weder in der Schule noch in der Lehre überträgt man den Jugendlichen annähernd so viel Verantwortung. Und manchmal ist hier der Verantwortungsbereich sogar noch grösser als jener des eigenen Chefs. So verfügte etwa ein 28-jähriger Bereichsleiter des alle 14 Jahre stattfindenden Pfadibundeslagers über ein Budget von einer halben Million Franken. Als er seinem Vorgesetzten in der Firma davon erzählte, blieb diesem der Mund offen stehen: Dessen Abteilungsbudget betrug gerade einmal die Hälfte davon. Scouting, eine Managementerfahrung Wer das Ausbildungsprogramm bei den Pfadfindern absolviert, lernt also schon in jungen Jahren Sozialkompetenz und Leadership. «Scouting ist eine ganzheitliche Lebenserfahrung, von der die Wirtschaft profitieren kann», sagt denn auch Eduardo Missoni, ehemaliger Generalsekretär des World Scout Bureau und Spross einer berühmten italienischen Modefamilie. Und er ist überzeugt: «Scouting ist auch eine Managementlernerfahrung.» Tatsächlich: Ob in der Wirtschaft oder in der Politik, die Liste von Schweizer Führungskräften mit einer Pfadivergangenheit ist lang. So stellen sie derzeit 95 der 246 Parlamentarier und bis vor kurzem mit Hans-Rudolf Merz (Pfadiname: «Zapfe») und Pascal Couchepin (kein Pfadiname) auch gleich zwei Bundesräte. Nicht minder prominent ist die Vertretung unter den Topmanagern – insbesondere bei der älteren Garde –, etwa mit dem ehemaligen Rentenanstalt- Präsident Ulrich Bremi (Pfadiname: «Brums»), dem Ex-Novartis-Lenker Alex Krauer («Marder») oder dem früheren «Winterthur»-Chef Peter Spälti («Sugus»). Die <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> Foundation anerkennt die grosse nachhaltige gesellschaftliche Leistung der Pfadibewegung Schweiz und unterstützt deren Ausbildungsprogramm. «Die Jungen von heute sind die Entscheidungsträger von morgen», sagt Verwaltungsratspräsident Hans-Ulrich Doerig, einst selbst ein aktiver Scout (Pfadiname: «Sheriff»). «Ihre Ausbildung liegt uns daher besonders am Herzen, damit sie zu verantwortungsbewussten Mitgliedern der Gesellschaft heranreifen. Die Pfadibewegung Schweiz leistet einen wesentlichen Beitrag zur Förderung solcher sozialen Talente.» Michael Krobath 0 Partnerschaft «Fealan» – Musik verbindet getrennte Welten Da staunte nicht nur Winterthur. Die Oper «Fealan» zeigte eindrücklich die musikalische Kreativität von Kindern und Jugendlichen auf. Beispielhaft waren auch der Teamgeist und der Integrationswille, den die 800 Schülerinnen und Schüler im Laufe von 18 Monaten entwickelten. Und das Beste: Matthijs Bunschoten, Jugendbeauftragter des Musikkollegiums Winterthur, verspricht eine Fortsetzung. Im Internat Talfels wehren sich die Schüler vergeblich gegen das straffe Regime der Direktorin Brotmann. Selbst ein Schülerstreik endet im Fiasko. Zu allem Überdruss verschwindet auch noch Vanessa. Sie hat beim Wasserfall getrunken und ist in Elfiatopia gelandet. Im Feenland des scheinbar ewigen Glücks steigt sie anstelle von Fealan zur neuen Herrscherin auf. Ihr Freund Nicolas, der sie nach verzweifelter Suche endlich gefunden hat, will trotzdem nicht im Feenland bleiben. Er kehrt freiwillig «in die andere Welt» zurück. Von der Internatspolizei bedrängt, rettet er sich erneut nach Elfiatopia und bittet Königin Vanessalan um Hilfe. Diese besucht mit Zauberer Grumpelbart die Schule Talfels und verwandelt schliesslich alle Schulleiter in grüne Kröten. «Der Jubel bei Elfen und Schüler(inne)n ist» – gemäss Programmheft – «gross!» Schüler schreiben Libretto und Partitur Der Jubel ist in der Tat gross. Nein, riesig. Im Mai, als «Fealan» im Theater Winterthur uraufgeführt wird, und dann nochmals im September anlässlich der Premiere zweier «Fealan-Videos», die Regula Tobler für das Schweizer Fernsehen produziert hat. Diese führen allen Beteiligten die Einmaligkeit des Unvergesslichen nochmals vors Auge, ins Ohr und mitten ins Herz hinein. Eiskalter Schauer fährt uns den Rücken hinunter, trifft sich mit der Hitze des Mitfieberns und den Tränen der Rührung und mündet schliesslich in pure Lebensfreude beim Mitsingen der gängigen Opernmelodien. Sind diese tatsächlich von Jugendlichen geschrieben worden? Kaum will man es glauben. Doch der Making-of-Film belegt es. «Partitur und Libretto haben schliesslich mehr als 300 Schüler beschäftigt», erzählt Andreas Nick, der künstlerische Leiter von «Fealan». «Wenn auch nicht von jedem Einzelnen ein Satz oder eine Melodie in der endgültigen Partitur zu finden ist, so haben doch alle mit ihrem Einsatz und ihrer Fantasie zur Entstehung unserer Oper beigetragen.» Kontakt mit der Welt des Musiktheaters Insgesamt haben 800 Schülerinnen und Schüler im Alter zwischen 7 und 17 Jahren am Projekt «Winterthur schreibt eine Oper» mitgemacht. Für den Erfolg eines Musikwerks braucht es ja auch noch Sängerinnen und Sänger, Designer, Schneider, Marketingspezialisten und sogar Journalisten. Am besten aus den verschiedensten Nationen. Viele Fealaner und ihre Eltern sind, wie Projektleiter Marco Müller festhält, noch nie im Theater gewesen, sind nie mit klassischer Musik in Berührung gekommen. Doch sie werden, kein Zweifel, diese andere Welt, die sie nun aktiv betreten haben, auch künftig hin und wieder besuchen. Da die Oper ohne Teamgeist, ohne Zurückstecken von Einzelinteressen zugunsten der Gruppe, nicht hätte gelingen können, ist «Fealan» gleichzeitig auch ein sehr erfolgreiches Integrationsprojekt. Wettbewerb: Name gesucht «‹Fealan› findet eine Fortsetzung», versichert Matthijs Bunschoten, der neue Jugend- � � Fotos: Manfred Höin
1 2 3 4 1 Das freundliche Gesicht von Fealan (Josephine Schneider) täuscht. Um an der Macht zu bleiben, verwandelt sie Elfen in Kröten. 2 Die Ansage-Elfe (Harun Olgun) kündigt Zauberer Grumpelbart an. 3 Es gibt auch männliche Elfen: Elf Fradolin (Noah Weber). 4 Kreatives Chaos bei «Fealan»: Ganz ohne dezente Begleitung durch erwachsene Spezialisten, Regisseur Gian Gianotti (links) etwa, ging es natürlich nicht. Die «Fealan»-Filme können unter www.musikkollegium.ch bestellt werden.