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Gerichtsobrigkeit zur Strafe<br />

dieses Fass Bier, so oft es vorkommt,<br />

unnachsichtlich weggenommen<br />

werden.“ Auf diesen<br />

Passus beruft man sich<br />

heute, 500 Jahre später, wenn<br />

man das deutsche „Reinheitsgebot“<br />

meint. Bier darf hierzulande<br />

nur aus vier (im Original<br />

sind es drei, wohl weil man sich<br />

der Bedeutung der Hefe nicht<br />

ganz im Klaren war) Zutaten<br />

gebraut werden: Gerstenmalz,<br />

Hopfen, Wasser und Hefe.<br />

Knallharte Politik<br />

Man kann, wenn man will, den<br />

Erlass der bayerischen Herzöge<br />

als das erste Verbraucher schutzgesetz<br />

der Welt bezeichnen,<br />

denn genau darum ging es –<br />

auch. Tatsächlich ging es aber<br />

noch um mehr, um Wirtschaftspolitik<br />

und Ressourcenmanagement<br />

nämlich. In diesem Erlass<br />

setzten die Landesherren nicht<br />

nur eine Obergrenze für den<br />

Bierpreis fest, denn Bier sollte<br />

für jedermann erschwinglich<br />

bleiben, sondern sie wiesen<br />

auch unterschiedliche Getreidesorten<br />

verschiedenen Zwecken<br />

zu, um Knappheiten zu<br />

verhindern. „Weizen fürs Brot,<br />

Gerste fürs Bier, Hafer für die<br />

Pferde“ war ein vereinfachter,<br />

gängiger Spruch dieser Zeit.<br />

Ganz nebenbei sicherten sich<br />

die Wittelsbacher damit auch<br />

gleich noch das exklusive<br />

Recht, mit Weizen Bier zu<br />

brauen, das damals schon<br />

beliebte Weißbier. Damit hatten<br />

sie als einzige Weißbierbrauer<br />

Bayerns über Jahre eine<br />

sichere Einnahmequelle. (Es<br />

gibt Historiker, die sagen, mit<br />

den Gewinnen aus ihrem Weißbiermonopol<br />

hätten die bayerischen<br />

Herrscher die Verteidigung<br />

ihres Besitzes im Dreißigjährigen<br />

Krieg finanziert. Erst<br />

1872 gelang es erstmals dem<br />

Bürgerlichen Georg Schneider<br />

aus München, sich das Weißbierbraurecht<br />

zu sichern.)<br />

Es gilt als erwiesen, dass<br />

Herzog Wilhelms Erlass, mit<br />

nur drei bzw. vier Zutaten zu<br />

brauen, mehr oder weniger lax<br />

gehandhabt wurde, schon<br />

wenige Jahre später wurde –<br />

wie es Tradition war – hier und<br />

da Bier mit Honig oder nichtschädlichen<br />

Gewürzen wie<br />

Kümmel, Wacholder und Salz<br />

gebraut. Die Idee, mit Hopfen<br />

zu arbeiten, setzte sich in der<br />

Breite aber durch, auch weil<br />

dessen antibakterielle Wirkung<br />

dem Bier schlicht gut tat.<br />

Hopfen macht Bier haltbarer.<br />

Eigentlich kam der alte Ingolstädter<br />

Erlass und sein heutiger<br />

Name „Reinheitsgebot“<br />

erst vor etwa 150 Jahren wieder<br />

aufs Tableau. 1861 setzte<br />

der Bayerische Landtag ein<br />

Biergesetz fest, das mit den<br />

bekannten vier Zutaten auskam,<br />

nach Gründung des<br />

Deutschen Reiches wurde<br />

das 1906 für ganz Deutschland<br />

übernommen (eine<br />

Bedingung der Bayern für<br />

ihren Beitritt zum deutschen<br />

Bund) und 1918 benannte ein<br />

bayerischer Abgeordneter es<br />

als „Reinheitsgebot“ mit<br />

direktem Bezug auf den<br />

Erlass von 1516.<br />

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