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außerschulischen Alltag, es herrschte eine hohe<br />
Kontinuität der Personen in der Betreuung und<br />
eine starke Homogenität der Erwachsenen in<br />
der Erziehung. Heute ist das Bildungssystem<br />
viel weniger strukturiert, weniger homogen,<br />
vielfältiger und verwirrender, anonymer und<br />
dadurch vielleicht auch weniger tolerant.<br />
Wie ist es eigentlich in den Nachbarländern,<br />
in Frankreich z. B., wo Kinder sehr viel häufiger<br />
und sehr viel mehr Stunden täglich<br />
fremdbetreut werden. Gibt es dort am Ende<br />
noch mehr Fälle von Verhaltensauffälligkeiten?<br />
Wir in Deutschland haben den Ruf, die am<br />
schlechtesten erzogenen Kinder zu haben.<br />
Die französische Gesellschaft ist noch deutlich<br />
mehr auf institutionelle Erziehung ausgerichtet.<br />
Mitarbeiter in Schulen, im Hort und an<br />
anderen Orten der Fremdbetreuung handeln<br />
noch mit wesentlich mehr Autorität. Die Kinder<br />
sind es daher von Anfang an mehr gewohnt,<br />
sich in Gruppen von Gleichaltrigen zu erleben,<br />
Rahmenbedingungen außerhalb der Familie<br />
und Veränderungen in diesem Rahmen einfach<br />
zu akzeptieren. Das Signal an die Kinder ist:<br />
Das System ist, wie es ist, ich kann mich in ihm<br />
bewegen, doch ein Generalprotest mit Total-<br />
verweigerung bringt nichts. Das ist ein anderes<br />
Signal als das, was verhaltensauffällige Kinder<br />
hier bei uns in Deutschland vielfach bekommen.<br />
Wir setzen unseren Kindern von Beginn<br />
an weniger Grenzen, viele Eltern ermuntern<br />
ihren Nachwuchs zu einem unsozialen Individualismus<br />
und werden später umso mehr mit<br />
Problemen konfrontiert.<br />
Grenzen setzen, konsequent sein, können Eltern<br />
ihren Kindern dadurch helfen?<br />
Es gibt eine ganze Reihe von Dingen, die Eltern<br />
tun können. Die Eltern sollten ihren Kindern z.<br />
B. einen gut organisierten Alltag ermöglichen<br />
und ihnen aufzeigen, welcher Bereich ihr eigener<br />
Verantwortungsbereich ist. Die Kinder müssen<br />
erfahren, dass in einer Gemeinschaft alle<br />
etwas dazu beitragen müssen, dass der Alltag<br />
funktioniert. Wichtig ist auch eine gute Vernetzung<br />
von Eltern mit Kindergarten, Schule und<br />
mit anderen Familien, um zu wissen, was dort<br />
geschieht. Es gibt heute sehr viele verschiedene<br />
Erziehungsvorstellungen und Lebens- und Verhaltensweisen.<br />
Das bedeutet natürlich auch,<br />
dass die Kinder ganz verschiedene Rollen sehen.<br />
Wenn die Eltern ihren Kindern nicht klarmachen,<br />
was sie von ihnen erwarten, dann<br />
werden sich die Kinder aus den Beispielen in<br />
Verhalten lernen PäDAGoGIk<br />
ihrer Umwelt das herauspicken, was ihnen<br />
taugt und vielleicht gerade das Einfachste ist.<br />
Wichtig ist eine gute Zusammenarbeit der Eltern<br />
mit der Schule, auch mit dem Ziel, die<br />
Autorität der Lehrer zu stärken. Kinder müssen<br />
wissen, dass sie nicht nach Hause gehen und<br />
sagen können: „Das ist ein blöder Lehrer, der<br />
mag mich einfach nicht, und deshalb muss ich<br />
auch nicht seine Aufgaben erledigen.“ Es gibt<br />
viele Eltern, die abwertende Aussagen der Kinder<br />
über die Schule fast schon einfordern, weil<br />
sie eigene Erfahrungen und ihre Beziehung zu<br />
anderen zum Modell für die Kinder machen.<br />
Das Prinzip, nach dem viele Erwachsenen handeln<br />
und dem auch die Kinder folgen, heißt<br />
Vermeidung, Tricksen, schamlos auf den eigenen<br />
Vorteil bedacht zu sein. Damit aber eröffnen<br />
sie den Kindern die Möglichkeit und auch<br />
die Rechtfertigung, Anforderungen und Problemen<br />
auszuweichen. Wenn man etwas nicht<br />
kann und nicht erreicht, ist es blöd oder sind<br />
die anderen schuld. Das macht es den Lehrern,<br />
die ja im Alltag der Kinder das anstrengendste<br />
Programm vertreten müssen, natürlich ziemlich<br />
schwer, die Kinder auf Anforderungen und<br />
Regeln zu verpflichten.<br />
Das Wichtigste aus meiner Sicht ist aber, dass<br />
die Eltern ein gutes Leben vorleben. Die Kinder<br />
September 11 CLICCLAC 9