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BLATTWERK AUSGABE 03*2016

Zeitschrift für Kunst und Kultur am Ort + OHO-Programm Dezember 2016 bis Feber 2017

Zeitschrift für Kunst und Kultur am Ort
+ OHO-Programm Dezember 2016 bis Feber 2017

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DER ZEIT IHRE<br />

DER KUNST IHREN<br />

Ein Dialog zwischen Petra Werkovits und Peter Vukics<br />

Die Adventzeit beginnt, eine an und für sich besinnliche<br />

Zeit. Leider kommen Kunst und Kultur in diesen Tagen oft<br />

zu kurz, sie werden von Lametta und Kunstbeleuchtung<br />

in den Schatten gestellt.<br />

Ich denke da gern an George Bernard Shaw, der bei einem<br />

New-York-Besuch dem schillernden Time Square folgendes<br />

Zitat widmete: „Hier muss es wunderschön sein für jemanden,<br />

der nicht lesen kann.“ Im Südburgenland sind solche Auswüchse<br />

aber nur die seltene Ausnahme. Hier hat die Kunst<br />

auch im Advent ihren Raum.<br />

Durchaus, aber leider hört für sehr viele das Südburgenland<br />

in Oberwart auch schon wieder auf. Einige Mutige verirren<br />

sich noch nach Güssing, aber nach Jennersdorf? Dabei hat<br />

der Bezirk doch gerade kulturell sehr viel zu bieten, nicht<br />

nur zur Weihnachtszeit.<br />

Das Künstlerdorf in Neumarkt an der Raab mussten wir aber<br />

schon in den wohl verdienten Winterschlaf schicken, denn<br />

diese wunderschönen Stroh gedeckten Häuser mit lehmg’satzten<br />

Mauern sind halt schwer zu heizen. Und im südburgenländischen<br />

Winter zu erfrieren ist definitiv keine Kunst.<br />

„Im Sommer Sahara, im Winter Sibirien“, sagte schon<br />

Johannes Wanke über Neumarkt an der Raab. Der großartige<br />

Meister des Holzschnitts war übrigens auch der<br />

erste Künstler, der sich in Neumarkt niederließ.<br />

Sein Beispiel machte Schule, glücklicherweise bis in die Gegenwart.<br />

Bei den Feierlichkeiten zum Geburtstag des heiligen<br />

Martins durften wir das mit Freude feststellen. Erstmals<br />

wurden in einer Gemeinschaftsausstellung Werke all jener<br />

KünstlerInnen ausgestellt, die in St. Martin an der Raab leben<br />

oder lebten.<br />

Bei der Vernissage wurde es richtig eng in unserer Dorfgalerie.<br />

Mit solchen Veranstaltungen haben die Einheimischen<br />

immer eine Freude, und das mit recht. Denn es<br />

wurden Werke von 28 Künstlern ausgestellt, eine mehr als<br />

beachtliche Zahl für eine südburgenländische Gemeinde.<br />

Martha Jungwirth, Walter Pichler, Christian Ludwig Attersee,<br />

Johannes Wanke, Eduard Sauerzopf, wer soll da nicht begeistert<br />

sein? Die Bezeichnung „Das Tal der Könige“ für das Raabtal<br />

hatte schon ihren guten Grund. Aber mir gefielen auch die<br />

Werke einiger Edelleute sehr gut.<br />

Walter Pichler und Christian Ludwig Attersee waren Anfang<br />

der 1980er-Jahre dafür verantwortlich, dass die Biennale<br />

di Venezia fest in der Hand des Künstlerdorfs war.<br />

Weil du von Venedig sprichst, fällt mir doch glatt unsere Fahrt<br />

zur nächstjährigen Biennale ein. 2011 stellten wir unser<br />

Künstlerdorf-Buch erstmals im Rahmen der Biennale di Venezia<br />

vor, 2017 halten wir es mit der 2. Auflage genau so. Hat ja<br />

beim ersten Mal sehr gut funktioniert.<br />

Genau, darum chartern wir wieder einen Bus und kümmern<br />

uns um die Hotels, damit möglichst viele in den Kunstgenuss<br />

kommen können. Die Eröffnung nehmen wir natürlich<br />

wieder mit, ebenso die Eröffnungsparty. Lebenskultur<br />

und die sogenannte Hochkultur dürfen niemals im<br />

Widerspruch zueinander stehen.<br />

Guter Wein und feines Essen erleichtern vielen den Zugang<br />

zur Kunst erheblich. So halten wir es auch bei unseren Veranstaltungen<br />

im Künstlerdorf.<br />

Im Mai 2017 zeigen wir die Ausstellung „Sweet little sixty“<br />

von Eva Möseneder. Eva ist eine Ausnahmegröße im Bereich<br />

Druckgrafik, die unsere Druckwerkstatt nicht nur schätzt,<br />

sondern ihr auch Schätze entreißt.<br />

Apropos Ausnahmegröße. Da fällt mir Oswald Wiener ein.<br />

Im Juli fand bei uns ein Abend mit Oswald Wiener statt.<br />

An diesem Abend präsentierte der Komponist Steffen Schleiermacher<br />

die Uraufführung einer Text-Klang-Collage basierend<br />

auf Textpassagen von Wieners „die verbesserung von mitteleuropa,<br />

roman“.<br />

Mit dem Abend mit Oswald Wiener schloss sich für das<br />

Künstlerdorf ein Kreis, der die Wiener Gruppe umspannt.<br />

In den großen Anfangstagen des Künstlerdorfes waren<br />

H. C. Artmann und Rosa Pock ebenso zu Gast wie Gerhard<br />

Rühm mit Monika Lichtenfeld. Friedrich Achtleitner wiederum<br />

besuchte Alfred Schmeller in dessen Haus in<br />

Neumarkt, worin heute noch seine Witwe Martha Jungwirth<br />

wohnt, die Doyenne der österreichischen Malerei.<br />

Der wohl berühmteste Roman, der im Künstlerdorf entstand,<br />

ist „Die Angst des Tormanns beim Elfmeter“. Über die Zeit von<br />

Peter Handke in Neumarkt sprechen die älteren Einheimischen<br />

heute noch gern. Doch auch die schreibenden Gäste der<br />

jüngeren Vergangenheit gereichen dem Künstlerdorf zu Ehre.<br />

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