0 - Credit Suisse - Deutschland
0 - Credit Suisse - Deutschland
0 - Credit Suisse - Deutschland
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
12 Verantwortung Girls Report<br />
Armut ist immer<br />
noch weiblich<br />
Der aktuelle Bericht des Kinderhilfswerks Plan über die weltweite Situation von<br />
Mädchen und jungen Frauen fördert viele Versäumnisse zu Tage. Weil die Folgen davon<br />
nicht nur aus humanitärer, sondern auch aus wirtschaftlicher Sicht gravierend sind,<br />
ruft die Organisation nun mit einem Aktionsplan alle Länder zum Handeln auf.<br />
Text: Regula Gerber<br />
«70 Prozent der 1,5 Milliarden Menschen, die mit weniger als einem<br />
Dollar pro Tag leben, sind Frauen. Rund 62 Millionen Mädchen dürfen<br />
nicht zur Schule gehen. Und in vielen Ländern erhalten Frauen bis<br />
zu 50 Prozent weniger Lohn als die Männer für die gleiche Arbeit.»<br />
Besorgnis erregende Fakten, die Beatrice Weber, Geschäftsführerin<br />
von Plan Schweiz, präsentiert. Plan setzt sich für die Rechte der<br />
Kinder ein. Und ganz besonders für die der Mädchen, weil diese am<br />
meisten unter der Armut und ihren Folgen leiden. In diesem Rahmen<br />
erscheint jährlich der Bericht «Weil ich ein Mädchen bin – Zur Situation<br />
der Mädchen in der Welt». Das ist eine umfangreiche Dokumentation<br />
der Lebensumstände wie die Verletzungen der Rechte der<br />
Mädchen. Darin integriert ist auch eine Langzeitstudie, die über das<br />
Schicksal von 142 Mädchen berichtet, die 2006 in verschiedenen<br />
Teilen der Welt geboren wurden. Diese Mädchen und ihre Familien<br />
besucht Plan bis 2015 jährlich, um Gesundheit, Bildung und Ernährung<br />
der Kinder zu dokumentieren.<br />
Der diesjährige Bericht «Weil ich ein Mädchen bin», den Beatrice<br />
Weber an einer von Plan Schweiz und <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> gemeinsam<br />
organisierten Veranstaltung erläuterte, könnte aktueller nicht sein:<br />
Er widmet sich den Mädchen in der globalen Wirtschaft.<br />
Ausgrenzung von Frauen gefährdet den Wohlstand<br />
Eine weltweite Rezession trifft die ohnehin Schwachen am stärksten:<br />
die jungen Frauen und Mädchen in den Entwicklungsländern.<br />
Beatrice Weber erklärt: «Wenn zu Hause plötzlich das Geld fehlt,<br />
sind die Mädchen die Ersten, die von der Schule genommen und für<br />
Arbeit im Haushalt oder auf dem Feld eingesetzt werden. Jüngsten<br />
Untersuchungen zufolge sind weltweit mehr als 100 Millionen Mädchen<br />
von Kinderarbeit betroffen. Haushaltsarbeit wird vielfach als<br />
eine ‹sichere› Beschäftigungsform betrachtet, in Tat und Wahrheit<br />
sind die Mädchen dadurch aber verstärkt Missbrauch und ausbeuterischen<br />
Arbeitsverhältnissen ausgesetzt.»<br />
In vielen Ländern werden in wirtschaftlich schwierigen Zeiten an<br />
erster Stelle die jungen Frauen entlassen, von denen Millionen in der<br />
Exportindustrie und im informellen Sektor arbeiten. Endstation ist<br />
deshalb oftmals die Prostitution. Zudem gibt es Millionen von Frauen,<br />
die ihr Heimatland verlassen haben und im Ausland arbeiten. «Geldüberweisungen<br />
spielen eine wichtige Rolle für die Volkswirtschaften<br />
der jeweiligen Heimatländer», meint Beatrice Weber und führt die<br />
Philippinen als Beispiel an: «2007 waren dort zehn Prozent der<br />
B evölkerung im Ausland tätig und überwies allein in diesem Jahr<br />
bulletin 5/09 <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong><br />
14,5 Milliarden US-Dollar nach Hause. Das wird in diesem Jahr nach<br />
Schätzungen der Weltbank massiv weniger sein.»<br />
Alles Folgen der Rezession also, gegen die es schon aus humanitärer<br />
Sicht zu kämpfen gilt. Doch es gibt auch wirtschaftliche<br />
Gründe: Langfristig gehen den betroffenen Volkswirtschaften durch<br />
die mangelnden Investitionen in Mädchen pro Jahr Milliarden von<br />
US-Dollars verloren – Geld, das die Länder und ihre Gesellschaften<br />
dringend nötig hätten. Und dieser Zustand von wirtschaftlicher und<br />
sozialer Ungerechtigkeit geht schliesslich die ganze Welt an, wie<br />
Hillary Clinton, Aussenministerin der USA, feststellt: «Wenn die<br />
H älfte der Weltbevölkerung weiterhin wirtschaftlich, politisch, rechtlich<br />
und sozial ausgegrenzt bleibt, ist unsere Hoffnung auf Demokratie<br />
und Wohlstand gefährdet.»<br />
In Mädchen investieren heisst Armut durchbrechen<br />
Hillary Clintons Aussage unterstreicht das eindeutige Ergebnis des<br />
Plan-Berichts 2009: Frühzeitige Investitionen in Mädchen fördern<br />
das Wachstum und die Entwicklung eines gesamten Landes. Aus<br />
OECD-Statistiken geht hervor, dass die Länder mit den niedrigsten<br />
Bildungsquoten bei Mädchen auch am unteren Ende des Index für<br />
menschliche Entwicklung liegen. Der Kreislauf der Armut kann also<br />
nur durchbrochen werden, wenn mehr in Mädchen investiert wird.<br />
Beatrice Weber kennt die Statistiken, die die Wirkung belegen:<br />
«Wenn 1 Prozent mehr Mädchen die Oberstufe besucht, steigt das<br />
jährliche Pro-Kopf-Einkommen eines Landes um 0,3 Prozent. Und<br />
schon ein zusätzliches Jahr Oberstufe erhöht das Einkommen einer<br />
jungen Frau um 10 bis 20 Prozent. Ausgebildete Mädchen und<br />
Frauen heiraten später, haben weniger Kinder und schauen besser<br />
auf ihre eigene Gesundheit und die der Kinder. Sie fördern wiederum<br />
ihre Kinder, damit diese eine bessere Bildung erhalten. Das hat zur<br />
Folge, dass diese Menschen je länger je mehr qualifiziert und unabhängig<br />
sind.» Deshalb unterstützt Plan – nebst der Arbeit in den<br />
Bereichen Einkommensberatung, Infrastruktur und Gesundheit –<br />
die Bildung von Mädchen durch Stipendien für weiterführende Schulen,<br />
durch Weiterbildung sowie durch Qualitätsverbesserung der<br />
Schulen, Lehrkräfte und des Unterrichtsmaterials. Und: Plan ruft<br />
weltweit zum Handeln auf.<br />
Mit dem Aktionsplan (siehe Box) fordert das Kinderhilfswerk<br />
Regierungen, Geberländer, Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen<br />
auf, sich aktiv in ihrem Umfeld für die Verbesserung der<br />
Situation von Mädchen und jungen Frauen einzusetzen. Damit sie an<br />
Foto: Martin Dixon, Dixon Deux Yeux