RAL 1015 taxi news Heft 2-2015
Freie und unabhängige Zeitschrift für das Taxigewerbe
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RECHT & STEUERN W<br />
Fährt der Fahrer also zum Einkaufen, bestimmte<br />
er selbst als Privatperson das Fahrziel.<br />
Diese Fahrt ist also gerade nicht zur<br />
Beförderung von Fahrgästen bestimmt.<br />
Nutzt der Taxifahrer das Taxi privat, ist er<br />
demnach zur Nutzung der Busspur genauso<br />
wenig wie der Fahrer eines Privat-PKWs<br />
berechtigt.<br />
Mit dieser Ansicht könnte man also zum<br />
Ergebnis kommen, dass auch dem Taxifahrer,<br />
der die Busspur unberechtigterweise<br />
genutzt hat, beim Überfahren der Kreuzung<br />
ein Rotlichtverstoß nicht angelastet<br />
werden kann.<br />
Frage II:<br />
Missachtung<br />
„weißer Querbalken“<br />
= Rotlichtverstoß?<br />
OLG Köln: „Die Missachtung des Wechsellichtzeichens<br />
"weißer Querbalken" ist<br />
weder im Verwarnungsgeldkatalog noch<br />
im Bußgeldkatalog genannt. Die Erfassung<br />
einer Verkehrsordnungswidrigkeit in diesen<br />
Katalogen ist aber nicht Voraussetzung<br />
für ihre Ahndung. Alleinige Rechtsgrundlage<br />
für die Sanktionierung von Verkehrsordnungswidrigkeiten<br />
sind ohnehin die §§<br />
24, 24a, 25 StVG (vgl. Jagusch/Hentschel,<br />
StVR, 35. Aufl., StVG § 25 Rdnr. 15 b mit<br />
Nachweisen). Soweit Katalog-Regelsätze<br />
fehlen, können sich die Gerichte bei der<br />
Zumessung der Geldbuße (§ 17 Abs. 3<br />
OWiG) aber an Regelsanktionen für Tatbestände<br />
ähnlicher Art und Schwere orientieren<br />
(vgl. Jagusch/Hentschel a.a.O.,<br />
StVG § 24 Rdnr. 63, 64 mit Nachweisen).<br />
Entsprechendes gilt für die Entscheidung,<br />
ob ein Fahrverbot zu verhängen ist. Ein<br />
Fahrverbot kann auch dann zulässig sein,<br />
wenn kein Regelfall nach § 2 BKatV gegeben<br />
ist. In einem solchen Fall ist aber für<br />
das Gericht der Begründungsaufwand größer<br />
als in den katalogmäßig bestimmten<br />
Regelfällen (vgl. BGHSt<br />
38, 125 = NJW 1992, 446, 448).<br />
Die Annahme grober Pfl ichtverletzung<br />
im Sinne des § 25 Abs.<br />
1 StVG erfordert die Feststellung<br />
einer besonderen Gefährlichkeit<br />
und Verantwortungslosigkeit<br />
unter Berücksichtigung der Örtlichkeit<br />
und der Verkehrslage<br />
(vgl. Senatsentscheidung vom<br />
23.12.1997 -Ss 719/97 (B); vgl.<br />
auch BGH DAR 1997, 450 = NZV<br />
1997, 525). Darüber hinaus setzt<br />
in den Fällen eines nicht durch §<br />
2 BKatV indizierten Fahrverbots<br />
die Anordnung eines solchen die Feststellung<br />
voraus, dass der angestrebte Erfolg<br />
auch durch eine erhöhte Geldbuße nicht<br />
erreicht werden kann (vgl. BGHSt 38, 125<br />
= NJW 1992, 446; BGHSt 38, 231 = NJW<br />
1397).“<br />
Das Argument, dass der Verstoß nicht als<br />
Rotlichtverstoß geahndet werden kann,<br />
weil der BKat (Bußgeldkatalog) nur von<br />
„Rotlicht“ spricht, hält das OLG Köln) für<br />
nicht überzeugend. Denn § 49 III 2 StVO<br />
regelt, dass ordnungswidrig handelt, wer<br />
vorsätzlich oder fahrlässig einer Vorschrift<br />
des § 37 über das Verhalten an Wechsellichtzeichen,<br />
Dauerlichtzeichen oder<br />
beim Rechtsabbiegen mit Grünpfeil zuwiderhandelt.<br />
§ 37 II Nr. 4 StVO bestimmt:<br />
Für Schienenbahnen können besondere<br />
Zeichen, auch in abweichenden Phasen,<br />
gegeben werden; das gilt auch für<br />
Omnibusse des Linienverkehrs und nach<br />
dem Personenbeförderungsrecht mit dem<br />
Schulbus-Zeichen zu kennzeichnende<br />
Fahrzeuge des Schüler- und Behindertenverkehrs,<br />
wenn diese einen vom übrigen<br />
Verkehr freigehaltenen Verkehrsraum benutzen;<br />
dies gilt zudem für Krankenfahrzeuge,<br />
Fahrräder, Taxen und Busse im<br />
Gelegenheitsverkehr, soweit diese durch<br />
Zusatzzeichen dort ebenfalls zugelassen<br />
sind. Nach § 37 I 1 StVO gehen Lichtzeichen<br />
Vorrangregeln und Vorrang regelnde<br />
Verkehrszeichen vor. Der „Rotlichtverstoß“<br />
ergäbe sich daher bereits aus §§ 49<br />
III 2 iVm 37 II 4 StVO.<br />
Aus dem Rotlichtverstoß käme man somit<br />
nach dieser Entscheidung zumindest dann<br />
nicht 'raus, wenn der Taxifahrer berechtigter<br />
Benutzer der Busspur wäre. Allerdings<br />
habe ich meine Zweifel, ob der der Entscheidung<br />
des OLG Köln zugrunde liegende<br />
Sachverhalt mit den Verhältnissen an<br />
der Ecke Passauer Str. / Tauentzienstraße.<br />
vergleichbar ist. Ich habe auch trotz intensiver<br />
Suche bisher kein obergerichtliches<br />
Urteil gefunden, das sich mit dieser Frage<br />
Andreas Just<br />
Rechtsanwälte und Notarin<br />
Nachodstr. 19, 10779 Berlin<br />
Beratung im Taxizentrum Persiusstraße 7:<br />
Donnerstag von 15.00 - 16.00 Uhr<br />
oder nach Vereinbarung<br />
Tel. 217 78 68 oder 20 20 21 312<br />
auseinandergesetzt hat. Besonders vom<br />
Berliner Kammergericht liegt hierzu nichts<br />
vor.<br />
Frage III:<br />
Wenn schon rot, dann auch<br />
„Qualifizierter Rotlichtverstoß“<br />
(will sagen 200 €, 2 Punkte und<br />
einen Monat Fahrverbot)?<br />
Gem. § 25 I StVG ist ein Fahrverbot möglich<br />
bei einer „groben oder beharrlichen<br />
Verletzung der Pfl ichten eines Kraftfahrzeugführers“.<br />
Laut OLG Köln können sich die Gerichte<br />
bei der Zumessung der Geldbuße an<br />
Regelsanktionen für Tatbestände ähnlicher<br />
Art und Schwere orientieren. Ein qualifi -<br />
zierter Rotlichtverstoß liegt nach dem BKat<br />
vor bei „schon länger als 1 Sekunde andauernder<br />
Rotphase eines Wechsellichtzeichens“.<br />
Der qualifizierte Rotlichtverstoß<br />
wird damit begründet, dass sich aufgrund<br />
der länger als eine Sekunde andauernden<br />
Rotlichtphase der Querverkehr bereits im<br />
Bereich der durch Rotlicht gesperrten Fahrbahn<br />
befinden kann. Geht man davon aus,<br />
dass dies auch bei dem weißen Querbalken<br />
gilt, dann läge hier ein qualifi zierter<br />
Verstoß vor, denn die Fußgänger sind gefährdet,<br />
wenn bei ihnen bereits „grün“ ist.<br />
Allerdings können die Erwägungen aus<br />
dem BKat hier nicht schlichtweg übernommen<br />
werden. Denn mit dem Wort „Rotphase“<br />
hat der Gesetzgeber zu erkennen<br />
gegeben, dass er bei dem BKat tatsächlich<br />
nur an „normale“ Ampeln gedacht hat. Bei<br />
den für Busspuren geltenden Lichtzeichen<br />
ist die Sachlage aber eine andere als bei<br />
„regulären“ Ampeln: Reguläre Ampeln<br />
schalten nicht direkt von „grün“ auf „rot“,<br />
sondern haben noch eine Zwischenphase,<br />
die den Fahrern signalisiert, dass sie<br />
sich darauf einstellen müssen,<br />
dass die Ampel gleich auf „rot“<br />
schaltet. Die Fahrer werden insofern<br />
„vorgewarnt“. Bei dem<br />
Lichtbalken gibt es nach Auffassung<br />
verschiedener Abteilungen<br />
des Amtsgerichts Tiergarten eine<br />
solche „Zwischenphase“ nicht,<br />
die Fahrer werden nicht „vorgewarnt“.<br />
Daher kann es deutlich<br />
schneller passieren, dass ein Fahrer<br />
das Lichtzeichen nach schon<br />
länger als 1 Sekunde andauerndem<br />
Querbalken passiert. Deswegen<br />
kann von einer „groben<br />
oder beharrlichen Verletzung der<br />
6 <strong>taxi</strong> <strong>news</strong> 2/<strong>2015</strong>