C_Jahresbericht15:16_RZ_klein
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Schwerpunkte themen & entwicklungen highlights in bildern wir über uns<br />
Modellprojekt EQisA zieht<br />
bundesweite Kreise<br />
Ein echter Erfolgsschlager: Bundesweit beteiligen<br />
sich inzwischen 229 Pflegeeinrichtungen<br />
mit mehr als 21 000 Bewohnerinnen und Bewohnern<br />
am Projekt EQisA („Ergebnisqualität<br />
in der stationären Altenhilfe“). Der Kölner Diözesan-Caritasverband<br />
und das Bielefelder Institut<br />
für Pflegewissenschaft (IPW) hatten das<br />
Projekt vor mehr als vier Jahren angestoßen. Es<br />
beurteilt die Qualität in der stationären Pflege<br />
nach wissenschaftlichen Kriterien.<br />
Anders als bei den Pflegenoten wird mit dem<br />
IPW-Konzept das bewertet, was tatsächlich beim<br />
Nutzer der Leistungen, also dem Pflegebedürftigen,<br />
ankommt. Seit 2012 werden mit dem<br />
Projekt EQisA spezifische Ergebnisindikatoren in<br />
Pflegeeinrichtungen ausgewertet, zum Beispiel<br />
die Vermeidung von Stürzen mit gravierenden<br />
Folgen und Druckgeschwüren oder der Erhalt<br />
von Mobilität. Zusätzlich werden die Aktivitäten<br />
der Heimbewohner registriert und Angehörige<br />
Neben fachlicher Versorgung geht es auch immer um den persönlichen Kontakt zwischen Bewohnern und Pflegenden.<br />
befragt; diese Daten werden ausgewertet und<br />
analysiert. Externe Experten prüfen, ob die Ergebnisse<br />
nachvollziehbar und welche Verbesserungen<br />
im internen Qualitätsmanagement erforderlich<br />
sind.<br />
„Es ist schön, die Entwicklung vorantreiben zu<br />
können“, sagt Dr. Heidemarie Kelleter, Referentin<br />
für Qualitätsberatung beim Diözesan-Caritasverband.<br />
„Wir müssen uns auch zukünftig auf andere<br />
Aspekte der Versorgung einstellen. Einfach<br />
quantitativ mehr Köpfe in der Pflege – das reicht<br />
nicht, um den Anforderungen gerecht zu werden.<br />
Wir brauchen vor allem einen Paradigmenwechsel<br />
und mehr Kompetenzen für die Versorgungsqualität.<br />
Genau da setzen wir mit unserem Projekt<br />
an.“<br />
Mit dem Qualitätsansatz des IPW setzt die Caritas<br />
bereits Anforderungen um, die in ähnlicher Form<br />
ab 2018 für alle stationären Pflegeeinrichtungen<br />
verpflichtend sein werden.<br />
Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff<br />
Zum 1. Januar 2017 ist ein neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff<br />
in der Pflegeversicherung<br />
eingeführt worden. Ziel ist, die<br />
Bedürfnisse von Menschen mit Demenz<br />
und Menschen mit geistigen oder psychischen<br />
Einschränkungen ebenso zu<br />
berücksichtigen wie die Bedürfnisse von<br />
Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen.<br />
Aus den bisherigen drei Pflegestufen<br />
wurden fünf Pflegegrade.<br />
Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff ist<br />
Teil der Pflegereform, die die Große Koalition<br />
2015 mit den Pflegestärkungsgesetzen<br />
I und II auf den Weg gebracht hat.<br />
Mit dem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff<br />
ist ein neues Begutachtungsverfahren<br />
zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit<br />
verbunden. Maßstab soll nicht mehr<br />
der Hilfsbedarf in Minuten, sondern der<br />
Grad der Selbstständigkeit eines Menschen<br />
sein. Denn das neue Verfahren<br />
stellt den Menschen, seine Ressourcen<br />
und Fähigkeiten in den Mittelpunkt. Es<br />
wird gefragt, wie seine Selbstständigkeit<br />
erhalten und gestärkt werden kann und<br />
wobei er Hilfe und Unterstützung benötigt.<br />
Pflegebedürftige, die bereits nach<br />
dem alten Verfahren begutachtet sind<br />
und eine Pflegestufe haben, werden<br />
ohne Leistungseinbußen in die neuen<br />
Pflegegrade übergeleitet.<br />
Wohlfahrtsverband trifft Autokonzern: Unter dem<br />
Motto „Caritas goes Ford“ luden der Bereich<br />
Recht des Diözesan-Caritasverbandes und die<br />
Rechtsabteilung des Autoherstellers Ford gemeinsam<br />
mit dessen Rechtsanwaltskanzlei Oppenhoff<br />
& Partner 20<strong>16</strong> erstmals die Mitglieder des Diözesan-Caritasverbandes<br />
zu einer gemeinsamen<br />
Infoveranstaltung in die Ford-Werke Köln ein.<br />
Das Ziel: Darstellung rechtlicher Themen sowie<br />
Caritas goes Ford<br />
Juristische Infoveranstaltung mit dem Automobilkonzern<br />
Austausch und Vertiefung von Erkenntnissen und<br />
Erfahrungen auf juristischem Gebiet. 45 caritative<br />
Vertreter aus dem Erzbistum Köln nahmen an<br />
der Vortragsveranstaltung teil. Dabei ging es um<br />
die richtige Rechtsform für eine Organisation, die<br />
Einhaltung von Gesetzen und Richtlinien im Unternehmen<br />
(„Compliance“), allgemeines Vertrags-,<br />
Wettbewerbs-, Lizenz- und Urheberrecht sowie<br />
arbeitsrechtliche Unterschiede zwischen weltlichem<br />
und kirchlichem Arbeitsrecht. Für die Caritas-Vertreter<br />
brachte die Veranstaltung hilfreiche<br />
Antworten auf Fragen der Unternehmens- und Organisationsführung.<br />
Die Veranstaltung wurde auf<br />
Initiative von Ford und Oppenhoff in der amerikanischen<br />
Tradition des freiwilligen sozialen und caritativen<br />
Engagements „pro bono publico“ („zum<br />
Wohle der Öffentlichkeit“) angeboten und fand so<br />
viel Anklang, dass sie wiederholt werden soll.<br />
Ausschreibungen im Sozialrecht?<br />
Sorge vor Qualitätsverlust der Angebote<br />
Im Sozialbereich werden Leistungen aktuell vermehrt<br />
ausgeschrieben – in der Schulsozialarbeit,<br />
beim offenen Ganztag, bei der Betreuung von<br />
Flüchtlingen oder in der ambulanten Palliativversorgung.<br />
Nicht einmal bei der Schulbegleitung<br />
wird vor einer Ausschreibung nach Vergaberecht<br />
haltgemacht. Das ist auch deshalb bemerkenswert,<br />
weil gerade dort nach geltender Rechtslage<br />
eigentlich der Leistungsberechtigte (Hilfesuchende)<br />
im Rahmen des sogenannten sozialrechtlichen<br />
Dreiecksverhältnisses den Leistungserbringer<br />
(z. B. Caritasverband) auswählt und mit ihm<br />
einen Vertrag schließt.<br />
Bereits 2004 hat das Oberverwaltungsgericht<br />
NRW klargestellt, dass Ausschreibungen einen<br />
Widerspruch zu den Grundprinzipien der Sozialgesetzbücher<br />
(SGB) darstellen. Sie verhindern<br />
das Wahlrecht der Leistungsberechtigten zwischen<br />
verschiedenen Trägerangeboten, die weltanschaulich,<br />
religiös oder ethisch ausgerichtet<br />
sind, und gefährden die Zusammenarbeit von<br />
öffentlichen und freien Trägern.<br />
„Entgegen mancher Vermutung besteht hier<br />
zudem keine generelle Pflicht zur Ausschreibung<br />
– weder nach EU- noch nach deutschem<br />
Recht“, sagt Georg Ludemann, Justiziar beim<br />
Diözesan-Caritasverband. „Darüber hinaus sind<br />
Ausschreibungen ungeeignet, denn sie können<br />
zu einem Qualitätsverlust führen, weil bei Ausschreibungsverfahren<br />
der Preis in der Regel das<br />
dominante Entscheidungskriterium ist.“ Wo es<br />
um Menschen gehe, müsse die Qualität der Leistung<br />
das entscheidende Kriterium sein. Die Gefahr<br />
sei außerdem groß, dass durch Ausschreibungen<br />
Strukturen mit hochwertigen sozialen<br />
Angeboten zerstört würden. Leistungsanbieter,<br />
die in Ausschreibungsverfahren unterlägen<br />
oder als Elterninitiative zu <strong>klein</strong> seien, müssten<br />
unter Umständen ihr Angebot einstellen. Der<br />
Diözesan-Caritasverband setzt sich auf Bundesund<br />
Landesebene dafür ein, dass im Sozialrecht,<br />
wo es um soziale Dienstleistungen geht, Ausschreibungen<br />
nicht stattfinden. Daneben haben<br />
die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege<br />
für die Mitglieder eine Handreichung erstellen<br />
lassen, in der deutlich gemacht wird, warum<br />
Ausschreibungen in den meisten Fällen rechtlich<br />
nicht erlaubt sind.<br />
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Jahresbericht 2015/20<strong>16</strong> 35