch<br />
Stiftung Bergwaldprojekt<br />
www.bergwaldprojekt.ch
02<br />
Partnerschaft<br />
Global denken, um lokal zu handeln<br />
Die Klimadebatte darf nicht nur ein Thema am runden Tisch der Regierungschefinnen und -chefs<br />
sein. Mit dem Projekt «Hot Stuff – Chill Out» der Stiftung myclimate vernetzen sich Schulklassen rund<br />
um den Globus. Auch eine Thuner Gymiklasse steigt in die Debatte ein.<br />
«Klimawandel? Ich mag es heiss! Denn dann<br />
zeigen die Frauen mehr Haut und die Politiker<br />
kommen in kurzen Hosen ins Bundeshaus»,<br />
antwortet ein junger Arbeiter in Thun<br />
den Gymnasiastinnen. In Tansania befragen<br />
Schüler ihren Biologie- und Chemielehrer<br />
Mr. Tesha zum Klimawandel. Seine Antwort:<br />
«Ich weiss nichts über Dinge, die das Fach<br />
Geografie betreffen.» Der Schuhmacher im<br />
indischen Dharamsala weiss Bescheid. Er<br />
wischt sich den Schweiss von der Stirn und<br />
sagt: «Wir haben zu viele Wälder abgebrannt.<br />
Nun gibt es zwar mehr Land für unsere<br />
Bauern und Siedlungen, dafür herrscht nun<br />
diese verfluchte Hitze!» Zum Start in das<br />
Schulprojekt «Hot Stuff – Chill Out» macht<br />
jede teilnehmende Klasse eine Serie von<br />
Interviews. Damit soll der Puls der Klimadebatte<br />
ihrer Umgebung gefühlt werden.<br />
Basketball spielen und Bäume pflanzen<br />
«Hot Stuff – Chill Out» wurde im April 2009<br />
lanciert und mittlerweile machen zwischen<br />
Lima, New York, Thun und Dharamsala bereits<br />
mehr als 40 Schulen mit. «Es ist das<br />
erste Mal in der Geschichte der Menschheit,<br />
dass wir zusammen vor einer globalen ökologischen<br />
Bedrohung stehen. Regierungen<br />
und Vertreter der Wirtschaft setzen sich immer<br />
wieder an einen Tisch und diskutieren<br />
über Lösungen. Der Jugend hingegen fehlten<br />
bisher Möglichkeiten zum internationalen<br />
Austausch und Handeln», sagt Julia Hofstetter,<br />
Initiantin des Projektes bei myclimate,<br />
einer Klimaschutzorganisation, die unter<br />
anderem vom Jubiläumsfonds der <strong>Credit</strong><br />
<strong>Suisse</strong> Foundation unterstützt wird. Die Idee:<br />
Von den 40 Klassen schliessen sich jeweils<br />
drei auf verschiedenen Kontinenten zu einer<br />
Partnerschaft zusammen. Verbindendes<br />
Glied ist eine Online-Plattform, auf der sich<br />
die Schüler austauschen, beraten und bei<br />
konkreten Projekten zur Bekämpfung des<br />
Klimawandels motivieren. Innerhalb eines<br />
Semesters wird jede Klasse ein konkretes<br />
Projekt realisieren. Julia Hofstetter: «‹Hot<br />
Stuff – Chill Out› fördert auch das Verständnis<br />
und die Solidarität. Was geht zum Beispiel<br />
in einer jungen Schweizer Frau vor, die<br />
entdeckt, dass sie mit einer Schülerin in<br />
K enia dieselbe Leidenschaft für Basketball<br />
teilt, deren Land nun aber gerade in einer<br />
furchtbaren Hungersnot steckt ? Was denkt<br />
sie, wenn sie von ihrer Kollegin liest: ‹Zum<br />
Glück bin ich so stark wie ein Mann, denn<br />
ich will viele, grosse Bäume pflanzen!›?»<br />
Die Interviews, die die Schülerinnen und<br />
Schüler des Gymnasiums Seefeld in Thun<br />
führten, rütteln auf. «Es ist schockierend, wie<br />
wenig ausgeprägt das Bewusstsein und wie<br />
stark verbreitet die Resignation ist», sagt die<br />
17 Jahre alte Evelyne. Auch wenn die «Hot<br />
Stuff – Chill Out»-Schulstunde keine Zeugnisnote<br />
gibt, wird in den zwei Stunden pro<br />
Woche sehr motiviert und selbständig an diversen<br />
Projekten gearbeitet. Evelyne möchte<br />
zusammen mit ihren Kolleginnen an einem<br />
Verkaufs- und Infostand Geld sammeln. Der<br />
Erlös wird ein Projekt ihrer Partnerklasse in<br />
Dharamsala finanzieren. Ihre Kolleginnen<br />
und Kollegen im indischen Internat der Exiltibeter<br />
wollen alle Glühbirnen durch Energiesparlampen<br />
ersetzen. Bis jetzt fehlen aber<br />
die Finanzen. Verkaufsschlager sind vielleicht<br />
die von myclimate geschenkten Wassersparsets.<br />
Evelyne zeigt ihren Mitverkäuferinnen,<br />
wie man die Spardüsen in einen Wasserhahn<br />
schraubt. Schon ganz Verkäuferin, erklärt sie:<br />
«Dieses Düsenset verkaufen wir für sechs<br />
Franken. Der Käufer reduziert damit den Verbrauch<br />
von zwei Wasserhähnen und einer<br />
Dusche um die Hälfte. Ein Haushalt spart<br />
so Energie im Wert von mehr als 400 Franken<br />
pro Jahr!»<br />
Eine zweite Gruppe der Klasse möchte als<br />
Strassenkünstler Geld für ein Klimaprojekt<br />
sammeln. Sie fixieren die Termine für die<br />
Proben und diskutieren das Repertoire: «Wie<br />
wäre es mit dem ‹Earth Song› von Michael<br />
Jackson? Der passt doch spitze zum Thema»,<br />
schlägt Manuel vor und spielt einige Takte<br />
am Klavier im Musikzimmer des Schulhauses:<br />
«… Did you ever stop to notice, This crying<br />
Earth, This wheeping shore? …» «Es ist ein<br />
genialer Song», stimmt Mitschüler Damian<br />
zu, «aber so perfekt wie Jackson können wir<br />
das nie – da blamieren wir uns doch!»<br />
Handfeste Forderungen<br />
Julia Hofstetter hat den Schülern zwei Umschläge<br />
voll internationaler Post mitgebracht.<br />
Trotz Online-Plattform sind es gerade diese<br />
handschriftlichen Briefe und Fotos ihrer<br />
Partnerklassen aus Afrika und Indien, die sie<br />
besonders berühren. Hier werden nicht nur<br />
Klimatipps ausgetauscht, sondern auch vom<br />
neusten iPod-Modell geträumt oder vom<br />
zu teuren, aber umso begehrenswerteren<br />
Besuch bei Starbucks geschwärmt. Vielleicht<br />
sind es gerade diese Gemeinsamkeiten, die<br />
diese Distanzbeziehung kitten und die Schüler<br />
schon fast euphorisch an den Klimaprojekten<br />
arbeiten lassen.<br />
Beim zweiten Umschlag geht es zur Sache.<br />
Die Schülerinnen und Schüler aller «Hot<br />
Stuff – Chill Out»-Klassen haben ihre Hände<br />
abgezeichnet und diese Handzeichnungen<br />
mit ihren klimapolitischen Forderungen versehen.<br />
Während auf internationalen Konferenzen<br />
um Prozente an CO2-Einsparungen<br />
gefeilscht wird, ist für die Gymischüler genug<br />
Zeit verstrichen. Eine Hand stoppt uns mahnend:<br />
«Genug der Worte! Macht etwas!»<br />
Aus anderen Händen liest sich Verzweiflung:<br />
«If no Action now, no Future, no Life …» Der<br />
internationale Aufschrei, die vielen bunten<br />
Zeichnungen, dieses Manifest von überbordender<br />
Protestenergie ist ihre Sprache. Eine<br />
Sprache, die vielleicht auch den Thuner Arbeiter<br />
aus seiner Gleichgültigkeit wecken wird.<br />
Politiker in kurzen Hosen darf keine Perspektive<br />
sein. Bernard van Dierendonck<br />
Foto: Bernard van Dierendonck
Getragen von den Händen der internationalen<br />
Zusammenarbeit möchten Simea (links) und Désirée<br />
an einem Verkaufs- und Informationsstand Geld<br />
für ein Projekt ihrer Partnerklasse in Dharamsala<br />
sammeln.<br />
2
03<br />
Partnerschaft<br />
«Hindernisfreiheit geht uns alle an»<br />
Die gesetzlichen Grundlagen für hindernisfreies Bauen bestehen bereits seit mehr als fünf Jahren.<br />
Dennoch sind weit über die Hälfte der öffentlich zugänglichen Bauten für behinderte und ältere<br />
Menschen nach wie vor nicht begeh- beziehungsweise befahrbar. Organisationen wie Pro Infirmis<br />
wirken diesem Umstand mit Bauberatungsstellen tatkräftig entgegen – immer erfolgreicher, wie<br />
Nicole Woog, diplomierte Architektin ETH SIA, betont.<br />
bulletin: Seit 2004 ist hindernisfreies<br />
Bauen durch das Behindertengleichstellungsgesetz<br />
vorgeschrieben. Hat das<br />
die Probleme gelöst ?<br />
Nicole Woog: Dieses Gesetz gibt es, aber es<br />
erzwingt nicht, dass alle Hindernisse beseitigt<br />
werden. Es verlangt bei öffentlichen<br />
Neubauten Zugänglichkeit. Für bestehende<br />
Bauten gilt dies jedoch nur bei tiefgreifender<br />
Renovation. Deshalb hat sich leider bei mehr<br />
als der Hälfte der in Frage kommenden Gebäude<br />
noch nichts geändert. Es ist also immer<br />
noch dem Goodwill der öffentlichen<br />
Hand und übrigens auch der Privaten überlassen,<br />
ob und wie sie ihre bestehenden Gebäude<br />
Behinderten und älteren Menschen<br />
zugänglich machen möchten.<br />
Es gibt also nach wie vor zahlreiche<br />
Hindernisse?<br />
Ja, die Liste ist tatsächlich lang: Privatwohnungen,<br />
Spitäler, Restaurants, Schwimmbäder,<br />
Geschäfte, öffentliche sanitäre Anlagen<br />
oder auch Gemeindehäuser sind immer<br />
noch zu einem grossen Teil ungenügend<br />
bezüglich Hindernisfreiheit. Im Vergleich zu<br />
den USA, die strenge gesetzliche Vorgaben<br />
haben und wo vieles zugänglich ist, liegt die<br />
Schweiz weit zurück. Das liegt daran, dass<br />
die Schweiz das Thema erst viel später aufgegriffen<br />
hat.<br />
Ist der Grund für die Zurückhaltung<br />
der Schweizer vielleicht finanzieller Natur ?<br />
Mag sein, dass das eine Rolle spielt. Obwohl<br />
gerade das Gegenteil stimmt: Hindernisfreies<br />
Bauen macht auch wirtschaftlich Sinn,<br />
weil die Integration und Selbstständigkeit<br />
von behinderten oder betagten Menschen<br />
schliesslich zu Kostenersparnissen für die<br />
AHV und IV führen. Zudem ist es belegt, dass<br />
Nicole Woog, Pro Infirmis, koordiniert schweizweit<br />
die Bauberatungsstellen der Pro Infirmis.<br />
die Kosten für hindernisfreie Neubauten bei<br />
guter Planung geringfügig sind, nämlich nur<br />
1,8 Prozent der Bausumme.<br />
Das Thema hat sich in diesem Fall noch<br />
nicht in den Köpfen festgesetzt ?<br />
Genau, obwohl wir sowohl im Parlament als<br />
auch in der Bevölkerung eine positive Grundeinstellung<br />
dem Thema gegenüber erfahren,<br />
merken wir, dass das Thema Gleichstellung<br />
immer noch zu wenig präsent ist. Wer im<br />
Alltag nicht auf Hindernisse stösst, dem fallen<br />
sie natürlich auch nicht auf. Aber viele<br />
vergessen, dass Hindernisfreiheit uns alle<br />
angeht, denn es sind nicht nur die behinderten<br />
Menschen betroffen, sondern auch ältere<br />
Leute, Eltern mit Kinderwagen, Reisende mit<br />
Gepäck. Der grösste Teil vom Leben spielt<br />
sich nun mal in öffentlichen Bauten ab, folglich<br />
ermöglicht eine hindernisfreie Umwelt,<br />
dass alle am gesellschaftlichen Leben teilhaben<br />
und sich integrieren können. Wie<br />
wichtig das ist, sollte tatsächlich noch stärker<br />
ins Bewusstsein rücken.<br />
Was muss dringend noch getan werden?<br />
Einerseits sollte das Behindertengleichstellungsgesetz<br />
ausgeweitet werden, was nur<br />
durch Lobbying oder Anreize mithilfe von<br />
Fördermitteln und Ausführungsgesetzen geschehen<br />
kann. Andererseits muss viel getan<br />
werden, um die Menschen zu sensibilisieren,<br />
aufzuklären und ihnen beratend zur Seite zu<br />
stehen.<br />
Und hier setzt Pro Infirmis mit ihren<br />
Beratungsstellen ein. Was genau umfasst<br />
das Angebot ?<br />
Pro Infirmis hat zusammen mit zwei anderen<br />
schweizerischen Organisationen ein Bau-<br />
beratungsmandat. Gemeinsam sind wir<br />
flächendeckend in der ganzen Schweiz mit<br />
Fachstellen vertreten. Diese bieten individuelle<br />
Beratung für die Betroffenen und die<br />
Angehörigen an, aber auch für Architekten,<br />
Behörden und Interessierte. Auf kantonaler<br />
Ebene leisten die Fachstellen zudem viel Arbeit,<br />
um die Menschen zu informieren und zu<br />
sensibilisieren. Die Beratung ist kostenlos;<br />
daher sind wir auf Spenden angewiesen.<br />
Beratung von Betroffenen und Angehörigen:<br />
Was bedeutet das konkret ?<br />
Es werden alle architektonischen Fragen<br />
beantwortet, die einen Umbau oder Neubau<br />
betreffen. Unsere Fachleute helfen, das ganze<br />
Projekt zu erarbeiten und zu skizzieren.<br />
Und sie stehen auch bei der Umsetzung beratend<br />
zur Seite. Zudem zeigen sie auf, welche<br />
Kosten von der Invalidenversicherung<br />
übernommen werden sollten.<br />
Und was können Architekten und Bauherren<br />
von der Beratungsstelle erwarten?<br />
Wir helfen ihnen, indem wir Baugesuche prü-
Fotos: Martin Stollenwerk | Archiv Olgiati ®<br />
fen und beurteilen, Stellungnahmen schreiben<br />
oder Pläne und Unterlagen mit Erläuterungen<br />
für die Behörden erstellen. Bei vielen<br />
Architekten aber herrscht immer noch die<br />
Vorstellung, dass hindernisfreies Bauen mit<br />
grossen, auch ästhetischen Einschränkungen<br />
verbunden ist.<br />
Wie begegnen Sie diesen Vorurteilen?<br />
Wir versuchen, durch Information und kompetente<br />
Beratung damit aufzuräumen. Sicher<br />
bewirken wir mit unseren Kommunikationsmassnahmen<br />
wie Newsletter oder Mails<br />
punktuell etwas, aber der grösste Erfolg<br />
stellt sich durch persönlichen Kontakt ein.<br />
Vermutlich gibt es da Unterschiede<br />
zwischen den einzelnen Kantonen …<br />
Ja, es variiert sehr stark, wie weit die Kantone<br />
mit ihrer Arbeit sind. Teilweise sind wir<br />
bei den Beratern auch stark unterdotiert.<br />
Zudem stehen wir vor einer Art Durchbruch,<br />
weil jetzt die Gesetze wirklich implementiert<br />
werden und dadurch eine grosse Nachfrage<br />
entstanden ist.<br />
Die ja nun gedeckt werden kann. Welche<br />
Projekte stehen diesbezüglich konkret an?<br />
Durch die Partnerschaft mit der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong>,<br />
die sich beispielhaft für hindernisfreies<br />
B auen engagiert, haben wir nun die Möglichkeit,<br />
uns vertieft drei Projekten zu widmen:<br />
der Bekanntmachung unserer Bauberatung,<br />
der Vereinheitlichung von Daten, die den Behinderten<br />
Auskunft über die Zugänglichkeit<br />
der Bauten geben, und der Information über<br />
«Eurokey».<br />
Was ist «Eurokey»?<br />
Das ist ein in Europa verbreitetes Schliesssystem,<br />
das nur mit einem speziellen Schlüssel<br />
geöffnet werden kann. Dieser Einheitsschlüssel<br />
wird an Menschen mit Behinderung abgegeben<br />
und kommt beispielsweise bei Aufzügen,<br />
WC-Anlagen, Garderoben oder Duschen<br />
zum Einsatz. Pro Infirmis hat in einem ersten<br />
Schritt die Möglichkeit, die Bekanntheit von<br />
Eurokey zu erhöhen. Weitere Schritte sind<br />
dann, dass die Anzahl der Eurokey-Anlagen<br />
und der Benutzer massiv steigt.<br />
Das sind Ziele, die sich längerfristig verwirklichen<br />
lassen. Welche Vision aber haben<br />
Sie zum Thema hindernisfreies Bauen?<br />
Ich wünsche mir, dass das Thema zu einem<br />
Pflichtbestandteil der Architektenausbildung<br />
wird, damit es ganz natürlich in den Bauprozess<br />
einfliesst, wie das heute beispielsweise<br />
beim umweltfreundlichen Bauen schon der<br />
Fall ist. Denn dann ist aus «hindernisfreiem<br />
Bauen» das «Bauen für alle» geworden – und<br />
die Bauberatung ist in ein paar Jahren nicht<br />
mehr nötig. Regula Gerber<br />
Erst wenige Architekturbüros betrachten hindernisfreies Bauen als Selbstverständlichkeit, die<br />
baugesetzlichen Vorschriften sind noch zu wenig bekannt. Doch es gibt auch architektonisch<br />
hochqualitative und gute Beispiele wie das abgebildete Grossratsgebäude von Valerio Olgiati in Chur.<br />
Die Bauberatungsstellen von Pro Infirmis<br />
Stellen Sie sich vor, Sie sollten Ihren Pass verlängern, aber<br />
die fünf Stufen, die zum Büro führen, sind für Ihre Gehbehinderung<br />
unüberwindbar. Oder Sie fahren mit dem Auto in die Ferien und<br />
finden zwischen Genf und Konstanz keine einzige Toilette, in<br />
der Sie und Ihr Rollstuhl Platz finden. Es gäbe unzählige weitere<br />
Beispiele, denn die Schweizer Bauten – Privatwohnungen, Spitäler,<br />
Restaurants, Schwimmbäder und vieles mehr – sind weit über die<br />
Hälfte für behinderte oder betagte Menschen nicht zugänglich.<br />
Und das, obwohl in der Schweiz heute ungefähr 600 000 – 00 000<br />
Menschen mit einer körperlichen Behinderung leben.<br />
Noch wird das Thema «hindernisfreies Bauen» allzu oft stiefmütterlich<br />
behandelt; Integration scheint in den Köpfen nicht als grundlegendes<br />
gesellschaftliches Bedürfnis oder gar als ökonomischer<br />
Gewinn verankert zu sein.<br />
Die Bauberatung von Pro Infirmis, der Organisation für behinderte<br />
Menschen, fördert die Durchsetzung von hindernisfreiem Bauen.<br />
Die Fachstellen bestehen in acht Schweizer Kantonen und<br />
bieten Architekten, Behörden, Interessierten, Betroffenen und<br />
Angehörigen individuelle Beratung an.<br />
Weitere Informationen und die Adressen der Beratungsstellen<br />
finden Sie auf den folgenden Websites www.proinfirmis.ch,<br />
www.hindernisfrei-bauen.ch und im Artikel «Bank ohne Hindernisse»<br />
auf Seite 21.
04<br />
Partnerschaft<br />
Schule fürs Leben<br />
Verantwortung übernehmen will gelernt sein. Die Pfadfinderbewegung Schweiz ermöglicht dies den<br />
Kindern und Jugendlichen von klein auf. Die grösste Jugendorganisation des Landes übernimmt damit<br />
eine wichtige Funktion. Nicht nur für die Gesellschaft, sondern auch für die Wirtschaft.<br />
Alles war bestens angelaufen. Das Zeltlager<br />
auf der malerischen Toggenburger Alp Bremach<br />
war eingerichtet. Dank perfektem<br />
Herbstwetter konnte das Outdoor-Programm<br />
in den ersten drei Tagen plangemäss durchgeführt<br />
werden. Und keines der dreissig<br />
Kinder zwischen 8 und 16 hatte das Heimweh<br />
oder die Disziplinlosigkeit gepackt. Doch<br />
am vierten Tag kam der Sturm und in der<br />
Folge goss es wie aus Kübeln. Es dauerte<br />
keine vier Stunden, bis der kleine Wildbach<br />
zu einem reissenden Fluss angeschwollen<br />
war, über seine Ufer trat und das Zeltlager<br />
überschwemmte. «Durch peitschenden Regen<br />
führte ich die Gruppe drei Stunden lang<br />
hinunter ins Tal», blickt David Kieffer auf das<br />
Herbstlager 2002 zurück, «dort organisierte<br />
ich ein Notlager und dann informierte ich die<br />
Eltern.» Lagerleiter Kieffer (Pfadiname:<br />
«Garfield») war damals erst 18 Jahre alt.<br />
Trotzdem schildert er seine Rettungsaktion<br />
als banale Selbstverständlichkeit: «Für solche<br />
Notfallszenarien wird man in der Pfadi<br />
ausgebildet.»<br />
Pfadfinder sein bedeutet, Spass und<br />
Abenteuer zu erleben. Es bedeutet, draussen<br />
zu sein in der freien Natur, unter freiem Himmel<br />
zu schlafen, Seilbrücken zu bauen, zu<br />
musizieren, Nachtwanderungen zu machen,<br />
Sozialprojekte durchzuführen und Gemeinschaft<br />
zu pflegen. Es bedeutet aber auch<br />
lernen, Verantwortung zu tragen. Und – wie<br />
David Kieffer – die Fähigkeit zu entwickeln,<br />
selbstbewusst und selbständig zu entscheiden.<br />
Die globale Institution, vor 102 Jahren<br />
vom englischen General Baden Powell als<br />
paramilitärische Vorausbildung gegründet, ist<br />
längst eine Schule fürs Leben. In der Schweiz<br />
wurde die Pfadibewegung 1910 ins Leben<br />
gerufen. Heute zählt sie rund 600 lokale<br />
Gruppen mit 45 000 Mitgliedern, 45 Prozent<br />
davon sind Mädchen und Frauen. Der Mitgliederschwund<br />
von 20 Prozent in den letzten<br />
15 Jahren scheint gestoppt. Seit vergangenem<br />
Jahr steigen die Zahlen erstmals<br />
wieder leicht an.<br />
Mag das Image der grössten Jugendorganisation<br />
des Landes etwas angestaubt sein<br />
und im Zeitalter des schier unbegrenzten<br />
Freizeitangebots an Attraktivität eingebüsst<br />
haben, so ist ihre gesellschaftliche Funktion<br />
heute vielleicht wichtiger denn je. Denn was<br />
hier gelernt wird, geht in der Erziehung der<br />
Kinder und Jugendlichen zunehmend verloren.<br />
Der steigende Konsum von TV, Computer<br />
und Videogames führt zunehmend zu<br />
Bewegungsmangel und Übergewicht. Die<br />
Verstädterung und Verbetonierung der Landschaft<br />
erschweren die Naturverbundenheit<br />
und das Erlernen einfachster praktischer<br />
Fähigkeiten wie das Entfachen eines Feuers.<br />
Vor allem aber lernen Kinder immer weniger,<br />
selbständig zu sein und Verantwortung<br />
zu übernehmen. Erzieherische Vernachlässigung<br />
der Eltern einerseits, insbesondere<br />
aber der Trend zur Überbehütung sind die<br />
Ursachen. Wer mit dem Auto zur Schule<br />
chauffiert wird und mit einem überregulierten<br />
Alltag konfrontiert ist, dem fehlt der nötige<br />
Freiraum für wichtige Erfahrungen in der<br />
Persönlichkeitsentwicklung.<br />
200 Leiterkurse für 4 00 Jugendliche<br />
«Die Pfadi ist ein Milieu, wo Erwachsene<br />
wenig Einfluss nehmen und Kinder und Jugendliche<br />
voneinander profitieren», sagt David<br />
Kieffer, inzwischen 26 Jahre alt und seit<br />
drei Jahren Leiter der Fachstelle Programm &<br />
Ausbildung der Pfadibewegung Schweiz.<br />
«Hier dürfen sie Dinge ausprobieren und sie<br />
lernen auf eigenen Füssen zu stehen.» Die<br />
wichtigste Voraussetzung für ein reibungsloses<br />
Funktionieren dieses Konzepts sind gut<br />
geschulte Leiter. Gewährleistet wird dies<br />
durch ein anspruchsvolles Ausbildungsprogramm,<br />
das Herzstück der Pfadibewegung<br />
Schweiz.<br />
Das modular aufgebaute Ausbildungskonzept<br />
basiert auf den fünf Pfadistufen,<br />
angefangen bei Leiterkursen für die Biberstufe<br />
(5 bis 6 Jahre) bis hin zu Managementkursen<br />
für angehende Kaderleute (ab<br />
19 Jahren), die auf Kantonal- oder Bundesebene<br />
tätig sind. Die jährlich zirka 200 Leiterkurse<br />
werden von rund 4500 Jugendlichen<br />
ab 14 Jahren besucht. Diese eignen sich dort<br />
altersgerecht Fähigkeiten für die Gruppenleitung<br />
und die Mitorganisation von Events<br />
an. Zum breiten Fachwissen, das ihnen vermittelt<br />
wird, gehören auch Konfliktlösungsstrategien<br />
sowie Kenntnisse in Rechts- und<br />
Sicherheitsfragen. Letzteren wird aufgrund<br />
der gestiegenen Risikosensibilität der Eltern<br />
besondere Aufmerksamkeit geschenkt. «In<br />
den letzten Jahren wurde die Sensibilisierung<br />
für Sicherheitsaspekte in der Ausbildung<br />
v erstärkt», so David Kieffer, «unter anderem<br />
bekommt nun jeder Leiter einen erfahrenen<br />
Coach zur Seite gestellt.»<br />
Im Pfadialltag, wo das Gelernte in die Praxis<br />
umgesetzt wird, werden die Leiter Schritt<br />
für Schritt an grössere Aufgaben herangeführt.<br />
Mit 13 gestalten sie selbständig einen<br />
Nachmittag, mit 15 leiten sie den traditionellen<br />
«Hike», eine Zweitageswanderung mit<br />
zehn Personen, und mit 18 übernehmen sie<br />
die Gesamtverantwortung für ein ein- bis<br />
zweiwöchiges Sommerlager. Erfahrungen<br />
dieser Art prägen den Charakter und sie<br />
bedeuten eine seltene Chance, denn<br />
�<br />
Foto: Gee Ly
Lea Haldemann<br />
(kein Pfadiname),<br />
6 Jahre, Biber<br />
Martina Lüthi («Viva»),<br />
16 Jahre, Pio<br />
Von Jung bis Alt: sechs Generationen der Pfadi<br />
Chutze Aaretal in der Region Münsingen BE.<br />
Cédric Portmann («Scrat»),<br />
13 Jahre, Pfadi<br />
Rahel Haldemann («Safran»),<br />
10 Jahre, Wölfli<br />
Hans Rudolf Moser («Dachs»),<br />
Jahre, Altpfader<br />
Johannes Schneider<br />
(«Woody»), 20 Jahre, Rover
weder in der Schule noch in der Lehre überträgt<br />
man den Jugendlichen annähernd so<br />
viel Verantwortung. Und manchmal ist hier<br />
der Verantwortungsbereich sogar noch grösser<br />
als jener des eigenen Chefs. So verfügte<br />
etwa ein 28-jähriger Bereichsleiter des alle<br />
14 Jahre stattfindenden Pfadibundeslagers<br />
über ein Budget von einer halben Million<br />
Franken. Als er seinem Vorgesetzten in der<br />
Firma davon erzählte, blieb diesem der Mund<br />
offen stehen: Dessen Abteilungsbudget betrug<br />
gerade einmal die Hälfte davon.<br />
Scouting, eine Managementerfahrung<br />
Wer das Ausbildungsprogramm bei den Pfadfindern<br />
absolviert, lernt also schon in jungen<br />
Jahren Sozialkompetenz und Leadership.<br />
«Scouting ist eine ganzheitliche Lebenserfahrung,<br />
von der die Wirtschaft profitieren<br />
kann», sagt denn auch Eduardo Missoni,<br />
ehemaliger Generalsekretär des World Scout<br />
Bureau und Spross einer berühmten italienischen<br />
Modefamilie. Und er ist überzeugt:<br />
«Scouting ist auch eine Managementlernerfahrung.»<br />
Tatsächlich: Ob in der Wirtschaft<br />
oder in der Politik, die Liste von Schweizer<br />
Führungskräften mit einer Pfadivergangenheit<br />
ist lang. So stellen sie derzeit 95 der<br />
246 Parlamentarier und bis vor kurzem mit<br />
Hans-Rudolf Merz (Pfadiname: «Zapfe») und<br />
Pascal Couchepin (kein Pfadiname) auch<br />
gleich zwei Bundesräte. Nicht minder prominent<br />
ist die Vertretung unter den Topmanagern<br />
– insbesondere bei der älteren Garde –,<br />
etwa mit dem ehemaligen Rentenanstalt-<br />
Präsident Ulrich Bremi (Pfadiname: «Brums»),<br />
dem Ex-Novartis-Lenker Alex Krauer («Marder»)<br />
oder dem früheren «Winterthur»-Chef<br />
Peter Spälti («Sugus»).<br />
Die <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> Foundation anerkennt<br />
die grosse nachhaltige gesellschaftliche<br />
Leistung der Pfadibewegung Schweiz und<br />
unterstützt deren Ausbildungsprogramm.<br />
«Die Jungen von heute sind die Entscheidungsträger<br />
von morgen», sagt Verwaltungsratspräsident<br />
Hans-Ulrich Doerig, einst<br />
selbst ein aktiver Scout (Pfadiname: «Sheriff»).<br />
«Ihre Ausbildung liegt uns daher besonders<br />
am Herzen, damit sie zu verantwortungsbewussten<br />
Mitgliedern der Gesellschaft<br />
heranreifen. Die Pfadibewegung Schweiz<br />
leistet einen wesentlichen Beitrag zur Förderung<br />
solcher sozialen Talente.»<br />
Michael Krobath<br />
0<br />
Partnerschaft<br />
«Fealan» – Musik verbindet<br />
getrennte Welten<br />
Da staunte nicht nur Winterthur. Die Oper «Fealan» zeigte eindrücklich<br />
die musikalische Kreativität von Kindern und Jugendlichen<br />
auf. Beispielhaft waren auch der Teamgeist und der Integrationswille,<br />
den die 800 Schülerinnen und Schüler im Laufe von 18 Monaten<br />
entwickelten. Und das Beste: Matthijs Bunschoten, Jugendbeauftragter<br />
des Musikkollegiums Winterthur, verspricht eine Fortsetzung.<br />
Im Internat Talfels wehren sich die Schüler<br />
vergeblich gegen das straffe Regime der<br />
Direktorin Brotmann. Selbst ein Schülerstreik<br />
endet im Fiasko. Zu allem Überdruss<br />
verschwindet auch noch Vanessa. Sie hat<br />
beim Wasserfall getrunken und ist in Elfiatopia<br />
gelandet. Im Feenland des scheinbar<br />
ewigen Glücks steigt sie anstelle von Fealan<br />
zur neuen Herrscherin auf. Ihr Freund Nicolas,<br />
der sie nach verzweifelter Suche endlich<br />
gefunden hat, will trotzdem nicht im Feenland<br />
bleiben. Er kehrt freiwillig «in die andere Welt»<br />
zurück. Von der Internatspolizei bedrängt,<br />
rettet er sich erneut nach Elfiatopia und bittet<br />
Königin Vanessalan um Hilfe. Diese besucht<br />
mit Zauberer Grumpelbart die Schule<br />
Talfels und verwandelt schliesslich alle Schulleiter<br />
in grüne Kröten. «Der Jubel bei Elfen<br />
und Schüler(inne)n ist» – gemäss Programmheft<br />
– «gross!»<br />
Schüler schreiben Libretto und Partitur<br />
Der Jubel ist in der Tat gross. Nein, riesig.<br />
Im Mai, als «Fealan» im Theater Winterthur<br />
uraufgeführt wird, und dann nochmals im<br />
September anlässlich der Premiere zweier<br />
«Fealan-Videos», die Regula Tobler für das<br />
Schweizer Fernsehen produziert hat. Diese<br />
führen allen Beteiligten die Einmaligkeit des<br />
Unvergesslichen nochmals vors Auge, ins<br />
Ohr und mitten ins Herz hinein. Eiskalter<br />
Schauer fährt uns den Rücken hinunter, trifft<br />
sich mit der Hitze des Mitfieberns und den<br />
Tränen der Rührung und mündet schliesslich<br />
in pure Lebensfreude beim Mitsingen der<br />
gängigen Opernmelodien.<br />
Sind diese tatsächlich von Jugendlichen geschrieben<br />
worden? Kaum will man es glauben.<br />
Doch der Making-of-Film belegt es.<br />
«Partitur und Libretto haben schliesslich<br />
mehr als 300 Schüler beschäftigt», erzählt<br />
Andreas Nick, der künstlerische Leiter von<br />
«Fealan». «Wenn auch nicht von jedem Einzelnen<br />
ein Satz oder eine Melodie in der endgültigen<br />
Partitur zu finden ist, so haben doch<br />
alle mit ihrem Einsatz und ihrer Fantasie zur<br />
Entstehung unserer Oper beigetragen.»<br />
Kontakt mit der Welt des Musiktheaters<br />
Insgesamt haben 800 Schülerinnen und<br />
Schüler im Alter zwischen 7 und 17 Jahren<br />
am Projekt «Winterthur schreibt eine Oper»<br />
mitgemacht. Für den Erfolg eines Musikwerks<br />
braucht es ja auch noch Sängerinnen<br />
und Sänger, Designer, Schneider, Marketingspezialisten<br />
und sogar Journalisten. Am<br />
besten aus den verschiedensten Nationen.<br />
Viele Fealaner und ihre Eltern sind, wie Projektleiter<br />
Marco Müller festhält, noch nie im<br />
Theater gewesen, sind nie mit klassischer<br />
Musik in Berührung gekommen. Doch sie<br />
werden, kein Zweifel, diese andere Welt, die<br />
sie nun aktiv betreten haben, auch künftig<br />
hin und wieder besuchen. Da die Oper ohne<br />
Teamgeist, ohne Zurückstecken von Einzelinteressen<br />
zugunsten der Gruppe, nicht hätte<br />
gelingen können, ist «Fealan» gleichzeitig auch<br />
ein sehr erfolgreiches Integrationsprojekt.<br />
Wettbewerb: Name gesucht<br />
«‹Fealan› findet eine Fortsetzung», versichert<br />
Matthijs Bunschoten, der neue Jugend-<br />
�<br />
� Fotos: Manfred Höin
1<br />
2 3 4<br />
1 Das freundliche Gesicht von Fealan (Josephine Schneider) täuscht. Um an der Macht zu bleiben, verwandelt sie Elfen in Kröten. 2 Die Ansage-Elfe (Harun Olgun)<br />
kündigt Zauberer Grumpelbart an. 3 Es gibt auch männliche Elfen: Elf Fradolin (Noah Weber). 4 Kreatives Chaos bei «Fealan»: Ganz ohne dezente Begleitung<br />
durch erwachsene Spezialisten, Regisseur Gian Gianotti (links) etwa, ging es natürlich nicht. Die «Fealan»-Filme können unter www.musikkollegium.ch bestellt werden.
Musik kennenlernen, Musik erleben: Schülerinnen und Schüler aus Winterthur in hautnahem Kontakt<br />
mit dem Musikkollegium Winterthur und Mendelssohn Bartholdy. Thomas Usteri, Moderator der Veranstaltungsreihe<br />
«Meet the Orchestra», erklärt den Kindern, wo die ersten und zweiten Geigen sitzen und<br />
wo die Kontrabässe und die Celli; Dirigent Arthur Fagan (hinten rechts) kann sich eine kleine Pause gönnen.<br />
Das älteste Orchester der Schweiz<br />
Das 1629 entstandene Musikkollegium Winterthur betreut als Trägerorganisation<br />
neben einem Konservatorium und einem Musikarchiv auch<br />
das älteste Orchester der Schweiz. Die 0 Musikerinnen und Musiker,<br />
seit dieser Saison unter der Leitung des schottischen Dirigenten Douglas<br />
Boyd, sind auf Werke der Klassik, der Frühromantik und des 20. Jahrhunderts<br />
spezialisiert. Vom hohen Niveau zeugt die Auszeichnung «Echo<br />
Klassik» 200 für eine Liedeinspielung mit Christianne Stotijn. Als erstes<br />
Schweizer Orchester engagierte man 200 einen Jugendbeauftragten.<br />
Die <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> unterstützt das Musikkollegium Winterthur als Hauptsponsor.<br />
Zudem finanziert der Jubiläumsfonds der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> Foundation<br />
seit 2009 die Stelle des Jugendbeauftragten. Mehr Informationen<br />
unter www.musikkollegium.ch/jugendprojekte.<br />
beauftragte des Musikkollegiums Winterthur.<br />
«Erste Ideen sind bereits da, es geht wiederum<br />
um getrennte Welten. Mir schwebt ein<br />
Projekt in Verbindung mit einem anderen,<br />
aber doch nicht völlig fremden Kulturraum<br />
vor, dem Libanon beispielsweise.» Doch ein<br />
solches Projekt realisiert man nicht alle<br />
Jahre. Angestrebt wird ein Dreijahreszyklus,<br />
damit auch die Schülerinnen und Schüler<br />
jeweils einer neuen Stufe angehören.<br />
Und dazwischen herrscht musikalische<br />
Pause? Eine zeitraubende Frage, denn Bunschoten,<br />
der sein Pensum als Bratschist im<br />
Orchester zugunsten seiner neuen Aufgabe<br />
reduziert hat, sprudelt nur so vor Ideen. Die<br />
meisten sind noch nicht spruch- und damit<br />
druckreif, aber eine interaktive Internetplattform<br />
für alle Schulstufen wird demnächst<br />
realisiert. «Eigentlich fehlt mir nur noch<br />
ein geeigneter Name», meint Bunschoten<br />
schmunzelnd. Und schlägt spontan einen Wettbewerb<br />
vor. «Wer uns bis Ende Februar 2010<br />
den besten Vorschlag liefert, darf bei uns<br />
einen Blick hinter die Kulissen werfen und<br />
zusätzlich mit seiner Klasse an einem unserer<br />
Jugendprojekte teilnehmen.»<br />
Begegnungen mit dem Orchester<br />
«Wir ermöglichen Jugendlichen, in direkten<br />
Kontakt mit unseren Musikern oder einem<br />
modernen Komponisten zu treten», erklärt<br />
Matthijs Bunschoten. Bereits bewährt haben<br />
sich «Meet the Orchestra», «Musiklabor» und<br />
«Orchester hautnah». Bei «Meet the Orchestra»<br />
moderiert Thomas Usteri, Musikclown<br />
und früheres Orchestermitglied, vor rund zehn<br />
Mittel- und Oberstufenklassen einen Ausschnitt<br />
aus dem aktuellen Konzertprogramm.<br />
Bei «Orchester hautnah» sitzen die Primarklassen<br />
sogar auf der Bühne mitten im Orchester<br />
drin, und beim «Musiklabor» besucht<br />
ein moderner Komponist – im Dezember kein<br />
Geringerer als Fazil Say – eine Klasse und<br />
diskutiert über das «Musik-Erfinden».<br />
Auf Zuspruch stossen auch die Familienkonzerte;<br />
am 29. Mai 2010 spielt das Musikkollegium<br />
«s Melzl», eine Geschichte über<br />
das Entdecken von Musik von und mit<br />
Bettina Boller und André Desponds. Darin<br />
geht es – nein, das soll nun wirklich nicht jetzt<br />
schon verraten werden. Andreas Schiendorfer<br />
Wer einen Namen für die interaktive Internetplattform<br />
weiss, sende diesen bis Ende Februar<br />
2010 an m.bunschoten@musikkollegium.ch.<br />
Unter www.credit-suisse.com/bulletin werden<br />
wir über den Ausgang des Wettbewerbs berich-<br />
ten und den Gewinner vorstellen.<br />
Foto: Manfred Höin
06<br />
Partnerschaft<br />
Auf der Suche nach der Vergangenheit<br />
Als der Zweite Weltkrieg Europa in Schutt und Asche legte, dachten viele gezwungenermassen<br />
nur ans eigene Überleben. Und doch gab es immer auch solche, die mehr taten. In einer der grössten<br />
Hilfsaktionen des Schweizerischen Roten Kreuzes wurden in der Zeit von 1942 bis 1955 rund 180 000<br />
«Kriegskinder» von Gastfamilien in der Schweiz aufgenommen. 60 Jahre später erzählt Faustin<br />
Carigiet von seinen Erlebnissen mit seinen beiden Pflegegeschwistern und der Suche nach ihnen.<br />
Es war ein Tag im Spätwinter 1947, als der<br />
siebenjährige Faustin Carigiet sich zusammen<br />
mit seiner Mutter aufmachte, einen kleinen<br />
Jungen vom Bahnhof Tavanasa abzuholen.<br />
Die Familie Carigiet aus Brigels im Kanton<br />
Graubünden war eine von schweizweit rund<br />
100 000 Familien, die sich an der Hilfsaktion<br />
des Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK)<br />
zugunsten von kriegsgeschädigten Kindern<br />
beteiligte. «Nie werde ich dieses Bild vergessen,<br />
als ich Fredi Skrivenek das erste Mal<br />
sah: Aus dem Zug stieg ein blasser, halbverhungerter<br />
Junge – ein Kind am Ende seiner<br />
Kräfte. Um den Hals trug er ein Schild des<br />
SRK, auf dem sein Name stand», erinnert<br />
sich der heute 69-jährige Faustin Carigiet.<br />
Auf dem Bauernhof seiner Eltern angekommen,<br />
schenkten die Eltern Carigiet dem Jungen,<br />
der vermeintlich aus Berlin kam, besonders<br />
viel Aufmerksamkeit. In den drei Monaten<br />
während seines Aufenthaltes tat man<br />
alles, was im Rahmen der bescheidenen Mittel<br />
eben möglich war, um den kleinen Fredi<br />
aufzupäppeln und ihn von den Schrecken des<br />
Krieges, und doch auch vom Heimweh, abzulenken.<br />
Doch die Nachkriegsjahre waren<br />
auch in Brigels hart: Da der Bauernbetrieb<br />
der Carigiets nicht genug abwarf, um eine<br />
zwölfköpfige Familie zu finanzieren, liess sich<br />
Vater Jakob nebenbei zum Säger ausbilden.<br />
Auch Mutter Julia hatte mit der Erziehung der<br />
Kinder und der Arbeit auf dem Hof keine<br />
leichte Zeit. Dennoch nähte und strickte sie<br />
die Nächte durch, um Fredi Skriveneks abgetragene<br />
und zerschlissene Sachen durch<br />
neue Kleider zu ersetzen. In das Innenfutter<br />
seines Kindermantels nähte die gelernte<br />
Schneiderin ein wenig Geld ein, damit man<br />
es ihm bei der Heimreise an der Grenze nicht<br />
abnehmen konnte. Selbstverständlich dauerte<br />
es nicht lange, bis Faustin sich damals<br />
«Wenn es einen Weg<br />
gibt, während des Krieges<br />
zehn Mäuler zu stopfen,<br />
reicht es nach dem Krieg<br />
auch für ein elftes.»<br />
eifersüchtig über den gleichaltrigen Neuankömmling<br />
beschwerte. «Mein Vater entgegnete<br />
mir damals in strengem Ton, dass wenn<br />
es einen Weg gebe, während des Krieges<br />
zehn Mäuler zu stopfen, es nun allemal auch<br />
für ein elftes reiche. Diese Ermahnung meines<br />
Vaters, mit anderen zu teilen, dieses Gebot<br />
zur Nächstenliebe ist mir bis heute geblieben»,<br />
erzählt Faustin Carigiet.<br />
Die Suche nach der eigenen Geschichte<br />
2009, also über 60 Jahre nach Fredis Aufenthalt<br />
in der Schweiz, feiert die Bauunternehmung<br />
Gebrüder Carigiet AG das 45-jährige<br />
Firmenbestehen. Anlässlich des Jubiläums<br />
begann man, sich mit der Gründungsgeschichte<br />
des Familienunternehmens zu befassen.<br />
«Unser Vater hatte uns auch bei der Gründung<br />
unserer Firma unterstützt. Einmal mehr<br />
wurde uns bewusst, was unsere Eltern, trotz<br />
der schweren Zeiten, in ihrem Leben alles<br />
geleistet hatten. Und dann fielen uns auf<br />
einmal auch diese beiden Kriegskinder wieder<br />
ein, die meine Eltern während einiger<br />
Monate bei sich aufgenommen hatten: 1947<br />
Fredi Skrivenek und im Winter 1952/1953<br />
dann ein fünfjähriges Mädchen, Gertrude<br />
Nowak. Wir fragten uns, was wohl aus ihnen<br />
geworden war», erzählt Faustin Carigiet<br />
weiter. Die Geschwister Carigiet überlegten<br />
gemeinsam, wie man die Kinder von damals<br />
ausfindig machen könnte. Schliesslich erinnerte<br />
man sich an die SRK-Namensschilder,<br />
die die beiden kleinen Ankömmlinge aus der<br />
Fremde damals um den Hals getragen hatten,<br />
und wandte sich an die Geschäftsstelle<br />
des SRK in Chur.<br />
Nicole Windlin, Leiterin des Suchdienstes<br />
beim SRK: «Noch heute erinnern sich viele<br />
Menschen an die Scharen erschöpfter Kriegskinder<br />
mit den Rotkreuz-Namenstäfelchen,<br />
die damals an den Schweizer Bahnhöfen auf<br />
ein besseres Leben und ein Stückchen Normalität<br />
warteten. Bis zum Ende der Kinderhilfe-Aktion,<br />
die von 1942 bis 1955 dauerte,<br />
wurden rund 180 000 unterernährte Kinder<br />
von Pflegefamilien in der Schweiz aufgenommen<br />
und während einiger Monate betreut.<br />
Jedes Kind wurde vom SRK auf einer Karteikarte<br />
mit Namen, persönlichen Angaben zur<br />
Situation und dem Namen der Gastfamilie<br />
registriert. Diese Karteikarten, die alle im<br />
SRK-Archiv innerhalb des Bundesarchives<br />
gelagert sind, ermöglichen uns heute die<br />
Suche nach den Gastfamilien und den Kindern.»<br />
Bei der Suchanfrage von Familie Carigiet<br />
habe die Karteikarte sogar den entscheidenden<br />
Hinweis gegeben: Man habe<br />
die Karte von Fredi Skrivenek gefunden und<br />
entdeckt, dass das Kind nicht wie angenommen<br />
aus Berlin, sondern aus Wien stammte.<br />
In Zusammenarbeit mit dem Roten Kreuz in<br />
Österreich habe man schliesslich die aktuelle<br />
Adresse von Fredi Skrivenek ermitteln können<br />
und ihn schriftlich angefragt, ob er mit<br />
seiner ehemaligen Pflegefamilie in Kontakt<br />
treten wolle. Ein Kontakt werde nämlich nur<br />
mit Einverständnis der gesuchten Person<br />
hergestellt, betont Nicole Windlin. «In der �
1 2<br />
3<br />
1 In Scharen kamen kriegsgeschädigte Kinder, alle mit SRK-Namensschildchen um den Hals, an den Schweizer Bahnhöfen an. Die Kinderhilfe vermittelte unterernährte<br />
und traumatisierte Kinder zur physischen und psychischen Erholung an Gastfamilien in der Schweiz. 2 Jakob Josef Carigiet mit seiner Frau Julia (Hochzeitsbild von 1924):<br />
Das Ehepaar – selbst Eltern von zehn Kindern – nahm zusätzlich zwei Kriegskinder bei sich auf. 3 Faustin Carigiet: Er wandte sich Anfang 2009 an den Suchdienst des<br />
SRK, um seine Gastgeschwister von damals zu suchen.
Fotos: Dokumentation SRK, Bundesarchiv | Archiv der Familie Carigiet | Martin Stollenwerk | Peter Dammann, Agentur Focus<br />
Regel ist es umgekehrt: Es sind diese Kriegskinder,<br />
die sich beim Suchdienst melden, um<br />
ihre damaligen Gastfamilien ausfindig zu machen<br />
und sich bei ihnen zu bedanken. Die<br />
Kinder waren oft so jung, dass sie später gar<br />
nicht mehr wissen, wo oder bei wem sie in<br />
Pflege waren. Die Suche nach diesen Gastfamilien<br />
bedeutet daher für viele dieser Menschen<br />
eine Suche nach einem Teil ihrer eigenen<br />
Geschichte. Auch wenn es ein paar weniger<br />
glückliche Platzierungen gab, berichten<br />
viele dieser ehemaligen Kriegskinder, dass<br />
der Aufenthalt in der Schweiz einer Reise ins<br />
Paradies gleichkam: nach Krieg, Hunger und<br />
Verzweiflung erstmals Normalität, ein weiches<br />
Bett, warmes Essen, jemand, der Zeit<br />
hatte, sich um sie zu kümmern», so Windlin<br />
weiter.<br />
Aus Dankbarkeit für das (Über-)Leben<br />
«Wir sind dem Suchdienst des Roten Kreuzes<br />
wirklich dankbar dafür, dass sie uns geholfen<br />
haben, unsere zwei ‹Kriegskinder› ausfindig<br />
zu machen – auch wenn im Fall von Gertrude<br />
Nowak eine unserer Mitarbeiterinnen so geschickt<br />
im Internet recherchiert hat, dass wir<br />
letzten Endes sogar schneller an Gertrude<br />
gelangt sind als das Rote Kreuz», lacht Faustin<br />
Carigiet. Das freudige Wiedersehen mit<br />
beiden stehe kurz bevor. Auf die Frage, warum<br />
seine Eltern damals trotz der schweren<br />
Zeiten und der eigenen grossen Familie noch<br />
zwei Kinder aufgenommen hätten, antwortet<br />
Faustin Carigiet nachdenklich: «Sie haben<br />
das aus tiefer Dankbarkeit getan: Dankbarkeit<br />
darüber, dass sie zehn gesunde<br />
Kinder hatten, Dankbarkeit darüber, dass der<br />
Vater während zweier Weltkriege unversehrt<br />
aus dem Aktivdienst an der Front zurückgekehrt<br />
ist. Sie haben uns Nächstenliebe<br />
gelehrt und vorgelebt. Und so lautet die Widmung<br />
im Buch, das anlässlich des Firmenjubiläums<br />
geschrieben wurde: «Aus Dankbarkeit<br />
unseren Eltern und Vorfahren gegenüber<br />
und unseren Kindern und Nachkommen<br />
zur Erinnerung.» Mandana Razavi<br />
<strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> und SRK<br />
Im Rahmen der langjährigen<br />
Partnerschaft zwischen dem <strong>Credit</strong><br />
<strong>Suisse</strong> Corporate Volunteering und<br />
dem SRK haben sich bisher 2000<br />
Mitarbeitende der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> an<br />
den regelmässig stattfindenden<br />
Blutspendeaktionen oder an der<br />
Geschenksammlung «Zweimal<br />
Weihnachten» beteiligt. Mehr Infos<br />
unter: www.redcross.ch<br />
«Jeder Fall ist anders»<br />
Tausende Menschen werden täglich von ihren Angehörigen getrennt –<br />
durch Kriege, Katastrophen oder Schicksalsschläge. Der Suchdienst des<br />
Schweizerischen Roten Kreuzes versucht die Vermissten zu finden.<br />
bulletin: Was ist der Suchdienst des<br />
Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK)?<br />
Nicole Windlin: Das ist eine Dienstleistung,<br />
die bereits Henry Dunant auf dem Schlachtfeld<br />
von Solferino ausgeübt hat, indem er von<br />
den Kranken- und Totenbetten der Soldaten<br />
aus Briefe an die Angehörigen schrieb. Mittlerweile<br />
gibt es in 186 Ländern Suchdienste<br />
der Rotkreuz- oder Rothalbmond-Gesellschaft,<br />
die alle in einem Netzwerk, an dem<br />
auch das IKRK beteiligt ist, zusammenarbeiten.<br />
Der Suchdienst SRK steht allen in der<br />
Schweiz wohnhaften Personen offen, die ein<br />
Familienmitglied oder eine ihnen nahe stehende<br />
Person vermissen. Die Leistungen<br />
des Suchdienstes sind kostenlos.<br />
Was für Anfragen bekommen Sie?<br />
Der Suchdienst war ursprünglich vor allem<br />
auf Kriegs- und Katastrophensituationen<br />
ausgerichtet. Wir betreiben dabei auch lange<br />
Nachbearbeitungen, wie im Beispiel der Kinderhilfe.<br />
Auch haben wir pro Woche sicher<br />
zwei Anfragen, die sich noch auf den Zweiten<br />
Weltkrieg beziehen. Dieses Jahr bekamen<br />
wir besonders viele Anfragen in Bezug auf<br />
Sri Lanka: In der Schweiz leben viele Tamilen,<br />
die seit Monaten keine Nachrichten von ihren<br />
Angehörigen haben.<br />
Wie gehen Sie bei einer Suche vor?<br />
Für Anfragen im Ausland arbeiten wir stark<br />
mit dem IKRK und den nationalen Rotkreuz-<br />
und Rothalbmond-Gesellschaften zusammen.<br />
Im Inland sind unsere Hauptkontakte<br />
die Behörden wie Einwohnermeldeamt, Zivilstandesamt,<br />
Bundesamt für Migration sowie<br />
der Suchdienst des Bundesamtes für Polizei.<br />
Das ist von Fall zu Fall verschieden. Hin und<br />
wieder löst sich ein Fall sogar über Facebook<br />
oder Twixtel.<br />
Was für eine Erfolgsrate haben Sie?<br />
Weltweit spricht man von zirka 50 bis 60 Prozent.<br />
Aber das ist natürlich unterschiedlich.<br />
Es ist einfacher, jemanden in der Schweiz zu<br />
suchen als in Somalia. Dort fahren beispielsweise<br />
Freiwillige mit dem Velo in die hintersten<br />
Dörfer oder sie hören sich in den<br />
Clans um, aber oft sind die Umstände so<br />
schwierig, dass es gefährlich ist, sich für eine<br />
Suche frei zu bewegen.<br />
Nicole Windlin, Leiterin des Suchdienstes beim<br />
Schweizerischen Roten Kreuz.<br />
Es sind doch aber sicher nicht nur schöne<br />
Nachrichten zu überbringen.<br />
Wir versuchen Leute darauf vorzubereiten,<br />
dass eine Suche nach einem Vermissten<br />
auch mit einer Todesnachricht enden kann.<br />
Aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass<br />
die Ungewissheit das Schlimmste ist. Menschen,<br />
die jemanden vermissen, können ihr<br />
Leben oft kaum weiterleben, viele können in<br />
Ungewissheit auch nicht trauern. So haben<br />
wir beispielsweise zirka 100 offene Dossiers,<br />
die auf die Resultate der Exhumierungen<br />
von Massengräbern in Bosnien und Kosovo<br />
warten. Für diese Familien ist es schwierig,<br />
nicht zu wissen, was mit den Angehörigen<br />
passiert ist.<br />
Wie empfinden Sie die Arbeit beim<br />
Suchdienst ?<br />
Die Arbeit beim Suchdienst gefällt mir sehr<br />
gut. Sie ist vielfältig und geht häufig ans Herz.<br />
Eine Suche ist immer ein emotionaler Prozess.<br />
Keine Geschichte ist so wie die andere. Die<br />
Menschen sind sehr dankbar für unsere Unterstützung.<br />
Sie spüren, dass wir uns für sie<br />
einsetzen und die Hoffnung nicht aufgeben,<br />
ihre Angehörigen zu finden. mar
0<br />
Partnerschaft<br />
Wenn James Bond Unterricht erteilt<br />
Young Enterprise Switzerland – abgekürzt als YES – macht es sich zur Aufgabe, eine Brücke zwischen<br />
Schule und Wirtschaft zu schlagen. Dies tut sie äusserst erfolgreich. Unter anderem, indem<br />
Mitarbeitende der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> Primarschülern das Gemeinwesen erklären, in Lostorf beispielsweise.<br />
«Mein Name ist Gilgen, Andreas Gilgen.» In<br />
James-Bond-Manier stellt sich der dynamische<br />
Gastlehrer den gespannt dasitzenden<br />
Viertklässlern vor. Er ist im schwarzen Anzug<br />
in die Primarschule Lostorf gekommen –<br />
auch dies erinnert ein bisschen an Bond. Den<br />
britischen Geheimagenten kennen die Kinder<br />
natürlich bestens. Schon etwas schwieriger<br />
wird es aber, wenn sie raten sollen, welchen<br />
Beruf der vor ihnen stehende Herr Gilgen<br />
ausübt. Dass er trotz Vorstellung und Kleidung<br />
nicht wirklich Bonds Berufskollege ist,<br />
hat er bald klargestellt. Architekt könnte er<br />
sein, raten die Schüler, oder vielleicht Anwalt ?<br />
«Ich weiss es», ruft plötzlich Andrin aus der<br />
hintersten Reihe, «sie sind Banker! Die sind<br />
auch immer so schön angezogen.» Der 10-<br />
Jährige hat ins Schwarze getroffen.<br />
Die Wirtschaft ins Klassenzimmer holen<br />
Berufe sind unter anderem auch der Grund,<br />
warum der Senior Relationship Manager<br />
Andreas Gilgen in Lostorf vor einer Klasse<br />
steht. Im Rahmen des Programms «Unsere<br />
Gemeinde» des <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> Volunteering-<br />
Partners YES macht er die Klasse mit den<br />
Funktionsweisen einer Gemeinde bekannt:<br />
Er erklärt ihnen zum Beispiel, wie wichtig das<br />
Engagement für die Gemeinschaft ist, und<br />
zeigt, welche Berufe es in einer Gemeinde<br />
Längst ist klar, dass Andreas Gilgen kein Geheimagent ist; aber durch den speziellen Einstieg<br />
in die Schulstunde konnte der Consultant sofort eine gelöste Atmosphäre schaffen.<br />
gibt und braucht. Das Programm erstreckt<br />
sich über fünf Lektionen, die je einen thematischen<br />
Block behandeln und den Kindern<br />
insgesamt einen ersten Zugang zur Wirtschaft<br />
bieten sollen. Denn das oberste Gebot<br />
von Young Enterprise Switzerland ist die<br />
Verbindung von Schule und Wirtschaft. «Wir<br />
versuchen, die Wirtschaft in die Schweizer<br />
Klassenzimmer zu bringen», erklärt Nicole<br />
Heim, Geschäftsführerin von YES.<br />
Dazu hat die seit 1999 bestehende Non-<br />
Profit-Organisation spezifische Angebote für<br />
die verschiedenen Schulstufen geschaffen.<br />
Wie im Programm «Unsere Gemeinde» für<br />
Primarschulklassen werden auch Klassen<br />
der Sekundarstufe I im Programm «Fit für<br />
die Wirtschaft» von so genannten Consultants<br />
besucht. Die Idee ist, dass Leute, die<br />
in einem wirtschaftlichen Umfeld arbeiten<br />
und sich tagtäglich darin bewegen, den Kindern<br />
einen anderen Zugang zu dieser Welt<br />
bieten können als ihre Lehrer. Doch auch die<br />
Consultants sollen profitieren: Sie schlüpfen<br />
in eine ungewohnte Rolle, müssen sich vor<br />
einem meist wissbegierigen und zugleich<br />
äusserst kritischen Publikum behaupten und<br />
ihre tägliche Arbeit gegenüber den Schülern<br />
vertreten. Diese Erfahrungen tragen sie zurück<br />
an ihren Arbeitsplatz und sehen nach<br />
dem Einsatz in der Schule einige Dinge vielleicht<br />
mit etwas anderen Augen als zuvor.<br />
Tamara Krieger von der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> beispielsweise,<br />
die diesen Sommer als Volunteer<br />
im «Unsere Gemeinde»-Programm gewirkt<br />
hat, bezeichnet die Erfahrung gar als<br />
«Offenbarung der besonderen Art». Dieser<br />
Mehrwert für die Mitarbeitenden macht die<br />
YES-Programme auch für die Unternehmen<br />
interessant.<br />
Sie sollen gerade nicht wie Lehrer sein<br />
Der Besuch des Kundenberaters sei für ihn<br />
und seine Schüler eine willkommene Ab-<br />
Fotos: Martin Stollenwerk
wechslung im Schulalltag, freut sich Franz<br />
Jeger, der Lehrer der Lostorfer Viertklässler.<br />
Seine Klasse einem in dieser Rolle Unerfahrenen<br />
zu überlassen, ist für ihn kein Problem.<br />
Zumal die Klassenlehrer in den YES-<br />
Programmen die Stunden aus dem Hintergrund<br />
verfolgen und die Volunteers bei<br />
Bedarf unterstützen können. Vor ihrem Einsatz<br />
werden die Consultants von YES in<br />
einer halbtägigen Schulung auf ihre Aufgabe<br />
vorbereitet und bekommen umfangreiches<br />
Unterrichtsmaterial. Ebenfalls empfiehlt die<br />
Organisation eine Beobachtungslektion, in<br />
der sich Consultant und Klasse ein erstes Mal<br />
beschnuppern können und der Consultant<br />
Einblick in die Abläufe und Gepflogenheiten<br />
der Klasse erhält. Dass die Volunteers dann<br />
aber voll und ganz in die Lehrerrolle schlüpfen,<br />
ist keinesfalls Voraussetzung. Die Organisatoren<br />
legen Wert darauf, dass der Besuch<br />
aus der Wirtschaft auch als solcher auftritt<br />
und einen Hauch seiner Welt mit ins Schulzimmer<br />
trägt.<br />
Stefan Reichert, ein weiterer Mitarbeiter<br />
der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong>, ist absichtlich mit Powerpoint-Slides<br />
und Anzug vor «seine» Sekundarklasse<br />
gestanden, «um ihnen zu zeigen,<br />
wie wir arbeiten». Genau dieses Auftreten verschafft<br />
den Consultants einen anderen Zugang<br />
zu den Kindern und Jugendlichen, als<br />
ihn die Lehrer haben. Sie leben, was sie den<br />
Kindern näherbringen wollen; sind also eine<br />
Art praktisches Exempel.<br />
Erfolgserlebnis für Schule und Wirtschaft<br />
Dass die YES-Vision begeistert, ist an der<br />
stetig steigenden Zahl von teilnehmenden<br />
Schulen und Volunteers in der ganzen<br />
Schweiz ersichtlich. Auch die Wirtschaft<br />
scheint vom Konzept der Non-Profit-Organisation<br />
überzeugt zu sein. Unter den Partnern,<br />
Gönnern und Mitgliedern von YES finden<br />
sich viele klingende Namen von inter-<br />
Die YES-Programme<br />
national erfolgreichen Unternehmen, deren<br />
Beispiel hoffentlich für andere animierend<br />
wirkt. Als Corporate-Volunteering-Partner<br />
unterstützt die <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> insbesondere<br />
die Programme für die Primarschule und die<br />
Sekundarstufe I; es sind aber auch reine<br />
Sponsoringpartnerschaften möglich.<br />
Die Sockelfinanzierung von YES wird<br />
durch Mitgliedschaftsbeiträge gewährleis-<br />
tet. Vereinsmitglieder werden durch eine<br />
Führungskraft im YES-Patronat vertreten,<br />
was den aktiven Austausch zwischen Persönlichkeiten<br />
aus der Wirtschaft, Jungunternehmern<br />
und engagierten YES-Alumni ermöglicht.<br />
Diese können dem Young Enterprise<br />
Alumni Club beitreten.<br />
Die Alumni sind das Rückgrat von YES<br />
Tatsächlich ist die Verbundenheit der ehemaligen<br />
Programmteilnehmer mit der Organisation<br />
frappant. Sowohl Consultants wie<br />
auch Schülerinnen und Schüler kehren immer<br />
wieder zurück: Erstere als Speaker bei der<br />
von YES organisierten Nacht des Jungunternehmertums,<br />
Letztere unter anderem<br />
auch als Mitarbeitende. Nicole Heim erklärt<br />
stolz, dass dies sogar beim ganzen Zürcher<br />
YES-Büro der Fall ist. Die Organisation<br />
scheint ihrem Anspruch, Kindern und Jugendlichen<br />
einen Zugang zur Wirtschaft zu<br />
verschaffen, gerecht zu werden. Und auch<br />
die Unternehmen sehen für sich und ihre<br />
Mitarbeitenden einen Nutzen in den YES-<br />
Programmen.<br />
Auch wenn für die Viertklässler in Lostorf<br />
die Wirtschaft wohl noch einige Zeit ein eher<br />
abstraktes Gebilde bleibt, werden sie den<br />
Banker Andreas Gilgen, der mit ihnen über<br />
die Gemeinde sprach, so schnell nicht vergessen.<br />
Und auch er wird sein Debüt vor<br />
einer Klasse als forderndes, aber positives<br />
Erlebnis in Erinnerung behalten. Damit ist<br />
das gesteckte Ziel erreicht. Katrin Schaad<br />
«Unsere Gemeinde» «Fit für die Wirtschaft» «Company Program»<br />
Schulstufe Primarschule (3./4. Klasse) Sekundarstufe I Sekundarstufe II<br />
Ziel Grundverständnis für Rollen und<br />
Aufgaben in einer Gemeinde<br />
Verständnis für verschiedene wirtschaftliche<br />
Aspekte im Leben der Schüler und Schülerinnen<br />
In einer Gemeinde leben die Bewohner nicht<br />
als anonyme Masse ohne Rechte und Pflichten.<br />
Sie sind Individuen mit Namen wie James oder<br />
Andreas, Lea oder Sarina.<br />
So wünscht sich jeder Lehrer seine Klasse:<br />
hochmotiviert und nie um eine Antwort verlegen.<br />
In zehn Jahren werden wir die Stimmbeteiligung<br />
in «unserer Gemeinde» Lostorf verfolgen.<br />
Funktionsweisen der Geschäftswelt und des<br />
Unternehmertums verstehen und erleben<br />
Umsetzung Besuch eines Consultants Besuch eines Consultants Reale Gründung eines Miniunternehmens:<br />
Produktentwicklung, Marketing und Lancierung<br />
im Markt<br />
www.young-enterprise.ch
0<br />
Partnerschaft<br />
Fünf Partner des Corporate Volunteering Schweiz stellen sich vor<br />
Die Schweizer Tafel hat eine Brückenfunktion. Wir holen bei Produzenten und Detailhändlern<br />
einwandfreie Lebensmittel ab und verteilen diese kostenlos an soziale Institutionen weiter.<br />
Letztes Jahr waren es insgesamt 2300 Tonnen. Schweizweit sind wir in elf Regionen tätig. Um<br />
unsere Aufgabe zu erfüllen, sind wir neben freiwilligen Helfern auf eine gute Logistik und verlässliche<br />
Partner angewiesen. Die <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong>, unser Hauptpartner, sponsert seit dem Start<br />
im Jahr 2001 12 unserer 29 Kühlfahrzeuge. Auch am nationalen Suppentag können wir auf die<br />
tatkräftige Unterstützung von vielen Mitarbeitenden der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> zählen. Als so genannte<br />
Corporate Volunteers organisieren sie an zahlreichen Standorten unseren wichtigsten nationalen<br />
Spendenanlass. Daniela Rondelli Stromsted<br />
Procap ist die grösste Selbsthilfeorganisation für Menschen mit einer Behinderung in der<br />
Schweiz. Wir sind sehr glücklich über die Zusammenarbeit mit der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong>, die sich bei<br />
einigen unserer Projekte als Hauptpartner engagiert. Neben den finanziellen Zuwendungen<br />
freut uns vor allem der gross artige Einsatz, den Corporate Volunteers der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> für<br />
uns erbringen, sei es als Begleitung von Menschen mit Behinderung an den slowUp-Tagen<br />
(Projekt «Andiamo!») oder bei der Erstellung von Audiodeskriptionen für blinde und sehbehinderte<br />
Besucher unseres internationalen Kurzfilmfestivals «look&roll». Gerhard Protschka<br />
Der Love Ride ist mit rund 10 000 Motorrädern und über 1 000 Besucherinnen und Besuchern<br />
auf dem Gelände in Dübendorf, Kanton Zürich, der grösste Anlass der Schweizer Bikeszene.<br />
Der an der Veranstaltung erzielte Erlös – jährlich meist über 00 000 Franken – kommt vollumfänglich<br />
muskelkranken und behinderten Menschen zugute. Das Sponsoring und die freiwilligen<br />
Helferinnen und Helfer der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> leisten einen wichtigen Beitrag zum jährlichen<br />
Gelingen der Grossveranstaltung, die jeweils am ersten Sonntag im Mai stattfindet.<br />
Fritz Wagner<br />
Im unwegsamen steilen Berggebiet haben einst Bergbauern und Forstarbeiter den Wald genutzt,<br />
weil sie auf das Holz und vor allem den Schutz des Bergwaldes vor Naturgefahren angewiesen<br />
waren. Die Naturgefahren sind heute ebenso bedrohlich wie damals. Mit den Einsätzen<br />
der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> Mitarbeitenden im Bergwaldprojekt werden diese Zusammenhänge<br />
hautnah erfahren und das Verständnis durch «Handanlegen» gefördert. Für die freiwilligen<br />
Helfer der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> und das Bergwaldprojekt sind die Einsätze eine Bereicherung. Alle<br />
reden über den Wald, wir gehen hin und handeln! Bisher haben mehr als 1000 <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong><br />
Mitarbeitende und mehrere «Young Talent Teams» Einsätze geleistet, dafür gebührt ihnen Dank<br />
und Anerkennung. David Peter<br />
PLUSPORT Behindertensport Schweiz schafft für Menschen mit einer Behinderung die Möglichkeit,<br />
sich in Sportclubs und Sportcamps als Breiten- und Spitzensportler aktiv zu betätigen.<br />
Zu unseren Partnern zählt seit Jahren die <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong>. Neben dem finanziellen Engagement<br />
unterstützt sie auch Projekte und Events durch freiwillige Arbeitseinsätze. Beim jährlich stattfindenden<br />
PLUSPORT-Tag in Magglingen, dem grössten Behindertensportanlass der Schweiz,<br />
werden den 1 00 Aktiven und 300 Helfern unvergessliche Stunden mit vielen Erlebnissen, Erfahrungen<br />
und Emotionen im Sinne von Integration durch Sport geboten. Hanni Kloimstein<br />
Impressum<br />
Herausgeber<br />
Jubiläumsfonds <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> Foundation:<br />
Fritz Gutbrodt, Janine Händel<br />
<strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> Corporate Volunteering:<br />
Hanspeter Kurzmeyer, Zahra Darvishi<br />
Redaktion<br />
Mandana Razavi (Projektleitung)<br />
Regula Gerber, Michael Krobath, Andreas<br />
Schiendorfer, Katrin Schaad und Bernard<br />
van Dierendonck<br />
www.credit-suisse.com/verantwortung
Eine neue Ära<br />
der Nachhaltigkeit<br />
Text: Eric Güller, Head Thematics Research, Robert Ruttmann, Responsible Investment Strategy<br />
Social Responsibility Wirtschaft 41<br />
Die Welt steht im Zeichen beispielloser globaler Megatrends. Ob Bevölkerungswachstum,<br />
Schwellenmärkte oder Klimawandel, globale Trends treiben uns an die Grenzen der<br />
ökologischen Tragfähigkeit. Gleichzeitig verändern sie die Wettbewerbslandschaft,<br />
in der Unternehmen operieren. Mit Blick in die Zukunft dürfte die Fähigkeit, ökologische<br />
und soziale Fragen zu behandeln, für die langfristige Wettbewerbsfähigkeit und die<br />
Finanzkraft der Unternehmen immer wichtiger werden.<br />
Das moderne Konzept der Nachhaltigkeit<br />
steht seit 1983 weltweit auf der Unternehmensagenda.<br />
Damals versuchte die Weltkommission<br />
für Umwelt und Entwicklung<br />
der UNO den wachsenden Bedenken über<br />
die «fortschreitende Verschlechterung der<br />
menschlichen Umwelt und der natürlichen<br />
Ressourcen sowie den Folgen dieser Verschlechterung<br />
für die wirtschaftliche und<br />
soziale Entwicklung» zu begegnen. Vor diesem<br />
Hintergrund tauchte auch der populäre<br />
Begriff der «nachhaltigen Entwicklung» erstmals<br />
auf. Im Brundtland-Report wurde er<br />
später als Entwicklung definiert, die «den<br />
Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht,<br />
ohne die Möglichkeiten künftiger<br />
Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse<br />
zu befriedigen und ihren Lebensstil<br />
zu wählen».<br />
Erbe der industriellen Revolution<br />
Viele unserer Geschäftspraktiken haben ihre<br />
Wurzeln in der industriellen Revolution. Dieser<br />
wohl tiefgreifendste Megatrend in der<br />
Geschichte der Menschheit hatte zur Folge,<br />
dass sich Produktionsprozesse im 19. Jahrhundert<br />
schnell von der Handfertigung in<br />
kleinen Stückzahlen zur Massenproduktion<br />
mit Hilfe von Maschinen entwickelten. Zwar<br />
schuf dieser Wandel die Grundlagen für den<br />
wirtschaftlichen Wohlstand der Industrieländer;<br />
weil aber natürliche Ressourcen als<br />
unbegrenzt galten, führte er heute nicht mehr<br />
akzeptable Geschäftspraktiken herbei, so<br />
etwa das Ableiten von Abfällen in Gewässer<br />
und von Rauch in die Luft.<br />
Im Zentrum der industriellen Revolution<br />
stand die Produktion von Gütern und Dienst-<br />
leistungen für den Konsum. Diese Fokussierung<br />
auf die Produktion spiegelt sich auch<br />
in unserer volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung,<br />
die sich auf das Bruttoinlandprodukt<br />
(BIP) stützt und den Wert der in einem Land<br />
produzierten Güter und Dienstleistungen<br />
misst. Während das BIP eine präzise Bewertung<br />
von Kapitalgütern ermöglicht, ist es<br />
weniger geeignet, natürliche und menschliche<br />
Ressourcen zu messen, weil es auf<br />
der Annahme beruht, diese seien unbegrenzt<br />
und kostenlos. Nach Meinung vieler Umweltschützer<br />
schlagen Schäden am Ökosystem<br />
wegen der zusätzlichen Wirtschaftsleistung<br />
im BIP sogar positiv zu Buche und nicht<br />
negativ, wie aufgrund von zerstörten Wäldern,<br />
Luft- und Gewässerverschmutzung eigentlich<br />
anzunehmen wäre.<br />
Die Tatsache, dass die Unversehrtheit der<br />
Umwelt sowie weitere Faktoren, welche die<br />
Lebensqualität beeinträchtigen können, im<br />
BIP nicht umfassend berücksichtigt werden,<br />
erklärt möglicherweise auch, weshalb unser<br />
heutiges Modell der wirtschaftlichen Entwicklung<br />
auf die Externalisierung von Sozial-<br />
und Umweltkosten an die Gesellschaft ausgerichtet<br />
ist. Externe Effekte sind Kosten,<br />
die von der Industrie verursacht, aber von<br />
der Gesellschaft getragen werden. Ein externer<br />
Effekt ist zum Beispiel die Umweltver-<br />
schmutzung, die mitunter von der Regierung<br />
besteuert wird, um die Verursacher der Verschmutzung<br />
dazu zu bringen, die Produktionskosten<br />
vollständig zu «internalisieren».<br />
Bevor Schweden das «Verursacherprinzip»<br />
1975 erstmals einführte, wurden Unternehmen<br />
auf der ganzen Welt indirekt dafür belohnt,<br />
wenn sie im Bestreben, ihre Kosten-<br />
basis zu minimieren, die externen Effekte<br />
maximierten. Heute findet die Zivilgesellschaft<br />
jedoch immer bessere und innovativere<br />
Wege, um die Kosten der Emissionen festzulegen<br />
und dadurch die Verschmutzung zu<br />
reduzieren. So hat etwa das Konzept des<br />
Emissionshandels – auch «Cap and Trade»<br />
genannt – als weitere innovative Methode<br />
der Emissionsreduktion zunehmend Anklang<br />
gefunden. Das System setzt auf ökonomische<br />
Anreize zur Erreichung der Reduktionsziele,<br />
indem handelbare Emissionszertifikate ausgegeben<br />
werden, die ein Verschmutzungsrecht<br />
für eine bestimmte Menge Kohlenstoff<br />
begründen.<br />
Sozialvertrag zwischen Partnern<br />
Obwohl die Gesellschaft auf die bedeutenden<br />
Beiträge der Unternehmen – von Produktivitätsgewinnen<br />
über Innovationsförderung<br />
bis zur Schaffung von Arbeitsplätzen – angewiesen<br />
ist, sind umgekehrt auch die Unternehmen<br />
auf die öffentliche Legitimation der<br />
Gesellschaften, in denen sie operieren, angewiesen.<br />
Diese Beziehung bildet die Grundlage<br />
des übergeordneten Sozialvertrags<br />
zwischen den Unternehmen und der Gesellschaft:<br />
Die Unternehmen erhalten von der<br />
Gesellschaft eine «License to operate»<br />
(Legitimation) mit der Bedingung, einen insgesamt<br />
positiven Beitrag an die Gesellschaft<br />
zu leisten. In diesem Sinne werden Unternehmen,<br />
welche die öffentliche Meinung zu ökologischen<br />
und sozialen Themen in eklatanter<br />
Weise ignorieren, zunehmend anfälliger für<br />
öffentliche Sanktionen.<br />
Es gibt auch zahlreiche Beispiele dafür,<br />
wie die Meinung der breiten Öffentlichkeit<br />
><br />
<strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> bulletin 5/09
Gesundes Umfeld Soziale Gerechtigkeit<br />
Nachhaltige<br />
Gesellschaft<br />
Wirtschaftliches Wachstum<br />
Nachhaltigkeit und Umweltschutz haben bei Novartis Priorität.<br />
Der Novartis Campus verbraucht zwei Drittel weniger Energie als<br />
herkömmliche Bürogebäude. Der CO2-Ausstoss soll mittelfristig<br />
ganz eliminiert werden. Die <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> hat dank ihrer Energieeffizienz<br />
sogar den Wanderpreis Energie-Modell Zürich erhalten<br />
(siehe Seite 1 ).
Foto: © Novartis AG<br />
die Unternehmensstrategie beeinflussen<br />
kann. Im Pharmasektor hat die öffentliche<br />
Wahrnehmung bezüglich überhöhter Preise<br />
für HIV/Aids-Medikamente in Entwicklungsländern<br />
global agierende Pharmaunternehmen<br />
veranlasst, diese Medikamente für die<br />
Armen der Welt zugänglicher zu machen.<br />
Ähnlich werden im Nahrungsmittelsektor aufgrund<br />
öffentlicher Bedenken zur Fettleibigkeit<br />
(32 Prozent der Amerikaner leiden darunter)<br />
Forderungen nach strengeren Kontrollen<br />
der Vermarktung von ungesunden<br />
Nahrungsmitteln laut. Und die Öl- und Tabakindustrie<br />
(möglicherweise auch der Finanzsektor)<br />
liefern weitere Beispiele dafür, wie<br />
veränderte öffentliche Wahrnehmungen die<br />
Geschäftstätigkeit der Unternehmen beeinflussen<br />
können.<br />
Veränderter Geschäftskontext<br />
Tatsächlich ist die «License to operate» heute<br />
keine Selbstverständlichkeit mehr, da Herausforderungen<br />
wie Klimawandel, Wasserknappheit<br />
und extreme Armut ein solches Ausmass<br />
erreicht haben, dass die Gesellschaft von<br />
den Unternehmen Antworten fordert. Gleichzeitig<br />
sind multinationale Unternehmen oft<br />
besser als Regierungen in der Lage, auf globale<br />
Herausforderungen zu reagieren. Heute<br />
sind sogar von den 100 grössten Wirtschaftseinheiten<br />
der Welt 63 Konzerne, keine Staaten.<br />
Aufgrund des wachsenden Einflusses<br />
der Unternehmen in der Gesellschaft erscheint<br />
es noch wichtiger denn je, dass gewinnorientierte<br />
Firmen den Interessen der<br />
Gesellschaft nicht zuwiderhandeln. Und die<br />
Gesellschaft setzt immer mehr auf global tätige<br />
Unternehmen als einzige Institutionen,<br />
die schlagkräftig genug sind, um den enormen<br />
langfristigen Herausforderungen zu begegnen,<br />
denen das Ökosystem ausgesetzt ist.<br />
Darüber hinaus verfügen NGOs und Konsumenten<br />
dank der Verbreitung von Medientechnologien<br />
sowie der wachsenden Bedeutung<br />
von webfähigen, partizipativen Medien<br />
wie Twitter und Facebook über neue Hilfsmittel,<br />
um die Unternehmen aufzufordern,<br />
das Konzept der Nachhaltigkeit vermehrt<br />
in ihr strategisches Denken zu integrieren.<br />
Dadurch verändert sich der Geschäftskontext,<br />
denn Konsumentengruppen und Nichtregierungsorganisationen<br />
können bei der<br />
Überprüfung der Integrität des Sozialvertrags<br />
zwischen der Gesellschaft und einem bestimmten<br />
Unternehmen schneller und direkter<br />
Einfluss nehmen.<br />
Ein weiterer Faktor, der den Geschäftskontext<br />
verändert, besteht darin, dass wirt-<br />
schaftlicher Mehrwert heute zunehmend<br />
durch geistiges Kapital und andere immaterielle<br />
Werte wie Ideen, Marken, Reputation,<br />
Kundendienst, Mitarbeitermotivation, Innovationsfähigkeit<br />
und Qualität der Beziehungen<br />
zu wichtigen Anspruchsgruppen (Regulierungsbehörden,<br />
Regierungen oder Nichtregierungsorganisationen)<br />
generiert wird.<br />
Wissenschaftlichen Studien zufolge machen<br />
diese immateriellen Faktoren heute 80 bis 85<br />
Prozent des Marktwerts eines Unternehmens<br />
aus. Für die Unternehmen bedeutet dies,<br />
dass die Erzielung von langfristigem Shareholder<br />
Value aufgrund des wachsenden<br />
Stellenwerts von immateriellen Faktoren – da-<br />
runter die Reputation einer Firma oder deren<br />
Fähigkeit, Spitzenkräfte anzuziehen – wesentlich<br />
von ihrer Fähigkeit abhängt, auf die<br />
Forderungen der Gesellschaft einzugehen.<br />
Vor neuer Ära nachhaltiger Anlagen<br />
Die nachhaltige Entwicklung dürfte künftig<br />
zu den treibenden Kräften des geschäftlichen<br />
Erfolgs gehören, während sich die Unternehmen<br />
der Tatsache bewusst werden,<br />
dass ihr Überleben davon abhängt, wie kompetent<br />
sie mit Umwelt-, Sozial- und Governance-Themen<br />
umgehen. So gesehen wird<br />
ihr Verhalten in Fragen der Nachhaltigkeit<br />
für ihre künftige Wettbewerbsfähigkeit, ihre<br />
Profitabilität und letztlich auch für die Entwicklung<br />
ihres Aktienkurses eine immer<br />
wichtigere Rolle spielen. Es überrascht also<br />
nicht, dass immer mehr Anleger versuchen,<br />
Kriterien wie Nachhaltigkeit und verantwortungsbewusstes<br />
Unternehmensverhalten in<br />
die Beurteilung des langfristigen Werts eines<br />
Unternehmens einzubeziehen.<br />
Bei der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> erachten wir den<br />
nachhaltigen Anlageprozess als wirksames<br />
Hilfsmittel zur Steigerung der Anlageperformance,<br />
denn er ermöglicht die Identifizierung<br />
von verborgenen und potenziellen<br />
Risiken und Gelegenheiten in den Unternehmen.<br />
Daher sind wir überzeugt, dass den<br />
Interessen der Aktionäre langfristig am besten<br />
durch Unternehmen gedient ist, die ihre<br />
finanzielle Performance durch eine strategische<br />
Kontrolle ihrer wirtschaftlichen, sozialen,<br />
ökologischen und ethischen Performance<br />
maximieren. Somit müssen verantwortungsvolles<br />
Verhalten und wirtschaftlicher Erfolg<br />
keine Gegensätze sein. <<br />
� Siehe auch das Essay «Die Zukunft von<br />
Engagement»vonFritzGutbrodt(S.50).<br />
Anzeige<br />
Social Responsibility Wirtschaft 43<br />
Impressum<br />
Herausgeber<br />
<strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> AG<br />
Postfach 2<br />
CH-8070 Zürich<br />
Telefon +41 44 333 11 11<br />
Redaktion<br />
Mandana Razavi/Andreas Schiendorfer (Projektleitung);<br />
Daniel Huber, Regula Gerber, Michael Krobath sowie Hanspeter<br />
Kurzmeyer, Fritz Gutbrodt, Janine Händel und Zarah Darwishi<br />
E-Mail<br />
redaktion.bulletin@credit-suisse.com<br />
Mitarbeit an dieser Ausgabe<br />
Eric Güller, Monika Güntensperger, Maya Kunz,<br />
Dominik Pfoster, Robert Ruttmann, Katrin Schaad, Mario Tuor,<br />
Bernard van Dierendonck, Tanja Zehnder<br />
Marketing<br />
Veronica Zimnic<br />
Korrektorat<br />
Claudia Marolf, notabene<br />
Gestaltung<br />
www.arnold.inhaltundform.com:<br />
Arno Bandli, Raphael Bertschinger, Monika Häfliger,<br />
Petra Feusi (Projektmanagement), Carola Bächi (Korrektorat)<br />
Inserate<br />
Daniel Baer, Nübruchweg 22, 8605 Gutenswil,<br />
Telefon +41 44 945 38 85, baerdaniel@bluewin.ch<br />
BeglaubigteWEMF-Auflage2009<br />
145 504<br />
ISSN-Registrierung<br />
ISSN 1423-1360<br />
Druck<br />
NZZ Fretz AG /Zollikofer AG<br />
Redaktionskommission<br />
René Buholzer (Head of Public Policy), Urs P. Gauch (Leiter<br />
Firmenkunden Schweiz – Grossunternehmen), Fritz Gutbrodt<br />
(Direktor Jubiläumsfonds der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> Foundation),<br />
Angelika Jahn (Investment Services & Products), Martin Lanz<br />
(Economic Research), Hubert Lienhard (Asset Management<br />
Distribution Services), Andrés Luther (Head of Group Communications),<br />
Charles Naylor (Head of Corporate Communications)<br />
Erscheint im 115. Jahrgang<br />
(5 x pro Jahr in deutscher, französischer, italienischer und<br />
englischer Sprache) Nachdruck von Texten gestattet mit dem<br />
Hinweis «Aus dem bulletin der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong>».<br />
Diese Publikation dient nur zu Informationszwecken.<br />
Sie bedeutet kein Angebot und keine Aufforderung seitens<br />
der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> zum Kauf oder Verkauf von Wertschriften.<br />
Die Analysen und Schlussfolgerungen in dieser Publikation<br />
wurden durch die <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> erarbeitet und könnten<br />
vor ihrer Weitergabe an die Kunden von <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> bereits<br />
für Transaktionen von Gesellschaften der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> Group<br />
verwendet worden sein. Die in diesem Dokument vertre-<br />
tenen Ansichten sind diejenigen der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> zum Zeitpunkt<br />
der Drucklegung. (Änderungen bleiben vorbehalten.)<br />
<strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> ist eine Schweizer Bank.<br />
<strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> bulletin 5/09
44 Wirtschaft Arbeitsmarkt<br />
Die regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) sind wesentliche Instrumente im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit.<br />
Trotz der Aussicht auf eine gewisse konjunkturelle Erholung werden die RAV im Jahr 2010 alles andere denn arbeitslos sein.<br />
Die durchschnittliche Arbeitslosenquote wird gemäss <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> ,2 Prozent (20 000 Personen) betragen.<br />
bulletin /09 <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong><br />
Fotos: Muster Mustermann | Muster Mustermann
Foto: Mathias Hofstetter Wirksame<br />
Arbeitsmarkt Wirtschaft 4<br />
Instrumente<br />
gegen Arbeitslosigkeit<br />
Die Arbeitslosigkeit steigt seit Sommer 200 an und hat sich seitdem um mehr als<br />
zwei Drittel erhöht. Der stärkste Einbruch des Bruttoinlandprodukts seit der Erdölkrise<br />
19 schlägt zunehmend auf den Arbeitsmarkt durch.<br />
Text: Tanja Zehnder, Economic Research<br />
Der Anstieg der Arbeitslosenquote wird bis<br />
Mitte 2010 schrittweise weitergehen, und wir<br />
rechnen mit durchschnittlich 207 000 Arbeitslosen<br />
(5,2 Prozent) im Jahr 2010. Die Arbeitslosigkeit<br />
nimmt aus zwei Gründen weiter zu:<br />
Erstens reagiert der Arbeitsmarkt stets verzögert<br />
auf Veränderungen des BIP-Wachstums.<br />
Ein Auf- oder Abschwung schlägt sich<br />
erst mit einem halben Jahr Verzögerung spürbar<br />
in den Arbeitslosenzahlen nieder. Die<br />
Auswirkungen der Rezession auf den Arbeitsmarkt<br />
werden sich also in den kommenden<br />
Monaten noch akzentuieren. Zweitens ist<br />
die von uns prognostizierte Erholung des BIP<br />
im Jahr 2010 (Wachstum von 0,6 Prozent)<br />
zu schwach, um einen weiteren Anstieg der<br />
Arbeitslosigkeit verhindern zu können.<br />
Damit wird die Arbeitslosigkeit vermutlich<br />
Niveaus erreichen wie zuletzt 1997. Damals<br />
war allerdings die Arbeitslosenquote ab 1990<br />
von einem tiefen Niveau aus (0,5 Prozent)<br />
für damalige Schweizer Verhältnisse ungewöhnlich<br />
stark angestiegen. Heute ist der<br />
Anstieg der Arbeitslosigkeit zwar ebenfalls<br />
rezessionsgetrieben, das höhere Niveau indes<br />
auch das Resultat der gestiegenen Sockelarbeitslosigkeit.<br />
So reduzierte sich die Arbeitslosigkeit<br />
in der zu Ende gegangenen,<br />
längsten Aufschwungsphase seit den 1980er-<br />
Jahren nicht im gleichen Ausmass wie im<br />
Boom um die Jahrtausendwende. Die tiefste<br />
Arbeitslosenzahl im jüngsten Boom war um<br />
37 000 höher als im Boom um die Jahrtausendwende.<br />
Die Arbeitslosigkeit steigt bekanntlich<br />
nicht nur in der Schweiz an. Jedoch fällt die<br />
Schärfe des Anstiegs auf den Wachstumseinbruch<br />
von Land zu Land unterschiedlich<br />
aus. Dabei beeinflussen die Eigenschaften<br />
und Leistungen eines Arbeitslosenversicherungssystems<br />
die Reaktion der Arbeitsmärkte<br />
auf einen Wachstumseinbruch mit.<br />
Die Schweiz verfügt über ein sehr gut ausgebautes<br />
Arbeitslosenversicherungssystem.<br />
Dieses wirkt aus zwei Gründen konjunkturstabilisierend:<br />
Erstens erlauben umfassende<br />
Arbeitslosenunterstützungszahlungen, den<br />
privaten Konsum aufrechtzuerhalten. Zweitens<br />
verhindert Kurzarbeit einen schärferen<br />
Anstieg der Arbeitslosigkeit. Unterstützungszahlungen<br />
mindern Einkommensverluste von<br />
arbeitslosen Personen und bilden so nebst<br />
der Verfolgung sozialpolitischer Ziele eine<br />
wichtige Stütze des privaten Konsums.<br />
In der Schweiz beträgt die Arbeitslosenunterstützung<br />
70 respektive 80 Prozent für<br />
Personen mit Unterhaltspflichten des zuletzt<br />
erzielten Einkommens. Diese Unterstützung<br />
wird während 400 Tagen ausgezahlt. Die Bezugsdauer<br />
kann in einer Region verlängert<br />
werden, wenn dort die Arbeitslosenquote ein<br />
bestimmtes Niveau überschreitet. So hat der<br />
Bundesrat in der aktuellen Krise die Bezugsdauer<br />
in bisher zwei Kantonen von 20 auf<br />
26 Monate verlängert (Neuenburg und Jura).<br />
Durch Kurzarbeit kann ein Nachfragerückgang<br />
statt über Entlassungen zumindest<br />
teilweise über Arbeitszeitreduktionen kompensiert<br />
werden. In der Schweiz wurde im<br />
Rahmen des zweiten Konjunkturpakets die<br />
Bezugsdauer von 12 auf 18 Monate verlängert,<br />
was den Rückgriff auf die Kurzarbeit<br />
begünstigt haben dürfte. Einerseits konnte<br />
dadurch bisher ein markanterer Anstieg der<br />
Arbeitslosigkeit verhindert werden. Andererseits<br />
könnte damit ein weiterer Anstieg bevorstehen,<br />
da das Instrument der Kurzarbeit<br />
nur temporär wirkt. Bleibt eine Belebung der<br />
Nachfrage aus, dürften etliche der jetzt kurzarbeitenden<br />
Angestellten arbeitslos werden.<br />
Der Blick über die Grenzen zeigt, dass auch<br />
in <strong>Deutschland</strong> bisher eine massivere Zunahme<br />
der Arbeitslosigkeit durch Kurzarbeit<br />
verhindert werden konnte. Dagegen verzeichneten<br />
die USA, die das Instrument der Kurzarbeit<br />
nicht kennen, einen kräftigeren Anstieg<br />
der Arbeitslosenzahlen.<br />
Kurzarbeit mag in der Krise ein willkommenes<br />
Instrument zur Abfederung von Härten<br />
sein, hat aber auch unerwünschte Nebenwirkungen.<br />
Erstens kann der Strukturwandel<br />
behindert werden, falls durch die Kurzarbeit<br />
ein notwendiger Beschäftigungsabbau hinausgezögert<br />
wird. Denn das Instrument<br />
reduziert die Mobilität der Arbeitnehmer zwischen<br />
Sektoren und Unternehmen. Zweitens<br />
kann Kurzarbeit zu Verzerrungen bei der<br />
Lohnbildung führen: Branchen, die relativ<br />
häufiger von Beschäftigungsschwankungen<br />
betroffen sind, weisen ein höheres Beschäftigungsrisiko<br />
aus. Solche Unternehmen müssten<br />
zur Kompensation dieses Risikos höhere<br />
Löhne zahlen. Doch die Möglichkeit von<br />
Kurzarbeit erhöht die Bereitschaft von Arbeitnehmern,<br />
die Stelle auch ohne diese Kompensation<br />
anzunehmen. Damit sind Unternehmen<br />
in der Lage, die Kosten von Beschäftigungsschwankungen<br />
zu überwälzen. <<br />
<strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> bulletin 5/09
46 Leader Monika Hauser<br />
bulletin /09 <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong>
Foto: Andreas Mader Die<br />
Kraft der<br />
Solidarität<br />
Monika Hauser Leader 4<br />
Es gibt Menschen, die fürchten sich vor gar nichts. Monika Hauser ist einer von ihnen:<br />
Als junge Assistenzärztin macht sie sich Anfang der 1990er-Jahre auf, mitten in den<br />
tobenden Jugoslawienkrieg, um dort aus Solidarität den Frauen zu helfen, die Opfer von<br />
Massenvergewaltigungen wurden. Für ihren mutigen Einsatz als Gynäkologin und<br />
Anwältin der Frauen erhielt sie 200 den Right Livelihood Award.<br />
Interview: Mandana Razavi<br />
bulletin: Sie gründeten in den 1990er-Jahren die Frauenrechts-<br />
organisation medica mondiale. Wie ist die Idee dazu entstanden?<br />
Monika Hauser: Das war ja keine Idee, die von langer Hand geplant<br />
wurde. Als mein erstes Projekt in Bosnien begann, war ich<br />
33 Jahre alt. Allerdings war das Thema Gewalt gegen Frauen für<br />
mich nicht neu. Bereits als ich ein Teenager war, haben mir meine<br />
Grossmutter und meine Tanten von ihren Gewalterfahrungen berichtet.<br />
Dadurch wurde mir bereits in jungen Jahren bewusst, dass<br />
Gewalt zum Alltag vieler Frauen und Mädchen gehört. Ich lernte<br />
auch, dass man über diese tragische Realität nicht spricht. Ich<br />
wollte dem etwas Konkretes entgegensetzen.<br />
Wieso wird das Thema Ihrer Meinung nach tabuisiert ?<br />
Während meines praktischen Jahres als Assistenzärztin haben<br />
mir viele Frauen im Vertrauen von ihren Gewalterfahrungen berichtet.<br />
Bei älteren Patientinnen fielen oft Sätze wie «Ich möchte nicht,<br />
dass das bekannt wird, bevor ich gestorben bin». Da realisierte<br />
ich, dass diese Erlebnisse die Frauen für den Rest ihres Lebens<br />
prägen. Erschreckend war, wie oft ich hörte, dass viele von ihrem<br />
nächsten Umfeld zum Schweigen gezwungen oder gedrängt<br />
wurden. Es scheint in unserer Gesellschaft diesbezüglich bis heute<br />
einen weitverbreiteten Konsens zum Stillschweigen zu geben.<br />
Sie denken also, dass man auch heutzutage nicht anders<br />
mit dem Thema sexualisierte Gewalt umgeht ?<br />
Leider hat sich wenig verändert. Wo wird der vielen Frauen gedacht,<br />
die während des Zweiten Weltkriegs von Angehörigen der<br />
Wehrmacht vergewaltigt wurden? Ebenso existieren dokumentierte<br />
Fälle aus der Nachkriegszeit, bei denen alliierte Soldaten<br />
involviert waren. Trotz der Kenntnis um diese Verbrechen wurden<br />
die meisten Taten nie geahndet. Und wenn der deutsche Verteidigungsminister<br />
sich weigert, öffentlich zuzugeben, wie sträflich<br />
sich manche Bundeswehrsoldaten im Einsatz von Friedensmissionen<br />
verfehlen, dann wird genau die uralte Praxis der Tabuisierung<br />
aufrechterhalten. Wir brauchen nicht immer mit dem Finger auf<br />
Entwicklungsländer oder Länder anderer Kulturkreise zu zeigen.<br />
Wieso gibt es keine stärkere Solidarität unter den Frauen?<br />
Doch, die gibt es! Und das sogar weltweit. Nach meinem ersten<br />
Einsatz in Bosnien beispielsweise erreichten mich Briefe von<br />
älteren Frauen, in zittriger Schrift verfasst, die in den Zeitungen<br />
etwas über meine Arbeit gelesen hatten. Die Briefe enthielten<br />
oft eine kleine Summe Bargeld und die Bitte, dass man die Frauen<br />
in Bosnien unterstütze – auch dabei, über die Ereignisse sprechen<br />
zu lernen. Damit es den Bosnierinnen anders ergehe als den<br />
Frauen im Zweiten Weltkrieg. Solidarität mit den Überlebenden<br />
war schliesslich auch mein Beweggrund: Ich habe meine Tätigkeit<br />
immer als politischen Auftrag meiner Vorfahrinnen betrachtet.<br />
Die Erlebnisse Ihrer Vorfahrinnen scheinen Sie sehr geprägt<br />
zu haben.<br />
Ja, ich habe mich früh mit dem Schrecken der Kriege auseinandergesetzt.<br />
Das war meine Art, das Gehörte zu verarbeiten. Wenn<br />
wir etwas nicht verarbeiten, geben wir das irgendwann an unsere<br />
Kinder weiter: Das nennt sich transgenerationelles Trauma. Ein<br />
weitverbreitetes Phänomen in den Nachkriegsgebieten. Erste Studien<br />
weisen darauf hin, dass die hohe Scheidungsrate, der hohe<br />
Alkohol- und Medikamentenabusus und die Suizidrate im Zusammenhang<br />
mit diesem transgenerationellen Trauma stehen könnten.<br />
Ihr erstes Projekt war Bosnien 1992. Sie sind gewissermassen<br />
in den Krieg gezogen. Wie kam es dazu?<br />
Ich habe – wie viele andere auch – die Berichterstattung zu Bosnien<br />
genau mitverfolgt. Und als angehende Gynäkologin hatte ich<br />
bereits mit vielen Vergewaltigungsfällen zu tun. Ich habe schon<br />
damals interdisziplinär mit einer Psychologin zusammengearbeitet,<br />
weil mir klar war, dass es wichtig ist, die Opfer als ganzheitliche<br />
Menschen zu sehen. Als ich all diese Kriegsberichte sah, wurde<br />
mir bewusst, dass diese Frauen eine interdisziplinäre Fachbe- ><br />
<strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> bulletin 5/09
4 Leader Monika Hauser<br />
Monika Hauser wurde 19 9 in Thal in der<br />
Schweiz geboren und ist dort aufgewachsen.<br />
Als Tochter Südtiroler Eltern ist sie italienische<br />
Staatsbürgerin. Ihr Medizinstudium absolvierte<br />
sie in Innsbruck und Bologna. Noch bevor<br />
sie ihre Ausbildung zur Fachärztin für Gynäkologie<br />
abgeschlossen hatte, gründete sie 1992<br />
das Frauentherapiezentrum Medica Zenica<br />
in Zentralbosnien. Mittlerweile konnte der Verein<br />
medica mondiale e. V. sein Engagement auf<br />
zahlreiche weitere Länder ausdehnen – seit<br />
kurzem gibt es auch in der Schweiz eine medicamondiale-Stiftung.<br />
Für ihren unermüdlichen<br />
Einsatz erhielt die Gynäkologin zahlreiche<br />
Preise und Auszeichnungen, darunter auch den<br />
renommierten Right Livelihood Award (siehe<br />
Box) im Jahr 200 . Im Juni letzten Jahres<br />
erschien ihr Buch «Nicht aufhören anzufangen».<br />
Heute lebt und arbeitet Monika Hauser als<br />
Geschäftsführerin von medica mondiale in Köln.<br />
Mehr Informationen zu medica mondiale unter:<br />
www.medicamondiale.org/<br />
bulletin 5/09 <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong><br />
treuung brauchten, um irgendwann wieder eine Chance auf ein<br />
einigermassen selbstbestimmtes Leben zu bekommen. Im festen<br />
Glauben, unterwegs Mitstreiterinnen für das Projekt zu finden,<br />
bin ich losgefahren – relativ unvorbereitet.<br />
Als Sie vor Ort waren, wie haben Sie Ihr Vorhaben realisiert ?<br />
Ich fand sehr schnell 20 bosnische Frauen, die bereit waren,<br />
beim Projekt zu helfen. Danach haben wir einen ehemaligen Kindergarten<br />
gemietet und ihn mit den wenigen Mitteln, die wir hatten,<br />
entsprechend unseren Bedürfnissen umgebaut. Wir mussten wahnsinnig<br />
viel improvisieren, Zentralbosnien war bereits mitten im<br />
Krieg. Jeden Tag hatten wir neue Probleme zu lösen und Gefahren<br />
zu bestehen. Doch zu diesem Zeitpunkt konnte uns einfach nichts<br />
und niemand stoppen.<br />
In Bosnien blickten Sie erstmals direkt in das Antlitz<br />
des Krieges.<br />
Es gibt keine Vorbereitung auf den Krieg. Aber wir wollten dem<br />
Wahnsinn etwas entgegensetzen – mit aller Macht. Und dieser<br />
gemeinsame Wille hat uns angetrieben und uns die Angst genommen.<br />
Natürlich wurde es schwieriger, je näher die Front kam.<br />
Irgendwann war sie noch knapp 20 Kilometer von uns entfernt.<br />
Das bedeutete Kommunikations- und Nahrungsmittelblockade,<br />
kein Zugang zu Medikamenten und Hilfsgütern. Ende 1993<br />
kam es schliesslich auch in Zenica zur Hungersnot. Es ging nur<br />
noch ums Überleben. Trotzdem: Wir signalisierten mit unserer<br />
A rbeit, dass uns das Schicksal der Frauen nicht egal war. Und wir<br />
fanden immer mehr Unterstützung, auch aus <strong>Deutschland</strong>.<br />
20 Kilometer von der Front entfernt. Sie haben doch sicher<br />
auch Angst gehabt ?<br />
Ich habe das ganze Jahr keine Angst gehabt. Die Arbeit hat mich<br />
voll in Beschlag genommen. Aber zwei Jahre später, zurück<br />
in <strong>Deutschland</strong>, hatte ich einen schweren seelisch-körperlichen<br />
Zusammenbruch.<br />
Wann kehrten Sie nach <strong>Deutschland</strong> zurück?<br />
1993 war ich das ganze Jahr vor Ort, Anfang 1994 bin ich nach<br />
<strong>Deutschland</strong> zurückgekehrt und habe in Köln zusammen mit<br />
einigen neuen Kolleginnen die Zentrale von medica mondiale aufgebaut.<br />
Freundinnen von mir hatten das Projekt bereits in meiner<br />
Abwesenheit gestartet. Danach bin ich hin- und hergetingelt.<br />
1995 ging ich zurück an die Klinik in Köln, um meine Ausbildung zu<br />
beenden. Der Klinikalltag versus Kriegsalltag: Das Aufeinanderprallen<br />
dieser beiden Realitäten hat mich krank gemacht, ebenso<br />
die Gleichgültigkeit, die viele gegenüber dieser Thematik an den<br />
Tag legten.<br />
Und wie blicken Sie denn heute, rund 1 Jahre nach<br />
Kriegsende, auf die Geschehnisse von damals zurück?<br />
Das war die intensivste Zeit meines Lebens, und ich habe viele<br />
Jahre nach 1993 auch noch im damaligen Rhythmus gelebt:<br />
So kam beispielsweise an bestimmten Tagen im April die Erinnerung<br />
in mir hoch, wie die Granaten immer näher explodierten. Oder<br />
ich erinnerte mich, wie im wenige Kilometer von uns entfernten<br />
Ahmići, jenseits der kroatischen Frontlinie, ein schlimmes Massaker<br />
verübt wurde. Einige Überlebende, darunter viele vergewaltigte<br />
Frauen, sind damals zu uns ins Zentrum geflohen.<br />
Der Krieg ist vorbei und die körperlichen Wunden dieser<br />
Frauen sind verheilt, aber wie geht es denn diesen Frauen heute?<br />
Wie kann ein Mensch solche Geschehnisse verarbeiten?<br />
Das hängt von vielerlei ab. Aber wir wissen, dass ein verständnisvolles<br />
und unterstützendes Umfeld eine wichtige Voraussetzung ist.<br />
Foto: Andreas Mader
Leider ist dies durch die weltweit vorherrschenden patriarchalen<br />
Gesellschaftsstrukturen nur selten gegeben. So gibt es im<br />
Kosovo sehr rigide Gesellschaftskodexe, die Frauen untersagen,<br />
über das Thema «erlebte Gewalt» zu sprechen – auch nicht im<br />
Falle einer Kriegsvergewaltigung. Vor diesem Kontext sahen<br />
viele Männer diese Menschenrechtsverletzung nicht und haben<br />
ihren Frauen sogar noch die Schuld zugeschoben. Unter solchen<br />
Gegebenheiten ist eine Verarbeitung eigentlich unmöglich. In<br />
Bosnien habe ich jedoch auch erlebt, wie Männer, deren Frauen<br />
in Vergewaltigungslagern in Gefangenschaft waren, sich direkt<br />
an uns gewandt haben. Sie erzählten, dass ihre Frauen nicht<br />
mehr essen, nicht mehr mit den Kindern spielen, schlicht nicht mehr<br />
leben wollten.<br />
Welche Hilfe kann medica mondiale diesen Frauen bieten?<br />
Es braucht eine behutsame, langfristige Unterstützung. Konkret<br />
bieten wir gynäkologische, psychosoziale, aber auch juristische<br />
«Es ist ein harter, aber kein einsamer<br />
Kampf. Überall auf der Welt leben<br />
Frauen, die gegen diese Ungerechtigkeiten<br />
vorgehen.»<br />
Unterstützung an. Das Wichtigste ist, dass die Frauen begreifen,<br />
dass sie nicht verrückt sind. Nach schweren Traumata kommt<br />
es oft zu vermeintlich seltsamen Reaktionen physischer und psychischer<br />
Natur, die von den Opfern zuerst nicht zugeordnet werden<br />
können. So kann der Geruch eines Mannes ein Flashback hervorrufen.<br />
Er katapultiert die Frau emotional direkt in die Situation<br />
der Vergewaltigung zurück. Passiert so etwas, sind die Frauen oft<br />
tagelang nicht mehr alltagstüchtig. Manche verfallen in eine<br />
D epression, andere zeigen Anfälle von Asthma. Die Symptome<br />
sind so unterschiedlich wie die Schicksale der Opfer.<br />
Haben Sie eine Erklärung dafür, wieso sexuelle Gewalt so<br />
oft als Mittel der strategischen Kriegsführung eingesetzt wird?<br />
Meine Gegenfrage lautet, wieso vergewaltigen Männer im Frieden?<br />
Wir wissen, dass in <strong>Deutschland</strong> jede dritte bis vierte Frau Gewalterfahrungen<br />
gemacht hat. Die Schweiz weist eine ähnliche Rate<br />
auf. Vergewaltigungen finden in allen Gesellschaften und quer<br />
durch alle Schichten statt. Es geht immer um die Demonstration<br />
von Macht. Auch beim Einsatz dieser «Methode» in der Kriegsführung<br />
ist es nicht anders: Es handelt sich um eine Botschaft der<br />
Männer an ihre Feinde, die lautet: «Ihr schafft es nicht einmal,<br />
eure Frauen zu schützen. Ihr seid schwach.»<br />
Dennoch. So lässt sich doch kein Land gewinnen.<br />
Doch. Im Kosovo reichte es, das Gerücht zu verbreiten, Arkans<br />
Truppen seien auf dem Vormarsch. Arkan war ein serbischer Paramilitär,<br />
der in Bosnien gewütet hatte. Er und seine Männer waren<br />
bekannt für brutalste Vergewaltigungen. Das Gerücht allein reichte,<br />
damit ganze Täler flohen. So lässt sich Land gewinnen.<br />
Ihre Tätigkeit ist per se belastend – dennoch gibt es sicher<br />
auch auf Ihrem Weg Meilensteine.<br />
Ja, wichtigster Punkt ist, dass wir in all den Jahren Tausende von<br />
Frauen weltweit unterstützen und ins Leben zurückführen konnten.<br />
Auf der politischen Ebene ist die UN-Resolution 1820 zu erwähnen,<br />
die seit Juni 2008 in Kraft ist. Dafür haben wir lange gekämpft.<br />
Monika Hauser Leader 49<br />
Bei ihrem Besuch im Kongo hat Hillary Clinton als bisher einzige<br />
Politikerin vehement auf die Einhaltung der Resolution gepocht.<br />
Vergewaltigungen als Mittel der Kriegsführung sind eine Verletzung<br />
der Menschenrechte und sind als Kriegsverbrechen zu ahnden.<br />
Diese Resolution gibt der internationalen Politik eine Handhabe zu<br />
Interventionen und Strafverfolgung.<br />
Sie denken, dass die Resolution eine Änderung bringt ?<br />
Ja, wenn sich die Regierungen, speziell jener Länder, die über<br />
Geld und Macht verfügen, auch tatsächlich auf sie berufen und<br />
entsprechend Druck ausüben, damit sie umgesetzt wird.<br />
Wenn es so leicht ist, wieso wird es dann nicht gemacht ?<br />
Die bittere Wahrheit ist, dass es für viele zu wenig wichtig ist.<br />
Es geht nicht um Geld, es geht bloss um Frauen. Welchen Stellenwert<br />
haben Frauen in der Gesellschaft ? Das zeigt sich an der sozialen,<br />
politischen und ökonomischen Teilhabe an der Macht – auch<br />
in westlichen Ländern wie <strong>Deutschland</strong> und der Schweiz gibt es<br />
reichlich Handlungsbedarf. Die Politiker stehen klar in der Pflicht.<br />
Sie waren Ärztin, doch Sie haben sich zur Anwältin gewandelt.<br />
Vielleicht war ich das im Innersten immer schon. Am liebsten würde<br />
ich mich ganz auf meine Fach- und Menschenrechtsarbeit konzentrieren,<br />
doch davon hält mich oft der Kampf um Geld für Projekte<br />
ab. Es ist auch sehr anstrengend, immer wieder daran zu erinnern,<br />
dass man Frauen unterstützen soll. Ich möchte helfen, die Voraussetzungen<br />
dafür zu schaffen, dass Frauen weltweit ihr Schicksal<br />
und ihre Perspektive selbst in die Hand nehmen können.<br />
Woher nehmen Sie die Kraft für Ihre Arbeit ?<br />
Wie schon erwähnt, die Solidarität und der Einsatz der Frauen,<br />
die sich für die medica mondiale Projekte weltweit engagieren,<br />
geben mir sehr viel Kraft. Es ist ein harter, aber kein einsamer<br />
Kampf. Überall auf der Welt leben mutige Frauen, die gegen diese<br />
Ungerechtigkeiten vorgehen. Auf diese Weise bildet sich ein wertvolles<br />
und starkes internationales Netzwerk, in dem auch Fachfrauen<br />
interdisziplinär zusammenarbeiten. Unsere Strategie ist<br />
dabei die Hilfe zur Selbsthilfe. Um zurück ins Leben zu finden,<br />
brauchen Frauen neben der physischen und psychischen Begleitung<br />
auch eine wirtschaftliche Perspektive. Im Kosovo haben<br />
wir mit Erfolg erste Projekte im Stil der Mikrofinanz realisiert.<br />
Es ist unglaublich zu sehen, wie einst suizidale Frauen erstmals<br />
wieder aktiv und selbstbewusst im Leben stehen. <<br />
Der Right Livelihood Award, oft als Alternativer<br />
Nobelpreis bezeichnet, wird jährlich an vier Preisträger<br />
vergeben, die von einer internationalen<br />
Jury bestimmt werden. Geehrt werden Menschen,<br />
die durch ihre Tätigkeit Lösungen zu den dringendsten<br />
Problemen unserer Zeit erarbeitet und umge-<br />
setzt haben. Bei der Vergabe des Preises existieren<br />
keine strengen Kategorien. Seit der Lancierung<br />
des Preises 19 0 wurden Personen ausgezeichnet<br />
für ihre Verdienste in den Bereichen Umwelt, Frieden,<br />
Abrüstung, Menschenrechte, Entwicklung, Kultur<br />
und Spiritualität, indigene Völker, Verbraucher-<br />
schutz, Bildung, Gesundheit, Energie und Ressourcenschonung.<br />
http://www.rightlivelihood.org/<br />
<strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> bulletin 5/09
0 Schlusspunkt<br />
Die Zukunft von Engagement<br />
Nach der Finanzkrise wird von Unternehmen erwartet, dass sie ihre gesellschaftliche<br />
Verantwortung überdenken. Ihre Unterstützung von gemeinnützigen Initiativen<br />
und kulturellen Projekten ist dabei ein interessanter Indikator. Das Mäzenatentum<br />
wird abgelöst von neuen Formen des sozialen Engagements. Fritz Gutbrodt,<br />
Direktor der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> Foundation sowie Professor an der Universität Zürich, über<br />
k lassische Philanthropie und die nächste Generation von Social Entrepreneurs.<br />
Ende Oktober wählte die Schwab Foundation<br />
for Social Entrepreneurship<br />
im Gottlieb Duttweiler Institut (GDI)<br />
ihren Social Entrepreneur 2009. Der<br />
Preis ging an Paolo Richter und seine<br />
Organisation «gump- & drahtesel» (g & d). Seit 1989<br />
renovieren sie alte Velos, verwerten sie als Ersatzteile<br />
oder machen daraus Objekte, die im eigenen<br />
Laden verkauft werden. Der Grossteil der Arbeit<br />
wird von Erwerbslosen geleistet. Pro Jahr kommen<br />
so 750 Menschen zu einem befristeten Einsatz;<br />
rund 50 Prozent von ihnen finden danach wieder<br />
eine Stelle. Die berufliche Integration im Raum<br />
Bern wird durch ein Projekt in Afrika ergänzt. Rund<br />
7000 Recycling-Velos und Ersatzteile werden jährlich nach Westafrika<br />
verschifft, wo sie Menschen, Waren und Unternehmen mobil<br />
machen. «Aus Veloschrott im Norden werden nachhaltige Start-ups<br />
im Süden», wie g & d dies formuliert.<br />
g & d im GDI: In Rüschlikon hatte die Preisverleihung auch eine<br />
symbolische Dimension. Gottlieb Duttweiler hat den Kaffee und den<br />
Reis der Migros 1925 zwar nicht auf dem Gepäckträger eines Velos<br />
zu den Kunden gebracht, sondern mit Lastwagen, aber die Mobilität<br />
war auch bei ihm der Kern seiner unternehmerischen Idee, die<br />
den Detailhandel radikal veränderte. Ungewöhnlich war auch sein<br />
Entscheid, die Migros AG zu einer Genossenschaft zu machen, einen<br />
Teil des Umsatzes in die Förderung von Bildung und Kultur zu investieren,<br />
eine politische Partei zu gründen und das GDI zu stiften. In<br />
der Einleitung zum Anlass wurde Duttweiler denn auch als ein Social<br />
Entrepreneur der ersten Stunde bezeichnet.<br />
Dass Unternehmen gemeinnützige sowie kulturelle Projekte unterstützen<br />
und ehrenamtliche Mandate von Mitarbeitenden fördern,<br />
hat eine lange Tradition. Sie ist Teil einer umfassenderen Verantwortung,<br />
die Firmen gegenüber ihren Kunden und Mitarbeitenden,<br />
der Zivilgesellschaft und der Öffentlichkeit tragen. Im Zentrum steht<br />
dabei in erster Linie die nachhaltig erfolgreiche Geschäftstätigkeit<br />
für den gegenseitigen Nutzen aller Bezugsgruppen. Die Finanzkrise<br />
hat das Vertrauen in die globalisierte Wirtschaft und insbesondere<br />
in den Finanzsektor auf die Probe gestellt. Vor diesem Hintergrund<br />
stellt sich auch die Frage, wie Firmen ihr soziales Engagement verstehen<br />
und glaubwürdig ausüben.<br />
Gemäss einem Bericht von McKinsey steigt die Zahl von Unternehmen,<br />
die ihre philanthropischen Initiativen mit dem Kerngeschäft<br />
in Beziehung setzen. Soziales Engagement soll mit Kompetenzen<br />
der Firma verbunden werden und einen Wissenstransfer in der<br />
bulletin 5/09 <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong><br />
Fritz Gutbrodt: «Die klassische<br />
Philanthropie hat sich kontinuierlich<br />
weiterentwickelt.»<br />
Kooperation mit Partnern ermöglichen. Die von<br />
der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> unterstützten Ausbildungsprogramme<br />
für den Mikrofinanzsektor entsprechen<br />
diesem Modell. Überhaupt ist die Involvierung der<br />
Mitarbeitenden ein zentrales Element im Bereich<br />
von Corporate Citizenship. Neben finanzieller<br />
U nterstützung ist die Freiwilligenarbeit eine wichtige<br />
Leistung von Unternehmen. Sie hat eine positive<br />
Auswirkung auf die Firmenkultur und ist<br />
ein Zeichen dafür, dass man Probleme aktiv angehen<br />
will.<br />
Neben Hilfswerken und NGOs bieten sich<br />
S ocial Entrepreneurs als Partner für die zukünftige<br />
Entwicklung von Corporate Philanthropy an. Sie<br />
spielen eine wichtige Rolle in der Lösung drängender Probleme, und<br />
sie bilden einen rasant wachsenden «sozialen Sektor». Sie gehören<br />
zu einer neuen Generation von Unternehmern, die auf innovative<br />
Weise dort ansetzen, wo andere Organisationen, der Staat oder auch<br />
Firmen mit ihren Ansätzen keinen Zugang finden. Sie verbinden<br />
lokale und globale Dimensionen, sind gut miteinander vernetzt und<br />
experimentieren mit neuen Formen von Partnerschaften. Die Organisation<br />
Ashoka und das Skoll Centre for Social Entrepreneurship<br />
an der Said Business School in Oxford geben einen Eindruck davon,<br />
wie sie arbeiten.<br />
Es besteht kein Zweifel, dass Unternehmen ein vitales Interesse<br />
haben an Massnahmen gegen Probleme wie Klimawandel, Armut<br />
und Menschenrechtsverletzungen. Sie bedrohen die Grundlagen<br />
einer nachhaltigen Entwicklung. Die nächste Generation von Entscheidungsträgern<br />
in den Firmen hat für diese Probleme eine besondere<br />
Sensibilität. Die Pisa-Studie der OECD zur Frage «Green at<br />
15?» verzeichnet ein erhöhtes Umweltbewusstsein auf allen Schulstufen.<br />
Laut der Shell-Jugendstudie von 2006 steht bei den 12- bis<br />
25-Jährigen der Einsatz für die Gesellschaft und andere Menschen<br />
hoch in der Werteskala. Ein Drittel der Befragten engagieren sich<br />
dafür oft in ihrer Freizeit; die Studie nennt es einen neuen Lebensstil.<br />
Der Trend stimmt überein mit dem Engagement junger Mitarbeitender<br />
in den Firmen. Um Probleme anzupacken, braucht es nicht<br />
nur finanzielle Mittel, sondern auch das, was g & d im Untertitel ihrer<br />
Zeitung «gump!» als «Mutanfälle» bezeichnet. Mut auf Zukunft.<br />
�<br />
Siehe auch unseren Researchartikel «Eine neue Ära<br />
der Nachhaltigkeit» (Seiten 41 bis 43).<br />
<<br />
Foto: Martin Stollenwerk
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