Komplett DAS Sauerlandmagazin Ausgabe November/Dezember 2016
84 Seiten Informationen und Geschichten aus dem Sauerland u.a. mit den Themen Windkraft scheidet die Geister, Weihnachtsbaum & mehr, Backofen mitten im Wald
84 Seiten Informationen und Geschichten aus dem Sauerland u.a. mit den Themen Windkraft scheidet die Geister, Weihnachtsbaum & mehr, Backofen mitten im Wald
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Anschließend führen sie, jeweils von Gruppenleitern begleitet,<br />
Workshops in Schulen durch. Von den Schülern<br />
werden die HeRoes als Vorbilder wahrgenommen. Denn<br />
gerade bei schwierigen Themen nehmen Jugendliche am<br />
ehesten alternative Perspektiven an, wenn diese durch<br />
andere Jugendliche vermittelt werden. Dabei richtet sich<br />
das Projekt nicht nur an die Schülerinnen und Schüler.<br />
Auch Lehrer und Eltern werden einbezogen. Die Einbeziehung<br />
der Elterngeneration durch Elternabende, geleitet<br />
von den jeweiligen HeRoes-Teams, hat sich in allen<br />
Städten als positiv für den Anschub einer Veränderung,<br />
eines neuen Denkens innerhalb der jeweiligen Gemeinschaft<br />
erwiesen.<br />
Als Andrea Grafe-Falke vom Projekt „HeRoes“ und seinen<br />
Erfolgen erfuhr, war sie sofort begeistert und überzeugt,<br />
dass Werdohl mit seiner hohen Migrationsdichte<br />
davon profitieren kann. Mit Unterstützung von Industrie,<br />
Banken, Dienstleitern und sozial engagierten Clubs holte<br />
sie „HeRoes“ für die Schülerinnen und Schüler, Eltern<br />
und Lehrer der Städtischen Realschule und der Albert-<br />
Einstein-Gesamtschule nach Werdohl.<br />
Alte Strukturen und Normen hinterfragen<br />
Samed Coskun und Alper Kurul, die beiden in Werdohl tätigen<br />
HeRoes, kommen aus liberalen Elternhäusern, wissen<br />
aber auch, dass noch die Generation ihrer Großeltern<br />
mit ganz anderen Wertmaßstäben lebte. Sie ließen<br />
sich zu HeRoes ausbilden, weil sie der festen Überzeugung<br />
sind, dass Selbstbestimmung für Männer und Frauen,<br />
gleich welcher Nationalität und Religion, eine Selbstverständlichkeit<br />
sein sollte. Andere Mitstreiter, die für das<br />
HeRoes-Projekt eintreten, haben sich gegen große Widerstände<br />
in ihrer Familie und in ihrem Lebensumfeld behaupten<br />
müssen. Bestes Beispiel ist HeRoes-Gruppenleiterin<br />
Sonja Fatma Bläser. Als junge Kurdin sollte sie<br />
zwangsverheiratet werden. Sie hat den für noch immer<br />
viele Frauen fast aussichtslosen Kampf gegen alte Traditionen<br />
und Wertvorstellungen geführt und zum Schluss<br />
Erfolg gehabt. Mit aller Energie setzt sie sich nun für das<br />
Projekt ein. Sie wünscht sich von den Schülern die Bereitschaft,<br />
über die eigene Kultur und Religion zu reden und<br />
alte Strukturen und Normen zu hinterfragen. Ausdrücklich<br />
richtet sie ihren Appell an beide Seiten, an Schüler mit<br />
und ohne Migrationshintergrund: „Wir leben alle gemeinsam<br />
und haben viele Berührungspunkte, deshalb gehen<br />
uns auch alle diese Probleme an. Nur wenn wir alle wissen,<br />
wie bestimmte Strukturen funktionieren, können wir<br />
etwas dagegen tun und anderen helfen.“<br />
Nur zweieinhalb Stunden dauert so ein Workshop. Nur<br />
zweieinhalb Stunden, für Gespräche und Diskussionen<br />
mit den HeRoes Samed Coskun und Alper Kurul, für ein<br />
paar Rollenspiele und das Ansehen kurzer Filmsequenzen.<br />
Viel zu wenig, um etwas zu verändern, möchte<br />
man meinen. Und doch zeigt die Intensität, mit der die<br />
Schüler in diesem Workshop mitmachen, zeigen die Fragen<br />
die sie stellen und verdeutlicht die Art und Weise,<br />
mit der sie auf die Einwürfe von Samed Coskun und Alper<br />
Kurul reagieren, dass Sie ihre eigenen Wertvorstellungen<br />
hinterfragen und Verständnis für die Denkweise<br />
anderer entwickeln. „Man muss andere Menschen<br />
so akzeptieren wie sie sind“, meint der 15-jährige Nico.<br />
„Niemand kann etwas für seine Hautfarbe, oder dafür,<br />
aus welchem Land er kommt“, stellt Christos (13 Jahre)<br />
fest. „Wenn alle zusammenhalten, können wir anderen<br />
helfen, die sich schlecht und einsam fühlen“, ist Mounir<br />
(13 Jahre) überzeugt.<br />
Auffallend ist aber auch, dass in dem Gespräch im Anschluss<br />
an das Workshop fast ausschließlich Jungen ihre<br />
Eindrücke beschreiben und ihre Gedanken äußern. Der<br />
Weg zu Selbstbestimmung und Gleichberechtigung ist<br />
weit.<br />
Werdohler Beispiel soll im Sauerland<br />
Schule machen<br />
In Werdohl wurde Heroes im Sommer für die achten<br />
Klassen der Real- und der Gesamtschule gestartet. Die<br />
Finanzierung der Workshops ist auch für das Schuljahr<br />
2017/2018 gesichert. Die Initiative, die mit ihren Unterstützungsgeldern<br />
das Projekt in Werdohl ermöglicht,<br />
plant sogar für mindestens vier bis fünf Jahre. „Ich bin<br />
überzeugt, dass der Kreis der Sponsoren noch größer<br />
wird. “, verspricht Andrea Grafe-Falke. Sie blickt aber<br />
auch über die Stadtgrenzen hinaus: „Ich bin ganz zuversichtlich,<br />
dass sich die Werdohler Initiative auch auf andere<br />
Städte im Märkischen Kreis übertragen lässt. Wir<br />
hoffen, im Sauerland eine Art Vorreiterrolle zu bekleiden.<br />
Es wäre toll, wenn das Werdohler Beispiel andere<br />
Gemeinden des Sauerlandes zur Zusammenarbeit mit<br />
den HeRoes inspirieren würde.“<br />
HEROES Köln<br />
Ein Projekt für Gleichberechtigung von HennaMond e.V<br />
Wilhelm-Sollmann-Str. 103 · 50737 Longerich<br />
Tel. 0221 16993101 · info@heroes-koeln.de<br />
35