Bulletin - Deutscher Museumsbund
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Was Graham Black so schön wie allgemein formulierte, hat<br />
in der täglichen Arbeit der 90 teilnehmenden Kunstvermittler<br />
aus Polen und Frankreich, Kroatien, Großbritannien, Israel, der<br />
Türkei, Italien, den Niederlanden, Österreich, der Schweiz,<br />
Irland und Deutschland, die sich im Schloss Genshagen trafen,<br />
allerdings eine sehr unterschiedliche Bedeutung.<br />
Denn auch wenn Dr. Maren Ziese, die die Tagung für die<br />
Stiftung Genshagen organisiert hat, feststellte: „Die Zeiten, in<br />
denen Museumspädagogik mit Kleben und Basteln gleichgesetzt<br />
wurde, sind vorbei“, müssen doch viele Museumspädagogen<br />
noch immer um feste Stellen und die selbstverständliche<br />
Anerkennung ihrer Arbeit kämpfen – nicht nur in Deutschland.<br />
Ihre Stellung im Museum wird meist nicht mit der der Kuratoren<br />
gleichgesetzt. Sie werden häufig erst spät, wenn überhaupt,<br />
in die Ausstellungsvorbereitungen einbezogen und manche<br />
fühlen sich gar als Trabanten, die geduldet und wenig anerkannt<br />
sind.<br />
Politik erkennt nachhaltigen Wert der Vermittlungsarbeit<br />
Die Zeiten des trostlosen Meckerns sind trotzdem vorbei.<br />
Denn auch wenn noch nicht jeder Museumsdirektor und<br />
Ausstellungskurator verstanden hat, dass sich die Strukturen im<br />
Museum verändern und das Museum ohne Vermittlung für Kinder<br />
und Jugendliche, ohne besucherfreundliche Aus stellungen,<br />
Publikationen und Begleitveranstaltungen ohne Zukunft ist,<br />
die Politik hat es. Kulturstaatsminister Bernd Neumann ist das<br />
Thema so wichtig, dass er die Tagung in Genshagen mit finanzierte.<br />
Denn in der Politik weiß man: „Die Wissensgesellschaft<br />
fordert das kreative Kind und das lebenslange Lernen.“<br />
Mit der Wertschätzung der Vermittlungsarbeit in Museen durch<br />
die Politik sind neue Forderungen entstanden. Die Forderung<br />
nach Gleichberechtigung von Ausstellungsmachern und Kunst -<br />
pädagogen ist nur eine. Die nach einem Museum, das sich der<br />
rasanten digitalen Entwicklung nicht verschließt, eine andere.<br />
Deshalb klingt der Satz „Die Kunstvermittlung ist in der Mitte<br />
des Museums angekommen“ noch immer wie eine Mischung<br />
aus Beschwörungsformel und Wunsch. Geht es nach den<br />
Kunstvermittlern und der Bundespolitik, so wird aus der<br />
Beschwörung demnächst mehr als „nur“ ein Erfah rungsaustausch.<br />
„Die Kulturpolitiker wenden sich der kulturellen Bildung verstärkt<br />
zu – in vielen Gesprächen beim Kulturstaatsminister spielt sie<br />
eine hervorgehobene Rolle“, berichtete Dr. Sebastian Saad,<br />
Referent bei Kulturstaatsminister Bernd Neumann.<br />
Begeisterung, Bildung, Bindung: Die 50 bis 100Jährigen<br />
kommen immer<br />
Ein wenig erinnert der Kampf um die Anerkennung der kunstpädagogischen<br />
Arbeit an die Zeit vor etwa 15 Jahren, als die<br />
Museen langsam begriffen, dass sie in Öffentlichkeitsarbeit<br />
18 <strong>Bulletin</strong> 4 / 2010<br />
und Marketing investieren müssen, damit sie neben anderen<br />
Freizeitangeboten, die durch clevere Werbung immer neue<br />
Besuchergruppen für sich interessierten, bestehen konnten. Weil<br />
sie das verstanden haben, können sie heute sagen: die 50- bis<br />
100-Jährigen kommen immer. Nun müssen die Jugendlichen<br />
umworben werden, wobei es nicht nur um freien Eintritt und<br />
klassische Werbung geht, sondern um Begeisterung, Bildung,<br />
Bindung. Doch nicht nur bei der Bindung wird es schwierig.<br />
Meist haben die Vermittler nur eine einzige Chance, Jugendliche<br />
fürs Museum zu begeistern. Kommen sie mit ihrer Schulklasse,<br />
verstehen sie den Museumsbesuch oft nur als weiteren<br />
Unterrichtsstoff und nicht als Möglichkeit für neue Erfahrungen.<br />
Deshalb gehen viele Vermittler in die Schulen und lassen die<br />
Jugendlichen nicht nur selbst künstlerisch aktiv werden, sondern<br />
auch entscheiden, mit welchen Medien sie arbeiten.<br />
Die Kunstvermittler forderten auf der Genshagener Tagung,<br />
dass die Vermittlung nicht nur mehr gewürdigt und besser<br />
finanziert werde, sondern auch zentrale Räume im Museum<br />
zur Verfügung stehen sollten. All das müsse im so genannten<br />
Leitbild eines Museums festgeschrieben sein. Über solche<br />
Leitbilder, über die Bedeutung der Kunstvermittlung und über<br />
die interkulturelle Museumsarbeit soll nach dem Willen der<br />
Museumsexperten mehr und öfter diskutiert werden. Die<br />
Stiftung Genshagen wird – das stand bereits während des diesjährigen<br />
Treffens fest – sich auch in den kommenden Jahren mit<br />
diesem Thema befassen.<br />
Dem regelmäßigen Museumsbesucher mag so viel Aufwand<br />
für die Vermittlungsarbeit übertrieben scheinen, doch Graham<br />
Black machte in seinem Vortrag zu den Herausforderungen<br />
und Perspektiven der Kunst- und Kulturvermittlung des 21. Jahrhunderts<br />
noch auf einen anderen grundlegenden Wandel aufmerksam:<br />
Die Gestaltung der Freizeit. „Die Computernutzung<br />
ist in den vergangenen Jahren um 32 Prozent gestiegen, die<br />
Fernsehnutzung um neun, so dass immer weniger Menschen<br />
ihre Wohnungen in der Freizeit verlassen,“ sagte Black.<br />
Während die Tagung in Genshagen einen internationalen, vielschichtigen<br />
und sehr persönlichen Eindruck von der „Kunst der<br />
Vermittlung“ gab, wird es ab 14. Dezember unter www.museum<br />
bildet.de einen repräsentativen deutschlandweiten Einblick in<br />
diese überlebenswichtige Museums-Vermittlungs-Arbeit geben.<br />
Denn der Deutsche <strong>Museumsbund</strong> hat unter allen etwa 6.100<br />
Museen in Deutschland nach Problemen und Programmen,<br />
Finanzierungen und Zielen gefragt. Immerhin 1.219 Museen<br />
haben geantwortet, so dass, nach Einschätzung von Vera<br />
Neukirchen, stellvertretende Geschäftsführerin des Deutschen<br />
<strong>Museumsbund</strong>es, ein „repräsentativer Einblick in alle Sparten<br />
und Bundesländer“ entstehen wird. Dann können Museen von