Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
SPECIAL I VERNETZUNG<br />
Fahrzeughalter vs. -führer<br />
Grundsätzlich können mehrere Personen<br />
für die Mängel eines vollautomatisierten<br />
und intelligent vernetzten Fahrzeugs verantwortlich<br />
sein. Namentlich der Hersteller,<br />
der Halter und/oder der Fahrzeugführer.<br />
<strong>Mobile</strong> Arbeitsmaschinen wie Land- oder<br />
Forstwirtschaftsmaschinen, unterliegen zumeist<br />
auch den (Haftungs-)Regeln des Straßenverkehrsgesetzes.<br />
Beim Betrieb der<br />
<strong>Mobile</strong>n Arbeitsmaschinen finden daher<br />
§ 7 StVG (Halterhaftung) und § 18 StVG<br />
(Fahrerhaftung) Anwendung. Nach § 7 StVG<br />
haftet der Halter im Grundsatz für alle<br />
Schäden, die aus dem typischen Gebrauch<br />
des Fahrzeugs resultieren. Der Gesetzgeber<br />
geht dabei davon aus, dass bereits der Betrieb<br />
eines KFZ eine nicht voll beherrschbare<br />
Gefahrenquelle darstellt und der Halter<br />
dies in letzter Konsequenz auch zu verantworten<br />
hat. Auch im Rahmen von (Fahr-)<br />
Assistenzsystemen oder hochautomatisierten<br />
Systeme, die autonom handeln, haftet<br />
daher auch regelmäßig der Halter für etwaige<br />
Defekte in den Systemen oder einen entsprechenden<br />
unsachgemäßen Umgang.<br />
Ebenso wie der Halter haftet auch der Fahrzeugführer<br />
nach § 18 Abs. 1 StVG für etwaige<br />
Schäden. Anders als im Falle der Halterhaftung,<br />
besteht im Falle der Fahrerhaftung<br />
jedoch die Möglichkeit sich zu entlasten, indem<br />
er nachweist, alles einem ordentlichen<br />
Fahrzeugführer Zumutbare zur Vermeidung<br />
des Unfalls getan zu haben. Dabei stellt ein<br />
eingesetztes autonom handelndes System,<br />
das Verhaltensweisen selbst lernt und ohne<br />
weiteres Zutun sein Verhalten ändert, den<br />
Zurechnungszusammenhang in Frage. Wie<br />
kann ein Fahrzeugführer für eine Handlung<br />
in die Verantwortung genommen werden,<br />
wenn er deren Ursache nicht zurechenbar<br />
gesetzt hat? Es muss dementsprechend berücksichtigt<br />
werden, welchen Einfluss der<br />
Fahrzeugführer noch auf das eingesetzte<br />
System hat. Bei vollautomatisierten Systemen<br />
wurde vom 53. Verkehrsgerichtstag in<br />
Goslar bereits empfohlen, den Fahrer vollständig<br />
von der Haftung freizustellen, sofern<br />
hierdurch der Opferschutz nicht eingeschränkt<br />
wird. Hat der Fahrzeugführer jedoch<br />
noch Eingriffsmöglichkeiten, ist im<br />
Einzelfall zu prüfen, welche Maßnahmen ergriffen<br />
werden bzw. welche Sorgfaltsanforderungen<br />
an ihn zu stellen sind. Hiernach<br />
wird sich dann auch eine entsprechende<br />
Haftung des Fahrzeugführers bestimmen.<br />
Hersteller vs. Zulieferer<br />
Neben dem Halter und dem Fahrzeugführer<br />
sieht das Produkthaftungsgesetz eine<br />
verschuldensunabhängige Haftung des<br />
Herstellers für Folgeschäden aus dem Gebrauch<br />
oder Verbrauch seines Produkts vor,<br />
wenn die Schädigung ihre Ursache in einem<br />
Fehler des Produkts hat, § 3 Prod-<br />
HaftG. Diese Haftung gilt jedoch nur für<br />
Personen- und Sachschäden. Dabei ist zu<br />
beachten, dass neben dem Endhersteller<br />
auch der Zulieferer und unter Umständen<br />
auch der Infrastrukturbetreiber/-hersteller<br />
nach den Vorschriften des Produkthaftungsgesetzes<br />
verschuldensunabhängig<br />
haften. Allerdings nur dann, wenn der Fehler<br />
auf das Zulieferteil oder die Infrastruktur<br />
zurückzuführen ist.<br />
Für den Endhersteller ist auch zukünftig<br />
an diejenigen Schäden zu denken, die<br />
durch mangelhafte Konstruktion, Fabrikation<br />
oder Instruktion entstehen und eine<br />
fehlerhafte Übermittlungen von Informationen,<br />
Befehlen, Übertragungen falscher Informationen<br />
oder falscher autonomer Entscheidungen<br />
der Maschine zur Folge<br />
haben. Dabei stellt sich insbesondere bei<br />
letzterem vermehrt die Frage, ob der Hersteller<br />
für die Schäden nach dem Produkthaftungsgesetz<br />
haftet, sofern die Schäden<br />
auf einer fehlerhaften Programmierung beruhen.<br />
So ist es nach wie vor in der juristischen<br />
Literatur umstritten, ob Software<br />
Work in Progress<br />
Die Haftungsregelungen des Straßenverkehrsordnungsgesetzes<br />
sind noch<br />
nicht an die neuen Technologien<br />
angepasst, erste Lösungswege werden<br />
jedoch unter Juristen breit diskutiert.<br />
Es ist daher zu erwarten, dass insbesondere<br />
vor dem Hintergrund der<br />
ambitionierten Ziele der deutschen Automobilindustrie,<br />
in den kommenden<br />
Jahren eine Überarbeitung der<br />
Vorschriften stattfinden wird, um<br />
Rechtssicherheit zu erlangen.<br />
eine bewegliche Sache darstellt und somit<br />
überhaupt vom Anwendungsbereich des<br />
Produkthaftungsgesetzes umfasst ist. Davon<br />
ist dann auszugehen, wenn die Software auf<br />
einem Datenträger gespeichert ist und nicht<br />
der Dienstleistungscharakter dominiert.<br />
Unberührt von der Produkthaftung bleibt<br />
die deliktische (Produzenten-)Haftung<br />
nach den allgemeinen Regeln bestehen,<br />
§ 15 Abs. 2 ProdHaftG. Im Rahmen der Produzentenhaftung<br />
ist zu erwarten, dass die<br />
sog. Produktbeobachtungspflicht den Produzenten<br />
vor weitergehende Schwierigkeiten<br />
stellt. Danach ist der Produzent auch<br />
nach der Markteinführung verpflichtet, sein<br />
Produkt im Auge zu behalten und zu beobachten.<br />
Im Rahmen des Einsatzes von technisch-komplexen<br />
Systemen ist davon auszugehen,<br />
dass sich diese Pflicht nicht nur<br />
auf konkrete Reklamationen beschränkt,<br />
Vielmehr hat der Produzent mehr zu leisten,<br />
indem er unter anderem dafür Sorge<br />
trägt, dass Informationen aus Fachzeitschriften<br />
erfasst und verwertet, Unfallanalysen<br />
auswertet und seine Mitarbeiter<br />
durch Besuche auf einschlägigen Tagungen<br />
hinreichend geschult werden.<br />
Recht hinkt Technik hinterher<br />
Bereits jetzt ist die Haftungsverteilung<br />
zwischen den Beteiligten bei dem Betrieb<br />
einer mobilen Arbeitsmaschine komplex.<br />
Diese wird durch die Entwicklung und Einführung<br />
von autonomen Systemen noch<br />
einmal vielschichtiger. Dabei sind sich die<br />
Juristen einig, dass die derzeitigen Haftungsregelungen<br />
nur bedingt dazu geeignet sind,<br />
einen gerechten Ausgleich zwischen den Beteiligten<br />
zu erzielen. Es ist zu erwarten, dass<br />
in den kommenden Jahren neben den technischen<br />
Entwicklungen auch Anpassungen<br />
durch den Gesetzgeber erfolgen werden.<br />
Bild: fotolia<br />
www.wbs-law.de<br />
<strong>Mobile</strong> <strong>Maschinen</strong> 1/<strong>2016</strong> 31