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Fotos: Dokumentation SRK, Bundesarchiv | Archiv der Familie Carigiet | Martin Stollenwerk | Peter Dammann, Agentur Focus<br />

Regel ist es umgekehrt: Es sind diese Kriegskinder,<br />

die sich beim Suchdienst melden, um<br />

ihre damaligen Gastfamilien ausfindig zu machen<br />

und sich bei ihnen zu bedanken. Die<br />

Kinder waren oft so jung, dass sie später gar<br />

nicht mehr wissen, wo oder bei wem sie in<br />

Pflege waren. Die Suche nach diesen Gastfamilien<br />

bedeutet daher für viele dieser Menschen<br />

eine Suche nach einem Teil ihrer eigenen<br />

Geschichte. Auch wenn es ein paar weniger<br />

glückliche Platzierungen gab, berichten<br />

viele dieser ehemaligen Kriegskinder, dass<br />

der Aufenthalt in der Schweiz einer Reise ins<br />

Paradies gleichkam: nach Krieg, Hunger und<br />

Verzweiflung erstmals Normalität, ein weiches<br />

Bett, warmes Essen, jemand, der Zeit<br />

hatte, sich um sie zu kümmern», so Windlin<br />

weiter.<br />

Aus Dankbarkeit für das (Über-)Leben<br />

«Wir sind dem Suchdienst des Roten Kreuzes<br />

wirklich dankbar dafür, dass sie uns geholfen<br />

haben, unsere zwei ‹Kriegskinder› ausfindig<br />

zu machen – auch wenn im Fall von Gertrude<br />

Nowak eine unserer Mitarbeiterinnen so geschickt<br />

im Internet recherchiert hat, dass wir<br />

letzten Endes sogar schneller an Gertrude<br />

gelangt sind als das Rote Kreuz», lacht Faustin<br />

Carigiet. Das freudige Wiedersehen mit<br />

beiden stehe kurz bevor. Auf die Frage, warum<br />

seine Eltern damals trotz der schweren<br />

Zeiten und der eigenen grossen Familie noch<br />

zwei Kinder aufgenommen hätten, antwortet<br />

Faustin Carigiet nachdenklich: «Sie haben<br />

das aus tiefer Dankbarkeit getan: Dankbarkeit<br />

darüber, dass sie zehn gesunde<br />

Kinder hatten, Dankbarkeit darüber, dass der<br />

Vater während zweier Weltkriege unversehrt<br />

aus dem Aktivdienst an der Front zurückgekehrt<br />

ist. Sie haben uns Nächstenliebe<br />

gelehrt und vorgelebt. Und so lautet die Widmung<br />

im Buch, das anlässlich des Firmenjubiläums<br />

geschrieben wurde: «Aus Dankbarkeit<br />

unseren Eltern und Vorfahren gegenüber<br />

und unseren Kindern und Nachkommen<br />

zur Erinnerung.» Mandana Razavi<br />

<strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> und SRK<br />

Im Rahmen der langjährigen<br />

Partnerschaft zwischen dem <strong>Credit</strong><br />

<strong>Suisse</strong> Corporate Volunteering und<br />

dem SRK haben sich bisher 2000<br />

Mitarbeitende der <strong>Credit</strong> <strong>Suisse</strong> an<br />

den regelmässig stattfindenden<br />

Blutspendeaktionen oder an der<br />

Geschenksammlung «Zweimal<br />

Weihnachten» beteiligt. Mehr Infos<br />

unter: www.redcross.ch<br />

«Jeder Fall ist anders»<br />

Tausende Menschen werden täglich von ihren Angehörigen getrennt –<br />

durch Kriege, Katastrophen oder Schicksalsschläge. Der Suchdienst des<br />

Schweizerischen Roten Kreuzes versucht die Vermissten zu finden.<br />

bulletin: Was ist der Suchdienst des<br />

Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK)?<br />

Nicole Windlin: Das ist eine Dienstleistung,<br />

die bereits Henry Dunant auf dem Schlachtfeld<br />

von Solferino ausgeübt hat, indem er von<br />

den Kranken- und Totenbetten der Soldaten<br />

aus Briefe an die Angehörigen schrieb. Mittlerweile<br />

gibt es in 186 Ländern Suchdienste<br />

der Rotkreuz- oder Rothalbmond-Gesellschaft,<br />

die alle in einem Netzwerk, an dem<br />

auch das IKRK beteiligt ist, zusammenarbeiten.<br />

Der Suchdienst SRK steht allen in der<br />

Schweiz wohnhaften Personen offen, die ein<br />

Familienmitglied oder eine ihnen nahe stehende<br />

Person vermissen. Die Leistungen<br />

des Suchdienstes sind kostenlos.<br />

Was für Anfragen bekommen Sie?<br />

Der Suchdienst war ursprünglich vor allem<br />

auf Kriegs- und Katastrophensituationen<br />

ausgerichtet. Wir betreiben dabei auch lange<br />

Nachbearbeitungen, wie im Beispiel der Kinderhilfe.<br />

Auch haben wir pro Woche sicher<br />

zwei Anfragen, die sich noch auf den Zweiten<br />

Weltkrieg beziehen. Dieses Jahr bekamen<br />

wir besonders viele Anfragen in Bezug auf<br />

Sri Lanka: In der Schweiz leben viele Tamilen,<br />

die seit Monaten keine Nachrichten von ihren<br />

Angehörigen haben.<br />

Wie gehen Sie bei einer Suche vor?<br />

Für Anfragen im Ausland arbeiten wir stark<br />

mit dem IKRK und den nationalen Rotkreuz-<br />

und Rothalbmond-Gesellschaften zusammen.<br />

Im Inland sind unsere Hauptkontakte<br />

die Behörden wie Einwohnermeldeamt, Zivilstandesamt,<br />

Bundesamt für Migration sowie<br />

der Suchdienst des Bundesamtes für Polizei.<br />

Das ist von Fall zu Fall verschieden. Hin und<br />

wieder löst sich ein Fall sogar über Facebook<br />

oder Twixtel.<br />

Was für eine Erfolgsrate haben Sie?<br />

Weltweit spricht man von zirka 50 bis 60 Prozent.<br />

Aber das ist natürlich unterschiedlich.<br />

Es ist einfacher, jemanden in der Schweiz zu<br />

suchen als in Somalia. Dort fahren beispielsweise<br />

Freiwillige mit dem Velo in die hintersten<br />

Dörfer oder sie hören sich in den<br />

Clans um, aber oft sind die Umstände so<br />

schwierig, dass es gefährlich ist, sich für eine<br />

Suche frei zu bewegen.<br />

Nicole Windlin, Leiterin des Suchdienstes beim<br />

Schweizerischen Roten Kreuz.<br />

Es sind doch aber sicher nicht nur schöne<br />

Nachrichten zu überbringen.<br />

Wir versuchen Leute darauf vorzubereiten,<br />

dass eine Suche nach einem Vermissten<br />

auch mit einer Todesnachricht enden kann.<br />

Aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass<br />

die Ungewissheit das Schlimmste ist. Menschen,<br />

die jemanden vermissen, können ihr<br />

Leben oft kaum weiterleben, viele können in<br />

Ungewissheit auch nicht trauern. So haben<br />

wir beispielsweise zirka 100 offene Dossiers,<br />

die auf die Resultate der Exhumierungen<br />

von Massengräbern in Bosnien und Kosovo<br />

warten. Für diese Familien ist es schwierig,<br />

nicht zu wissen, was mit den Angehörigen<br />

passiert ist.<br />

Wie empfinden Sie die Arbeit beim<br />

Suchdienst ?<br />

Die Arbeit beim Suchdienst gefällt mir sehr<br />

gut. Sie ist vielfältig und geht häufig ans Herz.<br />

Eine Suche ist immer ein emotionaler Prozess.<br />

Keine Geschichte ist so wie die andere. Die<br />

Menschen sind sehr dankbar für unsere Unterstützung.<br />

Sie spüren, dass wir uns für sie<br />

einsetzen und die Hoffnung nicht aufgeben,<br />

ihre Angehörigen zu finden. mar

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