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Ornithologische<br />
Mitteilungen<br />
Ornithologische Mitteilungen Jahrgang 68 • 20<strong>16</strong> • Nr. 3/4: 107 – 120<br />
Zum Niedergang der Turteltaube Streptopelia turtur als<br />
Brutvogel in Schleswig-Holstein<br />
Rolf K. Berndt<br />
Rolf K. Berndt, Helsinkistr. 68, D-24109 Kiel; E-Mail: RKBerndt@t-online.de<br />
1. Einleitung<br />
Die Turteltaube gehört zu den Vogelarten mit besonders<br />
starken Bestandsrückgängen in Schleswig-Holstein.<br />
Eine langfristige Übersicht über<br />
Verbreitung und Veränderungen erscheint daher<br />
angebracht. Ausgewertet wurden die Veröffentlichungen<br />
seit 1800 sowie alle greifbaren unveröffentlichten<br />
Beobachtungen, auch in den vorhandenen<br />
Tagebüchern verstorbener Vogelkundler<br />
(im Archiv der Ornithologischen Arbeitsgemeinschaft<br />
für Schleswig-Holstein und Hamburg). Aus<br />
älterer Zeit gibt es keine zusammenfassenden<br />
Übersichten. Landesweite Bilanzen enthalten ein<br />
unveröffentlichtes Manuskript von H. Thies<br />
(1974) sowie die beiden Brutvogelatlanten mit den<br />
Ergebnissen der Kartierungen von 1985 bis 1994<br />
(Berndt et al. 2003) und 2005 bis 2009 (Koop &<br />
Berndt 2014).<br />
2. Mängel der Daten<br />
2.1 Eingeschränkte Exkursionsmöglichkeiten<br />
Den Beobachtungen und Kenntnissen waren insbesondere<br />
im 19. Jahrhundert enge Grenzen gesetzt.<br />
Angesichts der Abgelegenheit vieler Gebiete und<br />
dem geringen Aktionsradius damaliger Vogelkundler<br />
haben die Beobachtungen den Charakter von<br />
Stichproben. Zudem lag es bis weit in das 20. Jahrhundert<br />
hinein nicht im Blickfeld der Vogelkundler,<br />
Bestandsangaben von einzelnen Brutvogelarten zu<br />
erbringen. Beobachtungen aus früherer Zeit enthalten<br />
oft keine konkreten Zahlen, sondern berichten<br />
nur allgemein von einem Vorkommen. Bis<br />
einschließlich der 1960er Jahre beruhen alle Mitteilungen<br />
auf zufälligen Feststellungen. Erst nach<br />
1970 wurden einige Waldflächen mit dem Ziel begangen,<br />
Bestände der Turteltaube zu erfassen.<br />
2.2 Schwierige Erfassung von Turteltauben<br />
Im Rahmen der normalen Exkursionstätigkeit lässt<br />
sich die Art nur schwer feststellen. Sie ist sehr lückenhaft<br />
verbreitet und kommt oft einzeln oder in<br />
wenigen Paaren vor. Der Revierruf trägt nicht weit<br />
und wird vor allem in den Morgen- und Abendstunden<br />
geäußert, weniger zur Hauptexkursionszeit<br />
tagsüber. Zudem äußern auch Weibchen die Balzrufe,<br />
wenn auch weniger oft, so dass die Einschätzung<br />
von Beständen fehlerhaft sein kann. Die markanten<br />
Balzflüge beobachtet man nur selten. Turteltauben<br />
werden daher vermutlich oft übersehen.<br />
Brutnachweise liegen kaum vor bzw. sind schwer<br />
zu erbringen. Nadelwälder, in denen Turteltauben<br />
vorzugsweise brüten, sind als Exkursionsziel für die<br />
meisten Beobachter wenig attraktiv. Zudem ist der<br />
Status der Tauben bei vielen Beobachtungen nicht<br />
sicher, denn Nichtbrüter und kurzzeitige Gäste treten<br />
wohl recht häufig auf (Glutz von Blotzheim<br />
& Bauer 1980). Beobachtungen auf den Inseln des<br />
Landes, wo Turteltauben kaum brüten, belegen einen<br />
regelmäßigen Durchzug vor allem in den Monaten<br />
Mai und Juni (Sylt, Pfeifer 2003; Amrum,<br />
Quedens 1983; Helgoland, Dierschke et al. 2011;<br />
Fehmarn, Berndt et al. 2005).<br />
Etliche Ortsangaben sind ungenau; soweit ein<br />
Dorf als Bezugspunkt genannt ist, wird der nächstgelegene<br />
Forst gemeint sein, der auf der Verbreitungskarte<br />
(Abb. 2) eingetragen ist.<br />
Die Nahrungsgebiete von Turteltauben liegen<br />
weitgehend außerhalb des Waldes, und es kann zu<br />
Nahrungsflügen über mehrere Kilometer kommen.<br />
Trupps bis über 20 Vögel sammeln sich gelegentlich<br />
an bestimmten Nahrungsquellen. Es<br />
handelt sich dann wohl um Brutvögel aus einem<br />
größeren Einzugsbereich (siehe Glutz von<br />
Blotzheim & Bauer 1980, Südbeck et al. 2005).