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Engelberg Titlis<br />
„<br />
von Reto Ruhstaller 1<br />
Freeride am Titlis –<br />
Unterwegs mit einem Bergführer<br />
Wenn das Freeriden ist, was<br />
wir da gerade machen, dann<br />
möchte ich wieder zurück auf<br />
die Piste“, ruft ein weibliches Mitglied<br />
meiner schwedischen Gruppe, die ich<br />
an diesem schönen Wintertag im Februar<br />
als Bergführer im Auftrag des<br />
Bergführerbüros Engelberg betreue.<br />
Die Gruppe mit ihrem skibegeisterten<br />
Chef verbringt den Geschäftsausflug<br />
in Engelberg und da liegt ein Freeridetag<br />
als eine der verschiedenen<br />
Wahlmöglichkeiten neben Pistenfahren,<br />
einem Winterspaziergang und einer<br />
Schneeschuhwanderung auf der Hand.<br />
So dumm ist die Frage der Schwedin<br />
nicht: Wir haben zwar soeben auf dem<br />
Jochstock die Pistenabschrankungen<br />
hinter uns gelassen, um das Steintäli<br />
hinunter zum Engstlensessellift als<br />
erste sanfte Abfahrt anzugehen, doch<br />
punkto Schneebeschaffenheit hat sich<br />
gegenüber der Piste nicht viel geändert.<br />
Wir ziehen unsere Bögen auf einer<br />
buckelpistenähnlichen Unterlage. Die<br />
Oberschenkel als natürliche Stoßdämpfer<br />
sind gefordert. Tiefschnee fühlt sich definitiv<br />
anders an. Ich erkläre der Gruppe,<br />
dass sich dies während diesem Tag auch<br />
nicht gross ändern wird. Schliesslich liegt<br />
der letzte Schneefall bereits ein paar Tage<br />
zurück. Aber auch „Altschneetage“ haben<br />
beim Freeriden ihren Reiz. Wir haben das<br />
ganze Titlisgebiet zur freien Verfügung,<br />
um im Cruisemodus über Gletscher,<br />
entlang von Felswänden und durch<br />
enge Täler unsere Abfahrtsvarianten<br />
zu wählen. Und es ist im Gegensatz zum<br />
Rummel auf den Pisten und dem Stress<br />
an manchen Tagen mit Neuschneee ruhig<br />
und friedlich. Trotz diesen motivierenden<br />
Worten quert die Schwedin zurück auf<br />
die Piste, was hier problemlos möglich<br />
ist. Sie zieht eine glatte Piste dem ruppigen<br />
Untergrund im freien Gelände vor.<br />
Ich fahre mit der Gruppe weiter hinunter<br />
zum Engstlensee.<br />
Cliffdrops – gewollt und ungewollt<br />
Unsere zweite Abfahrt des Tages beginnt<br />
wieder am Jochstock und führt dieses<br />
Mal über das Grosse Sulzli. Unter der<br />
Nordflanke des Reissend Nollen hat der<br />
Wind der vergangenen Nacht etwas pulvrigen<br />
Schnee in unseren Hang getragen<br />
und so kurven wir mit langen, schnellen<br />
Bögen genüsslich talwärts. Der Fokus des<br />
Risikomanagements eines Bergführers<br />
liegt an diesem Tag nicht hauptsächlich<br />
auf der Lawinenprophylaxe – obwohl die<br />
Lawinenausrüstung selbstverständlich<br />
stets mitgeführt wird und die mentalen<br />
Sensoren hellwach sind – sondern auf der<br />
Vermeidung von Stürzen auf dem doch<br />
eher hart gepressten Schnee. Wir umfahren<br />
deshalb in gebührendem Abstand<br />
einen mächtigen Felsriegel im unteren<br />
Teil des Sulzli. "Zöggel" ein Freeride-<br />
Kollege aus meinen Anfängen, traute an<br />
dieser Stelle einst seinen Augen nicht. Er<br />
erzählt: "An einem Powderday im letzten<br />
Jahrtausend sah ich eine Person unter<br />
dem Felsriegel sitzen. Rundherum ein<br />
Krater im tiefen Schnee. Doch nirgends<br />
war eine Spur zu sehen, die zur Person<br />
und zum Krater führte. Ich richtete meinen<br />
Blick felsaufwärts und sah 60 Meter<br />
weiter oben eine einsame Spur auf die<br />
Felskante hinführen. Ich fuhr zu ihr hin.<br />
Die Person gab verwirrt Auskunft, schien<br />
aber keine Verletzungen vom Sturz<br />
davon getragen zu haben. Dies wurde<br />
dann auch im Spital nach der Helikopterevakuierung<br />
bestätigt." Unglaublich! Die<br />
Person hatte soeben ungewollt einen<br />
der grösseren Cliffdrops hingelegt und<br />
überlebt. Gegenüber befindet sich an<br />
den Felsen zwischen dem kleinen und<br />
dem grossen Sulzli das Eldorado für<br />
gewollte Cliffdrops. Hier werden nicht<br />
nur das Brillen- und das Fadencouloir befahren,<br />
sondern von den wahren Cracks<br />
auch ab und an Felsen gedropt, die die<br />
Zehnmeter-Marke deutlich übersteigen.<br />
Snow & Safety Days für Freerider<br />
Von Montag bis Mittwoch kostenloses<br />
geführtes Freeriden, Skitouren und<br />
Lawinenkurse! Nur mit Gästekarte<br />
kostenlos / Teilnehmerzahl beschränkt<br />
Weitere Informationen:<br />
www.engelberg.ch/snow&safety<br />
Daten: 23.1. – 25.1.2017, 30.1. – 1. 2.2017,<br />
20.2. – 22.2.2017, 27.2.2017<br />
Noch einmal zurück zu Zöggel und der<br />
überschaubaren Variantenfahrerszene<br />
der achtziger- und neunziger Jahre.<br />
Er betitelte jeden Variantenfahrer mit<br />
einem Übernamen. Beispielsweise war<br />
der "Ölwechsel" nach seinem orangefarbenen<br />
Descente-Skianzug mit den<br />
ölfarbenen Sprenkeln benannt. Die Skinationalmannschaft<br />
der Schweiz trug damals<br />
auch solche Skianzüge. "Ölwechsel"<br />
sah wirklich aus wie ein Automonteur<br />
nach einem grossen Service. Wir lassen<br />
die Felsriegel des Sulzlikessels und die<br />
Anekdoten hinter uns und fahren weiter<br />
ab zum Trüebsee.<br />
Laub - Freeridehang der Extraklasse<br />
Nun ist die Gruppe bereit für einen<br />
echten Leckerbissen, das Laub. Bequem<br />
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