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138 Ornithologische Mitteilungen • 20<strong>16</strong> • Nr. 3/4<br />
Abb. 2: Ernst Schüz der damalige örtliche Leiter der<br />
Vogelwarte. (Vermutlich handelt es sich hierbei um<br />
ein offizielles Foto, das Pflugbeil seinem Album beigefügt<br />
hat). – Ernst Schüz, the then local director of the<br />
ornithological station. (This is probably an official photo<br />
that Pflugbeil added to his album).<br />
Durch seine Beringungstätigkeit mag der junge<br />
Sachse dem örtlichen Leiter der Vogelwarte<br />
Rossitten, Ernst Schüz 1 , schon frühzeitig aufgefallen<br />
sein. Die Vorgeschichte bleibt uns leider<br />
verborgen, doch konnte Pflugbeil bereits im<br />
Herbst 1930 einige Zeit als ehrenamtlicher Mitarbeiter<br />
der Vogelwarte auf der Kurischen Nehrung<br />
weilen.<br />
Die Eindrücke des durchaus mit der Fremde<br />
vertrauten Pflugbeil (der nach seiner Berufsausbildung<br />
die Wanderjahre genoss, indem er – zumeist<br />
mit dem Fahrrad – in vielen Teilen Europas<br />
unterwegs war bis hinauf nach Schottland und<br />
hinunter nach Süditalien), lassen wir am besten<br />
ihn selbst berichten. Er schickte von Rossitten aus<br />
einen ausführlicheren Brief und danach ein Päckchen<br />
mit einer kleinen Notiz an Eltern und Geschwister.<br />
1 Ernst Schüz: 24.10.1901 - 08.03.1991. 1929 kam<br />
der Vogelzugforscher zunächst als Kustos an die<br />
Vogelwarte Rossitten (Oskar Heinroth leitete die<br />
Einrichtung von Berlin aus), 1936 wurde ihm die<br />
Leitung übertragen. Nach dem Krieg hatte Schüz<br />
entscheidenden Anteil daran, dass die Vogelwarte<br />
ihre Arbeit am neuen Standort Radolfzell wieder<br />
aufnehmen und letztlich auch wieder eine<br />
selbstständige Einrichtung werden konnte, die er<br />
bis zum Eintritt in den Ruhestand leitete. Siehe<br />
auch Berthold 1991.<br />
Abb. 3: Zeitgenössische Karte der Kurischen Nehrung<br />
(Ausschnitt. o.J.). – Contemporary map of the Curonian<br />
Spit (section, undated).<br />
Ulmenhorst, 3.11.30.<br />
Liebe Eltern u. Schwestern!<br />
Richtig, Ihr habt auch herzlich wenig von mir zu<br />
hören bekommen. Könnt’ ich gut zeichnen, so würde<br />
ich zwei große Ohren malen. Das wären meine.<br />
Und nur die sieht man noch von mir, so tief drinnen<br />
stecke ich in Arbeit! Tatsache! Dicke Backen habe<br />
ich keineswegs. Das kommt von draußen – kaum<br />
ruhen, von zu wenig schlafen u. von der Unregelmäßigkeit<br />
der Mahlzeiten. Macht nichts! Bisher ist<br />
alles in Ordnung, wenn ich wieder zu Hause bin<br />
oder bei Euch einkehren kann. – Am liebsten möchte<br />
ich ganz hier oben bleiben, da dies endlich mal<br />
das ist, was mich restlos befriedigt. Und wenn ich<br />
meine Pflichtbeob achtungstunden hinter mir habe<br />
(Tag für Tag von 6.15 – 9.15 h vorm.), dann wird<br />
erst mal die alte Doppelflinte geschultert u. an das<br />
Haff, an die See, auf die Dünen oder in den Wald<br />
gegangen. Und kommt ein Krähenschwarm, so wird<br />
schnell mit mehr oder weniger Erfolg Dampf gemacht<br />
u. meist haben wir was im Kochtopf. Ich habe schon<br />
schrecklich viel Krähen gegessen. Ich werde mal aus<br />
dem Neukirchner Wald einige holen u. sie zubereiten,<br />
Ihr werdet sehen, so ein alter Pelikan schmeckt genau<br />
so gut wie eine junge Taube, wenn nicht gar noch<br />
besser. Lacht nur, ich werde es Euch schon vormachen.<br />
Mein Beobachtungsstand ist 50 Meter hinter Ulmenhorst,<br />
dem Haus, wo wir wohnen. Von dort aus kann<br />
ich 3 Krähenfängern zusehen, wenn sie Krähen fan-