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B3 Biennale des bewegten Bildes 2013 7. 12. 2012 KickOff - Strandgut

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Theater<br />

Schauspiel Frankfurt: Das Kätchen aus Heilbronn, © Birgit Hupfeld<br />

Verliebt wie ein Käfer<br />

Schauspiel Frankfurt:<br />

»Das Käthchen von Heilbronn«<br />

Philipp Preuss inszeniert am Schauspiel<br />

Frankfurt »nach Kleist«, also<br />

in freier Anlehnung, und kündigt<br />

seine Arbeit als »kein großes historisches<br />

Ritterspiel« an, um sich nur<br />

um eins zu kümmern: die unbedingte<br />

Liebe der Schmiedstochter<br />

Katharina zu Friedrich Wetter Graf<br />

vom Strahl. Mehr als zwei Schauspieler<br />

(Valery Tscheplanova, Nico<br />

Holonics) braucht Preuss dafür auf<br />

der Vorbühne <strong>des</strong> Großen Hauses<br />

nicht, unterstützt von einem Chor<br />

und von Kornelius Heidebrecht,<br />

der als irrlichternder musikalischer<br />

Leiter, Dirigent und Soundtechniker<br />

den Dritten im Bühnenbunde gibt.<br />

Die Kleinstbesetzung wird durch<br />

seine ins Sphärische driftenden<br />

Musikcollagen und eine großflächige<br />

Videotechnik kompensiert, die<br />

man wohl ›state of the art‹ nennen<br />

darf. Doch die Reduktion auf die<br />

Liebe schützt vor Textvertrautheit<br />

nicht. Gut zu wissen, daß schon<br />

das riesige Filmfeuerwerk, das uns<br />

beim Eintreten empfängt, den<br />

verheißungsvollen Simultantraum<br />

<strong>des</strong> Hochzeitspaares zitiert, das<br />

dort unten auf einem discoviolett<br />

glitzernden Tortenrondell »Dream<br />

a Little Dream of me« in die Mikros<br />

schmachtet. Oder daß die Schüsse<br />

zum Ausklang den Freitod Kleists<br />

mit der Geliebten Henriette Vogel<br />

meinen. Ob das geht, sich einfach<br />

einzulassen auf das stimmungsvolle<br />

Hin und Her, in dem Käthchen<br />

nicht immer Käthchen spricht,<br />

wenn sie Käthchen ist? Oder in<br />

die Haut Kunigun<strong>des</strong> schlüpft?<br />

Muß man nicht wissen, daß diese<br />

ein Fake der mittelalterlichen<br />

Beautymedizin ist, wenn sie in<br />

einer großartigen Szene auf nicht<br />

vorhandenen Stöckelschuhen<br />

stolziert? Oder genügt es, sich im<br />

Banne der Liebesdialoge einwölken<br />

zu lassen: von den Bildern der<br />

Hightech-Kameras, die das Paar<br />

kreisend schwebend in den Orbit<br />

zaubern; von den täuschend echten<br />

14 | <strong>Strandgut</strong> 12/<strong>2012</strong><br />

Projektionen auf hochfahrenden<br />

Vorhängen; von der sich auftürmenden<br />

Klangwolke aus »Where<br />

is my mind?« und »Love will tear<br />

us apart«? Der Kunstaufstrich ist<br />

bisweilen so kunigundig dick aufgetragen,<br />

daß man das Käthchen<br />

darunter zu verlieren droht. Davor<br />

aber schützt Valery Tscheplanova,<br />

die einmal mehr spüren läßt, aus<br />

welch reichem Fundus von Talenten<br />

sie schöpft, die für alles den rechten<br />

Ton und die passende Geste findet<br />

und überdies großartig singt. Sie<br />

zu erleben, macht es nicht schwer,<br />

das Haus »verliebt, wie ein Käfer«<br />

zu verlassen. Daß sie ihre beiden<br />

Partner übertrifft, liegt in der Natur<br />

der Sache und schmälert deren Leistung<br />

nicht. Ein großer Abend nach<br />

Kleist mit Valery und a little help<br />

from her friends.<br />

Termin: 6. Dezember, 19.30 Uhr<br />

Mario<br />

und die Dödelhorde<br />

Die Schmiere:<br />

»Happy End mit Flaschenpfand«<br />

Von Fraport & Co. wissen wir, daß<br />

ein durchgängiges Nachtflugverbot<br />

die Rhein-Main-Region wirtschaftlich<br />

in die Dritte Liga stürzen würde.<br />

Aus anderen Gründen reiht sich<br />

nun »Die Schmiere« in die Phalanx<br />

der Bedenkenträger ein. Die Frank-<br />

E9N im Gallus Theater: »Die Vögel« , © Sabine Lippert<br />

Die Schmiere: »Happy End mit Flaschenpfand«, © Die Schmiere<br />

Stück für Stück<br />

furter Kabarettbühne prophezeit<br />

schlimme soziale Folgen in den<br />

zwangsberuhigten Zonen der<br />

Flugschneisenschlafzimmer. »Du<br />

schnarchst!« heißt vielsagend ein<br />

neuer Sketch um die grausamen<br />

Entdeckungen eines in Harmonie<br />

alt gewordenen Ehepaares (Gabriele<br />

Meyer, Walter Jauernich). Nachhalliger<br />

kann Theater nicht sein.<br />

Es ist einer der schönsten Sketche<br />

<strong>des</strong> neuen Schmiere-Programms.<br />

Regisseur Bernd Krieg, der auch<br />

maßgeblich an den Texten beteiligt<br />

ist, knüpft sich in einem knapp<br />

zweistündigen Saalfeuerwerk<br />

unter anderem die bilingual erziehenden<br />

Nordendmütter, die Ärzte,<br />

die Altersarmut und nicht zuletzt<br />

die Finanzmärkte vor. Sind sie zu<br />

stark, bist du zu schwach, heißt<br />

die Botschaft an die europäischen<br />

Währungsopfer, die mit nur eins,<br />

zwei Ausnahmen auch für die Sketche<br />

der Schmiere gilt. Wenn das<br />

mit »Dö« beginnende und »orde«<br />

endende Unwort <strong>des</strong> Jahres 2011<br />

für den Verfassungsschützer nur<br />

die Dödelhorde sein kann, dann<br />

muß man das schon aushalten.<br />

Trotz radikalster Kritik an allem,<br />

»wo geht«, verharrt das von Effi B.<br />

Rolfs und Jochen Döring vervollständigte<br />

Ensemble im Keller <strong>des</strong><br />

Karmeliterklosters keineswegs nur<br />

in Destruktivität. Im Schwerpunkt<br />

von »Happy End mit Flaschenpfand<br />

– reich werden für Einsteiger« profiliert<br />

sich das Kabarett sogar als<br />

sozialer Mutmacher, indem es vier<br />

randständige Flaschensammler<br />

auf ihrer Karriere von tief unten<br />

an »Susi’s Wasserhäuschen« hoch<br />

hinaus zum Meeting der World-<br />

Wide-Boddel-Sammler-Group auf<br />

der Privatyacht in Cannes begleitet.<br />

Mit dabei ist Dörings delirierender<br />

Eintracht-Fan Mario, der dieses Mal<br />

auf das Feuchtbiotop im Schritt verzichtet,<br />

nicht aber auf seinen hochprozentigen<br />

Witz. Gut so!.<br />

Termine: 2. + 9.<strong>12.</strong><strong>2012</strong>, 19 Uhr; 5., 6.,<br />

13., 15., 19. + 20.<strong>12.</strong><strong>2012</strong>, 20 Uhr<br />

Ein großes Federlesen<br />

E9N im Gallus-Theater: »Die Vögel«<br />

Die Herbstproduktion <strong>des</strong> Ensembles<br />

9. November trägt wieder<br />

die Handschrift von Wilfried<br />

Fiebig. Die Kenner <strong>des</strong> von Helen<br />

Körte komplettierten und der<br />

Gesamtkunst verpflichteten Theatermacherduos<br />

wissen, daß die<br />

anstehende Aufführung dann stets<br />

ein wenig strenger, verkopfter, aber<br />

auch metallener und verrückter<br />

ausfällt, als wenn seine kongeniale<br />

Partnerin Regie führte. Das ist trotz<br />

aller performativer Leichtigkeit<br />

auch bei »Die Vögel« so, der als »komische<br />

Theater-Oper« angekündigten<br />

neuen Arbeit <strong>des</strong> Maestros. Die<br />

kulturgeschichtliche Collage aus<br />

der Vogelperspektive <strong>des</strong> Menschen<br />

ist in sechs in sich dichten, aber<br />

lose gereihten »Szenenabfolgen«<br />

mit Titeln wie »Die Vogelpartitur«,<br />

»Das Schreckliche« oder »Die Vogelküche«<br />

gefaßt. Wehe dem, der das<br />

alles begreifen und kennen wollte,

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