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Taxi Times München - August 2015

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PERSONALIEN<br />

NACHRUF<br />

Was von der Nacht<br />

übrig blieb: Szene in<br />

der Schwan thalerstraße.<br />

ALFRED GIRL IST GESTORBEN.<br />

Lichthäfen für<br />

Nachtschwärmer:<br />

die Kulturfabrik<br />

(oben) und die<br />

Optimolwerke<br />

(rechts).<br />

ES GIBT VIELE GRÜNDE,<br />

TAXIFAHRER ZU SEIN<br />

Wenn andere zum Feiern gehen, dann beginnt er seine Schicht. Und<br />

wie ein Nachtfalke hat er ein scharfes Auge, mit dem er auch in der<br />

Dunkelheit sehen kann. Sieht er ein gutes Motiv, dann drückt er ab.<br />

Gerold Flock ist Nachtfahrer. Seit<br />

Jahren schon. Und er kennt alle<br />

Licht- und Schattenseiten seines<br />

Berufes. „Es gibt viele Gründe, <strong>Taxi</strong>fahrer<br />

zu sein“, sagt er. Bei vielen ist es ein Übergang,<br />

eine Überbrückung, eine Möglichkeit,<br />

schnell Geld zu verdienen. Wer mehr<br />

als zehn Jahre dabei ist, dem wird klar,<br />

dass es nichts war mit dem Übergang.<br />

„Die Zeiten haben sich geändert“, resümiert<br />

Gerold Flock. Hartz IV und jetzt<br />

zuletzt der Mindestlohn hätten einen weit<br />

größeren Einfluss auf das <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />

genommen, als ursprünglich erkennbar war.<br />

Wenn die Freiräume im <strong>Taxi</strong>job weniger<br />

werden, dann muss man sich eigene Freiräume<br />

schaffen. Für Flock sind das die Berge<br />

vor seiner Haustür – und die Fotografie.<br />

„Ich hätte gerne eine große Spiegelreflexkamera,<br />

damit man mich ernster<br />

nimmt“, sagt er. Auf der<br />

anderen Seite gelingen<br />

ihm mit seiner kleinen<br />

Sony Aufnahmen, die man<br />

oft nur unentdeckt<br />

machen kann. Bilder von<br />

Menschen am Hauptbahnhof,<br />

von Demos oder vom<br />

Hungerstreik der Asylbewerber<br />

am Münchner<br />

Rindermarkt. Für alles<br />

andere nimmt er seine<br />

Leica V-Lux 1. „Das Tele<br />

geht bis 420 Millimeter und die Schärfe<br />

des Leica-Objektivs ist schon hervorragend“,<br />

ergänzt er. Ein Stück weit sind seine<br />

Bilder anarchisch, unkonventionell und<br />

immer auf der Seite der Verlierer, liebevoll,<br />

schonungslos, unzensiert. Sie zeigen<br />

Menschen aus Eichstätt, aus Marokko, sie<br />

Willkommen zum größten Volksfest der<br />

Welt: Nachteindruck vom Oktoberfest.<br />

zeigen Punks genauso wie die<br />

Fischer von Nazaré.<br />

Gerold Flock experimentiert,<br />

spielt mit Licht und<br />

Belichtung, mit Reflexionen,<br />

Spiegelungen und verregneten<br />

Windschutzscheiben. Und<br />

immer wieder Nachtleben.<br />

Und immer wieder <strong>Taxi</strong>. Wie<br />

ein roter Faden in einem<br />

Nachtfahrer und Fotograf: wechselvollen Leben. Denn<br />

Gerold Flock.<br />

das kann das <strong>Taxi</strong> – neben<br />

dem Broterwerb – auch<br />

sein: ein sicherer Hafen, ein Stück Regelmäßigkeit,<br />

etwas, das ordnet. Nicht<br />

umsonst beginnt sein unregelmäßiges<br />

Foto tagebuch auf www. geroldflockphotography.<br />

jimdo.com mit dem Kapitel<br />

„Zero“, dem Kapitel null: <strong>Taxi</strong>nights in<br />

<strong>München</strong>. <br />

tb<br />

FOTOS: Gerold Flock (4), Tom Buntrock<br />

TRAUERANZEIGE: Familie Girl<br />

Viel zu früh aus dem Leben gerissen wurde der Mann,<br />

der das Innenleben unserer <strong>Taxi</strong>s besser kannte als wir selber.<br />

Da stand ich also, damals, mit meinem<br />

neu zugelassenen <strong>Taxi</strong> und<br />

einem Karton voller Zukunft. Die<br />

Zukunft hieß „Datenfunk“ und bestand<br />

laut Lieferschein aus einem „DBGtouch<br />

incl. Cradle, einem fms-HUB MSC incl.<br />

Multi-SIM“, Kabeln, einem Mikrofon,<br />

einem Drucker, einer Antenne und allerhand<br />

Kleinkram. Dieses ganze Zeug<br />

musste mir jetzt jemand einbauen, der sich<br />

mit so was auskennt – aber wer?<br />

„Da fährst einfach zum Girl“, sagte mir<br />

einer der erfahrenen Kollegen. Einfach?<br />

Der Name „Girl“ stand weder im Branchenverzeichnis<br />

noch irgendwo an der etwas<br />

verwunschen wirkenden Hinterhofwerkstatt<br />

in der Kastenbauerstraße, da stand<br />

nur ein Schild mit der Aufschrift „Funktechnik<br />

Metzker“. Und die, die den „Girl“<br />

schon seit der Zeit kannten, als es das Wort<br />

Dr. J. Cichon<br />

Unfallschadenregulierung<br />

Fahrerlaubnisrecht<br />

Erbrecht<br />

M. Werther*<br />

Fachanwalt<br />

Verkehrsrecht<br />

Zivilrecht<br />

Dr. Cichon & Partner*<br />

Rechtsanwaltskanzlei<br />

S. v. Kummer*<br />

Fachanwalt<br />

Familienrecht<br />

Sozialrecht<br />

„Datenfunk“ noch gar nicht gab, nannten<br />

ihn nur „Burschi“. Ich habe ihn natürlich<br />

trotzdem gefunden, schließlich bin ich<br />

Taxler. Irgendwelche Umständlichkeiten<br />

oder Ärgerlichkeiten, die man sonst so<br />

kennt, wenn man sein Auto in die Werkstatt<br />

bringt, gab es bei Alfred Girl nicht. Er<br />

hat sich einfach Zeit genommen für seine<br />

Kunden – so schnell wie möglich, so viel<br />

wie nötig. Und die Arbeit war perfekt. Zwar<br />

musste er manchmal das halbe Auto auseinandernehmen,<br />

um all das zu installieren,<br />

was ein modernes <strong>Taxi</strong> so braucht,<br />

aber am Ende hat alles funktioniert und<br />

war makellos – keine sichtbaren Schraublöcher,<br />

keine Pfuschereien oder Wackeleien,<br />

keine herumhängenden Kabel.<br />

„Burschi war ein Ästhet in der Ausführung“,<br />

hat mir ein langjähriger Freund und<br />

Kollege von Alfred Girl gesagt.<br />

Tätigkeitsschwerpunkte<br />

J. Buchberger*<br />

Fachanwalt<br />

Strafrecht<br />

Bußgeldsachen<br />

Ein Ästhet mit Erfahrung. Als junger Mann<br />

schon arbeitete Girl in der 1977 gegründeten<br />

Firma Funktechnik Metzker, bevor er<br />

sich 1984 mit einer eigenen Werkstatt in<br />

der Gabelsbergerstraße selbstständig<br />

machte. Sechs Jahre später kehrte er, als<br />

neuer Eigentümer, zurück in die Kastenbauerstraße.<br />

Girl, ein Kerl von einem Mann, Bergsteiger<br />

und Autoliebhaber, wirkte wie<br />

einer, dem nichts etwas anhaben kann.<br />

Aber er hatte eine schwache Stelle – sein<br />

Herz. Vor Kurzem sollte ihm bereits zum<br />

zweiten Mal eine neue Herzklappe eingesetzt<br />

werden. Er hat die Operation nicht<br />

überlebt.<br />

Alfred Girl starb wenige Wochen nach<br />

seinem 58. Geburtstag. Wir werden ihn<br />

nicht vergessen. <br />

rb<br />

N. Nöker<br />

Fachanwalt<br />

Arbeitsrecht<br />

Verwaltungsrecht<br />

A. Friedmann<br />

Fachgebiet<br />

Gewährleistungsrecht<br />

Reiserecht<br />

M. Wunderlich-<br />

Serban<br />

Fachanwalt<br />

Mietrecht<br />

Privatinsolvenzen<br />

Johann-von-Werth-Straße 1, 80639 <strong>München</strong>, Tel. 089-13 99 46-0, Fax 089-16 59 51<br />

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4 TAXI AUGUST / <strong>2015</strong><br />

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