Fair Wohnen Sept.2012 - Mietervereinigung Österreichs
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A++<br />
A+<br />
A<br />
B<br />
C<br />
D<br />
E<br />
F<br />
G<br />
FAIR WOHNEN AKTUELL<br />
Ausweis, bitte<br />
Im Frühjahr 2012 hat das Parlament ein neues Energieausweisvorlagegesetz<br />
(kurz EAVG) beschlossen, das mit 1. 12. 2012 in Kraft treten soll.<br />
Das alte EAVG tritt damit außer Kraft. Hintergrund für diese Maßnahme<br />
ist eine entsprechende Neuregelung auf EU-Ebene.<br />
I n<br />
Österreich führt der Energieausweis<br />
bisher – aus gutem Grund – ein<br />
Schattendasein. Denn was die Energiepolitiker<br />
versprachen, hat er nicht gehalten.<br />
Käufer und Mieter sollten durch<br />
den Ausweis dazu gebracht werden,<br />
möglichst energiesparende Häuser und<br />
Wohnungen anzumieten bzw. zu kaufen.<br />
Durch diese verstärkte Nachfrage nach<br />
Objekten mit niedrigen Energiekosten<br />
erhofften sich die Erfinder des Energieausweises,<br />
dass Vermieter und Verkäufer<br />
vermehrt in energiesparende Maßnahmen<br />
investieren – eine Hoffnung, die<br />
sich bis heute nicht erfüllt hat.<br />
Die Gründe<br />
Einerseits gibt es derzeit nicht genug<br />
Wohnungen am Markt. Die Nachfrage ist<br />
eindeutig höher als das Angebot – damit<br />
gibt es für Mieter oder Käufer aber auch<br />
nur wenig bis keine Auswahl zwischen<br />
unterschiedlichen Objekten. Der Energieverbrauch<br />
spielt daher nur eine sehr<br />
bescheidene Rolle bei der Auswahl. Andererseits<br />
gibt der Ausweis auch nur wenig<br />
Auskunft über die tatsächlichen Energiekosten.<br />
Er errechnet vielmehr nur eine<br />
Kennzahl, die ähnlich wie beim Auto<br />
einen Normverbrauch darstellen soll.<br />
Während man beim Auto als Konsument<br />
schon ein Gefühl dafür hat, was es bedeutet,<br />
wenn ein Auto 10 oder 5 Liter<br />
Benzin auf 100 km verbraucht, weil man<br />
selbst tankt und die Rechnung für den<br />
Brennstoff auch sofort bezahlen muss, ist<br />
das bei den Heizkosten anders. Wie hoch<br />
die Energiekosten für ein Haus sind,<br />
wenn es den Kennwert A oder G hat, ist<br />
den meisten unbekannt. Zwar sagt der<br />
Buchstabe „A“ aus, dass das Haus einen<br />
guten Dämmstandard hat und damit<br />
KENNWERTE UND WIE SIE ZU LESEN SIND<br />
Klasse fGEE<br />
A++ ≤ 0,55<br />
A+ ≤ 0,70<br />
A ≤ 0,85<br />
B ≤ 1,00<br />
C ≤ 1,75<br />
D ≤ 2,50<br />
E ≤ 3,25<br />
F ≤ 4,00<br />
G > 4,00<br />
DIE NEUE KENNZAHL: Gesamteffizienz-Faktor fGEE<br />
Der fGEE ist nur ein Kennwert, der sämtliche Energieverbräuche<br />
des Hauses (Hausstrom, Heizung, Warmwasser,<br />
Kühlung etc.) sowie auch die CO 2 -Bilanz berücksichtigt.<br />
Maßstab ist der Primärenergiebedarf<br />
(d. h., sämtliche Energieverluste, insbesondere Transportverluste<br />
ab z. B. Kohleabbau, Ölförderanlagen bis<br />
zum endgültigen Verbrauch, sind darin enthalten). Damit<br />
besagt z. B. ein fGEE von 0,55 wahrscheinlich,<br />
dass bei sämtlichen Teilwerten (Hausstrom, Heizung,<br />
CO 2 -Bilanz) der günstigste Wert vorhanden ist. Für<br />
den interessierten Laien ist die Berechnung mangels<br />
Darstellung in der OIB-Richtlinie 6 praktisch nicht<br />
nachvollziehbar.<br />
einen niedrigen Verbrauch haben sollte –<br />
dennoch gibt es in der Praxis Häuser, die<br />
zwar einen A-Standard haben, aber dennoch<br />
hohe Energiekosten verursachen.<br />
Warum ist das so?<br />
Weil der Kennwert derzeit nur den<br />
Dämmstandard angibt, aber nicht die<br />
Art des Heizsystems berücksichtigt. So<br />
gibt es z. B. Häuser mit guten Dämmstandards,<br />
aber deren Warmwasseraufbereitung<br />
wird auch im Sommer durchgehend<br />
mit Öl aufgeheizt. Das führt<br />
schon aufgrund der enorm gestiegenen<br />
Ölkosten zu höheren Energiekosten als<br />
bei jenen Gebäuden, deren Warmwasser<br />
im Sommer mittel Sonnenenergie (thermische<br />
Solaranlage) erwärmt wird.<br />
Dieser Unterschied wurde bis dato in der<br />
Kennzahl aber nicht berücksichtigt. Das<br />
soll nun anders werden. Ab 1. 12. 2012<br />
A++<br />
A+<br />
A<br />
B<br />
C<br />
D<br />
E<br />
F<br />
G<br />
ABER ACHTUNG:<br />
Ein niedriger Energieverbrauch<br />
bedeutet noch lange nicht<br />
ebenso niedrige Kosten. Was<br />
beim Passivhaus an Heizenergiekosten<br />
gespart wird, muss<br />
zum Teil durch den höheren<br />
Stromverbrauch und höhere<br />
Wartungskosten (regelmäßiger<br />
Filtertausch und Reinigung der<br />
Lüftungsanlage) wieder ausgegeben<br />
werden. Auch sind die<br />
Errichtungskosten höher als bei<br />
Niedrigenergiehäusern. Zu den<br />
zukünftigen Erhaltungskosten<br />
gibt es derzeit noch gar keine<br />
Erfahrungen.<br />
A++<br />
A+<br />
A<br />
B<br />
C<br />
D<br />
E<br />
F<br />
G<br />
werden im neuen Energieausweis sämtliche<br />
Verbrauchswerte des Hauses berücksichtigt<br />
– insbesondere auch das Heizsystem.<br />
Wermutstropfen: Alte Energieausweise<br />
bleiben bestehen. Wenn sie also bis<br />
November 2012 ausgestellt wurden, gelten<br />
sie auch bis 2022. Für Wohnungssuchende<br />
bedeutet das Verwirrung pur –<br />
eine echte Orientierungshilfe schaut<br />
anders aus.<br />
Die Neuerung:<br />
Der Energiekennwert muss in Zukunft<br />
schon im Inserat angegeben werden.<br />
Dort wird er dann vielleicht so aussehen:<br />
„Einfamilienhaus mit HWB 22, fGEE<br />
0,93“ (Beispiel für den heutigen Kennwert<br />
fGEE B).<br />
Nicht gerade eine verständliche Darstellung<br />
für den Laien. Allerdings ermöglicht<br />
diese Kennzeichnung auch eine Unterscheidung<br />
zwischen alten und neuen<br />
Ausweisen. Für ein Haus mit dem alten<br />
Energieausweis wird im Inserat nur der<br />
Wert „HWB 22“ angegeben. Diesem war<br />
bislang der Buchstabe „A“ zugeordnet.<br />
Damit ist auch klar, warum die reine<br />
Buchstabenbezeichnung (z. B. wie beim<br />
Kühlschrank A bis G) auch keine Hilfe<br />
für den Wohnungssuchenden wäre.<br />
Im obigen Beispiel ist das Haus sehr gut<br />
gedämmt, aber beim Heizsystem oder<br />
der CO 2 -Bilanz steht es weniger gut da,<br />
daher gibt es im neuen Ausweis nur<br />
„fGEE B“ statt wie bisher „HWB A“.<br />
Wir sind gespannt, wer in der Praxis diesen<br />
Wert richtig einordnen wird können.<br />
Für die Richtigkeit der Berechnung haf-<br />
DER ALTE KENNWERT:<br />
Heizwärmebedarf HWB<br />
Daneben gibt es noch den schon jetzt<br />
verwendeten Wert „HWB“. Der besagt<br />
zum Beispiel, dass ein Haus der Klasse<br />
A++ HWB einen errechneten Energieverbrauch<br />
von 1 Liter Öl bzw. 1 m 3 Gas<br />
pro m 2 und Jahr (10 kWh/m 2 a) hat, bezogen<br />
allerdings auf die Bruttogrundfläche<br />
(BGF) des Hauses. Ein Haus mit<br />
der Klasse A++ wäre demnach eines,<br />
das dem Dämmstandard eines Passivhauses<br />
entspricht.<br />
Zum Vergleich: Die meisten Häuser<br />
liegen bei einem Verbrauch von 100<br />
kWh/m 2 aufwärts und damit bei mehr<br />
als dem 10-fachen Öl-/Gas-Verbrauch.<br />
tet neben dem Verkäufer/Vermieter auch<br />
der Sachverständige, der den Wert ermittelt<br />
hat.<br />
Außerdem neu:<br />
Der Verkäufer bzw. der Bestandgeber<br />
muss „rechtzeitig vor Abgabe der Vertragserklärung“<br />
einen Energieausweis<br />
vorlegen. Es wird nicht reichen, wenn er<br />
am Tag der Vertragsunterzeichnung vorgelegt<br />
wird. Der Gesetzgeber möchte,<br />
dass der Energieverbrauch des Gebäudes<br />
ein wichtiges Auswahlkriterium bei<br />
Anmietung/Ankauf wird. Daher wird<br />
die Vorlage wohl zumindest einen Tag<br />
vor der geplanten Vertragsunterzeichnung<br />
erfolgen müssen, sodass die Wohnungssuchenden<br />
darüber schlafen und<br />
ihre Wahl überdenken können. Eigenartigerweise<br />
sieht das Gesetz allerdings vor,<br />
dass die Kopie des Ausweises erst binnen<br />
14 Tagen ab Vertragsunterzeichnung<br />
ausgehändigt werden soll. Stellt sich die<br />
Frage: Worüber schlafen die Wohnungssuchenden<br />
dann eigentlich?<br />
Genauso eigenartig ist die Regelung, dass<br />
dem Wohnungssuchenden auch ein Ausweis<br />
von einem gleichgelagerten/ähnlichen<br />
Objekt ausgehändigt werden können<br />
soll. Die Vergleichbarkeit muss ein<br />
Sachverständiger zuvor bestätigt haben.<br />
Die Praxis wird zeigen, ob der Markt<br />
diese Form des Energieausweises annehmen<br />
wird.<br />
Ohne Ausweis droht Strafe<br />
Sollte der Vermieter oder der Verkäufer<br />
gar keinen Ausweis haben, macht er sich<br />
Klasse HWB<br />
A++ ≤ 10 kWh/m 2 a<br />
A+ ≤ 15 kWh/m 2 a<br />
A ≤ 25 kWh/m 2 a<br />
B ≤ 50 kWh/m 2 a<br />
C ≤ 100 kWh/m 2 a<br />
D ≤ 150 kWh/m 2 a<br />
E ≤ 200 kWh/m 2 a<br />
F ≤ 250 kWh/m 2 a<br />
G > 250 kWh/m 2 a<br />
strafbar. Die Verwaltungsstrafen gehen<br />
bis € 1.450,–. Mieter bzw Käufer haben<br />
das Recht, diesen einzuklagen bzw. auf<br />
Kosten der Vermieter/Verkäufer einen<br />
solchen erstellen zu lassen. Denn in Zukunft<br />
soll es nicht mehr möglich sein,<br />
ohne den Ausweis Immobiliengeschäfte<br />
zu machen.<br />
Ausnahmen bestätigen die Regel<br />
Nicht bei allen Gebäuden ist es notwendig,<br />
einen Ausweis anzufertigen. Das<br />
Gesetz zählt allerdings die Ausnahmen<br />
abschließend auf:<br />
8 FAIR WOHNEN 3/12 FAIR WOHNEN 3/12 9<br />
A++<br />
A+<br />
A<br />
B<br />
C<br />
D<br />
E<br />
F<br />
G<br />
A++<br />
A+<br />
A<br />
B<br />
C<br />
D<br />
E<br />
F<br />
G<br />
WO BRAUCHT MAN<br />
KEINEN ENERGIE-<br />
AUSWEIS?<br />
– Bei Gebäuden, die nur frostfrei<br />
gehalten werden, also eigentlich über<br />
keine Heizung verfügen.<br />
– Bei Wohngebäuden, die nach ihrer Art<br />
nur für die Benützung während eines<br />
begrenzten Zeitraums je Kalenderjahr<br />
bestimmt sind und deren voraussichtlicher<br />
Energiebedarf wegen dieser eingeschränkten<br />
Nutzungszeit unter einem<br />
Viertel des Energiebedarfs bei ganzjähriger<br />
Benützung liegt (Stichwort:<br />
Kleingartenhaus, Ferienhaus).<br />
– Bei frei stehenden Gebäuden mit<br />
einer Gesamtnutzfläche von weniger<br />
als 50 Quadratmetern.<br />
– Im Verkaufsfall bei Objekten, die auf<br />
Grund ihres schlechten Erhaltungszustands<br />
objektiv abbruchreif sind.<br />
Allerdings muss das im Inserat dann<br />
auch so angegeben werden und im<br />
Kaufvertrag vereinbart werden, dass das<br />
Gebäude binnen drei Jahren ab Ankauf<br />
abgerissen wird.<br />
– Bei Gebäuden, die ausschließlich für<br />
Gottesdienste und sonstige religiöse<br />
Zwecke genutzt werden.<br />
– Bei provisorisch errichteten<br />
Gebäuden mit einer geplanten<br />
Nutzungsdauer von höchstens 2 Jahren.<br />
– Bei Industrieanlagen, Werkstätten und<br />
landwirtschaftlichen Nutzgebäuden, bei<br />
denen jeweils der überwiegende Anteil<br />
der für die Konditionierung des<br />
Innenraumklimas erforderlichen Energie<br />
durch die im Gebäude entstehende<br />
Abwärme aufgebracht wird.