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RAL 1015 taxi news Heft 6-2013

Freie und unabhängige Zeitschrift für das Taxigewerbe

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W INFORMATION<br />

RECHT & STEUERN<br />

Dann kam die Internationale Tourismusbörse<br />

(ITB) im März <strong>2013</strong>. MyTaxi und Taxi Berlin<br />

mit <strong>taxi</strong>.eu waren dort jeweils mit einem ei<strong>taxi</strong>.eu<br />

ist die europäische App für ein unabhängiges Taxigewerbe<br />

Berliner myTaxi-Team wechselt zu Taxi Berlin<br />

Gewerbefremde Taxivermittlungs-Apps verfolgen<br />

gewerbefremde Ziele. Das Taxigewerbe<br />

kann sich gegen Geldmacherei und Verschiebung<br />

von Mobilität in andere Bereiche wehren.<br />

Taxi.eu, die Vermittlungs-App des Taxigewerbes,<br />

funktioniert europaweit und nutzt dabei<br />

die regionale Vielfalt des Gewerbes.<br />

Stephan Müller, Sebastian Huhn, Jan Müller<br />

und Nora Jacobsen haben den Standort Berlin<br />

für die gewerbefremde App myTaxi aufgebaut.<br />

Jetzt arbeiten sie für Taxi Berlin und<br />

<strong>taxi</strong>.eu. Managementfehler bei myTaxi und<br />

die hohe Attraktivität von Taxi Berlin und<br />

<strong>taxi</strong>.eu haben sie dazu bewegt. Taxen vermitteln<br />

kann das Taxigewerbe am besten selbst.<br />

So genannte Startups, die von Konzernen mit<br />

vielen Millionen ausgestattet werden, ziehen<br />

los, um das Beste vom Taxigewerbe zu holen,<br />

nämlich seine wertvollen Kundenkontakte.<br />

Wäre das Taxigewerbe selbst ein Konzern<br />

oder ein großes Unternehmen, würde es<br />

schon alle Hebel in Bewegung setzen, um<br />

genau das zu verhindern. Teile des Taxigewerbes<br />

lässt das scheinbar völlig kalt und sie<br />

unterstützen noch die mit viel Geld in Gang<br />

gesetzten Bestrebungen der Startups, indem<br />

sie zu Hunderten dort hingehen und die angeworbenen,<br />

oder man könnte auch sagen<br />

angekauften, neuen Taxikunden zu bedienen.<br />

Neu ist an diesen Taxikunden nichts. Sie nutzten<br />

schon vorher das Taxi. Nur ihre Vermittlung<br />

ist für den Taxiunternehmer vermeintlich<br />

billiger. Der Weggang dieser Taxikunden aus<br />

der gewerbeeigenen Vermittlung schwächt<br />

das Taxigewerbe. Startups verfolgen nicht<br />

die Interessen des Taxigewerbes. Sie haben<br />

eigene Interessen. Startups werden von ihren<br />

Investoren gegründet oder gefördert, um in<br />

möglichst kurzer Zeit einen sehr hohen Weiterverkaufsgewinn<br />

zu erzielen.<br />

Schon kann man in Internetforen am Beispiel<br />

myTaxi lesen, dass die (aufgeblähte) Unternehmensbewertung<br />

bereits 40 bis 75 Millionen<br />

€ beträgt. Der Wert dieses Unternehmens<br />

besteht indes in dem neuen Bestand<br />

der Kundendaten des Taxigewerbes.<br />

Aber es geht noch besser: Das von den Axxel<br />

Partners* aus Kalifornien gesponserte Hailo<br />

Taxi hat bereits insgesamt 40 Millionen erhalten,<br />

um den Taximarkt in New York, Tokio,<br />

London, Madrid und anderen Städten aufzurollen.<br />

Sie haben bereits angekündigt, auch<br />

weitere europäische Großstädte ins Visier zu<br />

nehmen, zu denen dann sicherlich auch Berlin<br />

gehören wird.<br />

Dabei ist die Position eines gut organisierten<br />

lokalen Taxigewerbes bei Weitem nicht hoffnungslos.<br />

Schaut man sich die Lage in der<br />

Baden Württembergischen Landeshauptstadt<br />

Stuttgart an, so kann man im gesamten Stadtgebiet<br />

lediglich 15 aktive Taxis von myTaxi entdecken.<br />

Die Kunden erhalten in dieser Situation<br />

meist gar kein Taxi oder müssen zu lange warten.<br />

Die Kunden bleiben somit ihrer Taxizentrale<br />

treu, selbst wenn sie geldwerte Lockangebote<br />

von myTaxi erhalten. Eine ganz ähnliche<br />

Situation findet man auch in Wien vor.<br />

Der größte und stärkste Standort von myTaxi<br />

findet sich in Berlin, wo bereits Hunderte von<br />

Taxen für den Dienst fahren.<br />

Wir sind in Berlin ein oft beklagtes Gewerbe,<br />

welches in den vergangenen Jahrzenten<br />

mehr Energie für ein Gegeneinander als für<br />

ein Füreinander aufgewendet hat. Die Ränkespiele<br />

der Vergangenheit hatten allerdings<br />

nur geringe negative Auswirkungen für das<br />

Gewerbe insgesamt, weil die Fahraufträge fast<br />

immer weiterhin im Gewerbe geblieben sind.<br />

Dieses Mal könnte es aber schwerwiegende<br />

Folgen und Umsatzverluste für das Taxigewerbe<br />

bringen.<br />

Ein Käufer, der 40 oder 80 Millionen € für<br />

Kundendaten aus dem Taxigewerbe bezahlt,<br />

wird sicher nicht aus dem Taxigewerbe kommen.<br />

Die Absichten, welche hinter so einem<br />

Investment stecken, werden mutmaßlich<br />

nicht zugunsten des Taxigewerbes ausfallen.<br />

Wie es scheint, wollen die Geldgeber<br />

Mobilität fabrizieren auf eigene Rechnung<br />

und gegen das mobilste Gewerbe der Welt.<br />

Dass das mobilste Gewerbe der Welt, wir,<br />

das Taxigewerbe, einer der besten Kunden<br />

dieser Geldgeber ist, stört sie dabei wenig.<br />

Bislang kann keiner von myTaxi leben, die<br />

Kapitalgeber nicht und die Taxifahrer auch<br />

nicht. Die Cent-Beträge der Taxifahrer reichen<br />

nicht, die gewaltigen Auslagen wieder einzuspielen.<br />

Das Auftragsvolumen von myTaxi<br />

reicht nicht, eine Schicht zu füllen, deshalb<br />

bleiben die Taxiunternehmer bei ihren Funkzentralen.<br />

Die Cent-Beträge an myTaxi zahlen<br />

sie zusätzlich – für Aufträge, die sie vorher<br />

von ihrer Zentrale bekommen haben für die<br />

reguläre Funkgebühr, die sie jetzt immer noch<br />

bezahlen. Kein gutes Geschäft. Taxiunternehmer<br />

verstehen selten etwas von Ökonomie.<br />

Bei myTaxi ist es anders herum. Dort versteht<br />

man viel von Ökonomie, aber man hat keine<br />

Ahnung vom Taxigewerbe. Diejenigen, die<br />

inzwischen gelernt haben, wie Taxigewerbe<br />

funktioniert, gehen dort weg. Das gesamte<br />

Team, das den Standort Berlin für myTaxi<br />

aufgebaut hat, arbeitet seit 1. Juli, bzw.<br />

1. August dieses Jahres für Taxi Berlin und <strong>taxi</strong>.<br />

eu. Wie ist das gekommen? Stephan Müller<br />

erzählt stellvertretend auch für Sebastian<br />

Huhn, Nora Jacobsen und Jan Müller, die drei<br />

anderen ehemaligen myTaxi Mitarbeiter, ihre<br />

Geschichte, die zumindest für Berlin auch die<br />

Geschichte von myTaxi ist.<br />

Im März 2011 holten die Gründer Sven Külper<br />

und Niclaus Mewes die beiden Müller<br />

und Sebastian Huhn zu myTaxi nach Berlin.<br />

Nora Jacobsen kam später hinzu. Sie besorgen<br />

ein Büro und Möbel und begannen mit<br />

der Anwerbung von Fahrern und Kunden.<br />

Das war die „Stunde Null“ für myTaxi in Berlin.<br />

Keiner hatte vorher etwas mit Taxen zu<br />

tun. Sie fanden die Idee gut und knieten sich<br />

begeistert rein. Nach einem Jahr hatten sie<br />

ca. 1.500 Fahrer und eine Anzahl starker Hotels<br />

und Firmen zusammen. Die Buchungszahlen<br />

wuchsen ständig. Schnell hatte das<br />

Team gelernt, wie das Taxigewerbe tickt, und<br />

ein tragfähiges Netzwerk von Kontakten mit<br />

Entscheidungsträgern bei Taxi-Kunden und<br />

Taxiunternehmen geknüpft. Sie versuchten<br />

die Integration von myTaxi ins Taxigewerbe,<br />

und sie versuchten, das Image eines externen<br />

Dienstleisters los zu werden.<br />

Dann, ein Jahr später, im März 2012, wurde<br />

bei myTaxi ein neuer Geschäftsführer eingestellt<br />

als „Chief Sales Officer“ für den Vertrieb,<br />

Driver Services/Flottenmanagement und alle<br />

myTaxi-Standorte im In- und Ausland. Jürgen<br />

Hartmann brauchte in seiner letzten „<strong>taxi</strong><br />

heute“ einen extra „Kasten“, um alle Meriten<br />

und Funktionen aufzuzählen, die der Bankkaufmann<br />

und hoch dekorierte Volkswirt in<br />

seinem jungen Leben schon erworben hat.<br />

Eine ganz große Nummer. Der Laden sollte<br />

auf Linie gebracht werden. Die Erfahrungen<br />

der Mitarbeiter mit den verschiedenen Eigenheiten<br />

des Taxigewerbes an unterschiedlichen<br />

Orten zählten auf einmal nichts mehr.<br />

Der Neue brachte zwar viel wirtschaftliches<br />

Knowhow mit, entschied aber auch viel über<br />

die Köpfe der Mitarbeiter vor Ort hinweg.<br />

Örtliche Gegebenheiten spielten keine Rolle<br />

mehr. Lokale Erfahrungen wurden vom Tisch<br />

gewischt. Die Handlungsfreiheit der regionalen<br />

Mitarbeiter, die die Standorte mit großem<br />

Engagement aus dem Boden gestampft hatten,<br />

wurde immer weiter eingeschränkt. Der<br />

Mann war beratungsresistent. So bringt man<br />

die motiviertesten Mitarbeiter auf Null.<br />

Die Folge war ein personeller Aderlass für<br />

myTaxi. Nicht nur das komplette Berliner<br />

Team der ersten Stunde ist weg gegangen.<br />

In anderen Städten war es ähnlich. Selbst in<br />

Washington sind drei von sechs Mitarbeitern<br />

zur Konkurrenz gewechselt.<br />

8 <strong>taxi</strong> <strong>news</strong> 6/<strong>2013</strong>

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