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COMPACT SPEZIAL 9 "Zensur in der BRD"

Die Liste der verbotenen Autoren

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Son<strong>der</strong>-Ausgabe Nr. 9 | 8,80 EUR (D) · compact-onl<strong>in</strong>e.de<br />

<strong>Zensur</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> BRD<br />

Die schwarze Liste<br />

<strong>der</strong> verbotenen<br />

Autoren<br />

9,90 Euro (A), 13 sFr (CH)<br />

Das Das Lügenkartell gegen Eva Eva Herman, Akif Pir<strong>in</strong>çci, Matthias Matussek,<br />

Nicolaus Fest, Fest, Gerhard Wisnewski, Elmar Hörig, Frie<strong>der</strong> Wagner, Michael<br />

Vogt, Vogt, Jürgen Elsässer, Ken Ken Jebsen, Jan van Hels<strong>in</strong>g.


Ehrlicher Journalismus <strong>in</strong> Zeiten <strong>der</strong> Lüge.<br />

Die schweigende Mehrheit kann die Verhältnisse zum Tanzen br<strong>in</strong>gen,<br />

wenn sie ihre Stimme wie<strong>der</strong>f<strong>in</strong>det. <strong>COMPACT</strong> ist ihr Lautsprecher, weil<br />

wir drucken und verbreiten, was an<strong>der</strong>e nicht zu schreiben wagen.<br />

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Die bessere<br />

Kanzler<strong>in</strong><br />

AfD vor dem Durchbruch<br />

Merkel am Ende<br />

Drei Schritte zum Sturz<br />

Stal<strong>in</strong>grad 2.0<br />

Put<strong>in</strong> siegt <strong>in</strong> Aleppo<br />

Trump ist Trumpf<br />

Patriot unter Falken<br />

Handball-Helden<br />

Blut, Schweiß und Tore<br />

Freiwild<br />

Frau<br />

Das böse Ende <strong>der</strong><br />

Willkommenskultur<br />

Schweigekartell<br />

Der Sexmob und die Medien<br />

Polizist<strong>in</strong> mit Eiern<br />

Migrant<strong>in</strong> auf Streife<br />

Superwanze Handy<br />

Tipps zum Selbstschutz<br />

German<strong>in</strong>nen<br />

Mit Liebreiz und Schwert<br />

Dossier: Revoltiert!<br />

Ausgabe 3/2016 | 4,95 EUR<br />

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Dossier: Die Lügenjournalisten<br />

Camus über die Verteidigung Europas<br />

Agenten <strong>der</strong> Me<strong>in</strong>ungsdiktatur<br />

Ausgabe 2/2016 | 4,95 EUR<br />

www.compact-onl<strong>in</strong>e.de


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ Editorial<br />

Die Freiheit stirbt <strong>in</strong> Bad Dürrheim<br />

Die <strong>Zensur</strong> ist schleichend, die meisten merken<br />

gar nichts davon. Es geht nicht nur um e<strong>in</strong>zelne<br />

Autoren. Es geht um unser ganzes kulturelles Erbe<br />

– das, was uns Ältere noch geprägt hat, aber jetzt<br />

unseren K<strong>in</strong><strong>der</strong>n vorenthalten wird.<br />

Nehmen wir Mark Twa<strong>in</strong> und se<strong>in</strong>e Abenteuer<br />

des Huckleberry F<strong>in</strong>n. Wer hat das nicht mit<br />

brennenden Augen unter <strong>der</strong> Bettdecke gelesen?<br />

Für Ernest Hem<strong>in</strong>gway war klar: «Die ganze mo<strong>der</strong>ne<br />

amerikanische Literatur hat ihren Ursprung<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Buch», und er me<strong>in</strong>te damit genau jene<br />

Lausbubengeschichte. Wer den Bestseller heute<br />

se<strong>in</strong>en Enkeln zum Geburtstag schenken will, wird<br />

nur noch kastrierte Ausgaben bekommen: Das<br />

Wort «Nigger», das Huck und se<strong>in</strong> Kumpel Tom Sawyer<br />

glatte 160 Mal aussprechen, ist überall durch<br />

«Sklave» ersetzt. Die schärfste Kritik an dieser<br />

Verstümmelung kommt von Ishmael Reed, e<strong>in</strong>em<br />

afroamerikanischen Bürgerrechtler. Statt e<strong>in</strong>zelne<br />

Wörter zu zensieren, empörte er sich zu Recht,<br />

sollten die Verantwortlichen die Bücher besser lesen,<br />

um sie überhaupt zu verstehen. Dann würden<br />

sie schnell merken, dass <strong>der</strong> «Nigger» Jim – <strong>der</strong><br />

Dritte im Bösen-Buben-Trio – «mehr Tiefgang und<br />

Profil hat als die Schwarzen, die man heute <strong>in</strong> Film,<br />

Theater und Literatur f<strong>in</strong>det». Und weiß eigentlich<br />

ke<strong>in</strong>er mehr, dass es ursprünglich weiße Evangelikale<br />

waren, die den Schelmenroman auf den Index<br />

stellten – gerade weil er e<strong>in</strong> gemischtrassiges Trio<br />

so herrlich anarchistisch <strong>in</strong> Szene setzte?<br />

Das Beispiel eröffnet E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> die kle<strong>in</strong>en Hirne<br />

<strong>der</strong> Zensoren: Sie s<strong>in</strong>d auf <strong>der</strong> Jagd nach Wörtern<br />

und kapieren die Inhalte gar nicht. Was vermutlich<br />

bei den Inquisitoren des Mittelalters nicht<br />

an<strong>der</strong>s war, hat durch die postmo<strong>der</strong>nen Schwurbelwissenschaften<br />

neue Weihen erhalten: Die<br />

«neuen Philosophen» <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tradition von Michel<br />

Foucault gehen ganz im Ernst davon aus, dass die<br />

Realität erst durch Begriffe entstünde. Rassismus<br />

käme auf, wenn man – wie Mark Twa<strong>in</strong> – zu oft<br />

«Nigger» sage; e<strong>in</strong> neuer Adolf stünde vor <strong>der</strong> Tür,<br />

wenn man – wie Eva Herman – das magische Wort<br />

«Autobahn» ausspreche; und wer alle<strong>in</strong> «Konzentrationslager»<br />

<strong>in</strong> den Mund nehme, bereite bereits<br />

<strong>der</strong>en Errichtung für Auslän<strong>der</strong> vor – obwohl Akif<br />

Pir<strong>in</strong>çci, dem diese irre Assoziation se<strong>in</strong>er Gegner<br />

zum Verhängnis wurde, damit vor <strong>der</strong> Internierung<br />

<strong>der</strong> Inlän<strong>der</strong> gewarnt hatte.<br />

Mittlerweile s<strong>in</strong>d die Tugendwächter h<strong>in</strong>ter<br />

so ziemlich allen Büchern her, die uns die Jugend<br />

versüßten. «Unsere braune Biene Maja» titelte<br />

die Süddeutsche Zeitung 2011, weil sie <strong>in</strong> <strong>der</strong>en<br />

Kampf gegen die bösen Hornissen NS-Ideologeme<br />

erschnüffelt haben wollte. Otfried Preußlers Die<br />

kle<strong>in</strong>e Hexe missfällt, weil sich dar<strong>in</strong> die K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

als «Neger, Ch<strong>in</strong>esenmädchen und Türken» verkleiden<br />

– Hilfe, das ist Diskrim<strong>in</strong>ierung pur! Pippi<br />

Langstrumpf darf natürlich ke<strong>in</strong>e «Negerpr<strong>in</strong>zess<strong>in</strong>»<br />

mehr se<strong>in</strong> – dabei hat Astrid L<strong>in</strong>dgren ihre<br />

Trilogie <strong>in</strong> den 1940er Jahren im sozialdemokratischen<br />

Musterland Schweden veröffentlicht, das<br />

damals vielen Asylanten aus Nazi-Deutschland<br />

Zuflucht bot. Dass e<strong>in</strong>e sommersprossige Rothaarige,<br />

die als Negerpr<strong>in</strong>zess<strong>in</strong> geht, eigentlich jeden<br />

Rassendünkel verspottet, käme den Zensoren nie<br />

<strong>in</strong> den S<strong>in</strong>n.<br />

Wie tief die E<strong>in</strong>schnitte s<strong>in</strong>d, beweist das Beispiel<br />

Bad Dürrheim: In <strong>der</strong> süddeutschen Kle<strong>in</strong>stadt<br />

wurden im August 2015 über 3.200 Bücher<br />

aus <strong>der</strong> städtischen Bibliothek ausgemustert und<br />

vernichtet, 40 Prozent des Bestands, darunter auch<br />

Werke von Erich Kästner. Den <strong>Zensur</strong>auftrag hatte<br />

das Regierungspräsidium erteilt. Die von <strong>der</strong> Behörde<br />

geschickte Bibliothekar<strong>in</strong> nannte als Grund<br />

unter an<strong>der</strong>em das «word<strong>in</strong>g» – manche Autoren<br />

hätten das Wort «Neger» benutzt. Der öffentliche<br />

Aufschrei hielt sich <strong>in</strong> engen Grenzen. Als die antifaschistische<br />

Bewegung noch ihren Namen verdiente,<br />

warnte sie mit He<strong>in</strong>rich He<strong>in</strong>e: «Wo man<br />

Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende<br />

Menschen.» Und heute?<br />

Chefredakteur Jürgen Elsässer.<br />

Foto: Jörg Gründler<br />

3


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ Inhalt<br />

<strong>Zensur</strong> im TV<br />

5 Zitate zum Thema<br />

<strong>Zensur</strong> im TV<br />

8 Fe<strong>in</strong>dbild Mutter<br />

von T<strong>in</strong>o Perlick<br />

11 «Der Mehrheit wird <strong>der</strong> Kampf angesagt»<br />

Interview mit Eva Herman<br />

15 Der aufrechte Gang<br />

von Marc Dassen<br />

18 Der Sieger hat immer Recht. Punkt.<br />

von Michael Vogt<br />

22 Die unbequeme Wahrheit<br />

von Niki Vogt<br />

26 Uncle Sams schmutzige A-Bombe<br />

von Frie<strong>der</strong> Wagner<br />

<strong>Zensur</strong> bei Büchern<br />

58 Bestseller unter Beschuss<br />

von Fe<strong>der</strong>ico Bischoff<br />

61 Mythos Fachkräftemangel<br />

von Gerhard Wisnewski<br />

65 Mit je<strong>der</strong> Faser Deutscher<br />

von Mart<strong>in</strong> Müller-Mertens<br />

68 Das Schlachten hat begonnen<br />

von Akif Pir<strong>in</strong>çci<br />

73 Der Vater aller Verschwörungstheorien<br />

von Niki Vogt<br />

76 Der Schwarze Adel<br />

von Jan van Hels<strong>in</strong>g<br />

80 Der juristische Totschläger<br />

von Manfred Kle<strong>in</strong>e-Hartlage<br />

4<br />

<strong>Zensur</strong> im Radio<br />

<strong>Zensur</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Presse<br />

<strong>Zensur</strong> bei Büchern<br />

<strong>Zensur</strong> im Radio<br />

30 Sesselfurzer gegen Stimmungskanone<br />

von Mart<strong>in</strong> Müller-Mertens<br />

33 Klartext mit Schuss<br />

von Elmar Hörig<br />

34 Schuldig bei Verdacht<br />

von Jürgen Elsässer<br />

37 R<strong>in</strong>ks und Lechts<br />

von Ken Jebsen<br />

<strong>Zensur</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Presse<br />

40 F<strong>in</strong>ger <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wunde<br />

von T<strong>in</strong>o Perlick<br />

43 O-Ton: «Der Preis für Multikulti<br />

ist <strong>der</strong> totale Staat»<br />

von Nicolaus Fest<br />

45 Der Fall Matussek<br />

von Manfred Kle<strong>in</strong>e-Hartlage<br />

48 «Breivik ist <strong>der</strong> Gegenpol zu Christus»<br />

Interview mit Matthias Matussek<br />

51 Ausgewählte Kündigungen<br />

von Karel Meissner<br />

54 In <strong>der</strong> Tradition von Wilhelm Tell<br />

von Jürgen Elsässer<br />

55 Rothfront marschiert<br />

von Jürgen Elsässer<br />

<strong>COMPACT</strong> Impressum<br />

Herausgeber & Verlag<br />

<strong>COMPACT</strong>-Magaz<strong>in</strong> GmbH<br />

Geschäftsführer Kai Homilius<br />

Am Zernsee 9, 14542 Wer<strong>der</strong> (Havel)<br />

E-Mail verlag@compact-magaz<strong>in</strong>.com<br />

Website www.compact-onl<strong>in</strong>e.de<br />

Vertrieb, Bestellungen, Abo-Betreuung<br />

Fon 03327-5698611<br />

Fax 03327-5698617<br />

E-Mail vertrieb@compact-magaz<strong>in</strong>.com<br />

Bankverb<strong>in</strong>dung <strong>COMPACT</strong>-Magaz<strong>in</strong> GmbH<br />

Mittelbrandenburgische Sparkasse<br />

BIC: WELADED1PMB<br />

IBAN: DE74 1605 0000 1000 9090 49<br />

Redaktion<br />

E-Mail redaktion@compact-magaz<strong>in</strong>.com<br />

Chefredakteur Jürgen Elsässer (V.i.S.d.P.)<br />

Chef vom Dienst Mart<strong>in</strong> Müller-Mertens<br />

Fotoquelle Cover knape/istockphoto<br />

Cover/Bild Steffen Jordan<br />

Layout Jerome Büchler<br />

<strong>COMPACT</strong>-Onl<strong>in</strong>e Arne Fischer<br />

E-Mail fischer@compact-magaz<strong>in</strong>.com<br />

Anzeigenakquise<br />

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Pr<strong>in</strong>ted <strong>in</strong> Germany<br />

Druckauflage dieser Ausgabe<br />

40.000 Exemplare<br />

Redaktionsschluss<br />

1. März 2016


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ Zitate zum Thema<br />

Tricksen und täuschen<br />

«Sie denken, bei e<strong>in</strong>er Lüge nicht ertappt zu<br />

werden ist dasselbe, wie die Wahrheit zu<br />

sagen?» (Dialogsequenz aus dem CIA-Thriller<br />

Die drei Tage des Condor, 1975)<br />

Der Bamser<br />

«Zum Regieren brauche ich nur Bild, BamS<br />

und Glotze.» (Bundeskanzler Gerhard Schrö<strong>der</strong>,<br />

SPD, Februar 1999)<br />

Schere im Kopf<br />

«Freiheit <strong>der</strong> Me<strong>in</strong>ungsäußerung be<strong>in</strong>haltet<br />

immer Selbstzensur.» (Die Welt, 11.3.2006)<br />

Spr<strong>in</strong>gers Weltbild<br />

Doppelplusungut: Orwells Neusprech haben die politisch<br />

Korrekten noch übertroffen. Foto: «1984»<br />

Anspruch…<br />

«E<strong>in</strong>e <strong>Zensur</strong> f<strong>in</strong>det nicht statt.» (Grundgesetz<br />

für die Bundesrepublik Deutschland, Artikel 5)<br />

…und Wirklichkeit<br />

«Im Grundgesetz stehen wun<strong>der</strong>schöne<br />

Bestimmungen über die Freiheit <strong>der</strong> Presse.<br />

Wie so häufig ist die Verfassungswirklichkeit<br />

ganz an<strong>der</strong>s als die geschriebene Verfassung.<br />

(…) Pressefreiheit ist die Freiheit<br />

von 200 reichen Leuten, ihre Me<strong>in</strong>ung zu<br />

verbreiten. Da die Herstellung von Zeitungen<br />

und Zeitschriften immer größeres Kapital<br />

erfor<strong>der</strong>t, wird <strong>der</strong> Kreis <strong>der</strong> Personen,<br />

die Presseorgane herausgeben, immer kle<strong>in</strong>er.<br />

Damit wird unsere Abhängigkeit immer<br />

größer und immer gefährlicher!» (Paul Sethe,<br />

Mitbegrün<strong>der</strong> <strong>der</strong> Frankfurter Allgeme<strong>in</strong>en Zeitung,<br />

Spiegel, 5.5.1965)<br />

Zwei Schwestern<br />

«Die <strong>Zensur</strong> ist die schändlichere von zwei<br />

Schwestern. Die ältere heißt Inquisition. Die<br />

<strong>Zensur</strong> ist das lebendige E<strong>in</strong>geständnis <strong>der</strong><br />

Herrschenden, dass sie nur verdummte Sklaven<br />

treten, aber ke<strong>in</strong>e freien Völker regieren<br />

können.» (Johann Nepomuk Nestroy, 1801–<br />

1862, Freiheit <strong>in</strong> Krähw<strong>in</strong>kel)<br />

Geld regiert<br />

«Was ist Wahrheit? – Drei Wochen Pressearbeit,<br />

und alle Welt hat die Wahrheit<br />

erkannt. Ihre Gründe s<strong>in</strong>d so lange unwi<strong>der</strong>leglich,<br />

als Geld vorhanden ist, sie ununterbrochen<br />

zu wie<strong>der</strong>holen.» (Oswald Spengler,<br />

1880–1936, Der Untergang des Abendlandes)<br />

Schmutzf<strong>in</strong>ken<br />

«In Deutschland gilt <strong>der</strong>jenige, <strong>der</strong> auf den<br />

Schmutz h<strong>in</strong>weist, für viel gefährlicher als<br />

<strong>der</strong>jenige, <strong>der</strong> den Schmutz macht.» (Kurt<br />

Tucholsky, 1890–1935)<br />

Der Propaganda-Vater spricht…<br />

«Die bewusste und <strong>in</strong>telligente Manipulation<br />

des kollektiven Verhaltens und <strong>der</strong> Me<strong>in</strong>ungen<br />

<strong>der</strong> Massen ist e<strong>in</strong> wichtiges Element<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> demokratischen Gesellschaft. Es<br />

ist e<strong>in</strong>e unsichtbare Regierung, die diesen<br />

verborgenen gesellschaftlichen Mechanismus<br />

manipuliert, sie ist die eigentliche Herrschaftsmacht<br />

<strong>in</strong> unserem Land.» (Edward Bernays,<br />

1891–1995, Vater <strong>der</strong> Public Relations und<br />

Autor des Standardwerkes Propaganda)<br />

Verschweigen ist Gold<br />

«Die größten Triumphe <strong>der</strong> Propaganda wurden<br />

nicht durch Handeln, son<strong>der</strong>n durch<br />

Unterlassung erreicht. Groß ist die Wahrheit,<br />

größer aber, vom praktischen Gesichtspunkt,<br />

ist das Verschweigen von Wahrheit.»<br />

(Aldous Huxley, 1894–1963, Schöne neue Welt)<br />

Nestbeschmutzer<br />

«Je weiter sich e<strong>in</strong>e Gesellschaft von <strong>der</strong> Wahrheit<br />

entfernt, desto mehr wird sie jene hassen,<br />

die sie aussprechen.» (George Orwell, 1903–1950)<br />

«Da ist die Überzeugung, dass Amerika und<br />

England die freiheitserprobtesten Demokratien<br />

s<strong>in</strong>d. Dann Israel. Ich b<strong>in</strong> e<strong>in</strong> nichtjüdischer<br />

Zionist. Israel ist e<strong>in</strong> Land, dessen<br />

Existenz gesichert werden muss. Und<br />

schließlich die Freiheit des Eigentums, des<br />

Handels. Sie können es auch Kapitalismus<br />

nennen. Ich glaube, dass Kapitalismus unter<br />

allen ungerechten Organisationsformen <strong>der</strong><br />

Gesellschaft immer noch die gerechteste,<br />

die humanste und die freiheitlichste ist.<br />

Me<strong>in</strong> Freiheitsbegriff steht über dem Dreieck:<br />

Amerika, Israel, Marktwirtschaft – das<br />

Gegenbild zu Nationalismus und Sozialismus.»<br />

(Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzen<strong>der</strong><br />

des Spr<strong>in</strong>ger-Verlages, Interview im Spiegel,<br />

19.6.2006)<br />

Ke<strong>in</strong>e <strong>Zensur</strong><br />

«Liebe Leser<strong>in</strong>, lieber Leser, wir müssen uns<br />

<strong>in</strong> eigener Sache zu Wort melden. Es ist sehr<br />

bedauerlich, aber wir sehen uns gezwungen,<br />

die Kommentarfunktion nur noch bei<br />

ausgewählten Artikeln anzubieten. H<strong>in</strong>tergrund<br />

ist die traurige Tatsache, dass e<strong>in</strong>ige<br />

Kommentatoren im verme<strong>in</strong>tlichen Schutz<br />

<strong>der</strong> Anonymität des Internets wie Brunnenvergifter<br />

unterwegs s<strong>in</strong>d. (…) Das oft von<br />

Lesern im Zusammenhang mit Kommentaren<br />

e<strong>in</strong>gefor<strong>der</strong>te Recht auf freie Me<strong>in</strong>ungsäußerung<br />

gibt es so nicht. (…) Es<br />

steht je<strong>der</strong> Redaktion frei, Kommentare zu<br />

Artikeln (…) zuzulassen o<strong>der</strong> zu entfernen.<br />

Sie muss sich dafür nicht rechtfertigen. (…)<br />

Dieses Proce<strong>der</strong>e ist im deutschen Medienwesen<br />

(…) Alltag (…) und hat nichts mit<br />

”<strong>Zensur</strong>” zu tun. (…) Die Chefredaktion <strong>der</strong><br />

t-onl<strong>in</strong>e.de.» (t-onl<strong>in</strong>e.de, 13.2.2015)<br />

5


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ Zitate zum Thema<br />

L<strong>in</strong>ksruck<br />

«Das Me<strong>in</strong>ungsspektrum ist so weit nach<br />

l<strong>in</strong>ks gerückt, dass das, was vor zehn Jahren<br />

noch normal war, heute als rechtsextrem<br />

gilt.» (ZDF-Mo<strong>der</strong>ator Peter Hahne, pro-medienmagaz<strong>in</strong>.de,<br />

13.3.2015)<br />

Me<strong>in</strong>ungsfreiheit war gestern<br />

6<br />

«Liebe Leser, da <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vergangenheit unter<br />

Beiträgen zum Thema Pegida permanent<br />

Verstöße gegen unsere Nutzungsbed<strong>in</strong>gungen<br />

im Kommentarbereich – <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

<strong>in</strong> Form von Beleidigungen – stattfanden,<br />

müssen wir lei<strong>der</strong> davon absehen, Ihnen<br />

die Möglichkeit zur Diskussion auf unserer<br />

Seite e<strong>in</strong>zuräumen. Die Redaktion.» (Leipziger<br />

Volkszeitung Onl<strong>in</strong>e, 12.4.2015)<br />

Bügelblätter<br />

«Viele Kollegen werden daran geh<strong>in</strong><strong>der</strong>t,<br />

überhaupt kritische Journalisten zu werden,<br />

weil ihre Vorgesetzten das gar nicht wollen.<br />

(…) Als ich dort gearbeitet habe, gab es Vorgesetzte<br />

und Chefredakteure, die kritische<br />

Haltungen gar nicht gerne sahen und diese<br />

dann, wenn aus ihrer Sicht nötig, abgebügelt<br />

haben. (…) O<strong>der</strong> dass Geschichten, die<br />

ganz an<strong>der</strong>s vorgesehen waren, umgestrickt<br />

werden.» (Spiegel-Redakteur Harald Schumann<br />

kündigte 2004, weil ihm Repression und <strong>Zensur</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Redaktion unerträglich wurden, Telepolis<br />

Onl<strong>in</strong>e, 20.5.2015)<br />

Missliebige Bücher werden verbrannt. In «Fahrenheit<br />

451» s<strong>in</strong>d das alle. Quelle: Verlag<br />

Schon <strong>in</strong> <strong>der</strong> Dystopie «Schöne neue Welt» g<strong>in</strong>g es<br />

um die Indoktr<strong>in</strong>ation von Geburt an.<br />

Quelle: Verlag<br />

Journalistenpreis<br />

«Der Nazivorwurf ist e<strong>in</strong>e Art Ritterschlag<br />

für <strong>in</strong>teressante Texte geworden.» (Harald<br />

Martenste<strong>in</strong>, Tagesspiegel, 7.6.2015)<br />

Betreutes Denken<br />

«Zur postdemokratischen E<strong>in</strong>schläferung<br />

<strong>der</strong> Öffentlichkeit trägt auch <strong>der</strong> Gestaltwandel<br />

<strong>der</strong> Presse zu e<strong>in</strong>em betreuenden<br />

Journalismus bei, <strong>der</strong> sich Arm <strong>in</strong> Arm mit<br />

<strong>der</strong> politischen Klasse um das Wohlbef<strong>in</strong>den<br />

von Kunden kümmert.» (Philosoph Jürgen<br />

Habermas, Süddeutsche Zeitung Onl<strong>in</strong>e,<br />

22.6.2015)<br />

Orwell lässt grüßen<br />

«dpa wird die Teilnehmer an Protesten und<br />

Angriffen gegen Flüchtl<strong>in</strong>ge künftig nicht<br />

mehr als "Asylgegner" o<strong>der</strong> "Asylkritiker"<br />

bezeichnen. (…) dpa wird stattdessen die<br />

Teilnehmer und <strong>der</strong>en Motive o<strong>der</strong> Ges<strong>in</strong>nung<br />

<strong>in</strong> jedem E<strong>in</strong>zelfall möglichst konkret<br />

benennen.» (Froben Homburger, Nachrichtenchef<br />

Deutsche Presseagentur, dpa, über neue<br />

Sprachregelungen, 29.7.2015)<br />

Gen<strong>der</strong>-Diktatur<br />

«Es war im März, als ARD-Mo<strong>der</strong>ator Frank<br />

Plasberg <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er ARD-Sendung Hart aber<br />

fair mit Schauspieler<strong>in</strong> Sophia Thomalla,<br />

FDP-Vize Wolfgang Kubiki und Grünen-Politiker<br />

Anton Hofreiter über das Thema<br />

Gleichberechtigung diskutierte. Jetzt hat<br />

die ARD die Sendung von damals aus <strong>der</strong><br />

Noch ist das Gedankenverbrechen <strong>in</strong> <strong>der</strong> heutigen<br />

Neusprech-Republik ke<strong>in</strong> Straftatbestand.<br />

Quelle: Verlag<br />

Mediathek geschmissen. Der WDR-Rundfunkrat<br />

soll empfohlen haben, die Aufzeichnung<br />

zu löschen, nachdem sich Frauenverbände<br />

über Sexismus beschwert hatten.»<br />

(huff<strong>in</strong>gtonpost.de, 22.8.2015)<br />

Nachrichtensperre<br />

«Die ersten beiden Interviews, die ich dem<br />

Fernsehen über Köln geben durfte, da fragten<br />

mich die Journalisten: Bitte reden<br />

Sie nicht über Flüchtl<strong>in</strong>ge. Dann habe ich<br />

gesagt: Dann brauche ich gar nicht anfangen,<br />

dann ist das das Ende des Interviews.<br />

Dann haben sie sich besonnen und das wie<strong>der</strong><br />

aufgelöst. Wo kommen wir h<strong>in</strong>, wenn<br />

wir die Wahrheit nicht mehr benennen?»<br />

(Krim<strong>in</strong>ologe Christian Pfeiffer, Phoenix-Runde,<br />

7.1.2016)<br />

Regierungsjournalismus<br />

«Wir haben ja das Problem, dass (…) wir<br />

e<strong>in</strong>e Regierungsnähe haben. Nicht nur<br />

dadurch, dass überwiegend so kommentiert<br />

wird, wie es <strong>der</strong> Großen Koalition entspricht,<br />

dem Me<strong>in</strong>ungsspektrum, son<strong>der</strong>n<br />

auch dadurch, dass wir vollkommen <strong>der</strong><br />

Agenda auf den Leim gehen, die die Politik<br />

vorgibt. (…) es gibt tatsächlich Anweisungen<br />

von oben. (…) Die gab es auch zu<br />

me<strong>in</strong>er Zeit. (…) Heute darf man nichts<br />

Negatives über die Flüchtl<strong>in</strong>ge sagen. Das<br />

ist Regierungsjournalismus und das führt<br />

dazu, das Leute das Vertrauen <strong>in</strong> uns verlieren.<br />

Das ist <strong>der</strong> Skandal.» (Der langjährige<br />

ZDF-Mo<strong>der</strong>ator Wolfgang Herles, Deutschlandfunk,<br />

29.1.2016)


<strong>Zensur</strong> im TV<br />

Verboten gut: Eva Herman, Michael Vogt und Frie<strong>der</strong> Wagner.<br />

7


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> im TV<br />

8<br />

Fe<strong>in</strong>dbild Mutter<br />

_ von T<strong>in</strong>o Perlick<br />

Mit ihrem Engagement für die traditionelle Familie verstieß Eva<br />

Herman gegen die Gen<strong>der</strong>politik. Die Fem<strong>in</strong>ismus-Lobby erklärte<br />

ihr den Krieg. Um die beliebte «Tagesschau»-Sprecher<strong>in</strong> zu e<strong>in</strong>er<br />

Aussätzigen zu machen, plakatierte sie die Journaille als Nazibraut.<br />

Das Berufsverbot bei den GEZ-Medien war die Folge.<br />

«Herman lobt Hitlers<br />

Familienpolitik».<br />

Bild am Sonntag<br />

Am 9. Oktober 2007 erreichte e<strong>in</strong>e unvergleichliche<br />

Hetzjagd <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Schauprozess im ZDF ihren<br />

medialen Höhepunkt. Nach 50 M<strong>in</strong>uten öffentlicher<br />

Inquisition sprach <strong>der</strong> gleichnamige Mo<strong>der</strong>ator <strong>der</strong><br />

Sendung Johannes B. Kerner das Urteil: «Es s<strong>in</strong>d<br />

ja doch die beson<strong>der</strong>s spannenden Momente»,<br />

begann Kerner, «wo man sich selbst so e<strong>in</strong> bisschen<br />

Gedanken macht, wie man weitermacht. Und<br />

die hab ich mir jetzt gemacht. Und habe mich entschieden,<br />

dass ich mit me<strong>in</strong>en drei Gästen weiterrede<br />

und Dich, Eva, jetzt verabschiede.» Zum ersten<br />

und bislang e<strong>in</strong>zigen Mal <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geschichte des<br />

Deutschen Fernsehens musste e<strong>in</strong> Talkshowgast<br />

vorzeitig gehen, weil er nicht öffentlich Abbitte<br />

leisten wollte. Die Ausgestoßene: Eva Herman, 57<br />

Jahre alt, laut TNS Emnid e<strong>in</strong>st beliebteste Fernsehmo<strong>der</strong>ator<strong>in</strong><br />

Deutschlands.<br />

Noch wenige Monate zuvor schien Herman im<br />

<strong>in</strong>neren Kreis <strong>der</strong> deutschen Medienlandschaft fest<br />

verankert. Seit 1989 war sie als Nachrichtensprecher<strong>in</strong><br />

das Gesicht <strong>der</strong> ARD-Tagesschau gewesen.<br />

Darüber h<strong>in</strong>aus servierte sie ab 1999 den deutschen<br />

Zuschauern vor allem leichte Kost wie die<br />

NDR-Talkshow Herman und Tietjen. Als sie im selben<br />

Jahr, mit Ende 30, e<strong>in</strong>en Sohn auf die Welt<br />

brachte, än<strong>der</strong>te sich für die Powerfrau alles.<br />

Herman befasste sich ausgiebig mit frühk<strong>in</strong>dlicher<br />

B<strong>in</strong>dungsforschung. Ihr Fazit: Nur e<strong>in</strong> <strong>in</strong>tensiver<br />

Mutter-K<strong>in</strong>d-Kontakt schützt das K<strong>in</strong>d <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er<br />

Entwicklung dauerhaft. Fremdbetreuung lehnt<br />

sie entschieden ab. In e<strong>in</strong>er Gesellschaft, die die<br />

Vere<strong>in</strong>barkeit von Beruf und Familie über diverse<br />

«Kita-Offensiven» quasi erzw<strong>in</strong>gen will, war sie mit<br />

dieser Haltung schon e<strong>in</strong>e Außenseiter<strong>in</strong>.<br />

Angriff <strong>der</strong> Fem<strong>in</strong>ist<strong>in</strong>nen<br />

Die öffentliche Hetzjagd beg<strong>in</strong>nt im Mai 2006:<br />

In e<strong>in</strong>em Cicero-Artikel warnt die <strong>in</strong> vierter Ehe verheiratete<br />

Herman junge Frauen aus leidvoller eigener<br />

Erfahrung, sich lieber nicht <strong>der</strong> Doppelbelastung<br />

von Familie und Karriere auszusetzen. Die Mo<strong>der</strong>ator<strong>in</strong>,<br />

e<strong>in</strong>e gläubige Christ<strong>in</strong>, verweist auf den


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> im TV<br />

«Schöpfungsauftrag» <strong>der</strong> Frauen. Den 1968 entfesselten<br />

Fem<strong>in</strong>ismus macht sie unter an<strong>der</strong>em für<br />

die niedrige Geburtenrate verantwortlich, die e<strong>in</strong>mal<br />

zum Aussterben <strong>der</strong> Deutschen führen werde.<br />

Konservativen Frauen wird meist <strong>der</strong> Mief <strong>der</strong><br />

1950er Jahre unterstellt. Herman jedoch wird<br />

sofort mit <strong>der</strong> Nazi-Keule angegangen: Sie bewege<br />

sich «zwischen Mutterkreuz und Ste<strong>in</strong>zeitkeule»,<br />

schimpft Alice Schwarzer im Spiegel. «Wir müssen<br />

doch im Jahr 2006 dem Führer ke<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d mehr<br />

schenken.» Die Emma-Herausgeber<strong>in</strong> for<strong>der</strong>t ihre<br />

Leser auf, sich bei <strong>der</strong> Tagesschau zu beschweren.<br />

Dort sieht man die Neutralität <strong>der</strong> Nachrichtensprecher<strong>in</strong><br />

<strong>in</strong> Gefahr und trennt sich erst e<strong>in</strong>mal für die<br />

Dauer von zwei Jahren – angeblich e<strong>in</strong>vernehmlich.<br />

Herman nutzt die Zeit, um ihr Buch Das Eva-Pr<strong>in</strong>zip<br />

zu bewerben. Vor dem H<strong>in</strong>tergrund <strong>der</strong> Erkenntnisse<br />

aus <strong>der</strong> Mutter-K<strong>in</strong>d-Forschung macht sie sich<br />

dar<strong>in</strong> erneut für e<strong>in</strong>e traditionelle Rollenverteilung<br />

zwischen Mann und Frau stark. Die erste Auflage<br />

ist sofort vergriffen, das Publikum ist begeistert.<br />

Die Medien h<strong>in</strong>gegen suggerieren, es gebe e<strong>in</strong>e flächendeckende<br />

Verachtung für die Thesen <strong>der</strong> «ostfriesischen<br />

Blond<strong>in</strong>e». Mehrmals stören Fem<strong>in</strong>ist<strong>in</strong>nen<br />

ihre Lesungen. Mit dem Taz-Artikel Das Eva-<br />

Braun-Pr<strong>in</strong>zip schlägt die Schriftsteller<strong>in</strong> Thea Dorn<br />

schließlich erneut und beson<strong>der</strong>s hart mit <strong>der</strong> braunen<br />

Keule zu. Aus Hermans Egoismuskritik konstruiert<br />

Dorn e<strong>in</strong>e gedankliche Nähe zur Nazi-Ideologie<br />

von <strong>der</strong> Selbstaufgabe für Volk und Führer. Dass sie<br />

die Familienpolitik im Dritten Reich <strong>in</strong> ihrem Buch<br />

auf das Schärfste kritisiert, lässt Dorn unerwähnt.<br />

Die Mär von <strong>der</strong> Nazibraut<br />

Hermans darauffolgendes Buch Das Pr<strong>in</strong>zip<br />

Arche Noah – Warum wir die Familie retten müssen<br />

kritisiert unter an<strong>der</strong>em die damals noch völlig<br />

unbekannte Gen<strong>der</strong>-Ma<strong>in</strong>stream-Forschung. Bei<br />

<strong>der</strong> Buchvorstellung am 5. September 2007 <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong><br />

distanziert sich die im Netzwerk Laut gegen Nazis<br />

aktive Herman gleich zu Beg<strong>in</strong>n von sämtlichen Vorwürfen,<br />

rechts zu se<strong>in</strong>. Nützen wird es ihr nichts.<br />

«Wir müssen vor allem das Bild <strong>der</strong> Mutter <strong>in</strong><br />

Deutschland auch wie<strong>der</strong> wertschätzen, das lei<strong>der</strong><br />

ja mit dem Nationalsozialismus und <strong>der</strong> darauf folgenden<br />

Achtundsechziger-Bewegung abgeschafft<br />

wurde», for<strong>der</strong>t Herman vor 30 Pressevertretern.<br />

«Mit den Achtundsechzigern wurde damals praktisch<br />

alles das – alles was wir an Werten hatten –<br />

es war e<strong>in</strong>e grausame Zeit, das war e<strong>in</strong> völlig durchgeknallter<br />

hochgefährlicher Politiker, <strong>der</strong> das deutsche<br />

Volk <strong>in</strong>s Ver<strong>der</strong>ben geführt hat, das wissen<br />

wir alle – aber es ist eben auch das, was gut war –<br />

das s<strong>in</strong>d die Werte, das s<strong>in</strong>d K<strong>in</strong><strong>der</strong>, das s<strong>in</strong>d Mütter,<br />

das s<strong>in</strong>d Familien, das ist Zusammenhalt – das<br />

wurde abgeschafft.» Diesen verschlungenen Satz,<br />

<strong>der</strong> <strong>in</strong> den folgenden Jahren Sprachwissenschaftler<br />

und Richter beschäftigen wird, verkürzt Spr<strong>in</strong>gers<br />

Hamburger Abendblatt noch am selben Tag zu<br />

folgen<strong>der</strong> Botschaft: «Da sei vieles sehr schlecht<br />

gewesen, zum Beispiel Adolf Hitler, aber e<strong>in</strong>iges<br />

eben auch sehr gut. Zum Beispiel die Wertschätzung<br />

<strong>der</strong> Mutter.»<br />

Tausende Gebührenzahler, die<br />

sich beim NDR beschweren,<br />

werden als rechtsex treme<br />

Anhängerschaft dargestellt.<br />

Revolverblätter und verme<strong>in</strong>tliche Qualitätsmedien<br />

spitzen weiter zu. «Eva Herman lobt Hitlers<br />

Familienpolitik», verkündet die Bild am Sonntag.<br />

«Eva Herman und die Mütter unter Hitler»,<br />

titelt Spiegel Onl<strong>in</strong>e. Zwei Tage nach <strong>der</strong> Pressekonferenz<br />

kündigt <strong>der</strong> NDR Hermans Entlassung<br />

an. Beson<strong>der</strong>s dreist: Tausende Gebührenzahler,<br />

die sich beim Sen<strong>der</strong> darüber beschweren, werden<br />

im ZAPP-Medienmagaz<strong>in</strong> als rechtsextreme<br />

Anhängerschaft dargestellt. «Die Frauen zurück an<br />

den Herd, die Männer h<strong>in</strong>aus <strong>in</strong>s fe<strong>in</strong>dliche Leben,<br />

dieser Tenor schließt nahtlos an die Nazizeit an»,<br />

äußert sich Familienm<strong>in</strong>ister<strong>in</strong> Renate Schmidt<br />

(SPD), die vielleicht größte Nutznießer<strong>in</strong> <strong>der</strong> Situation:<br />

Die schärfste Kritiker<strong>in</strong> ihres wirtschaftskonformen<br />

Plans, 750.000 Krippenplätze zu schaffen,<br />

ist endlich so gut wie mundtot.<br />

Frauen wollen<br />

Frauen se<strong>in</strong><br />

Dass Hermans Thesen bei deutschen<br />

Frauen auf viel Zuspruch<br />

stießen, verwun<strong>der</strong>t kaum. Die<br />

Männerforscher Peter Döge<br />

und Ra<strong>in</strong>er Volz veröffentlichten<br />

2002 die Ergebnisse ihrer<br />

Studie «Wollen Frauen den neuen<br />

Mann?» Die Ergebnisse entlarven<br />

geläufige Klischees vom<br />

bösen Mann, <strong>der</strong> die Frauen an<br />

den Herd schicken will, als fem<strong>in</strong>istische<br />

Propaganda. 44 Prozent<br />

<strong>der</strong> befragten Frauen zwischen<br />

18 und 45 wollten lieber<br />

Hausfrauen se<strong>in</strong>, 80 Prozent <strong>der</strong><br />

Frauen waren mit ihrer Hauptverantwortung<br />

mit dem Haushalt<br />

zufrieden, und 60 Prozent<br />

fanden, Erziehungsurlaub passe<br />

nicht zum Mann. Vor allem<br />

Frauen aus dem Arbeitermilieu<br />

sehnten sich nach e<strong>in</strong>em «starken»<br />

Mann. Dem Me<strong>in</strong>ungsforschungs<strong>in</strong>stitut<br />

Emnid zufolge<br />

erwarteten 2003 noch 70 Prozent<br />

<strong>der</strong> befragten Frauen, ihr<br />

Partner müsse <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage se<strong>in</strong>,<br />

die Familie alle<strong>in</strong> zu ernähren.<br />

Im September 2006 stimmten<br />

Emnid zufolge 55 Prozent <strong>der</strong><br />

Frauen dem Satz zu: «K<strong>in</strong><strong>der</strong>,<br />

Familie und e<strong>in</strong> harmonisches<br />

Heim s<strong>in</strong>d wirklich die größte<br />

Aufgabe für Frauen.» Forscher<br />

<strong>der</strong> Universität Genf fanden<br />

im selben Jahr heraus, dass<br />

42 Prozent <strong>der</strong> Schweizer Bevölkerung<br />

me<strong>in</strong>ten, Frauen sollten<br />

sich wie<strong>der</strong> mehr auf die Rolle<br />

als Ehefrau und Mutter bes<strong>in</strong>nen.<br />

Mehr Frauen (44 Prozent)<br />

als Männer (42 Prozent) sehnten<br />

sich nach <strong>der</strong> traditionellen<br />

Rollenverteilung. «Dieses Ergebnis<br />

haben wir tatsächlich nicht<br />

erwartet», zitierte die Schweizer<br />

Zeitung Blick den Leiter <strong>der</strong><br />

Studie.<br />

«Das Eva-Pr<strong>in</strong>zip» wurde zum Bestseller.<br />

Foto: flickr, CC BY-SA 2.0<br />

Schön reaktionär: Die Femen.<br />

Foto: flickr, CC BY-SA 2.0<br />

9


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> im TV<br />

ist die Auswahl des Gutachters: Im Zuschauerrang<br />

lauert <strong>der</strong> Historiker Wolfgang Wippermann von<br />

<strong>der</strong> Freien Universität Berl<strong>in</strong> – e<strong>in</strong> hartl<strong>in</strong>ker Professor,<br />

<strong>der</strong> auch die Antifa-Szene mit Geschichtsdeutung<br />

versorgt.<br />

Herman bei Kerner: Inquisitionsbefragungen<br />

f<strong>in</strong>den heute vor laufenden<br />

Kameras statt. Foto: Screenshot<br />

«YouTube»<br />

Es beg<strong>in</strong>nt die gesellschaftliche Ausgrenzung.<br />

Kollegen distanzieren sich öffentlich von <strong>der</strong>, laut<br />

Neuer Zürcher Zeitung, «meistgehassten Frau<br />

Deutschlands». Term<strong>in</strong>e, für die Herman gebucht<br />

worden ist, werden abgesagt. Die Geschasste<br />

beauftragt e<strong>in</strong>e Sprachanalyse ihrer Aussage und<br />

wehrt sich mit rechtlichen Klagen unter an<strong>der</strong>em<br />

gegen den NDR und den Axel-Spr<strong>in</strong>ger-Verlag. Herman<br />

sagt später, sie wolle «Licht <strong>in</strong>s Dunkel br<strong>in</strong>gen<br />

und solange kämpfen, bis die Wahrheit auch <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Öffentlichkeit bekannt ist».<br />

Der TV-Prozess verläuft kafkaesk. Dass Hermans<br />

Worte schlicht falsch <strong>in</strong>terpretiert worden<br />

se<strong>in</strong> könnten, steht außerhalb je<strong>der</strong> Diskussion.<br />

Der Antifa-Professor verkauft die Des<strong>in</strong>formation<br />

<strong>der</strong> Lügenmedien als Tatsachendarstellung: «Das<br />

ist <strong>in</strong> allen Zeitungen. Jetzt sagen Sie, das hat es<br />

nicht gegeben. So kann man da nicht mit umgehen<br />

als Historiker. Das ist doch sozusagen da.» Hermans<br />

faktengestützter H<strong>in</strong>weis, dass <strong>der</strong> Privatsen<strong>der</strong><br />

RTL die e<strong>in</strong>zigen Aufnahmen <strong>der</strong> Pressekonferenz<br />

unter Verschluss hält, diagnostiziert er als «Verschwörungsideologie».<br />

Als er Herman belehrt, mit<br />

«Gleichschaltung» e<strong>in</strong>en angeblichen Nazi-Begriff<br />

verwendet zu haben, erwi<strong>der</strong>t sie schlagfertig: «Es<br />

s<strong>in</strong>d auch Autobahnen damals gebaut worden, und<br />

wir fahren heute drauf.» Das Trio Berger-Schre<strong>in</strong>emakers-Wippermann<br />

reagiert entsetzt, das Publikum<br />

gespalten. Applaus und Empörung halten sich<br />

<strong>in</strong> etwa die Waage. «Autobahn geht nicht», verwarnt<br />

Kerner die Angeklagte. «Das! Geht! Nicht!<br />

(…) Ich krieg erhöhten Puls», wettert Schre<strong>in</strong>emakers<br />

los. War <strong>der</strong> Rausschmiss schon im Voraus<br />

beschlossen worden? E<strong>in</strong> Versprecher Senta Bergers<br />

weist darauf h<strong>in</strong>. Als die Diskussion zunächst<br />

weitergeht, appelliert sie entnervt an Kerner: «Da<br />

muss ich mich vorbereiten, muss ihre Bücher kennen<br />

– o<strong>der</strong> aber wir machen, was wir eigentlich<br />

auch mal vorgesehen hatten.» Der Mo<strong>der</strong>ator handelt<br />

und wirft Herman aus dem Studio. Als sie geht,<br />

applaudiert das Publikum.<br />

10<br />

Für den Autor dieser «Bild»-Hetze<br />

trifft wohl <strong>der</strong> zweite Teil des<br />

Satzes zu. Foto: Screenshot<br />

«Autobahn geht<br />

nicht.»<br />

Johannes B. Kerner<br />

«Ich muss e<strong>in</strong>fach lernen, dass<br />

man über den Verlauf unserer<br />

Geschichte nicht sprechen kann.»<br />

<br />

Eva Herman<br />

Der Hexenprozess<br />

Als e<strong>in</strong>en Monat nach <strong>der</strong> Pressekonferenz die<br />

Redaktion von Johannes B. Kerner Herman e<strong>in</strong>lädt,<br />

bietet sich ihr dazu die Chance – sche<strong>in</strong>bar. Thema<br />

<strong>der</strong> Sendung: «Der Fall Eva Herman.» Die Besetzung<br />

<strong>der</strong> Runde spricht von Anfang an gegen e<strong>in</strong>en fairen<br />

Prozess: Mit Senta Berger lädt man e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> 28<br />

Frauen <strong>in</strong>s Studio, die 1971 an <strong>der</strong> Alice-Schwarzer-Aktion<br />

«Wir haben abgetrieben» teilgenommen<br />

haben. Mit Margarethe Schre<strong>in</strong>emakers und<br />

Mario Barth wird die Geschworenenbank im Weiteren<br />

mit des<strong>in</strong>formierten Laien besetzt. Unerhört<br />

«Ich muss e<strong>in</strong>fach lernen, dass man über den<br />

Verlauf unserer Geschichte nicht sprechen kann,<br />

ohne <strong>in</strong> Gefahr zu geraten», gibt Herman danach zu<br />

Protokoll. Noch vor <strong>der</strong> Ausstrahlung gibt Deutschlands<br />

größte Presseagentur dpa Hermans Haltung<br />

falsch wie<strong>der</strong>: «Wenn man nicht über Familienwerte<br />

<strong>der</strong> Nazis reden dürfe, könne man auch<br />

nicht über die Autobahnen sprechen, die damals<br />

gebaut wurden.» Fast sämtliche Zeitungen übernehmen<br />

diese verzerrte Darstellung ungeprüft. Herman<br />

wird endgültig zur Unperson.<br />

2009 gibt ihr das Oberlandesgericht Köln Recht:<br />

Sie habe den Nationalsozialismus nicht gelobt. Im<br />

selben Jahr aber weist das Hamburger Landesarbeitsgericht<br />

Hermans Klage gegen die Auflösung<br />

ihres Arbeitsvertrages <strong>in</strong> zweiter Instanz zurück.<br />

Damit ist ihr Berufsverbot bei ARD und ZDF zementiert.<br />

2011 entscheidet <strong>der</strong> Bundesgerichtshof, das<br />

Hamburger Abendblatt habe Hermans Aussagen als<br />

Lob für die Wertschätzung <strong>der</strong> Mutter <strong>in</strong> <strong>der</strong> NS-Zeit<br />

<strong>in</strong>terpretieren dürfen.


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> im TV<br />

«Der Mehrheit wird <strong>der</strong> Kampf angesagt»<br />

_ Interview mit Eva Herman<br />

Eva Herman zieht Bilanz: Die Hexenjagd gegen ihre Person sieht sie nicht als Zufall<br />

an. Vielmehr gehe es dem System um Gleichschaltung und <strong>Zensur</strong> <strong>in</strong> Schlüsselfragen<br />

des Machterhalts.<br />

Als Sie 2006 bei <strong>der</strong> «Tagesschau» gekündigt<br />

wurden und 2007 aus <strong>der</strong> Talkshow von<br />

Johannes B. Kerner flogen – was vorher<br />

noch nie im deutschen Fernsehen passiert<br />

war, egal ob <strong>der</strong> Gast e<strong>in</strong> Jörg Hai<strong>der</strong> o<strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong> Franz Schönhuber o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> ehemaliger<br />

RAF-Terrorist war –, muss das für Sie e<strong>in</strong><br />

Schock gewesen se<strong>in</strong>. Sie waren etabliert,<br />

e<strong>in</strong> TV-Star, die Miss Tagesschau, o<strong>der</strong>?<br />

So unerwartet traf es mich nicht. Erste Ausgrenzungserfahrungen<br />

hatte ich bereits 1999 gemacht.<br />

Ich war gerade Mutter geworden, und <strong>der</strong> NDR<br />

hatte zu e<strong>in</strong>er Frauen-Diskussionsrunde e<strong>in</strong>geladen.<br />

Dort berichtete ich über me<strong>in</strong>e Erfahrungen,<br />

dass Mutterse<strong>in</strong> und Karriere gar nicht so e<strong>in</strong>fach<br />

zu vere<strong>in</strong>baren seien und die K<strong>in</strong><strong>der</strong> dabei häufig<br />

auf <strong>der</strong> Strecke blieben. Fast alle Anwesenden fielen<br />

über mich her: die Schauspieler<strong>in</strong> Inge Meysel,<br />

die Grüne Adrienne Goehler, die CDU-Politiker<strong>in</strong><br />

Rita Süssmuth – diese klagte gar, ich würfe die<br />

Frauenemanzipation um 100 Jahre zurück. Nur die<br />

Schriftsteller<strong>in</strong> Hera L<strong>in</strong>d verstand, sie hat ja selbst<br />

vier K<strong>in</strong><strong>der</strong>. Im NDR än<strong>der</strong>te sich die Atmosphäre<br />

von e<strong>in</strong>em Tag auf den an<strong>der</strong>en. E<strong>in</strong>e Redaktionsleiter<strong>in</strong>,<br />

mit <strong>der</strong> ich bis dah<strong>in</strong> gut stand, würdigte<br />

mich auf dem Flur ke<strong>in</strong>es Blickes mehr.<br />

Ges<strong>in</strong>nung statt Wissenschaft<br />

Im Jahr 2000 schrieb ich e<strong>in</strong> Buch über die Notwendigkeit<br />

des Stillens. Mir war <strong>in</strong>zwischen klar<br />

geworden, wie sehr an dieser Frage öffentlich manipuliert<br />

wird. Doch sogar die WHO empfiehlt e<strong>in</strong>e<br />

Stillzeit von zwei Jahren, da dies dem natürlichsten<br />

Bedürfnis des K<strong>in</strong>des entspricht, an<strong>der</strong>nfalls<br />

se<strong>in</strong>e lebenslange Anfälligkeit für Krankheiten<br />

merklich steigt, die psychische Gesundheit ebenso<br />

leiden kann, das K<strong>in</strong>d anfälliger für Süchte aller Art<br />

E<strong>in</strong>e Redaktionsleiter<strong>in</strong><br />

würdigte mich<br />

auf dem Flur ke<strong>in</strong>es<br />

Blickes mehr.<br />

Mutterglück – e<strong>in</strong> seltenes Thema<br />

<strong>in</strong> den Leitmedien. Foto: Archiv<br />

11


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> im TV<br />

Eva Herman<br />

Eva Herman (*1958) war von<br />

1989 bis 2006 Sprecher<strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Tagesschau. Ihr fem<strong>in</strong>ismuskritisches<br />

Buch Das Eva-Pr<strong>in</strong>zip<br />

(Pendo, München / Zürich 2006,<br />

antiquarisch etwa 5 bis 6 Euro)<br />

führte 2007 zur Entlassung beim<br />

Norddeutschen Rundfunk.<br />

E<strong>in</strong>ige weitere Titel:<br />

Das Pr<strong>in</strong>zip Arche Noah.<br />

Warum wir die Familie retten<br />

müssen. (Pendo, Zürich 2007,<br />

247 Seiten, 5.00 Euro*)<br />

Das Überlebenspr<strong>in</strong>zip.<br />

Warum wir die Schöpfung nicht<br />

täuschen können. (Hänssler,<br />

Holzgerl<strong>in</strong>gen 2008, 196 Seiten,<br />

6.90 Euro)<br />

Die Wahrheit und ihr Preis.<br />

Me<strong>in</strong>ung, Macht und Medien.<br />

(Kopp, Rottenburg 2010, 288<br />

Seiten, 3.95 Euro)<br />

Weltenwende. Die Gefahren<br />

<strong>der</strong> letzten Tage und <strong>der</strong> Weg<br />

<strong>in</strong>s Licht. (Kopp, Rottenburg<br />

2012, 272 Seiten, 5.00 Euro*)<br />

Das Medienkartell. Wie wir<br />

täglich getäuscht werden.<br />

(Kopp, Rottenburg 2012, 256<br />

Seiten, 9.95 Euro)<br />

* nur noch gebraucht erhältlich<br />

In den 1990er Jahren prägte Eva<br />

Herman die größte deutsche Nachrichtensendung.<br />

Foto: Screenshot<br />

«YouTube»<br />

und für e<strong>in</strong> wesentlich höheres Übergewichtsrisiko<br />

wird. Als die damalige Verbraucherschutzm<strong>in</strong>ister<strong>in</strong><br />

Renate Künast e<strong>in</strong>e Kampagne gegen die Fettleibigkeit<br />

bei K<strong>in</strong><strong>der</strong>n startete, schrieb ich ihr und<br />

schlug vor, auch das Stillen zu thematisieren. Sie<br />

empf<strong>in</strong>g mich zu e<strong>in</strong>em Gespräch <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>, reagierte<br />

aber eher des<strong>in</strong>teressiert, war an dem Anliegen,<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>n e<strong>in</strong>en von Beg<strong>in</strong>n an gesunden Start <strong>in</strong>s<br />

Leben zu ermöglichen, offenbar so <strong>in</strong>teressiert wie<br />

<strong>der</strong> Fisch am Fahrradfahren.<br />

«Me<strong>in</strong> ARD-Aktuell-Chef untersagte<br />

mir, das Thema <strong>in</strong> Talkshows<br />

zu diskutieren.»<br />

Das Thema Frauenrolle, Mutterschaft und Familiengründung<br />

ließ Sie ja auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Folge<br />

nicht mehr los und führte letztlich zu Ihrer<br />

medialen H<strong>in</strong>richtung. Was macht die Sache<br />

für Sie, und ganz offensichtlich auch für Ihre<br />

Gegner, so wichtig?<br />

Dieses Thema hat e<strong>in</strong>e Dimension, die weit über<br />

alles an<strong>der</strong>e h<strong>in</strong>ausgeht, selbst über die Zukunft<br />

des Euro: Es geht um nichts weniger als das Überleben<br />

<strong>der</strong> europäischen Völker. Wenn die Entwicklung,<br />

die <strong>in</strong> den 60er Jahren begann und zu e<strong>in</strong>em<br />

dramatischen Absacken <strong>der</strong> Geburtenrate weit unter<br />

das zur Reproduktion <strong>der</strong> Gesellschaft notwendige<br />

Maß geführt hat, so weitergeht, dann werden<br />

nicht nur die Deutschen aussterben – das muss<br />

man sich <strong>in</strong> aller Schärfe klarmachen –, son<strong>der</strong>n<br />

Europa stirbt! Als ich das e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Talkshow<br />

bemerkte, warf mir e<strong>in</strong>e afrikanische Immigrant<strong>in</strong><br />

Diskrim<strong>in</strong>ierung vor, und das sei doch nicht so<br />

schlimm, schließlich würden die E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>erk<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

den Verlust ja ersetzen. Ich war sprachlos. Ist<br />

es nicht auch e<strong>in</strong>e krasse Form von Diskrim<strong>in</strong>ierung,<br />

wenn das Sterben unseres Volkes auf <strong>der</strong>artig<br />

zynische Weise schöngeredet wird?<br />

Gesteuerte Kampagne<br />

Als Ihr Buch «Das Eva-Pr<strong>in</strong>zip» erschien, entbrannte<br />

die Debatte <strong>in</strong> aller Schärfe, Sie wurden<br />

fristlos gekündigt. «Eva Herman: Kippten<br />

Fem<strong>in</strong>ist<strong>in</strong>nen sie aus <strong>der</strong> Tagesschau?»,<br />

titele die «Bild»-Zeitung im August 2006.<br />

Stimmt das? S<strong>in</strong>d «die Fem<strong>in</strong>ist<strong>in</strong>nen» die<br />

treibende Kraft bei den Angriffen auf die Familie<br />

– o<strong>der</strong> gibt es noch an<strong>der</strong>e?<br />

Sie s<strong>in</strong>d die treibende Kraft – auch wenn viele von<br />

ihnen gar nicht wissen, vor welchen Karren sie<br />

wirklich gespannt werden. Vor dem Eva-Pr<strong>in</strong>zip<br />

veröffentlichte ich Ende April 2006 e<strong>in</strong> Essay im<br />

Cicero, unter dem Titel «Die Emanzipation – e<strong>in</strong><br />

Irrtum?». Der Artikel erschien zeitgleich zum Familienbericht<br />

2006 von M<strong>in</strong>ister<strong>in</strong> von <strong>der</strong> Leyen, und<br />

damit standen sich zwei konträre gesellschaftspolitische<br />

Entwürfe im bundesdeutschen Raum gegenüber.<br />

Me<strong>in</strong> ARD-Aktuell-Chef untersagte mir,<br />

das Thema <strong>in</strong> Talkshows zu diskutieren. Und sofort<br />

setzte die Gegenkampagne e<strong>in</strong>. Alice Schwarzer<br />

sagte mir <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Spiegel-Interview offiziell den<br />

Kampf an, ordnete mich «zwischen Ste<strong>in</strong>zeit und<br />

Mutterkreuz» e<strong>in</strong>. In e<strong>in</strong>er heimlichen Kampagne<br />

über ihren Emma-Newsletter schlussfolgerte sie<br />

s<strong>in</strong>ngemäß: «Die ARD muss sich fragen lassen,<br />

ob ihre Tagesschau-Sprecher<strong>in</strong> mit <strong>der</strong>artig sexistischen<br />

Elaboraten nicht gegen die Grundsätze<br />

des Öffentlich-rechtlichen Rundfunks verstößt<br />

(…).» Um Druck zu machen, for<strong>der</strong>te sie ihre Leser<strong>in</strong>nen<br />

auf, sich bei me<strong>in</strong>em Vorgesetzten zu<br />

beschweren, lieferte dessen E-Mail-Adresse und<br />

Faxnummer gleich mit. E<strong>in</strong> paar Tage später wurde<br />

ich zu me<strong>in</strong>em Chef gerufen, <strong>der</strong> vorwurfsvoll auf<br />

e<strong>in</strong>en großen Stapel Protest-Mails h<strong>in</strong>wies: «Ganz<br />

Deutschland beschwert sich.» Als ich ihm zeigte,<br />

dass fast alle den Schwarzer-Text übernommen<br />

hatten, schüttelte er den Kopf: Für ihn war das<br />

«ganz Deutschland»… Es war e<strong>in</strong>e erfolgreiche<br />

Lobby-Arbeit gewesen, und <strong>in</strong> diesem S<strong>in</strong>ne<br />

stimmt es: Die Fem<strong>in</strong>ist<strong>in</strong>nen kippten mich aus <strong>der</strong><br />

Tagesschau.<br />

12<br />

Wie erklären Sie sich, dass Ihr Vorgesetzter<br />

Sie fallen ließ?<br />

Beim Bayrischen Rundfunk, wo ich me<strong>in</strong>e Karriere<br />

begann, wäre mir das vermutlich nicht passiert.<br />

Aber <strong>der</strong> NDR trägt ja nicht von ungefähr den<br />

Be<strong>in</strong>amen «Rotfunk». Es herrschte schon länger<br />

e<strong>in</strong>e gespannte Atmosphäre dort, vor allem im<br />

zwischenmenschlichen Bereich. Nach me<strong>in</strong>em<br />

Buch über das Stillen schauten mich Kolleg<strong>in</strong>nen<br />

verwun<strong>der</strong>t an und fragten: «Was ist los mit Dir?»<br />

Ich geriet unter Generalverdacht.


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> im TV<br />

Offensichtlich waren Sie Ihren Kolleg<strong>in</strong>nen<br />

fremd geworden, sodass sie mit <strong>der</strong> Abstoßung<br />

dieses Fremdkörpers Eva Herman begannen.<br />

Welche Erfahrung hatte Sie ihnen fremd<br />

werden lassen?<br />

Es war während me<strong>in</strong>er Schwangerschaft, als<br />

ich an e<strong>in</strong>em bestimmten Tag e<strong>in</strong>e heftige <strong>in</strong>nere<br />

Erschütterung erlebte, so, als hätte mir jemand<br />

e<strong>in</strong>en Schlag von oben versetzt. In diesem Augenblick<br />

wurde mir <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em deutlichen Bild vor den<br />

Augen entrollt, wie viel bei uns schief läuft, wie<br />

sehr gelogen wird, gerade bei Themen, die für<br />

unsere Gesellschaft lebenserhaltend s<strong>in</strong>d. Es war<br />

<strong>der</strong> Tag, als ich hochschwanger auf den Fluren des<br />

NDR herumspazierte – ich wollte als Karrierefrau<br />

möglichst bis zum letzten Tag arbeiten und auch<br />

nach <strong>der</strong> Geburt schnell zurückkommen. E<strong>in</strong>e Kolleg<strong>in</strong><br />

sah me<strong>in</strong>en dicken Bauch und schickte mir<br />

e<strong>in</strong>e Stillberater<strong>in</strong> <strong>in</strong>s Haus. Die kam tatsächlich,<br />

und wir sprachen mehrere Stunden lang. Das war<br />

me<strong>in</strong> Schlüsselerlebnis. Die Frau sah aus wie e<strong>in</strong>e<br />

Indianer<strong>in</strong>, mit langen grauen Haaren, und was sie<br />

berichtete, hat mich tief berührt und verän<strong>der</strong>t.<br />

Die Weisheit <strong>der</strong> Indianer<strong>in</strong><br />

Sie <strong>in</strong>formierte mich über die ganz natürlichen<br />

Schöpfungsgesetze, wie die tiefe Liebe zwischen<br />

Mutter und K<strong>in</strong>d, die durch das Stillen und viel<br />

Nähe fundamentiert wird. Ich als werdende Mutter<br />

hatte durch me<strong>in</strong> Karrieredenken all das mit<br />

Füßen getreten, war völlig un<strong>in</strong>formiert. E<strong>in</strong> Heidelberger<br />

Professor führte dazu e<strong>in</strong>e randomisierte<br />

Langzeitstudie durch: Über e<strong>in</strong>en Zeitraum von 35<br />

Jahren verglich er die ärztlichen Unterlagen von<br />

<strong>in</strong>sgesamt 35.000 Menschen, unter <strong>der</strong> Hauptfragestellung:<br />

Was ist es, was den Menschen<br />

glücklich macht? Und was macht uns krank? Der<br />

Forscher fand vier Faktoren <strong>in</strong> <strong>der</strong> K<strong>in</strong>dheit, die das<br />

gesamte weitere Leben positiv determ<strong>in</strong>ieren: E<strong>in</strong><br />

gläubiges Elternhaus, e<strong>in</strong>e lange Stillzeit, die verlässliche<br />

Anwesenheit des Vaters an den Abenden<br />

und am Wochenende und – als wichtigster Faktor<br />

– e<strong>in</strong>e ununterbrochene Mutter-K<strong>in</strong>d-Verb<strong>in</strong>dung<br />

<strong>in</strong> den ersten drei Lebensjahren, ohne traumatische<br />

E<strong>in</strong>schnitte. Wobei e<strong>in</strong> traumatischer E<strong>in</strong>schnitt<br />

schon dar<strong>in</strong> bestehen kann, dass die Mama<br />

e<strong>in</strong> paar Stunden weg ist und das Baby sich die<br />

Seele aus dem Leib schreit.<br />

nicht nur <strong>in</strong> Partnerschaft und Familie, son<strong>der</strong>n<br />

auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> großen Menschengeme<strong>in</strong>schaft, was<br />

man die Nächstenliebe nennt. Je weniger dieser<br />

so wichtigen Seelenstimulanzien das kle<strong>in</strong>e Menschenk<strong>in</strong>d<br />

erhält, desto dünner und spärlicher wird<br />

se<strong>in</strong> Seelenleben, se<strong>in</strong>e Bereitschaft, an<strong>der</strong>en zu<br />

geben, desto ger<strong>in</strong>ger wird se<strong>in</strong>e Fähigkeit se<strong>in</strong>,<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> großen Geme<strong>in</strong>schaft S<strong>in</strong>nvolles und För<strong>der</strong>liches<br />

zu stiften. Deswegen ist das Thema so<br />

wichtig. Und deswegen wurde es wohl auch, wie<br />

manche Quellen sagen, zur großen Merkelschen<br />

Geheimsache auf Prioritätsstufe 1 gesetzt.<br />

Je länger ich dieser Indianer<strong>in</strong> damals zuhörte,<br />

umso kle<strong>in</strong>lauter wurde ich. Ich schämte mich<br />

wegen me<strong>in</strong>es Egoismus, mich nicht e<strong>in</strong>mal richtig<br />

über das Beste für me<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d, das Stillen, <strong>in</strong>formiert,<br />

son<strong>der</strong>n nur an mich und me<strong>in</strong>e Karriere<br />

gedacht zu haben. Dabei wollte ich doch e<strong>in</strong>e gute<br />

Mutter werden. Richtig gesagt: Ich schämte mich<br />

vor me<strong>in</strong>em Schöpfer <strong>in</strong> Grund und Boden, dessen<br />

Schöpfungsgesetze ich e<strong>in</strong>fach ignoriert hatte. Ich<br />

musste mich än<strong>der</strong>n. Ich stillte me<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d über e<strong>in</strong><br />

Jahr und begann mich zunehmend vom Karrieredenken<br />

zu entfernen.<br />

Vater, Vater, Migrantenk<strong>in</strong>d – <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Bunten Republik nennt man<br />

das mo<strong>der</strong>ne Familienpolitik. Foto:<br />

Westend61/Fotolia<br />

Mit <strong>der</strong> anwesenden und fürsorgenden Mutterliebe<br />

wird ganz automatisch und naturgemäß <strong>der</strong> für<br />

jede Seele überlebenswichtige Funke <strong>der</strong> Liebe<br />

<strong>in</strong>s Herz gesenkt. Mit je<strong>der</strong> Berührung, mit jedem<br />

Kontakt zwischen Mutter und K<strong>in</strong>d, mit jedem liebenden<br />

Mamablick wird dieser genährt und kann<br />

wachsen. Dies ist e<strong>in</strong>es <strong>der</strong> größten und wichtigsten<br />

Geheimnisse des Lebens. Diese K<strong>in</strong><strong>der</strong> können<br />

später die Liebe an die Menschen weitergeben,<br />

Hamsterrad Beruf<br />

Warum haben nicht mehr Frauen e<strong>in</strong> solches<br />

Aha-Erlebnis? Warum hatten es die meisten<br />

Ihrer Kolleg<strong>in</strong>nen nicht, so dass Sie ihnen<br />

fremd wurden?<br />

Viele Frauen, die K<strong>in</strong>d und Karriere verb<strong>in</strong>den und<br />

damit den neumodischen Standards genügen wollen<br />

und müssen, haben e<strong>in</strong> schlechtes Gewissen<br />

Die Fem<strong>in</strong>ist<strong>in</strong>nen<br />

kippten mich aus<br />

<strong>der</strong> «Tagesschau».<br />

13


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> im TV<br />

Das schlechte<br />

Gewissen <strong>der</strong><br />

Mütter ist die Keimform<br />

des Aha-Erlebnisses,<br />

das ich<br />

hatte.<br />

Das Interview führte Jürgen Elsässer<br />

(rechts) für <strong>COMPACT</strong> 5/2013.<br />

Foto: Privat<br />

ihrem K<strong>in</strong>d gegenüber. Es mahnt sie ihre <strong>in</strong>nere<br />

Stimme, die von vielen jedoch verdrängt wird: Unsere<br />

Sozial-und Steuergesetze wurden <strong>in</strong> den letzten<br />

Jahren dramatisch verän<strong>der</strong>t; Frauen müssen<br />

(!) Geld verdienen, an<strong>der</strong>nfalls können sie f<strong>in</strong>anziell<br />

nicht überleben: Nun s<strong>in</strong>d sie zwar «emanzipiert» –<br />

und sitzen doch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Falle! Wie viele Frauen habe<br />

ich bei Vorträgen erlebt, die verzweifelt waren, <strong>in</strong><br />

Tränen aufgelöst. Die explodierenden Burn-outund<br />

Depressionszahlen berufstätiger Mütter sprechen<br />

e<strong>in</strong>e ganz deutliche Sprache, aber niemand<br />

will die Ursache erkennen. Ich nehme an, das<br />

schlechte Gewissen <strong>der</strong> Mütter ist die Keimform<br />

des Aha-Erlebnisses, das ich hatte.<br />

Kampf gegen die Mehrheit<br />

Die Kampagne gegen Sie lief fast wie gleichgeschaltet.<br />

Da Sie als Tagesschausprecher<strong>in</strong><br />

die Medienwelt von <strong>in</strong>nen kennen – wie<br />

werden die Nachrichten auf L<strong>in</strong>ie gebracht?<br />

Bei bestimmten Themen – das fiel mir erst später<br />

auf, ich war lange unpolitisch, so wie viele Nachrichtensprecher<br />

auch – gibt es offenbar undiskutierbare<br />

Vorgaben. Zum Beispiel wurde <strong>in</strong> den 90er<br />

Jahren Serbien immer als <strong>der</strong> Böse dargestellt,<br />

und im Nahostkonflikt gibt es ebenso nur schwarz<br />

und weiß. Auch heute: Syriens Regierung ist <strong>der</strong><br />

Fe<strong>in</strong>d, Libyens Regierung war es auch. Darüber<br />

wird nicht diskutiert. Weitere Beispiele:<br />

Von Seiten <strong>der</strong> EU gibt es klare Vorgaben, um<br />

«Diskrim<strong>in</strong>ierung auszuschließen». So dürfen <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> TV-Werbung ke<strong>in</strong>e Frauen mehr an Herd o<strong>der</strong><br />

Waschmasch<strong>in</strong>e gezeigt werden. E<strong>in</strong>e Studie <strong>der</strong><br />

Friedrich-Ebert-Stiftung aus dem Jahre 2011 unter<br />

dem Titel Die Abwertung <strong>der</strong> An<strong>der</strong>en for<strong>der</strong>t<br />

ebenso energische Umerziehungsmaßnahmen<br />

<strong>der</strong> Völker. Begründung: «Die Mehrheit <strong>in</strong> Europa<br />

vertritt (…) sexistische E<strong>in</strong>stellungen, die auf e<strong>in</strong>e<br />

traditionelle Rollenverteilung setzen, und for<strong>der</strong>t,<br />

dass Frauen ihre Rolle als Ehefrau und Mutter<br />

ernster nehmen sollen.» Hier wird <strong>der</strong> Mehrheit<br />

<strong>der</strong> Menschen <strong>in</strong> Europa <strong>der</strong> Kampf angesagt!<br />

Gen<strong>der</strong> Ma<strong>in</strong>stream wird <strong>in</strong> allen EU-Staaten als<br />

Erziehungsnorm durchgesetzt. E<strong>in</strong> Beispiel aus<br />

dem «fun&care-K<strong>in</strong><strong>der</strong>garten» <strong>in</strong> Wien, <strong>der</strong> nach<br />

Gen<strong>der</strong>-Richtl<strong>in</strong>ien verfährt. Dort sollen die kle<strong>in</strong>en<br />

Mädchen Fußballspielen, auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Seite heißt es: «Buben h<strong>in</strong>gegen sollen e<strong>in</strong>e positive<br />

Körperwahrnehmung erlernen, dazu gehören:<br />

Massage, Kosmetikkorb, den eigenen Körper pflegen,<br />

schön se<strong>in</strong>, positive Besetzung von Schlüpfen<br />

<strong>in</strong> ”weibliche” Rollen (Pr<strong>in</strong>zess<strong>in</strong>nenkleid,<br />

Nägel lackieren…), erlernen von Umgang mit Puppen<br />

(positiver Begriff: Puppenvater), erlernen von<br />

hauswirtschaftlichen Tätigkeiten (positiver Begriff:<br />

Hausmann).»<br />

Gegen die Parteienherrschaft<br />

Man hat den E<strong>in</strong>druck, dass <strong>in</strong> jüngster Zeit<br />

die Fem<strong>in</strong>ist<strong>in</strong>nen ihre Schlachten nicht mehr<br />

so problemlos gew<strong>in</strong>nen. Der Wettermo<strong>der</strong>ator<br />

Jörg Kachelmann gewann alle Prozesse<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Anklage wegen Vergewaltigung, und<br />

FDP-Frontmann Ra<strong>in</strong>er Brü<strong>der</strong>le kam aus <strong>der</strong><br />

Sexismus-Diskussion mit erhöhten Umfragewerten<br />

heraus.<br />

Ganz allgeme<strong>in</strong> än<strong>der</strong>t sich das Klima. Es wurde<br />

auch Zeit! Gegen die neue Partei Alternative für<br />

Deutschland hilft die Nazi-Keule offenbar auch<br />

nicht mehr, selbst <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Leserumfrage des l<strong>in</strong>ksliberalen<br />

Tagesspiegel erklärten über 70 Prozent,<br />

sie könnten sich die Wahl <strong>der</strong> AfD vorstellen.<br />

14<br />

Würden Sie sich für die AfD engagieren?<br />

Ich hatte schon Anfragen kle<strong>in</strong>erer Parteien und<br />

habe immer abgelehnt. Dabei bleibt es, auch wenn<br />

ich <strong>der</strong> AfD Glück und Erfolg wünsche. Ich f<strong>in</strong>de<br />

mich wie<strong>der</strong> <strong>in</strong> den Anmerkungen zur generellen<br />

Abschaffung <strong>der</strong> Parteien, die die französische<br />

Schriftsteller<strong>in</strong> Simone Weil nach dem Zweiten<br />

Weltkrieg gemacht hat: «Wenn e<strong>in</strong> Mensch, Mitglied<br />

e<strong>in</strong>er Partei, fest entschlossen ist, <strong>in</strong> all se<strong>in</strong>en<br />

Gedanken ausschließlich dem <strong>in</strong>neren Licht<br />

treu zu se<strong>in</strong> und nichts an<strong>der</strong>em, dann kann er<br />

se<strong>in</strong>e Partei nicht von diesem Entschluss <strong>in</strong> Kenntnis<br />

setzen. Er bef<strong>in</strong>det sich ihr gegenüber somit <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em Zustand <strong>der</strong> Lüge». Der Zweck e<strong>in</strong>er Partei<br />

ist die Maximierung von Macht. Der E<strong>in</strong>zelne, <strong>der</strong><br />

nach <strong>in</strong>nerem Licht strebt, ist dort fehl am Platz.


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> im TV<br />

Der aufrechte Gang<br />

_ von Marc Dassen<br />

Michael Friedrich Vogt – wer sich abseits des Ma<strong>in</strong>streams <strong>in</strong>formiert, kennt ihn aus<br />

unzähligen Filmen und Vorträgen. Er gehört zu den Veteranen des freien Journalismus,<br />

se<strong>in</strong> Wort hat Gewicht. Für se<strong>in</strong>en Mut zur Wahrheit bezahlte <strong>der</strong> Querdenker<br />

e<strong>in</strong>en hohen Preis. Hier lesen Sie erstmals die ganze Geschichte.<br />

«Er muss weg» – «Es ist unerträglich, dass e<strong>in</strong><br />

Rechtsaußen <strong>in</strong> Leipzig lehrt» – Diese Sätze s<strong>in</strong>d<br />

ihm noch gut im Gedächtnis. 18 Jahre lang hatte<br />

Michael Vogt an <strong>der</strong> Universität Leipzig gelehrt –<br />

zuletzt als Honorarprofessor am Institut für Kommunikations-<br />

und Medienwissenschaft (KMW). Im<br />

November 2007 fand se<strong>in</strong>e Hochschulkarriere e<strong>in</strong><br />

abruptes Ende – man machte ihn zum Aussätzigen.<br />

Außerhalb <strong>der</strong> Campus-Mauern hatte <strong>der</strong> TV-Journalist<br />

und Filmemacher immer wie<strong>der</strong> volkspädagogisch<br />

unerwünschte Aufklärung betrieben<br />

(siehe Infobox Seite 17). Se<strong>in</strong>e historischen Dokumentationen<br />

brachen mit etablierten Denkverboten<br />

und beleuchteten auch die dunklen Kapitel <strong>der</strong><br />

Geschichte. Damit hatte er sich mächtige Fe<strong>in</strong>de<br />

gemacht, die damals ihre Chance gekommen sahen,<br />

e<strong>in</strong>en gefährlichen Ketzer aus dem Weg zu räumen.<br />

Begonnen hatten die Angriffe auf ihn schon<br />

<strong>in</strong> den frühen 1980er Jahren, als <strong>der</strong> promovierte<br />

Historiker e<strong>in</strong>en se<strong>in</strong>er ersten Dokumentarfilme<br />

veröffentlichte – e<strong>in</strong>en Zweiteiler, <strong>der</strong> sich mit<br />

«Er muss weg.»<br />

Henrike Böhm,<br />

Antirassismus-Referent<strong>in</strong><br />

E<strong>in</strong>e Trutzburg gegen Wahrheitssuche:<br />

Das 2012 neu erbaute<br />

Hauptgebäude <strong>der</strong> Leipziger<br />

Universität. Foto: Thomas W. Fiege,<br />

CC BY-SA 3.0<br />

15


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> im TV<br />

16<br />

Damals wie heute – die Ges<strong>in</strong>nungspolizei<br />

auf <strong>der</strong> Suche nach<br />

«falschem» Gedankengut. Foto:<br />

Stadtarchiv Düsseldorf<br />

«Geheimakte Heß» lief erfolgreich<br />

im Nachrichtenkanal n-tv.<br />

Foto: Archiv<br />

«Das ist e<strong>in</strong> ganz<br />

gefährlicher Film,<br />

<strong>der</strong> ganz harmlos<br />

daher kommt.»<br />

Uni Leipzig<br />

alliierten Kriegsverbrechen im Zweiten Weltkrieg<br />

befasste und damals im Abendprogramm <strong>der</strong> ARD<br />

ausgestrahlt wurde. Vogt war klar, dass er damit<br />

e<strong>in</strong> heißes Eisen angefasst hatte, doch er ließ sich<br />

nicht abschrecken. L<strong>in</strong>ksextreme Tugendwächter<br />

wurden auf ihn aufmerksam. Ab 2003 agitierten<br />

Antifa-Kreise verstärkt aus dem Umfeld <strong>der</strong> Universität<br />

München, an <strong>der</strong> er selbst studiert hatte<br />

und promoviert wurde, gegen ihn, zogen se<strong>in</strong>en<br />

Namen <strong>in</strong> den Schmutz. Vogt – zum rechten Verschwörungstheoretiker<br />

gestempelt – musste erleben,<br />

wie Kollegen unter dem Druck organisierter<br />

Denunzianten e<strong>in</strong>knickten, ihm e<strong>in</strong>en Lehrstuhl<br />

<strong>in</strong> München verweigerten. Dasselbe wie<strong>der</strong>holte<br />

sich dann <strong>in</strong> Leipzig.<br />

Gerüchte aus <strong>der</strong> Antifa-Küche<br />

Die heiße Phase <strong>der</strong> Treibjagd begann im W<strong>in</strong>ter<br />

des Jahres 2007. Schlüsselfigur war die junge<br />

Student<strong>in</strong> Henrike Böhm – damals tätig im Antirassismus-Referat<br />

des Studentenrates (StuRa) <strong>der</strong><br />

Uni Leipzig. Von Antifa-Mitstreitern angestachelt,<br />

machte sich Böhm daran, den Professor bei <strong>der</strong><br />

Universitätsleitung als Rechtsextremisten anzuschwärzen.<br />

Wie schon <strong>in</strong> den Jahren zuvor sollte<br />

erneut e<strong>in</strong>er se<strong>in</strong>er Dokumentarfilme Ste<strong>in</strong> des<br />

Anstoßes se<strong>in</strong>. Dieses Mal g<strong>in</strong>g es um Geheimakte<br />

Heß, Vogts Meisterstück, das beim Sen<strong>der</strong><br />

n-tv seit 2004 sieben Mal ausgestrahlt worden<br />

war. Auf enormes Interesse waren <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

die neuen Archivfunde gestoßen, die <strong>der</strong> Film zum<br />

Englandflug des Hitler-Stellvertreters erstmals<br />

präsentierte (siehe Seite 18 ff.).<br />

Mit dem Inhalt von Geheimakte Heß hatten<br />

sich Vogts Kritiker kaum befasst, zu ke<strong>in</strong>em Zeitpunkt<br />

konnten sie ihm handwerkliche, geschweige<br />

denn wissenschaftliche Fehler nachweisen.<br />

Deshalb beschränkten sich die Angriffe darauf,<br />

se<strong>in</strong>e Kollegen und ihn persönlich zu attackieren.<br />

«Es geht <strong>der</strong> Antifa und den <strong>in</strong>strumentalisierten<br />

Studenten um das Entfernen e<strong>in</strong>es politisch<br />

Unliebsamen aus dem Lehrkörper <strong>der</strong> Uni», so<br />

damals Vogts E<strong>in</strong>druck. Dem Hochschulblatt student!,<br />

dass die Causa Vogt im Dezember 2007<br />

unter dem Titel «Rechter Professor?» verhandelte,<br />

erzählte Böhm, sie sei «im Zusammenhang mit <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> rechten Szene beliebten Dokumentarfilmen»<br />

auf se<strong>in</strong>en Namen gestoßen. Woher Böhm über<br />

die Beliebtheit von Vogts Filmen im Nazi-Milieu<br />

Bescheid wusste und was dies über ihn aussagen<br />

sollte, blieb offen. Beseelt von e<strong>in</strong>er Art Nazijäger-Komplex<br />

glaubte sie unerhörte Abgründe<br />

aufzudecken, als sie herausfand, dass Vogt Autor<br />

des Heß-Films war. Die spätere Behauptung<br />

des Uni-Instituts, <strong>der</strong> Film zeige «<strong>in</strong>haltlich e<strong>in</strong><br />

fragwürdiges Bild <strong>der</strong> Nazi-Größe», wurde nie<br />

belegt. Fazit: «Das ist e<strong>in</strong> ganz gefährlicher Film,<br />

<strong>der</strong> ganz harmlos daher kommt.» Dass sich Vogt<br />

immer e<strong>in</strong>deutig von jeglicher Relativierung <strong>der</strong>en<br />

NS-Verbrechen distanzierte und nie e<strong>in</strong>en Zweifel<br />

an <strong>der</strong>en Verurteilung ließ, half ihm nichts.<br />

Der Spiegel leistete <strong>der</strong> Antifa Schützenhilfe und<br />

begleitete Vogts Inquisition mit mehreren manipulativen<br />

Beiträgen. «Honorarprofessor unter Rechtsextremismus-Verdacht»<br />

titelte Spiegel-Onl<strong>in</strong>e am<br />

12. November 2007 und behauptete, e<strong>in</strong>e Vielzahl


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> im TV<br />

von Studenten for<strong>der</strong>ten se<strong>in</strong>en Rauswurf. Es habe<br />

«Aufregung» gegeben, die «Glaubwürdigkeit» des<br />

Professors stehe <strong>in</strong> Frage. Zwei Wochen später<br />

sauste das akademische Fallbeil auf Vogt herab:<br />

«Extremismus-Vorwurf: Uni Leipzig feuert umstrittenen<br />

Honorarprofessor». Man gab ihm ke<strong>in</strong>e Chance,<br />

die Angelegenheit richtig zu stellen – bloße Vorwürfe<br />

reichten zu se<strong>in</strong>em Abschuss aus.<br />

Daumenschrauben <strong>der</strong> Ges<strong>in</strong>nungsdiktatur<br />

Michael Haller, Institutsdirektor des KMW, distanzierte<br />

sich nach den Veröffentlichungen des<br />

Spiegel plötzlich «von je<strong>der</strong> Form rechtsextremen<br />

Gedankenguts sowie von geschichtsrevisionistischen<br />

Darstellungen». Vogt warf er vor, «die Verbrechen<br />

des Dritten Reichs zu relativieren und zu<br />

verharmlosen». Rädelsführer<strong>in</strong> Böhm reichte die<br />

fristgerechte Kündigung nicht aus, sie for<strong>der</strong>te<br />

die fristlose. Sie drohte mit Wi<strong>der</strong>standsaktionen<br />

gegen se<strong>in</strong>e Lehrveranstaltungen, sollte das Institut<br />

sich nicht umgehend von ihm trennen. Die Universitätsleitung<br />

gab kle<strong>in</strong> bei. Und weiter kündigte<br />

sie an: «Wenn Professor Vogt sich jetzt zurückzieht,<br />

um zu e<strong>in</strong>em späteren Zeitpunkt den Lehrbetrieb<br />

wie<strong>der</strong> aufzunehmen, werden wir da se<strong>in</strong>, um es<br />

zu verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n». Schon bald streute Böhm weitere<br />

Gerüchte, etwa dass Vogt Ende September 2007<br />

als Unterzeichner e<strong>in</strong>es Papiers e<strong>in</strong>er rechten Fraktion<br />

im Europaparlament namens «Identität Tradition<br />

Souveränität» (ITS) aufgetreten war. Die ganze<br />

Sache entpuppte sich als Falschmeldung. Der Professor<br />

gehörte we<strong>der</strong> zu den Unterzeichnern, noch<br />

verband ihn sonst irgendetwas mit den genannten<br />

Rechten – das wurde sogar im Artikel <strong>der</strong> Studentenzeitung<br />

von Dezember 2007 richtiggestellt.<br />

E<strong>in</strong> weiteres Puzzlestück <strong>in</strong> dieser Posse ist <strong>der</strong><br />

Vorwurf gegen Vogt, bei <strong>der</strong> Produktion von Geheimakte<br />

Heß mit dem Historiker Olaf Rose zusammengearbeitet<br />

zu haben. Aus <strong>der</strong> Tatsache, dass<br />

Rose 2006 – also drei Jahre nach Vogts Kooperation<br />

mit ihm – Mitglied <strong>der</strong> NPD wurde, versuchte<br />

man ihm nachträglich e<strong>in</strong>en Strick zu drehen. Geradezu<br />

albern wurde es, als man ihn allen Ernstes<br />

dafür kritisierte, dass er sich «nie davon distanziert»<br />

habe, dass «<strong>der</strong> Film regelmäßig auf rechtsextremen<br />

Veranstaltungen gezeigt wird».<br />

Rufmord und Auferstehung<br />

M<strong>in</strong>ute Sendezeit mehr. Wäre es nach se<strong>in</strong>en erklärten<br />

Fe<strong>in</strong>den aus den Reihen <strong>der</strong> Systempresse<br />

und <strong>der</strong> l<strong>in</strong>ksextremen Szene gegangen, wäre Vogt<br />

spätestens ab diesem Zeitpunkt endgültig von <strong>der</strong><br />

Bildfläche verschwunden.<br />

Wer aber glaubte, dass er nach diesen Erlebnissen<br />

kle<strong>in</strong> beigeben würde, kannte ihn schlecht:<br />

Als Mo<strong>der</strong>ator und Filmemacher trägt Vogt weiterh<strong>in</strong><br />

zur Aufklärung e<strong>in</strong>er breiten Öffentlichkeit bei,<br />

wie kaum e<strong>in</strong> Zweiter. Die vielen hun<strong>der</strong>t Gespräche<br />

mit klugen Köpfen <strong>der</strong> Zeitgeschichte, die er<br />

seither geführt hat – zunächst beim Internetportal<br />

secret.tv, dann bei alpenparlament.tv und<br />

nuoviso.tv, seit 2013 auf se<strong>in</strong>er eigenen Webseite<br />

quer-denken.tv – haben unzähligen Zuschauern die<br />

Augen dafür geöffnet, was auf dieser Welt wirklich<br />

los ist.<br />

Ab 2008 bekam er bei den Massenmedien<br />

ke<strong>in</strong>e Sendezeit mehr.<br />

Wenn man es genau nimmt, dann wurde Vogt<br />

erst nach se<strong>in</strong>er Vertreibung aus den GEZ-Medien<br />

so richtig gefährlich. Se<strong>in</strong>e Zusammenarbeit mit<br />

dem Kopp-Verlag erwies sich ebenso als verheerend<br />

für die Lügenpresse – dort nämlich konnte er<br />

se<strong>in</strong>e Fähigkeiten als Filmproduzent voll ausleben.<br />

Vogt arbeitet nun mit prom<strong>in</strong>enten Köpfen <strong>der</strong> alternativen<br />

Medien wie den <strong>in</strong>ternational renommierten<br />

Journalisten Webster Tarpley und William Engdahl<br />

sowie mit Deutschlands bekanntesten Querdenkern<br />

Gerhard Wisnewski, Oliver Janich, Andreas<br />

Popp, Eva Herman, Christoph Hörstel, Udo Ulfkotte<br />

und Jürgen Elsässer zusammen. Se<strong>in</strong> unverwechselbarer<br />

Stil als objektiver Vermittler, se<strong>in</strong>e sachliche<br />

und unaufgeregte Art haben ihn bei e<strong>in</strong>em Millionenpublikum<br />

bekannt und beliebt gemacht. Dem<br />

Hörsaal we<strong>in</strong>t er heute ke<strong>in</strong>e Träne mehr nach. Vielleicht<br />

war es sogar se<strong>in</strong> Glück, dass er die Enge <strong>der</strong><br />

Universität h<strong>in</strong>ter sich lassen konnte.<br />

Vogts große<br />

TV-Produktionen<br />

2008: Auf dem Wege Allahs –<br />

E<strong>in</strong>blicke <strong>in</strong> die abgeschottete<br />

Welt <strong>der</strong> «Islamisten» (ZDF)<br />

2005: Über Galgen wächst ke<strong>in</strong><br />

Gras – US-Folterjustiz vom Malmedyprozess<br />

bis Abu Ghraib<br />

(DVD)<br />

2004: Geheimakte Heß – Geschichte<br />

und H<strong>in</strong>tergründe <strong>der</strong><br />

gescheiterten deutsch-englischen<br />

Friedensverhandlungen (n-tv)<br />

2002: Nemmersdorf 1944 – Die<br />

Wahrheit über e<strong>in</strong> sowjetisches<br />

Kriegsverbrechen (DVD)<br />

1983: Alliierte Kriegsverbrechen<br />

– Vergessene Kriegsgräuel im<br />

zweiten Weltkrieg Teil I und Teil II<br />

(ARD/WDR)<br />

1983: Warum sie Adolf Hitler<br />

folgten – 10. April 1938 (ARD/BR)<br />

1983: Warum sie Adolf Hitler<br />

wählten – 5. März 1933 (ARD/BR)<br />

Michael Vogt als gefeierter Redner<br />

bei <strong>der</strong> Antizensurkonferenz.<br />

Foto: Screenshot «YouTube»<br />

_ Marc Dassen ist <strong>COMPACT</strong>-<br />

Redakteur und behandelt<br />

vorrangig Themen aus Politik und<br />

Zeitgeschichte. In Ausgabe 3/2016<br />

schrieb er über das Fe<strong>in</strong>dbild AfD.<br />

Hör- o<strong>der</strong> Gerichtssaal? Statt akademischer<br />

Freiheit regiert nicht nur <strong>in</strong><br />

Leipzig die l<strong>in</strong>ksgrüne Gedankenpolizei.<br />

Foto: degrowth.de<br />

Der Uni-Rausschmiss verfehlte se<strong>in</strong>e Wirkung<br />

nicht: Vogt wurde zur Persona non grata. TV-Sen<strong>der</strong><br />

und Produktionsfirmen, mit denen er zuvor<br />

erfolgreich zusammengearbeitet hatte, wandten<br />

sich ab. Se<strong>in</strong> letzter Film Auf dem Wege Allahs<br />

– e<strong>in</strong>e Dokumentation über Islamisten <strong>in</strong> Deutschland<br />

– lief Anfang des Jahres 2008 im ZDF, seither<br />

bekam er bei den Massenmedien ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige<br />

17


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> im TV<br />

Der Sieger hat immer Recht. Punkt.<br />

_ von Michael Vogt<br />

Ich wollte e<strong>in</strong>fach Wissenschaftler se<strong>in</strong>, wollte forschen ohne<br />

Scheuklappen und Denkverbote. Das g<strong>in</strong>g lange gut, bis me<strong>in</strong> Dokumentarfilm<br />

«Geheimakte Heß» die Ges<strong>in</strong>nungswächter auf den Plan<br />

rief. Ich musste mundtot gemacht und me<strong>in</strong>e Reputation vernichtet<br />

werden. Was hatte ich verbrochen?<br />

«Es geht um die<br />

Vernichtung<br />

Deutschlands, nicht<br />

Nazi-Deutschlands.»<br />

Vansittart<br />

Der «Führer» und se<strong>in</strong> Stellvertreter.<br />

Foto: picture alliance / Heritage-Imag<br />

Als ich 2004 die zweiteilige Dokumentation<br />

über den bis heute mysteriösen Englandflug des<br />

Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß drehte und diese<br />

dann <strong>in</strong>sgesamt siebenmal auf n-tv ausgestrahlt<br />

wurde, hatte ich gleich gegen mehrere BRD-Denkverbote<br />

verstoßen: Die Kriegsschuld am und im<br />

Zweiten Weltkrieg, am Ausbruch und an den Stufen<br />

<strong>der</strong> Ausweitung liegt bei den Deutschen. Punkt.<br />

Hier an<strong>der</strong>e Aspekte anzubr<strong>in</strong>gen und die Kriegstreiberei<br />

<strong>der</strong> Politik W<strong>in</strong>ston Churchills anzusprechen,<br />

ist e<strong>in</strong> Tabu. Gleichermaßen klar hat das Bild<br />

bei den Kriegsverbrechen zu se<strong>in</strong>: e<strong>in</strong>e deutsche<br />

Spezialität, allenfalls bei <strong>der</strong>en Verbündeten noch<br />

zu f<strong>in</strong>den. Punkt. Die Alliierten im Umkehrschluss<br />

haben für Freiheit und Demokratie und Menschenrechte<br />

gefochten. Punkt. Die Nazis wollten Krieg.<br />

Ihre Gegner wollten Frieden. Punkt.<br />

Dass <strong>der</strong> britischen Regierung gleich e<strong>in</strong> ganzes<br />

Bündel an Friedensvorschlägen vorlag, und<br />

Churchill gemäß se<strong>in</strong>es Bonmot, England werde<br />

den europäischen Krieg verlieren, aber den Weltkrieg<br />

gew<strong>in</strong>nen, unbed<strong>in</strong>gt letzteren, also das E<strong>in</strong>beziehen<br />

<strong>der</strong> USA und <strong>der</strong> UdSSR, betrieb, passt<br />

nicht zum wohlgehüteten Image des späteren<br />

Nobelpreisträgers. E<strong>in</strong> weiteres Dogma: Der greise<br />

Heß hat <strong>in</strong> Spandau se<strong>in</strong>em Leben e<strong>in</strong> Ende<br />

gesetzt und sich erhängt. Punkt. Dass we<strong>der</strong> die<br />

Autopsie dies bestätigte, noch <strong>der</strong> verme<strong>in</strong>tliche<br />

Selbstmord technisch möglich war, und vieles für<br />

e<strong>in</strong> britisches Nachhelfen spricht, darf man hierzulande<br />

nicht e<strong>in</strong>mal denken, geschweige denn<br />

sagen. Auch wenn diese Gedankenverbrechen für<br />

den Ma<strong>in</strong>stream an sich verwerflich genug s<strong>in</strong>d,<br />

das Schlimmste war, dass mit den TV-Ausstrahlungen<br />

das Getto, <strong>in</strong> das solche mentalen Übeltäter<br />

verbannt s<strong>in</strong>d, verlassen und plötzlich e<strong>in</strong>e breite<br />

Öffentlichkeit erreicht wurde. Damit hatte ich das<br />

Fass zum Überlaufen gebracht.<br />

Wahrheit unter Verschluss<br />

Die herrschende Geschichtsschreibung ist nicht<br />

nur die Geschichtsschreibung <strong>der</strong> Herrschenden,<br />

sie ist zugleich e<strong>in</strong> Instrument zum Herrschen und<br />

Beherrschen. Solange die deutsche Geschichte<br />

als Herrschafts<strong>in</strong>strument missbraucht wird, kann<br />

auch ke<strong>in</strong>e Emanzipation deutscher Politik von den<br />

sie beherrschenden Kräften erfolgen. Beteiligung<br />

am NATO-Aggressionskrieg auf dem Balkan 1999,<br />

Kriegse<strong>in</strong>satz <strong>in</strong> Afghanistan seit Ende 2001, Euro<br />

und EU-Mitgliedschaft, Verschweigen westlicher<br />

Kriegsverbrechen und bed<strong>in</strong>gungslose USA-Hörigkeit<br />

– all das <strong>in</strong> deutschem Namen ist nur machbar,<br />

weil deutsche Politik Vasallenpolitik ist, weil<br />

Inferiorität Staatsräson <strong>der</strong> BRD ist und weil all<br />

dies aus dem Schuldkult e<strong>in</strong>er herrschenden Gesichtsschreibung<br />

resultiert, die von 1933 bis 1945<br />

nur e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>zigen Verbrecher und nur e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige<br />

Verbrechernation kennt.<br />

18<br />

Me<strong>in</strong>e TV-Dokumentation berichtet von den<br />

Funden des britischen Junghistorikers Mart<strong>in</strong> Allen,<br />

<strong>der</strong> im britischen National Archives (ehemals<br />

Public Record Office) auf die geheimen Akten zu<br />

den deutschen Friedensvorschlägen an England<br />

stieß. Diese Initiativen be<strong>in</strong>halteten unter an<strong>der</strong>em<br />

die Angebote <strong>der</strong> Reichsregierung, alle<br />

besetzten Län<strong>der</strong> zu räumen, Reparationen für<br />

entstandene Beschädigungen an die Kriegsgegner<br />

zu zahlen sowie e<strong>in</strong>en polnischen Staat wie<strong>der</strong>herzustellen.<br />

Dadurch wären mit e<strong>in</strong>em Schlag all die<br />

Gründe weggefallen, die den britischen Kriegse<strong>in</strong>tritt<br />

gerechtfertigt hatten. Die zum Durchkämpfen<br />

des Krieges entschlossene britische Regierung


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> im TV<br />

hätte ihrem Volk und <strong>der</strong> Öffentlichkeit nicht verständlich<br />

machen können, dass man, obwohl alle<br />

Kriegsziele durch Verhandlungen zu erreichen gewesen<br />

wären, trotzdem weiterkämpfen sollte.<br />

Antideutscher Rassismus<br />

Adolf Hitlers Reichsm<strong>in</strong>ister Heß wurde – das<br />

belegen die im Film erstmals gezeigten Dokumente<br />

– vom britischen Geheimdienst SO1 (Special Operations<br />

Executive) <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Falle gelockt. In <strong>der</strong> Tat<br />

gab es e<strong>in</strong>e ganze Reihe von Friedens<strong>in</strong>itiativen<br />

<strong>in</strong> Richtung England von ganz unterschiedlichen<br />

Adressaten <strong>in</strong> und außerhalb des Deutschen Reiches.<br />

Sämtliche dieser Friedens<strong>in</strong>itiativen wurden<br />

von Churchill und se<strong>in</strong>em Außenamtsstaatssekretär<br />

Robert Vansittart kategorisch abgelehnt. Churchill<br />

g<strong>in</strong>g es um e<strong>in</strong>e Politik <strong>der</strong> unbed<strong>in</strong>gten Kriegsausweitung.<br />

Und Vansittart, se<strong>in</strong> Chefdenker und Chefstratege,<br />

machte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Notiz an den britischen<br />

Außenm<strong>in</strong>ister Anthony Eden deutlich, dass es um<br />

die «Vernichtung Deutschlands, nicht Nazi-Deutschlands»<br />

g<strong>in</strong>ge und von daher sämtliche Friedensangebote<br />

ausgeschlagen werden müssten. Man habe<br />

– so Vansittart weiter – «genug von Angeboten von<br />

(…) Goerdeler und Konsorten».<br />

Hier s<strong>in</strong>d nun drei Punkte bemerkenswert: Zum<br />

ersten muss – fachlich zulässig und wissenschaftlich<br />

untermauert – die Politik Churchills kritisiert<br />

werden können. Wer das ablehnt, muss sich die<br />

Frage stellen lassen, womit er e<strong>in</strong> Problem hat.<br />

E<strong>in</strong>e Politik <strong>der</strong> Kriegsausweitung ist nichts, was<br />

man nicht kritisieren dürfte – auch dann nicht,<br />

wenn sie von Deutschlands Kriegsgegnern betrieben<br />

wurde. Im Übrigen bef<strong>in</strong>de ich mich damit <strong>in</strong><br />

bester Gesellschaft: Churchill wurde von se<strong>in</strong>em<br />

eigenen Kab<strong>in</strong>ettskollegen und M<strong>in</strong>ister Hugh Dalton<br />

(Chef <strong>der</strong> Geheimdienste und Labour-Mitglied)<br />

ob dieser Politik <strong>der</strong> Kriegsausweitung aufs Heftigste<br />

kritisiert. Dalton unterstellte (wie man heute<br />

weiß: zu Recht), dass sie Millionen von Menschenleben<br />

kosten würde, und wurde wegen dieser Kritik<br />

später se<strong>in</strong>es M<strong>in</strong>isteramtes enthoben.<br />

Der zweite Punkt bezieht sich auf Churchills<br />

und Vansittarts Motive. Da es ihnen ganz e<strong>in</strong>deutig<br />

nicht um die Nazis, son<strong>der</strong>n um die Deutschen an<br />

sich g<strong>in</strong>g, müssen ihre Beweggründe als chauv<strong>in</strong>istisch<br />

und rassistisch bezeichnet werden. Nicht<br />

die Nazis waren aus <strong>der</strong> Sicht dieser Herren das<br />

Problem, son<strong>der</strong>n die Deutschen als Ethnie. Auch<br />

dies ist e<strong>in</strong> zulässiger Gegenstand kritischer Anmerkungen.<br />

Der dritte Punkt macht aber die ganze Tragik <strong>der</strong><br />

Haltung <strong>der</strong> britischen Regierung und ihre fatalen<br />

Konsequenzen deutlich: «Carl Friedrich Goerdeler<br />

und Konsorten», heißt es bei Vansittart. Dass er mit<br />

Goerdeler e<strong>in</strong>en <strong>der</strong> führenden Repräsentanten des<br />

deutschen Wi<strong>der</strong>standes und damit des an<strong>der</strong>en,<br />

des besseren Deutschlands unter die Rubrik <strong>der</strong><br />

«Konsorten» subsumiert, mit denen er, Vansittart,<br />

nicht über Frieden verhandeln will, ist historisch<br />

mehr als tragisch. Die historische Alternative hätte<br />

1941 nämlich se<strong>in</strong> können: Die britische Regierung<br />

unterstützt den deutschen Wi<strong>der</strong>stand gegen die<br />

NS-Machthaber und schließt mit e<strong>in</strong>em Reichskanzler<br />

Goerdeler an <strong>der</strong> Spitze Frieden. Ke<strong>in</strong> Plan<br />

Barbarossa, ke<strong>in</strong> Russlandfeldzug mit Millionen<br />

Toten, ke<strong>in</strong>e massenhaften KZ-Verbrechen, ke<strong>in</strong><br />

Bombenterror gegen die deutsche Zivilbevölkerung.<br />

Nach se<strong>in</strong>em Absprung über Schottland<br />

ließ Rudolf Heß se<strong>in</strong> Flugzeug<br />

abstürzen. Britische Soldaten begutachten<br />

die Trümmer. Foto: picture<br />

alliance / Heritage-Imag<br />

Britische Presse zum Heß-Flug.<br />

Foto: picture alliance / akg-images<br />

Heß wurde vom<br />

britischen Geheimdienst<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Falle<br />

gelockt.<br />

19


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> im TV<br />

Chance zum Frieden<br />

«Auf 18 Seiten e<strong>in</strong>es streng geheimen,<br />

auf e<strong>in</strong> Dutzend Exemplare<br />

begrenzten Memorandums<br />

(…), stellt das [britische] Außenm<strong>in</strong>isterium<br />

die unterschiedlichen<br />

Deutschen und neutralen<br />

Friedens<strong>in</strong>itiativen zusammen.<br />

(…) Derartige Friedens<strong>in</strong>itiativen<br />

g<strong>in</strong>gen unter an<strong>der</strong>em aus<br />

vom schwedischen Industriellen<br />

Birger Dahlerus, dem<br />

vormaligen Reichskanzler Franz<br />

von Papen, dem Vatikan, dem<br />

König von Schweden, dem f<strong>in</strong>nischen<br />

Premierm<strong>in</strong>ister, dem König<br />

von Spanien, von Dr. Ludwig<br />

Weissauer und von Dr. Joseph<br />

Goebbels.»<br />

(Filmauszug Geheimakte Heß –<br />

Der Film zeigt Fotos <strong>der</strong> entsprechenden<br />

Geheimdokumente).<br />

Das britische Außenm<strong>in</strong>isterium<br />

-- offiziell: Büro für auswärtige und<br />

Commonwealth-Angelegenheiten.<br />

Foto: UK Government, public<br />

doma<strong>in</strong><br />

Auch hier gestehe ich, dass ich e<strong>in</strong>er solchen<br />

Weichenstellung 1941 sehr viel Positives abgew<strong>in</strong>nen<br />

kann. Dass sie wahrsche<strong>in</strong>lich auch am<br />

Chauv<strong>in</strong>ismus <strong>der</strong> britischen Führung, an <strong>der</strong>en<br />

Deutschenhass und dem fanatischen Vernichtungswillen<br />

Churchills gegenüber Deutschland<br />

scheiterte, darf aus politischer wie historischer<br />

Sicht angemerkt und kritisiert werden. Dass diese<br />

höchst kritikwürdige Politik <strong>der</strong> Regierung<br />

Churchill an <strong>der</strong> deutschen Verantwortung, etwa<br />

für die Konzentrationslager und weitere Verbrechen<br />

im Osten, natürlich nicht das Ger<strong>in</strong>gste än<strong>der</strong>t,<br />

steht außer Frage und ist – im Gegensatz zu<br />

den <strong>in</strong> den Medien geäußerten Verdächtigungen<br />

– von mir nie bestritten worden. Insofern wollte<br />

und will <strong>der</strong> Film Geheimakte Heß die Geschichte<br />

nicht umschreiben, son<strong>der</strong>n nur auf den Umstand<br />

h<strong>in</strong>weisen, dass es 1941 vielleicht die Chance zum<br />

Frieden gegeben hat. Angesichts <strong>der</strong> Millionen, die<br />

nach 1941 noch dem Krieg zum Opfer fielen, darf<br />

dieser Punkt durchaus Erwähnung f<strong>in</strong>den – ohne<br />

<strong>in</strong> irgende<strong>in</strong>er Form deutsche Schuld und deutsche<br />

Verbrechen zu bagatellisieren.<br />

Mord an <strong>der</strong> Wahrheit<br />

Dass Heß sehr wahrsche<strong>in</strong>lich mit e<strong>in</strong>em konkreten<br />

Friedensvorschlag nach England flog, sollte<br />

(und soll bis heute) nicht bekannt werden. Daher<br />

durfte im Nürnberger Prozess Professor Karl Haushofer,<br />

<strong>der</strong> die Pläne von Heß kannte, <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em<br />

Auftrag den Flug plante und die komplette Korrespondenz<br />

des Hitler-Stellvertreters mit dem Duke<br />

of Hamilton führte, auf ke<strong>in</strong>en Fall zugunsten von<br />

Heß aussagen. Und so erhielten Haushofer und<br />

se<strong>in</strong>e Frau vor se<strong>in</strong>er geplanten Zeugenaussage<br />

Besuch von zwei britischen Geheimdienstagenten.<br />

Die Herren müssen so überzeugend gewesen se<strong>in</strong>,<br />

dass Haushofer sich selbigen Tages zusammen mit<br />

se<strong>in</strong>er Frau im Wald erhängte. Die beiden Spione<br />

konnten ihrem Auftraggeber, dem späteren britischen<br />

Hochkommissar <strong>in</strong> <strong>der</strong> BRD, anschließend<br />

erleichtert nach England melden, dass «das Problem,<br />

diesen Mann und den Nürnberger Prozess<br />

betreffend, beseitigt wurde».<br />

Auch dass Heß 1987 angeblich spontan Selbstmord<br />

verübte, als KPdSU-Generalsekretär Michail<br />

Gorbatschow laut Radio Moskau verkünden ließ,<br />

den greisen Häftl<strong>in</strong>g noch vor Weihnachten nach<br />

Hause zu entlassen, kann nun h<strong>in</strong>terfragt werden.<br />

Ke<strong>in</strong>e <strong>der</strong> seitens <strong>der</strong> Englän<strong>der</strong> am Todestag veröffentlichten<br />

Todesursachen – es waren gleich<br />

mehrere: Selbstmord durch Erschießen, durch Erdrosseln<br />

o<strong>der</strong> schließlich durch Erhängen – können<br />

stimmen. Vieles spricht hier für Mord und nur<br />

wenig für Selbstmord. Auch hier reden Experten<br />

und Augenzeugen – <strong>der</strong> amerikanische Gefängnisdirektor<br />

Eugene Bird <strong>in</strong> Spandau: «Es war Mord.<br />

Das muss e<strong>in</strong>mal gesagt werden.» und Heß’ tunesischer<br />

Krankenpfleger Abdallah Melaouhi – <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em<br />

Film Klartext. Sie alle gehen von Mord aus!<br />

Die eigentliche Heß-Akte ist noch für Jahre<br />

gesperrt. Ich habe <strong>in</strong> den Londoner Archiven Dossiers<br />

mit dem H<strong>in</strong>weis «closed until 2019» und «closed<br />

until 2021» gefunden. Konkret bedeutet das,<br />

dass die Briten die Dokumente erst 2021, also 80<br />

20<br />

Rudolf Heß, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bildmitte<br />

neben Hermann Gör<strong>in</strong>g (l<strong>in</strong>ks), auf<br />

<strong>der</strong> Anklagebank des Nürnberger<br />

Prozesses. Foto: picture alliance /<br />

Everett Colle


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> im TV<br />

Jahre (!) nach dem Englandflug freigeben wollen.<br />

Dies nährt zum<strong>in</strong>dest Misstrauen, ob hier nicht<br />

jemand etwas zu verbergen hat. Und ob dann 2019<br />

o<strong>der</strong> 2021 die Akten wirklich freigegeben werden,<br />

wissen die Götter.<br />

Breit diskutiert wurde, dass Allen mit gefälschten<br />

Dokumenten gearbeitet habe – ja anfänglich<br />

wurde ihm die Fälschung sogar unterstellt. Allerd<strong>in</strong>gs<br />

wi<strong>der</strong>legen die verme<strong>in</strong>tlichen Fälschungen<br />

<strong>in</strong> ke<strong>in</strong>er Weise den wissenschaftlichen Grundbefund,<br />

dass es zahlreiche, sehr detaillierte und<br />

konkrete Friedensangebote an Churchill gab, und<br />

dieser sie alle abgelehnt hat. Insofern müsste ich,<br />

selbst wenn die Fälschungen wirklich Fälschungen<br />

se<strong>in</strong> sollten, nichts revidieren, und die Politik <strong>der</strong><br />

Vertuschung Londons muss unverän<strong>der</strong>t konstatiert<br />

werden. An <strong>der</strong> Fälschungstheorie darf aber<br />

aus guten Gründen gezweifelt werden. Die betreffenden<br />

Dokumente haben das National Archives<br />

kurzzeitig verlassen, waren e<strong>in</strong>e Woche bei e<strong>in</strong>er<br />

privaten Institution, und welche Dokumente von<br />

dort wie<strong>der</strong> <strong>in</strong>s Archiv kamen, kann nicht mehr<br />

aufgeklärt werden.<br />

Das Ende <strong>der</strong> Wissenschaft<br />

Alles Obige erfüllt <strong>in</strong> den historischen Befunden<br />

natürlich den Tatbestand des Revisionismus – nach<br />

<strong>der</strong> Ideologie <strong>der</strong> Political Correctness e<strong>in</strong> schweres<br />

Gedankenverbrechen. Auch hier lohnt sich e<strong>in</strong> kurzes<br />

– diesmal wissenschaftstheoretisches – Innehalten:<br />

Die Wissenschaft von morgen – nicht nur<br />

die Geschichtswissenschaft, aber auch diese – wird<br />

immer die von gestern und heute revidieren. Und<br />

so wird es durch neue Akten- und Dokumentenfunde<br />

seitens echter Wissenschaft neue Sichtweisen<br />

und Interpretationen geben können und geben<br />

müssen. Wissenschaft ist damit eo ipso revisionistisch,<br />

sonst wäre sie ke<strong>in</strong>e Wissenschaft, son<strong>der</strong>n<br />

Dogmenverkündung. Die Erkenntnisse nach volkspädagogisch<br />

erwünschten und volkspädagogisch<br />

unerwünschten Fakten zu sortieren und die e<strong>in</strong>en<br />

zu publizieren und die an<strong>der</strong>en zu verschweigen,<br />

mag politisch korrekt se<strong>in</strong>, ist aber <strong>in</strong> jedem Fall<br />

das Ende von Wissenschaft.<br />

«Es war Mord.» Der US-Direktor des<br />

Spandauer Gefängnisses<br />

Natürlich behandeln me<strong>in</strong>e Filme heiße Eisen<br />

– und lei<strong>der</strong> führt das <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em zunehmend <strong>in</strong>tolerant<br />

gewordenen Land zu Repressionen. Doch davor<br />

zu kuschen, ist nicht me<strong>in</strong> D<strong>in</strong>g. Für e<strong>in</strong>en Wissenschaftler<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em freien Land sollte es und muss es<br />

egal se<strong>in</strong>, wen se<strong>in</strong>e wissenschaftlichen Erkenntnisse<br />

stören o<strong>der</strong> wem sie gefallen. E<strong>in</strong>e solche Haltung<br />

ließe – so <strong>der</strong> immer wie<strong>der</strong> sofort erhobene<br />

Vorwurf – die Verantwortung des Wissenschaftlers<br />

außer Acht. Das ist Uns<strong>in</strong>n: E<strong>in</strong>e Verantwortung<br />

des Wissenschaftlers für Fakten, für die Wahrheit<br />

kann es nicht geben. Wenn die Akten e<strong>in</strong>e chauv<strong>in</strong>istische,<br />

deutsch- und damit auslän<strong>der</strong>fe<strong>in</strong>dliche<br />

E<strong>in</strong>stellung britischer Spitzenpolitiker belegen<br />

und damit die von ihnen vereitelte Chance auf e<strong>in</strong><br />

Ende des Krieges 1941 belegen, dann kann ich das<br />

nicht än<strong>der</strong>n. Anstatt unbequeme Wissenschaftler<br />

und <strong>der</strong>en Themen politisch korrekt auszugrenzen,<br />

sollte man sich freuen, dass es solche Unbequemen<br />

im Wissenschaftsalltag gibt, die Aufgeregtheiten<br />

darüber e<strong>in</strong>fach ignorieren und stattdessen<br />

dem unverän<strong>der</strong>t weisen Grundsatz von Rosa Luxemburg<br />

folgen: «Freiheit ist immer die Freiheit des<br />

An<strong>der</strong>sdenkenden.»<br />

Bild l<strong>in</strong>ks: Das Kriegsverbrechergefängnis<br />

Spandau, hier <strong>der</strong><br />

Wachturm Wilhelmstraße, wurde<br />

1987 abgerissen. Foto: Wikipedia<br />

Bild rechts: Rudolf Heß <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er<br />

Gefängniszelle. Foto: public doma<strong>in</strong><br />

_ Prof. Dr. Michael Vogt, geboren<br />

1953, studierte Geschichte,<br />

Germanistik und Politische<br />

Wissenschaften <strong>in</strong> München, bevor<br />

er e<strong>in</strong>e Karriere als Journalist und<br />

Filmemacher begann. Jahrelang<br />

arbeitete er sowohl als Presseund<br />

Market<strong>in</strong>gchef für diverse<br />

Unternehmen und Verbände:<br />

sowie als Dozent für Medien- und<br />

Kommunikationswissenschaften<br />

an <strong>der</strong> Universität Leipzig und verschiedenen<br />

weiteren Hochschulen<br />

im In- und Ausland. Seit November<br />

2013 betreibt er die Internetplattform<br />

«quer-denken.tv», die e<strong>in</strong> sehr<br />

breites Spektrum von Themen<br />

behandelt. E<strong>in</strong>e ausführliche Fassung<br />

dieses Textes erschien zuerst<br />

auf <strong>der</strong> Webseite «rotefahne.eu.»<br />

21


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> im TV<br />

Die unbequeme Wahrheit<br />

_ von Niki Vogt<br />

Frie<strong>der</strong> Wagner war e<strong>in</strong> gefeierter Regisseur, hatte zahlreiche Filmpreise<br />

abgeräumt und g<strong>in</strong>g <strong>in</strong> den großen Sendeanstalten e<strong>in</strong> und<br />

aus. Alles än<strong>der</strong>te sich, als er sich 2003 e<strong>in</strong>es Themas annahm, das<br />

die US-Kriegspolitik <strong>in</strong> Verruf brachte.<br />

E<strong>in</strong> Auto fährt im Nahen Osten auf e<strong>in</strong>er Straße<br />

von Amman nach Bagdad. Musik über dem Motorengeräusch<br />

eröffnet e<strong>in</strong>en Hörbeitrag für den<br />

Deutschlandfunk (DLF) – e<strong>in</strong> Beitrag, <strong>der</strong> nie ausgestrahlt<br />

werden sollte. Er hätte im April 2014<br />

über die radioaktive H<strong>in</strong>terlassenschaft <strong>der</strong> US<br />

Army im Irak <strong>in</strong>formieren sollen, über die grausamen<br />

Auswirkungen abgereicherter Uranmunition<br />

auf die Menschen zwischen Euphrat und Tigris –<br />

aber auch auf die im Golfkrieg e<strong>in</strong>gesetzten GIs.<br />

Nicht, dass das Thema un<strong>in</strong>teressant gewesen<br />

wäre. Als Frie<strong>der</strong> Wagner, <strong>der</strong> Autor <strong>der</strong> Sendung,<br />

2003 zum ersten Mal zu Recherchen nach Bagdad<br />

flog, war das sogenannte Golfkriegsyndrom schon<br />

seit zwei Jahren bekannt. Anfang 2001 hatte <strong>der</strong><br />

Spiegel <strong>in</strong> mehreren Ausgaben über die Gefahren<br />

des abgereicherten Urans berichtet, das von den<br />

amerikanischen Truppen im Irakkrieg 1991 <strong>in</strong> großen<br />

Mengen verschossen worden war. Im Jahr<br />

22<br />

Weltweit sollen 21 Armeen DU-Munition <strong>in</strong> ihren Beständen<br />

haben. Foto: «YouTube»


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> im TV<br />

2000 schrieb die Presse über das Balkan-Syndrom,<br />

als es auch bei den im Kosovo stationierten Soldaten<br />

<strong>der</strong> <strong>in</strong>ternationalen Schutztruppe KFOR zu<br />

aggressivem Krebs, Leukämie und zu Todesfällen<br />

kam. Verteidigungsm<strong>in</strong>ister Rudolf Scharp<strong>in</strong>g<br />

(SPD) geriet unter Druck.<br />

«E<strong>in</strong> solches Thema werden Sie <strong>in</strong><br />

ke<strong>in</strong>er Zeitung unterbekommen.»<br />

Geschosse mit abgereichertem Uran brennen<br />

sich durch Stahl und Gebäudewände. Sie h<strong>in</strong>terlassen<br />

radioaktive Rückstände, die Krankheit und<br />

Tod verbreiten – Todesstaub, so <strong>der</strong> aussagekräftige<br />

Titel von Wagners späterem Film (siehe unten).<br />

Depleted uranium (DU) ist e<strong>in</strong> Abfallprodukt<br />

<strong>der</strong> Atom<strong>in</strong>dustrie und kommt <strong>in</strong> panzerbrechen<strong>der</strong><br />

Munition zum E<strong>in</strong>satz. Ihre Produktion rechnete<br />

sich für m<strong>in</strong>destens zwei Interessengruppen: Zum<br />

e<strong>in</strong>en für die Atom<strong>in</strong>dustrie, die auf diese Weise<br />

den radioaktiven Son<strong>der</strong>müll nicht mehr kosten<strong>in</strong>tensiv<br />

entsorgen muss; und zum an<strong>der</strong>en für die<br />

US-amerikanische Rüstungs<strong>in</strong>dustrie, weil sie den<br />

Rohstoff für e<strong>in</strong>e äußerst effektive Waffe praktisch<br />

geschenkt bekommt.<br />

In Deutschland bildete man nach den ersten<br />

Schlagzeilen über DU e<strong>in</strong>e Kommission zur Prüfung<br />

<strong>der</strong> Gefährdungslage. Respektable Namen<br />

mussten sicherstellen, dass man zu den richtigen<br />

Ergebnisse kam. Man fand sie mit Theo Sommer<br />

und Gero von Randow, e<strong>in</strong>em ehemaligen Chefredakteur<br />

und dem damaligen Politikredakteur <strong>der</strong><br />

Zeit. Die beiden machten ihre Sache gut. Das große<br />

Schlachtschiff Die Zeit spielte Schiffchenversenken<br />

mit kritischen Artikeln, beschimpfte <strong>der</strong>en Autoren<br />

als «Alarmisten» und «Panikmacher» und behauptete<br />

frech, die Radartechnik stelle e<strong>in</strong> wesentlich<br />

höheres Gesundheitsrisiko für die Soldaten dar<br />

als die verme<strong>in</strong>tlich harmlose Uranmunition. Theo<br />

Sommer erhielt später vom Verteidigungsm<strong>in</strong>isterium<br />

das Ehrenkreuz <strong>der</strong> Bundeswehr <strong>in</strong> Gold.<br />

E<strong>in</strong> gefeierter Filmemacher<br />

Wagner war e<strong>in</strong> renommierter Regisseur: 1942<br />

<strong>in</strong> Benesow, im heutigen Tschechien, geboren, f<strong>in</strong>g<br />

er <strong>in</strong> den 1960er Jahren als Aufnahmeassistent an<br />

und arbeitete schon <strong>in</strong> den 1970ern als selbständiger<br />

Kameramann und Dokumentarfilmer. Ab 1982<br />

erstellte er <strong>in</strong> eigener Regie Dokumentationen<br />

und erhielt den Adolf-Grimme-Preis <strong>in</strong> Silber und<br />

<strong>in</strong> Gold. Ab 1992 produzierte er größere, auch kritisch-<strong>in</strong>vestigative<br />

Filme für ARD, ZDF und WDR.<br />

Kurz und gut: Er war gern gesehen <strong>in</strong> den großen<br />

Sendehäusern, man schmückte sich mit se<strong>in</strong>em<br />

Namen.<br />

Alles än<strong>der</strong>te sich 2003, als er sich dem Thema<br />

Uranmunition zuwandte. Se<strong>in</strong> Film Der Arzt und die<br />

verstrahlten K<strong>in</strong><strong>der</strong> von Basra wurde 2004 <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

WDR-Reihe Die Story ausgestrahlt und brachte ihm<br />

den Europäischen Fernsehpreis e<strong>in</strong>. Der Film schien<br />

schon damals quasi aus Versehen durchgerutscht<br />

zu se<strong>in</strong> – nach <strong>der</strong> Erstausstrahlung verschwand er<br />

auf Nimmerwie<strong>der</strong>sehen <strong>in</strong> den Archiven.<br />

Doch Wagner gab nicht auf. 2007 legte er nach:<br />

Die e<strong>in</strong>e<strong>in</strong>halbstündige K<strong>in</strong>odokumentation Deadly<br />

Dust – Todesstaub ist das bis heute gründlichste<br />

Filmdokument zum E<strong>in</strong>satz von Uranmunition und<br />

ihren grausamen Folgen. Es gelang dem Regisseur,<br />

das Schweigekartell rund um DU zu brechen. Er<br />

reiste überallh<strong>in</strong> zu Vorträgen und Filmvorführungen,<br />

und <strong>der</strong> Film war sogar auf <strong>der</strong> Berl<strong>in</strong>ale 2007<br />

für den Preis «C<strong>in</strong>ema for Peace» nom<strong>in</strong>iert.<br />

Was war die Botschaft des Films? Wagner<br />

drückte es <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Interview so aus: »Die Kernaussage<br />

des Films ist e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige, aber e<strong>in</strong>e furchtbare:<br />

Nämlich, dass <strong>der</strong> E<strong>in</strong>satz von Uranmunition und<br />

Uranbomben e<strong>in</strong> Kriegsverbrechen ist. Uranwaffen<br />

E<strong>in</strong>e halbe Million<br />

Krebstote<br />

Im Irak soll sich die Zahl <strong>der</strong><br />

Krebserkrankungen und <strong>der</strong><br />

Missbildungen bei Neugeborenen<br />

verzehnfacht haben. E<strong>in</strong>e<br />

Studie <strong>der</strong> britischen Atomenergiebehörde,<br />

im November<br />

1991 zum Independent durchgesickert,<br />

geht von 500.000 zusätzlichen<br />

Krebstoten im Irak<br />

aus. Dieser Hochrechnung wurde<br />

e<strong>in</strong>e H<strong>in</strong>terlassenschaft von<br />

40 Tonnen DU-Munition zugrunde<br />

gelegt. In <strong>der</strong> Realität setzten<br />

die US-Streitkräfte im Irak<br />

(1991) zwischen 260 und 400<br />

Tonnen, im Kosovo (1999) 10,5<br />

Tonnen, <strong>in</strong> Bosnien (1995) mehr<br />

als drei Tonnen e<strong>in</strong>.<br />

US-Soldaten im Irak. Foto: U.S.<br />

Mar<strong>in</strong>e Corps<br />

Deutsche Behörden beschlagnahmen<br />

das von Siegwart-Horst<br />

Günther nach Berl<strong>in</strong> geschmuggelte<br />

Beweismaterial. Foto: Filmausschnitt<br />

«Deadly Dust»<br />

Frie<strong>der</strong> Wagner nahm sich des Themas zu e<strong>in</strong>er<br />

Zeit an, als es eigentlich schon <strong>in</strong> <strong>der</strong> Versenkung<br />

verschwunden war. Es war gelungen, die entsetzlichen<br />

Auswirkungen des tödlichen Uranstaubs als<br />

Golfkriegssyndrom <strong>in</strong> den Bereich <strong>der</strong> obskuren<br />

Phänomene zu verschieben. Die missgebildeten<br />

Babies und K<strong>in</strong><strong>der</strong>, das Explodieren <strong>der</strong> Krebsraten,<br />

die fürchterlichen Organschäden – all das<br />

hatte mit Uranmunition angeblich nichts zu tun und<br />

galt schlicht als ungeklärt.<br />

23


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h<strong>in</strong>terlassen bei ihrem E<strong>in</strong>satz e<strong>in</strong> radioaktiv verseuchtes<br />

Gelände, und außerdem ist diese Waffe<br />

hoch toxisch. E<strong>in</strong>e Waffe, die radioaktiv und hoch<br />

giftig ist und noch lange Zeit nach ihrem E<strong>in</strong>satz<br />

die Umwelt verseucht und für die dort lebenden<br />

Menschen höchst gefährlich, ja tödlich se<strong>in</strong> kann,<br />

ist nach Haager und Genfer Konvention verboten<br />

und e<strong>in</strong> Kriegsverbrechen – das brauchen wir nicht<br />

zu diskutieren! Und <strong>der</strong> Hauptprotagonist me<strong>in</strong>es<br />

Films, <strong>der</strong> Arzt und Wissenschaftler Professor Dr.<br />

Siegwart-Horst Günther, hat diese Schwe<strong>in</strong>erei<br />

<strong>der</strong> Alliierten schon 1991 entdeckt und angeklagt,<br />

auch das erzählt <strong>der</strong> Film. (…) Wir haben auf e<strong>in</strong>em<br />

Schlachtfeld (…) radioaktive Werte gemessen, die<br />

lagen bei dem 30.000-fachen <strong>der</strong> normalen radioaktiven<br />

Umweltstrahlung. Darum ist zu befürchten,<br />

dass renommierte Wissenschaftler wie Rosalie<br />

Bertell, Asaf Durakovic, Lennard Dietz und Siegwart-Horst<br />

Günther recht haben, wenn sie sagen,<br />

dass <strong>in</strong> den nächsten 15 bis 20 Jahren alle<strong>in</strong> im Irak<br />

fünf bis sieben Millionen Menschen an aggressiven<br />

Krebserkrankungen und Leukämien sterben<br />

werden. Das wäre e<strong>in</strong> neuer Holocaust.» – Wagners<br />

Mitstreiter Siegwart-Horst Günther, <strong>der</strong> die<br />

DU-Schlachtfel<strong>der</strong> zwischen Euphrat und Tigris immer<br />

wie<strong>der</strong> persönlich <strong>in</strong> Augensche<strong>in</strong> genommen<br />

und Trümmerteile berührt hatte, ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zwischenzeit<br />

verstorben, vermutlich <strong>in</strong>folge <strong>der</strong> Verstrahlung.<br />

Das Ende e<strong>in</strong>er Karriere<br />

Der K<strong>in</strong>ofilm hatte viel Geld verschlungen.<br />

Frie<strong>der</strong> Wagner musste zur Ref<strong>in</strong>anzierung wie<strong>der</strong><br />

Beiträge <strong>in</strong> den Medien platzieren. Doch man<br />

ließ ihn <strong>in</strong>s Leere laufen. Er erhielt ke<strong>in</strong>e Aufträge<br />

mehr, bekam aber auch ke<strong>in</strong>e Erklärungen dafür.<br />

«Verblüffend war für mich allerd<strong>in</strong>gs die Tatsache,<br />

dass, nachdem im WDR die Dokumentation<br />

Der Arzt und die verstrahlten K<strong>in</strong><strong>der</strong> von Basra<br />

gesendet wurde und <strong>der</strong> Film im Herbst 2004 den<br />

Europäischen Fernsehpreis bekommen hat, ich<br />

trotzdem nie mehr <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Öffentlich-rechtlichen<br />

Fernsehanstalt e<strong>in</strong>en Film o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Bericht unterbr<strong>in</strong>gen<br />

konnte. Kann ich das beweisen – ne<strong>in</strong>.<br />

Ist es so passiert – ja. Allerd<strong>in</strong>gs habe ich dann<br />

irgendwann danach e<strong>in</strong>en Redakteur im WDR<br />

gefragt, <strong>der</strong> mir immer sehr gewogen war, ob da<br />

e<strong>in</strong> Zusammenhang bestehen könnte, und er hat<br />

nach langem Schweigen geantwortet: Also Frie<strong>der</strong>,<br />

e<strong>in</strong>er muss Dir das ja mal sagen, Du hast im<br />

Haus <strong>in</strong>zwischen den Ruf, schwierig zu se<strong>in</strong>, und<br />

auch De<strong>in</strong>e Themen gelten als schwierig! E<strong>in</strong><br />

Spiegel-Redakteur hat mir dazu gesagt: Wie das<br />

<strong>in</strong> Fernsehanstalten ist, weiß ich nicht, aber wenn<br />

Sie e<strong>in</strong> solches Thema heute an irgende<strong>in</strong>e große<br />

Tageszeitung schicken, dann werden Sie das trotz<br />

Ihrer großen Fachkenntnisse nicht los bekommen,<br />

denn Uranmunition und die Folgen s<strong>in</strong>d heute e<strong>in</strong><br />

Tabuthema, e<strong>in</strong>e zu unbequeme Wahrheit.»<br />

Die letzte Hoffnung<br />

2014 schien es doch wie<strong>der</strong> möglich, die unbequeme<br />

Wahrheit wenigstens als Hörfunkbeitrag<br />

im DLF unterzubr<strong>in</strong>gen. Ra<strong>in</strong>er Burchardt, <strong>der</strong> damalige<br />

Chefredakteur, wollte Wagner die Möglichkeit<br />

geben, für die Reihe H<strong>in</strong>tergrund Politik e<strong>in</strong>e<br />

20-M<strong>in</strong>uten-Sendung zu erstellen. Zuständiger Redakteur<br />

war <strong>der</strong> Leiter <strong>der</strong> Reihe, Rolf Clement. Die<br />

Ausstrahlung war für den 27. April geplant, e<strong>in</strong>en<br />

Samstagabend.<br />

Alle Materialien waren fristgerecht <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Redaktion abgegeben, alle Orig<strong>in</strong>altöne, H<strong>in</strong>tergrundgeräusche<br />

(«Atmos») und Musikbeiträge sogar<br />

schon <strong>in</strong> das System des Sen<strong>der</strong>s e<strong>in</strong>gespielt<br />

worden. Am frühen Samstagnachmittag platzte<br />

die Bombe: Wagner erhielt e<strong>in</strong>e Mail von Clement,<br />

wonach dieser den Beitrag nicht senden und verantworten<br />

könne. Die ePost enthielt 15 Punkte mit<br />

E<strong>in</strong>wänden gegen das Feature, obwohl das Skript<br />

dazu bereits seit Monaten vorlag und sich Wagner<br />

und Clement nach vielen Bedenken auf genau dieses<br />

Sendekonzept gee<strong>in</strong>igt hatten. Die 15 Punkte<br />

referierten angeblich sachliche Kritik: Plötzlich<br />

gab es Zweifel, ob man die Alpha-Strahlung <strong>der</strong><br />

DU-Munition mit Geigerzählern überhaupt messen<br />

kann, seltsame Zankereien über das Atomgewicht<br />

und die Dichte von Uran und Blei sowie Unklarheiten,<br />

wie und ob <strong>der</strong> W<strong>in</strong>d Uranstaub mit sich tragen<br />

und dieser überhaupt Krankheiten verursachen<br />

könne – e<strong>in</strong>e Wehklage jämmerlicher Ausreden.<br />

Trotz ausführlicher Richtigstellungen Wagners <strong>in</strong><br />

allen Punkten wurde <strong>der</strong> Hörbeitrag nie gesendet.<br />

Der Regisseur sieht se<strong>in</strong> Schicksal gelassen.<br />

«Über me<strong>in</strong>e berufliche Zukunft mache ich mir<br />

letztlich ke<strong>in</strong>e Gedanken. Wichtig ist mir <strong>in</strong> diesem<br />

Zusammenhang e<strong>in</strong>zig, dass ich morgens beim<br />

Rasieren ohne schlechtes Gewissen weiter <strong>in</strong> den<br />

Spiegel schauen kann.»<br />

Die erstmals im Zweiten Weltkrieg<br />

entwickelte DU-Munition wird vor<br />

allem als panzerbrechende Waffe<br />

e<strong>in</strong>gesetzt. Foto: U.S. Air Force,<br />

David Kurle<br />

Während des Irakkrieges 2003<br />

wurden zwischen zwischen 1.000<br />

und 2.000 Tonnen Uranmunition<br />

e<strong>in</strong>gesetzt. Foto: Filmausschnitt<br />

«Deadly Dust»<br />

Das große<br />

Schlachtschiff «Die<br />

Zeit» spielte Schiffchenversenken<br />

mit<br />

kritischen Artikeln.<br />

_ Niki Vogt arbeitet als freie Journalist<strong>in</strong><br />

und Filmemacher<strong>in</strong>, unter<br />

an<strong>der</strong>em für die Videoplattform<br />

quer-denken.tv.<br />

25


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> im TV<br />

Uncle Sams schmutzige A-Bombe<br />

_ von Frie<strong>der</strong> Wagner<br />

Hun<strong>der</strong>ttausende Tote vor allem im Irak: Die Massenmedien<br />

schweigen über die Folgen des E<strong>in</strong>satzes von Uranmunition und<br />

Uranbomben und mobben unbequeme Mitarbeiter raus.<br />

Tausenden Soldaten<br />

werden kontam<strong>in</strong>iert<br />

nach Hause<br />

kommen.<br />

Diese Menschen hatten im<br />

Vergleich noch Glück. «Manche<br />

<strong>der</strong> Opfer s<strong>in</strong>d Fleischbündel, die<br />

nur noch entfernt als Menschen<br />

erkennbar waren», so Fotograph<br />

Werner. Fotos: C. Werner<br />

Stellen Sie sich vor, jemand käme auf die Idee,<br />

hun<strong>der</strong>te Tonnen des atomaren Abfallprodukts<br />

abgereichertes Uran 238 zu Fe<strong>in</strong>staub zu zermahlen<br />

und würde diesen dann aus e<strong>in</strong>em Flugzeug<br />

über Deutschland verteilen. Das wäre e<strong>in</strong>e entsetzliche<br />

Katastrophe. Es dürften ke<strong>in</strong>e Fußballspiele<br />

mehr stattf<strong>in</strong>den, alle Stadien und Spielplätze<br />

würden geschlossen und alle sportlichen<br />

Outdoor-Veranstaltungen müssten verboten werden.<br />

Niemand dürfte mehr ohne Schutzanzug und<br />

Gasmaske auf die Straße gehen – auch nicht zum<br />

E<strong>in</strong>kaufen. Nach wenigen Wochen würden Tausende<br />

von Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong><strong>der</strong>n an aggressiven Leukämien<br />

erkranken. Monate später würden Zehntausende<br />

von gerade noch gesunden Erwachsenen an<br />

Krebs erkranken, später dann Hun<strong>der</strong>ttausende,<br />

noch später Millionen.<br />

Wenn Sie jetzt sagen, dass das ja zum Glück<br />

nur e<strong>in</strong> Gedankenspiel ist, dann muss ich Ihnen<br />

lei<strong>der</strong> sagen: Willkommen im Irak, im Kosovo, <strong>in</strong><br />

Afghanistan, willkommen <strong>in</strong> Serbien und <strong>in</strong> Somalia.<br />

Denn die Alliierten haben <strong>in</strong> allen ihren vergangenen<br />

Kriegen <strong>in</strong> diesen Län<strong>der</strong>n diese Waffen<br />

aus abgereichertem Uran angewendet. Mit dem<br />

Ergebnis, dass <strong>in</strong> diesen Län<strong>der</strong>n jetzt Erwachsene<br />

an Mehrfachkrebs erkranken und Babys ohne<br />

Augen, ohne Be<strong>in</strong>e und Arme, Babys, die ihre <strong>in</strong>neren<br />

Organe <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Hautsack außen am Körper<br />

tragen, geboren werden und unter furchtbaren<br />

Schmerzen irgendwann sterben.<br />

Uranmunition und Uranbomben s<strong>in</strong>d die wohl<br />

furchtbarsten Waffen, die heutzutage <strong>in</strong> Kriegen<br />

e<strong>in</strong>gesetzt werden, weil sie die Menschheit unweigerlich<br />

<strong>in</strong> den Abgrund führen. Denn e<strong>in</strong>e <strong>der</strong><br />

Folgen <strong>der</strong> Anwendung von Uranwaffen ist, dass<br />

es bei Mensch und Tier zu Chromosomenbrüchen<br />

kommt und so <strong>der</strong> genetische Code verän<strong>der</strong>t wird.<br />

Das ist seit Jahrzehnten e<strong>in</strong>e wissenschaftliche<br />

Tatsache, und <strong>der</strong> amerikanische Arzt Hermann<br />

Joseph Muller hat dafür schon 1946 den Nobelpreis<br />

erhalten. Trotzdem haben die alliierten<br />

Streitkräfte unter Führung <strong>der</strong> USA <strong>in</strong> den vergangenen<br />

Kriegen so getan, als würde es diese Tatsache<br />

nicht geben.<br />

Uranwüsten im Irak<br />

Aus e<strong>in</strong>er vertraulichen Mitteilung des britischen<br />

Verteidigungsm<strong>in</strong>isteriums wissen wir <strong>in</strong>zwischen,<br />

dass schon die Anwendung von 40 Tonnen dieser<br />

Uranmunition im Irak 1991 zu 500.000 Nachfolgetoten<br />

führen könnte, und zwar durch hoch aggressive<br />

Krebstumore und Leukämien.<br />

Durch die Anwendung dieser Uranmunition<br />

s<strong>in</strong>d im Irak ganze Regionen wegen <strong>der</strong> radioaktiven<br />

und hoch giftigen Kontam<strong>in</strong>ation durch die<br />

Uranwaffen nicht mehr bewohnbar. Dies wurde<br />

durch e<strong>in</strong>e Veröffentlichung <strong>der</strong> irakischen Presseagentur<br />

bestätigt, <strong>in</strong> <strong>der</strong> stand, dass <strong>in</strong> Untersuchungen<br />

von unabhängigen Wissenschaftlern<br />

festgestellt wurde, dass durch die Bombardierung<br />

<strong>der</strong> Alliierten mit Uranbomben im Krieg 1991 und<br />

2003 heute 18 Regionen nicht mehr bewohnbar<br />

s<strong>in</strong>d und dass deshalb die Bevölkerung dort evakuiert<br />

werden muss.<br />

26<br />

Und das liest man hier <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>er Zeitung und<br />

man erfährt es auch nicht aus den TV-Medien,<br />

weil «Uranmunition und die Folgen» e<strong>in</strong> Tabuthema<br />

geworden ist. Denn nicht die viel beschworene<br />

Klimakatastrophe ist die unbequemste<br />

Wahrheit, ne<strong>in</strong>, die unbequemste Wahrheit ist die<br />

furchtbare Folge <strong>der</strong> Uranmunition. Ich prognostiziere<br />

hier an dieser Stelle – und b<strong>in</strong> mir da e<strong>in</strong>ig<br />

mit vielen unabhängigen Wissenschaftlern welt-


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> im TV<br />

weit –, dass von unseren Tausenden e<strong>in</strong>gesetzten<br />

Soldaten im Kosovo und <strong>in</strong> Afghanistan womöglich<br />

bis zu 30 Prozent durch Uranmunition kontam<strong>in</strong>iert<br />

nach Hause kommen werden. Und diese jungen<br />

Soldaten werden alle mit ihren Ehefrauen K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

zeugen und werden, ohne es zu wissen, ihre<br />

Kontam<strong>in</strong>ation an ihre K<strong>in</strong><strong>der</strong> und K<strong>in</strong>desk<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

weitergeben, mit allen furchtbaren Folgen wie<br />

Missbildungen, Immunschwäche, Leukämien und<br />

Krebstumoren.<br />

wie Monitor und Panorama hatten Beiträge über die<br />

Folgen gebracht. Monitor sprach Ende 1999 sogar<br />

e<strong>in</strong> Mal von «ganzen Landstrichen im Kosovo», die<br />

womöglich verseucht seien.<br />

Der Spiegel-Redakteur Siegesmund von Ilsemann<br />

konnte im Januar 2001 unter dem Titel Tödlicher<br />

Staub noch auf fast zwölf Seiten über die Gefahren,<br />

die von den Urangeschossen für Mensch<br />

und Natur ausgehen, berichten.<br />

Fliegende Festung mit tödlicher<br />

Fracht – die AC-130H <strong>der</strong> US-Airforce.<br />

Foto: US-Airforce<br />

Frie<strong>der</strong> Wagner<br />

Monitor sprach Ende 1999 sogar<br />

e<strong>in</strong> Mal von «ganzen Landstrichen<br />

im Kosovo», die womöglich verseucht<br />

seien.<br />

Das Schweigen <strong>der</strong> Lämmer<br />

Und was sagen unsere Ma<strong>in</strong>stream-Medien zu<br />

dieser Problematik? Sie schweigen – sie müssen<br />

<strong>in</strong>zwischen schweigen. Doch das war nicht immer<br />

so, und da können wir e<strong>in</strong>e erschreckende Entwicklung<br />

erkennen. Bis zum Januar 2001 haben die meisten<br />

großen deutschen Tageszeitungen und entsprechende<br />

politische Fernsehmagaz<strong>in</strong>e immer wie<strong>der</strong><br />

über mögliche Gefahren und sogar Missbildungen<br />

bei Neugeborenen, hervorgerufen durch die uranhaltige<br />

Munition <strong>der</strong> Alliierten, berichtet. Magaz<strong>in</strong>e<br />

Nach Aussage des früheren WHO-Wissenschaftlers<br />

Dr. Keith Baverstock auf Bayern 2 am 4.<br />

Dezember 2008 liegen alle<strong>in</strong> im «Giftschrank» <strong>der</strong><br />

WHO 16 Studien beziehungsweise Faktensammlungen,<br />

die alle beweisen, dass gerade die beiden<br />

Komponenten hohe Giftigkeit und Radioaktivität<br />

<strong>der</strong> Uranwaffe sich gegenseitig verstärken und so<br />

die hoch aggressiven Krebserkrankungen hervorrufen.<br />

16 Studien, die nicht veröffentlicht wurden –<br />

das ist unfassbar! Und warum werden diese nicht<br />

veröffentlicht? Die Erklärung lieferte schon am 16.<br />

Februar 2001 <strong>der</strong> Journalist Robert James Parsons<br />

<strong>in</strong> Le Monde Diplomatique. Parsons hatte herausgefunden<br />

und lieferte das Dokument dazu gleich<br />

mit, dass die WHO schon 1959 mit <strong>der</strong> Internationalen<br />

Atomenergieorganisation (IAEO) e<strong>in</strong>en Vertrag<br />

geschlossen hat, <strong>in</strong> dem sich die WHO verpflichtet,<br />

niemals Erkenntnisse über Radioaktivität und<br />

<strong>der</strong>en gesundheitliche Folgen zu veröffentlichen,<br />

wenn die IAEO dem nicht zugestimmt hat. Und weil<br />

die IAEO bis heute solchen kritischen Veröffentlichungen<br />

nicht zugestimmt hat, bleiben solche Studien<br />

im «Giftschrank» <strong>der</strong> WHO.<br />

Bücher und Filme<br />

Uranbomben. Die verheimlichte<br />

Massenvernichtungswaffe.<br />

(Kai Homilius Verlag,<br />

Wer<strong>der</strong> an <strong>der</strong> Havel 2010,<br />

100 Seiten, 7.50 Euro)<br />

Der Arzt und die verstrahlten<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong> von Basra, Dokumentarfilm,<br />

2003.<br />

Deadly Dust. Todesstaub,<br />

Dokumentarfilm, 2007.<br />

27


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> im TV<br />

Bosnien-Herzegow<strong>in</strong>a<br />

1992 - 1995<br />

Irak<br />

1991, ab 2003<br />

Afghanistan<br />

seit 2001<br />

E<strong>in</strong>gesetzte Uranm<strong>in</strong>ition<br />

Regionen s<strong>in</strong>d durch den E<strong>in</strong>satz von<br />

Uranmunition radioaktiv verseucht<br />

Bosnien-<br />

Herzegow<strong>in</strong>a<br />

Jugoslawien (vor<br />

allem Kosovo)<br />

Irak<br />

2,6 Tonnen<br />

8,6 Tonnen<br />

2.000 Tonnen<br />

(Schätzungen aufgrund <strong>der</strong> Angaben von Pentagon und<br />

Bundesverteidigungsm<strong>in</strong>isterium.)<br />

Somalia<br />

1992-1993<br />

U. S. Kriege _ Durch Uranmunition verseuchte Län<strong>der</strong><br />

Karte l<strong>in</strong>ks: In diesen Län<strong>der</strong>n<br />

wurden Urangeschosse e<strong>in</strong>gesetzt.<br />

Grafik: <strong>COMPACT</strong><br />

Bild rechts: 20mm-Munition für das<br />

Phalanx CIWS auf <strong>der</strong> USS Missouri<br />

(BB-63) Foto: Wikipedia, Brad Dillon<br />

Den Verantwortlichen ist also klar geworden,<br />

dass es hier nicht, wie bei <strong>der</strong> Klimakatastrophe,<br />

um e<strong>in</strong> Problem geht, das alle Industrielän<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> Erde verursacht haben, son<strong>der</strong>n dass für<br />

die Folgen, die <strong>der</strong> Welt und den Menschen durch<br />

die Anwendung <strong>der</strong> Uranwaffen drohen, nur sie<br />

mit ihrem Verbündeten Großbritannien verantwortlich<br />

s<strong>in</strong>d. Also musste das Thema Uranwaffen aus<br />

den Medien verschw<strong>in</strong>den. Dass sich auch unsere<br />

Presse dem so beugt, weil Die Zeit (siehe Seite 23)<br />

angebliche Gegenbeweise vorgelegt hat, hätte ich<br />

noch vor zehn Jahren nicht für möglich gehalten.<br />

Gleichschaltung<br />

e<strong>in</strong>es Beitrages diesen tatsächlich als tendenziös<br />

ab – und ist das Bestreben, e<strong>in</strong>en solchen Beitrag<br />

zu deformieren und kaputt zu reden, nicht erst<br />

recht tendenziös?<br />

Das Recht steht doch über <strong>der</strong> Macht! Das<br />

Recht <strong>der</strong> Haager und Genfer Konvention, <strong>der</strong><br />

Nürnberger Dekrete und die UN-Charta müssen<br />

<strong>der</strong> Macht den Weg weisen und ihr den Respekt<br />

vor den Grundwerten lehren. Auf Armut und Unterdrückung,<br />

Krieg und Bomben, verstümmelten,<br />

missgebildeten und getöteten Frauen und K<strong>in</strong><strong>der</strong>n<br />

lässt sich ke<strong>in</strong> Frieden bauen – nicht im Irak, nicht<br />

<strong>in</strong> Afghanistan, nirgendwo.<br />

28<br />

16 Studien wurden<br />

nicht veröffentlicht.<br />

Foto: Promo<br />

Inzwischen ist es so, dass missliebige Journalisten<br />

und Filmemacher von ihren Arbeitgebern<br />

ke<strong>in</strong>e Aufträge mehr erhalten. Drei mir namentlich<br />

bekannte Kollegen haben <strong>in</strong>zwischen quasi<br />

Hausverbot bei Öffentlich-rechtlichen Sen<strong>der</strong>n.<br />

Darunter s<strong>in</strong>d Leute, die 30 Jahre für diese Sen<strong>der</strong><br />

gearbeitet haben. Das heißt, man drängt solche<br />

Journalisten <strong>in</strong>s Abseits und versucht, sie mundtot<br />

zu machen, um so e<strong>in</strong> kritisches Thema aus <strong>der</strong><br />

Öffentlichkeit verschw<strong>in</strong>den zu lassen. Und wie<br />

macht man das? Man wirft diesen Leuten vor, sie<br />

hätten <strong>in</strong> ihren Beiträgen e<strong>in</strong>seitig tendenziös gearbeitet<br />

und deshalb sei ihre Arbeit nicht sendefähig<br />

beziehungsweise nicht zu veröffentlichen. Da<br />

muss ich fragen: Stempelt die Wahrheitstendenz


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> im Radio<br />

<strong>Zensur</strong> im Radio<br />

Verboten gut: Elmar Hörig und Ken Jebsen.<br />

29


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> im Radio<br />

Sesselfurzer gegen Stimmungskanone<br />

_ von Mart<strong>in</strong> Müller-Mertens<br />

30<br />

19 Jahre lang war Elmar Hörig <strong>der</strong> ungekrönte König des politisch<br />

unkorrekten Humors im deutschen Südwesten. Heute fristet <strong>der</strong><br />

Mo<strong>der</strong>ator, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>st jeden Tag Millionen zum Lachen brachte, e<strong>in</strong><br />

Nischendase<strong>in</strong> im Internet.<br />

Radio hieß Rebellion<br />

– auch gegen<br />

die Enge <strong>der</strong> politischen<br />

Korrektheit.<br />

Da ist immer wie<strong>der</strong> dieser Traum: «Ich will e<strong>in</strong>e<br />

Platte auflegen, aber ich f<strong>in</strong>de ke<strong>in</strong>e. Also muss ich<br />

reden, reden, reden.» Doch Elmar Hörig darf nicht<br />

mehr reden. Nicht bei Sat.1, schon gar nicht bei <strong>der</strong><br />

ARD. Dort, wo sie ihn e<strong>in</strong>st feierten, sich <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em<br />

Ruhm sonnten. «Elmi» nannte er sich damals, o<strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong>fach «Radiogott». Im Pantheon <strong>der</strong> deutschen<br />

Unterhaltungs<strong>in</strong>dustrie war e<strong>in</strong> Platz für ihn reserviert.<br />

Doch Gott vergibt, die Tugendwächter nicht.<br />

Sie sorgten für den Sendeschluss. E<strong>in</strong> paar politische<br />

Unkorrektheiten hatten gereicht. Aber Hörig<br />

macht weiter, auch im Fadenkreuz <strong>der</strong> Me<strong>in</strong>ungskommissare<br />

– schärfer und politischer denn je.<br />

Der Weg war weit. 1949 kam Elmar Hörig <strong>in</strong><br />

Baden-Baden zur Welt. Der Vater, e<strong>in</strong> Offizier, wurde<br />

später nach Hamburg versetzt. Mit ihm und <strong>der</strong><br />

Stiefmutter verstand sich Elmar nicht, die Schule<br />

ließ er l<strong>in</strong>ks liegen. Erst im Internat blühte <strong>der</strong> Junge<br />

auf, machte Abitur und studierte auf Lehramt.<br />

Der Klassenraum war Hörig als Bühne auf Dauer<br />

zu kle<strong>in</strong>. Rockstar wollte er werden, g<strong>in</strong>g <strong>in</strong>s Sw<strong>in</strong>g<strong>in</strong>g<br />

London, brachte es dort aber nur bis zum Straßenkehrer.<br />

Doch <strong>in</strong> England entdeckte Hörig die<br />

Wellen, die für ihn die Welt bedeuten.<br />

Dabei war die Zeit des großen Radioanarchismus,<br />

<strong>der</strong> kernigen Abenteurer im Äther eigentlich<br />

schon vorbei. In den 1960er Jahren hatten Piratensen<strong>der</strong><br />

auf Schiffen mit halsbrecherisch montierten<br />

Antennen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nordsee e<strong>in</strong> Millionenpublikum<br />

elektrisiert. Ihr Rock‘n‘Roll mit den rotzigen<br />

Kommentaren von Kenny Everett o<strong>der</strong> dem späteren<br />

Independent-Papst John Peel stand für die Revolte<br />

gegen den behäbigen Ansagerfunk <strong>der</strong> alten<br />

Tante BBC. Das System schlug unerbittlich zurück.<br />

Mit dem Mar<strong>in</strong>e Broadcast<strong>in</strong>g Offences Act erklärte<br />

Großbritannien 1967 Won<strong>der</strong>full Radio London,<br />

Radio Carol<strong>in</strong>e und an<strong>der</strong>e zu Staatsfe<strong>in</strong>den. 1974<br />

machten die nie<strong>der</strong>ländischen Behörden den dorti-


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> im Radio<br />

gen Seesen<strong>der</strong>n Radio Veronica und Radio Nordsee<br />

International den Garaus. Doch die Stimmung<br />

<strong>der</strong> anarchistischen Wellen war im London <strong>der</strong><br />

1970er Jahre wohl noch spürbar. Der von Hörig<br />

verehrte Everett mo<strong>der</strong>ierte <strong>in</strong>zwischen bei Capital<br />

Radio, e<strong>in</strong>em <strong>der</strong> ersten britischen Privatsen<strong>der</strong>.<br />

Dieses Milieu hat Hörig geprägt. Später würde<br />

sich <strong>der</strong> deutsche Fan dessen Studio detailgetreu<br />

nachbauen lassen. Nicht je<strong>der</strong> se<strong>in</strong>er Witze war<br />

gelungen. Doch Radio hieß Rebellion – auch gegen<br />

die Enge <strong>der</strong> politischen Korrektheit. Frei nach Kurt<br />

Tucholsky: «Satire darf alles».<br />

Anarchie <strong>in</strong> Baden-Baden<br />

Hörig hatte Glück. Beim Südwestfunk im heimatlichen<br />

Baden-Baden schw<strong>in</strong>delte er e<strong>in</strong> Engagement<br />

bei Capital Radio vor. Nach e<strong>in</strong> paar M<strong>in</strong>uten<br />

Probemo<strong>der</strong>ation nahm ihn die ARD-Anstalt unter<br />

Vertrag. Seit 1975 dröhnte im Südwesten mit SWF3<br />

e<strong>in</strong>e Jugendwelle aus den Transistorradios, <strong>der</strong>en<br />

Machern ihr Chef Peter Stock<strong>in</strong>ger den Rücken freihielt.<br />

Fünf Jahre später bekam Hörig die nach ihm<br />

benannte Elmi-Show – e<strong>in</strong>e Ausnahme im damaligen<br />

deutschen Hörfunk. Er war nun <strong>der</strong> e<strong>in</strong>same DJ.<br />

So etwas wie e<strong>in</strong> Cowboy des Äthers. Se<strong>in</strong>e Sendungen<br />

plante er penibel. Ke<strong>in</strong>er se<strong>in</strong>er flapsig-provokativen<br />

Sprüche war spontan. Vor dem Mikrofon<br />

teilte er aus. Niemand war vor se<strong>in</strong>en Witzen<br />

sicher. Doch <strong>in</strong> den meisten Fällen blieb Hörig dabei<br />

weit oberhalb je<strong>der</strong> Gürtell<strong>in</strong>ie. «Querflöte hätte ich<br />

auch gerne gelernt, aber ich hab‘ mir sagen lassen,<br />

dass e<strong>in</strong>em die Unterlippe dabei ausleiert und<br />

man h<strong>in</strong>terher so aussieht wie Harry Belafonte.<br />

Ich hab dann Mundharmonika gelernt, dabei sieht<br />

man eher aus wie Günther Strack», sagte er etwa.<br />

O<strong>der</strong>: «Denke daran: E<strong>in</strong> Ja vor dem Altar bedeutet<br />

lebenslänglich. E<strong>in</strong> Ne<strong>in</strong> gibt nur Dresche von <strong>der</strong><br />

Schwiegermutter.»<br />

1995 holte Sat.1 Hörig auf den Bildschirm. Mit<br />

zeitweise vier Sen<strong>der</strong>eihen sollte er den vom Konkurrenten<br />

RTL abgehängten Privatfernsehpionier<br />

wie<strong>der</strong> auf die Überholspur br<strong>in</strong>gen. Doch tatsächlich<br />

war es <strong>der</strong> Anfang vom Ende. Nicht nur, weil<br />

dem Radiomann das Fernsehen schlicht nicht lag.<br />

Vor allem jedoch, weil sich <strong>der</strong> Mehltau <strong>der</strong> politischen<br />

Korrektheit zuerst auf den Bildschirmen<br />

ausbreitete. Und Humor ist den Tugendwächtern<br />

fremd. Irgendwann ließ sich Hörig während e<strong>in</strong>er<br />

Quizshow lobend über Männer zwischen 40<br />

und 50 aus, die genug Geld, «noch Leben <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Hose» hätten. E<strong>in</strong>e 17-Jährige skandierte «Zeigen,<br />

zeigen!» und Hörig bot ihr an: «Komm runter,<br />

du kle<strong>in</strong>e Ische, ich zeig’s dir.» Zugegeben: Geschmackvoll<br />

ist an<strong>der</strong>s – von beiden Beteiligten.<br />

Doch für den Zotenreißer Hörig s<strong>in</strong>d solche Sätze<br />

nichts Beson<strong>der</strong>es – genau deshalb liebte ihn se<strong>in</strong><br />

Publikum, genau deshalb hatte ihn <strong>der</strong> Sen<strong>der</strong> engagiert.<br />

Doch die Zeiten hatten sich geän<strong>der</strong>t: In<br />

<strong>der</strong> Boulevardpresse hyperventilierte die 17-Jährige<br />

über angeblich «massive sexuelle Belästigung».<br />

Kurz darauf war se<strong>in</strong>e Karriere bei Sat.1 beendet.<br />

Kalte Wochen beim SWR<br />

Noch hielt sich Hörig wegen se<strong>in</strong>es Erfolges für<br />

unangreifbar, trat denkbar arrogant auf. «Ich war<br />

damals e<strong>in</strong> Arschloch», sagt er heute selber. Er unterschätzte,<br />

wie eng die Korridore <strong>der</strong> Me<strong>in</strong>ungsfreiheit<br />

geworden waren – schon vor 20 Jahren.<br />

Radio sei <strong>der</strong> «letzte Ort, wo man – noch – sagen<br />

kann, was man will», glaubte er. Doch se<strong>in</strong> Heimatsen<strong>der</strong><br />

stand vor dem Aus. 1998 mussten Südwestfunk<br />

und Süddeutscher Rundfunk fusionieren,<br />

nicht zuletzt auf politischen Druck. Hörig bezeichnete<br />

den Zusammenschluss als «Blöds<strong>in</strong>n», nannte<br />

die Verantwortlichen «Sesselfurzer». Damit sprach<br />

er aus, was viele Mitarbeiter dachten. De facto<br />

machte SWF3 als SWR3 e<strong>in</strong>fach weiter. Aber die<br />

Jahre unbeschwerten Plau<strong>der</strong>ns waren vorbei –<br />

Hörigs Videos s<strong>in</strong>d unter Youtube.<br />

com/user/Bimboberg abrufbar.<br />

Fotos: «YouTube»<br />

Auch im Radio geht bei Abweichungen<br />

ganz schnell <strong>der</strong> Regler runter.<br />

Foto: splitshire.com<br />

Das Radio ist <strong>der</strong> «letzte Ort, wo<br />

man – noch – sagen kann, was<br />

man will».<br />

31


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> im Radio<br />

Gegen Banken und Multikulti<br />

32<br />

Elmar Hörig während se<strong>in</strong>er<br />

Internetshow. Foto: «YouTube»<br />

Bild unten rechts: Hörig auf dem<br />

Höhepunkt se<strong>in</strong>er Karriere. Foto:<br />

«YouTube»<br />

Zu frech für die ARD?<br />

Anfang 1995 entließ <strong>der</strong> damalige<br />

Ostdeutsche Rundfunk Brandenburg<br />

(ORB) den Radiomo<strong>der</strong>ator<br />

Lutz Bertram. Der 1953 Geborene,<br />

<strong>der</strong> zunächst als Musikjournalist<br />

im DDR-Jugendsen<strong>der</strong><br />

DT64 tätig war, entwickelte sich<br />

ab 1992 zu e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>fühlsamen,<br />

aber auch hart nachfragenden<br />

politischen Interviewer, <strong>der</strong><br />

mehrfach Prom<strong>in</strong>enz von Bundesparteien<br />

<strong>in</strong> Gesprächen auf<br />

die Füße trat. Nach Auffassung<br />

<strong>der</strong> Zeit habe er «den Hörern <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>em Sendegebiet vorgeführt,<br />

was kritischer Journalismus und<br />

gelebte Demokratie se<strong>in</strong> können».<br />

Im Januar 1995 wurde<br />

e<strong>in</strong>e frühere Stasi-Tätigkeit des<br />

Mo<strong>der</strong>ators bekannt und diente<br />

als Grund für se<strong>in</strong>en Rauswurf.<br />

Doch Bertram war zum Spitzeldienst<br />

genötigt worden: Mit 24<br />

Jahren war er erbl<strong>in</strong>det, weil<br />

ihm die Behörden e<strong>in</strong>e Operation<br />

<strong>in</strong> Westberl<strong>in</strong> verweigerten,<br />

und erhoffte sich vom MfS e<strong>in</strong>en<br />

Reisepass für den Fall erfolgversprechen<strong>der</strong><br />

Operationsmethoden<br />

im Westen. Abgesehen<br />

von e<strong>in</strong>em Intermezzo im<br />

kurzlebigen Privatsen<strong>der</strong> Newstalk<br />

kehrte Bertram nicht wie<strong>der</strong><br />

ans Mikrofon zurück.<br />

die neuen Chefs hatten Hörig im Visier. Am 5. Januar<br />

1999 spielte Hörig fünf Sekunden e<strong>in</strong>er Hitlerrede,<br />

gefolgt von <strong>der</strong> Pseudoentschuldigung «Ups,<br />

das war ja gar nicht Adenauer.» Der Scherz über<br />

den sakrosankten Kanzler <strong>der</strong> Alliierten brachte<br />

Hörig den nächsten Rauswurf e<strong>in</strong>. In <strong>der</strong> neuen<br />

Großanstalt regierte endgültig das politkorrekte<br />

Format. Unter Stock<strong>in</strong>ger hatte Hörig zwar se<strong>in</strong><br />

Badezimmer mit blauen Briefen tapezieren können,<br />

wie er selbst e<strong>in</strong>mal sagte. Doch die waren<br />

immer folgenlos geblieben. Der neue SWR3-Wellenchef<br />

Gerold Hug setzte ihn dagegen wirklich vor<br />

die Tür, da Hörig nicht den «öffentlich-rechtlichen<br />

Standards» entspreche. Vielleicht hatte er nur auf<br />

die Gelegenheit gewartet, den Anarchisten abzuschalten.<br />

Doch dieses Mal mussten die Tugendwächter<br />

im GEZ-Funk noch kle<strong>in</strong> beigeben: Wäschekörbe<br />

voller Hörerbriefe brachten Hörig zurück ans Mikrofon.<br />

Zwei Monate später feuerte er die nächste<br />

Breitseite ab. Über e<strong>in</strong>e PR-Aktion <strong>der</strong> Deutschen<br />

Bahn, mit <strong>der</strong> Homosexuelle als Kunden gewonnen<br />

werden sollten, kalauerte <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ator: «Warme<br />

Woche bei <strong>der</strong> Bundesbahn, dann braucht man die<br />

Züge künftig nicht mehr zu heizen.» Wie<strong>der</strong> folgte<br />

die Entlassung, dieses Mal endgültig.<br />

Immerh<strong>in</strong>: Im Gegensatz zu manch an<strong>der</strong>em<br />

Geschassten fiel Hörig nicht <strong>in</strong>s Bodenlose. Privatsen<strong>der</strong><br />

buhlten um den Quotengaranten. Im<br />

angestammten Sendegebiet mo<strong>der</strong>ierte er beim<br />

rhe<strong>in</strong>land-pfälzischen Rockland Radio sowie bei<br />

den baden-württembergischen Bereichssen<strong>der</strong>n<br />

Radio Regenbogen und Radio 7. Bei r.s.2 <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong><br />

und Brandenburg wurde er zeitweise zu e<strong>in</strong>er Art<br />

Stationsgesicht aufgebaut. Doch jedes Mal blieb<br />

Hörig nicht lange. Comedy ist beim Kommerzfunk<br />

immer nur lustig statt bissig. «Heutzutage gibt es<br />

nur noch formatiertes Hosenscheißerradio», formulierte<br />

es Hörig.<br />

Der Mo<strong>der</strong>ator ließ sich nicht unterkriegen. Bei<br />

YouTube gründete er se<strong>in</strong> persönliches Arschgeigen-TV,<br />

doch das Format floppte. Hörigs Witze<br />

wandelten sich. Auf Facebook, se<strong>in</strong>em zunächst<br />

letzten Refugium, wurde <strong>der</strong> Wortakrobat immer<br />

verbitterter – aber auch immer politischer. «Die<br />

Drahtzieher h<strong>in</strong>ter all dem s<strong>in</strong>d Leute von Goldman<br />

Sachs, Lloyd Blankfe<strong>in</strong>, Stephen Schwarzmann,<br />

Greg Lippmann (für die Deutsche Bank Leerverkäufer)<br />

und Madoff, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zige von diesem Pack,<br />

<strong>der</strong> e<strong>in</strong>sitzt», schrieb er. O<strong>der</strong>: «Wenn die GroKo<br />

das so plant wie Monsieur Hollande <strong>in</strong> Frankreich,<br />

dann werden wir unser ”türkisch-islamisches<br />

Erbe” wohl demnächst annehmen müssen, ob wir<br />

wollen o<strong>der</strong> nicht! Ich besorg mir schon mal e<strong>in</strong>en<br />

Kartoffelsack mit zwei Sehschlitzen für me<strong>in</strong>e<br />

Frau.» Die Aufpasser von Mark Zuckerberg (Hörig:<br />

«Facebook-Gestapo») sperrten ihn mehrfach – bereits<br />

vor den Zeiten <strong>der</strong> seit Jahresanfang 2016<br />

verschärften <strong>Zensur</strong> im Auftrag von Bundesjustizm<strong>in</strong>ister<br />

Heiko Maas.<br />

«Komm runter, du kle<strong>in</strong>e Ische, ich<br />

zeig’s dir.» Hörig zu e<strong>in</strong>er Zuschauer<strong>in</strong><br />

Ganz verkraftet hat er ihn nie, den Rauswurf<br />

beim SWR. «Ich b<strong>in</strong> e<strong>in</strong> bisschen leer», sagt er<br />

<strong>in</strong>zwischen. Doch dann muss er wie<strong>der</strong> reden, reden,<br />

reden. Hörig, <strong>der</strong> zum Rechten gestempelte<br />

Anarcho-Plau<strong>der</strong>er, trompetet nun erst recht gegen<br />

den gleichgeschalteten Chor <strong>der</strong> Tugendwächter.<br />

Bei Top20Radio, e<strong>in</strong>em Onl<strong>in</strong>eradio, ist er täglich<br />

auf Sendung, direkt vor <strong>der</strong> e<strong>in</strong>st von Sat.1 abgeschalteten<br />

Margarethe Schre<strong>in</strong>emakers. Fast wie<br />

<strong>in</strong> den Zeiten <strong>der</strong> Seesen<strong>der</strong> wird das Radio hier<br />

zur Waffe gegen die Herrschenden. Kostprobe e<strong>in</strong>er<br />

Mo<strong>der</strong>ation vom Februar 2016: «Wir s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong><br />

schuldkultkultiviertes geplagtes Land, und alle laufen<br />

sehenden Auges <strong>in</strong> die Katastrophe. Ich hoffe<br />

doch, dass wir noch e<strong>in</strong> paar Titel spielen können,<br />

bevor die ganze Scheiße hier zusammenbricht.»


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> im Radio<br />

Klartext mit Schuss<br />

_ von Elmar Hörig<br />

Das Enfant terrible macht weiter: Trotz Sendeverbot bei den Lügenmedien und zahlreicher<br />

Sperren bei «Facebook» haut <strong>der</strong> e<strong>in</strong>stige Quotenbr<strong>in</strong>ger fast jeden Tag <strong>in</strong><br />

die Tasten und gibt <strong>der</strong> politisch korrekten Schickeria Saures. E<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>e Auswahl.<br />

Liebe Bild, Focus, Welt, Stern, ZDF, ARD etc.,<br />

liebe Gutmenschen. Ihr müsst jetzt ganz stark se<strong>in</strong>.<br />

Die Handgranate <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Flüchtl<strong>in</strong>gsheim <strong>in</strong> Vill<strong>in</strong>gen-Schwenn<strong>in</strong>gen<br />

kam nicht von bösen Deutschen.<br />

Ich weiß, es hätte so gut gepasst. (Facebook, 9.2.2016)<br />

Man muss im TV öfters mal was gegen Pegida<br />

sagen, und schwupps, kriegt man die Goldene Kamera.<br />

Mann, hab ich mich mitgefreut, mit Tränen <strong>in</strong><br />

den Augen. (Facebook, 7.2.2016)<br />

Heute Angriff auf die Me<strong>in</strong>ungsfreiheit! Heiko<br />

Maas, Justizvorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> «Immer Betroffenen»,<br />

nimmt Anlauf auf Facebook. Ke<strong>in</strong>e Hassposts mehr<br />

gegen Flüchtl<strong>in</strong>ge und Schwule, und auch nicht gegen<br />

gen<strong>der</strong>unentschlossene schwule Flüchtl<strong>in</strong>ge.<br />

Hetze von L<strong>in</strong>ken natürlich weiterh<strong>in</strong> erlaubt.<br />

(Facebook, 14.9.2015)<br />

Da hab ich mit Spannung drauf gewartet!! Frauke<br />

Petry (AfD) heute Abend bei Maischberger. Thema:<br />

Flüchtl<strong>in</strong>ge und so. Lei<strong>der</strong> wurde sie kurzfristig wie<strong>der</strong><br />

ausgeladen. Das ist halt so <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Demokratie,<br />

wenn man Angst kriegt vor präzise formulierten Fakten.<br />

Man lädt aus!! Danke, Ihr Hosenscheißer von <strong>der</strong><br />

ARD. Da wäre endlich mal die Chance gewesen,<br />

die ganze Geschichte nicht schönzureden. Aber was<br />

soll‘s. Wun<strong>der</strong>t Ihr Euch noch, wenn die Menschen<br />

Lügenpresse skandieren? Jetzt werden uns heute<br />

Abend Frau Reschke, die Mutter Theresa <strong>der</strong> Völkerwan<strong>der</strong>ung,<br />

und <strong>der</strong> erfolgreichste Filmvorführer seit<br />

den 30er Jahren erklären, wie wir Deutsche zu empf<strong>in</strong>den<br />

haben. Vielleicht kriegen wir ja wenigstens<br />

wertvolle Tipps, wie man aus <strong>der</strong> ganzen Geschichte<br />

richtig Reibach machen kann. (Facebook, 18.8.2015)<br />

Mich würde die persönliche Fluchtroute von Angela<br />

Merkel <strong>in</strong>teressieren, wenn die ganze Scheiße<br />

bei uns hier explodiert. (Twitter, 25.1.2016)<br />

Wer die Regierung <strong>in</strong> Polen kritisiert, sollte sich<br />

im Klaren se<strong>in</strong>, dass wir die gleiche unsägliche <strong>Zensur</strong><br />

haben <strong>in</strong> unserem Land. (Twitter, 23.1.2016)<br />

Ich glaube, Angela Merkel hasst dieses Land,<br />

und sie hasst die Deutschen. Das Gleiche gilt für<br />

ihren bescheuerten Rechtsbeuger Heiko Hass.<br />

(Twitter, 21.1.2016)<br />

Danke, liebe Zuwan<strong>der</strong>er, dass Sie Deutschland<br />

zu e<strong>in</strong>em Land machen, vor dem man Reisewarnungen<br />

ausspricht. Hatten wir bis jetzt noch nicht.<br />

(Twitter, 21.1.2016)<br />

Tank-Soli zur F<strong>in</strong>anzierung von Flüchtl<strong>in</strong>gen und<br />

an<strong>der</strong>en Glücksrittern? Ich steig jetzt um auf Elektro-<br />

Cars. (Twitter, 16.1.2016)<br />

Ich glaube, die L<strong>in</strong>ken s<strong>in</strong>d erst froh, wenn<br />

Deutschland wie<strong>der</strong> <strong>in</strong> Schutt und Asche liegt. Wir<br />

s<strong>in</strong>d auf gutem Weg dah<strong>in</strong>. (Twitter, 14.1.2016)<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>schän<strong>der</strong> werden <strong>in</strong> Polen wie<strong>der</strong> kastriert.<br />

Wenn das bei uns Schule macht, s<strong>in</strong>gen 50 Prozent<br />

<strong>der</strong> Grünen bei den Regensburger Domspatzen.<br />

(Twitter, 11.1.2016)<br />

Ich würde mal gerne wie<strong>der</strong> morgens die Zeitung<br />

lesen und wenigstens e<strong>in</strong>e schöne Meldung sehen.<br />

Ich fürchte, das wird nix mehr. (Twitter, 10.1.2016)<br />

Hat sich eigentlich <strong>der</strong> Gauck schon zu Köln<br />

geäußert? O<strong>der</strong> traut er sich nicht, Flüchtl<strong>in</strong>ge und<br />

Vergewaltigung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Satz zu sagen?<br />

(Twitter, 8.1.2016)<br />

Arabisch-nordafrikanische Parallelgesellschaften<br />

können nur entstehen, wenn l<strong>in</strong>ksversiffte Politiker<br />

und Medien zusammenarbeiten.<br />

(Twitter, 7.1.2016)<br />

L<strong>in</strong>ksradikale verhöhnen ermordeten Polizisten!<br />

Da passiert nix. Aber e<strong>in</strong> falsches Tattoo, und Du<br />

wan<strong>der</strong>st <strong>in</strong> den Knast. (Twitter, 28.12.2015)<br />

Merkel bleibt hart: Ke<strong>in</strong>e Flüchtl<strong>in</strong>gsobergrenze!<br />

Willkommen beim nächsten Bürgerkrieg <strong>in</strong> Absurdistan.<br />

Die Migrationsspiele 2016.<br />

(Twitter, 12.12.2015)<br />

Wie<strong>der</strong> großer Erfolg für Til Schweiger. E<strong>in</strong>en<br />

Bambi für das schönste, nicht gebaute Flüchtl<strong>in</strong>gsheim.<br />

Respekt. (Twitter, 13.11.2015)<br />

Conchita Wurst will für Flüchtl<strong>in</strong>ge s<strong>in</strong>gen!! Das<br />

könnte uns retten, vielleicht drehen sie alle wie<strong>der</strong><br />

um.<br />

(Twitter, 19.9.2015) <br />

<strong>Zensur</strong>-Meister Heiko Maas gefällt<br />

das gar nicht. Foto: Archiv<br />

Glööckler gegen<br />

Hörig<br />

«Harald Glööckler wehrt sich gegen<br />

e<strong>in</strong>en Facebook-Kommentar<br />

von Mo<strong>der</strong>ator Elmar Hörig:<br />

"Ich werde mit allen rechtlichen<br />

Schritten dagegen vorgehen!",<br />

ließ <strong>der</strong> Modedesigner über se<strong>in</strong>e<br />

Presseagentur mitteilen.<br />

Mit Modedesigner Harald<br />

Glööckler (48) sollte man sich<br />

<strong>der</strong>zeit besser nicht anlegen.<br />

Das bekommt nun auch Radio-<br />

Mo<strong>der</strong>ator Elmar Hörig (64) zu<br />

spüren, <strong>der</strong> sich über den Pompöös-Designer<br />

auf se<strong>in</strong>er Facebook-Seite<br />

lustig gemacht<br />

hatte.<br />

Die Nachricht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Artikel<br />

des Magaz<strong>in</strong>s Der Spiegel,<br />

Harald Glööckler habe im Zuge<br />

<strong>der</strong> unzulässigen Berichterstattung<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Bild vom 1. Juli 2013<br />

e<strong>in</strong>e Schmerzensgeldklage gegen<br />

den Axel Spr<strong>in</strong>ger Verlag <strong>in</strong><br />

Höhe von 500.000 Euro e<strong>in</strong>gereicht,<br />

nahm Hörig zum Anlass,<br />

folgenden Kommentar zu posten:<br />

"Harald Glööööökler will<br />

500.000 Euro Schmerzensgeld<br />

von Bild! Die Summe geht ok.<br />

Erstens tut‘s <strong>der</strong> Bild nicht weh,<br />

und die Preise von Koks s<strong>in</strong>d<br />

enorm gestiegen."»<br />

(n24.de)<br />

Harald Glööckler. Foto: Frank P.<br />

Wartenberg<br />

33


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> im Radio<br />

Schuldig bei Verdacht<br />

_ von Jürgen Elsässer<br />

34<br />

Ken Jebsen war über zehn Jahre lang bei «Radio Fritz» <strong>der</strong> Quotenbr<strong>in</strong>ger<br />

für den RBB. Als die politisch korrekten Sittenwächter<br />

bei ihm Antisemitismus entdeckt haben wollten, wurde ihm b<strong>in</strong>nen<br />

Kürze <strong>der</strong> Stecker gezogen.<br />

Logo des privaten Internet-Kanals<br />

von Ken Jebsen. Foto: KenFM<br />

Über Ken Jebsen kursieren viele Falschmeldungen.<br />

Das geht schon bei se<strong>in</strong>em richtigen Namen<br />

los: Wikipedia weist ihn als Moustafa Kashefi aus,<br />

und Hun<strong>der</strong>te von Journalisten haben das genau<br />

so übernommen, den ständigen Dementis des Verrufenen<br />

zum Trotz. Mir gegenüber hat Jebsen über<br />

diese denkfaulen Abschreiber immer gelästert –<br />

allerd<strong>in</strong>gs bestätigt, dass er iranischer Herkunft<br />

ist. Er wuchs <strong>in</strong> Teheran auf, se<strong>in</strong>e Eltern sollen<br />

unter dem Schah im Wirtschaftsm<strong>in</strong>isterium gearbeitet<br />

haben. Im Alter von drei Jahren siedelte er<br />

mit se<strong>in</strong>er Familie <strong>in</strong> die Bundesrepublik über.<br />

Jebsen ist e<strong>in</strong> Beispiel für gelungene Integration:<br />

Die K<strong>in</strong><strong>der</strong>- und Jugendjahre im Raum Tüb<strong>in</strong>gen/Reutl<strong>in</strong>gen<br />

haben ihn zu e<strong>in</strong>em schwäbischen<br />

Teenager wie alle an<strong>der</strong>en auch gemacht – nur,<br />

dass er nicht die heimische Mundart annahm,<br />

son<strong>der</strong>n e<strong>in</strong> perfektes und gut artikuliertes Hochdeutsch<br />

spricht. So, wie ich ihn kennengelernt<br />

habe, ist er das Gegenteil e<strong>in</strong>es islamischen Fanatikers,<br />

nach eigenem Bekunden gehört er gar<br />

ke<strong>in</strong>er Religionsgeme<strong>in</strong>schaft an – se<strong>in</strong>e strenge<br />

Alkoholabst<strong>in</strong>enz kann jedenfalls auch gänzlich<br />

profane H<strong>in</strong>tergründe haben.<br />

Jebsen ist e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d von Karl Marx<br />

und Coca Cola.<br />

Ich traf ihn zum ersten Mal im November 2011:<br />

Da kam <strong>der</strong> damals bereits 46-Jährige auf e<strong>in</strong>em<br />

Skateboard angebraust! Soll heißen: Der Mann ist<br />

typisch Jahrgang 66, e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d von Karl Marx und<br />

Coca Cola, und hat sich e<strong>in</strong>e gewisse Jugendlichkeit<br />

bewahren können. Dieses Locker-Flockige plus


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> im Radio<br />

<strong>der</strong> orientalische Touch s<strong>in</strong>d eigentlich die besten<br />

Voraussetzungen, um im postmo<strong>der</strong>nen Medienbetrieb<br />

Karriere zu machen – und tatsächlich sah<br />

für Jebsen zunächst alles gut aus.<br />

Die goldenen Zeiten<br />

Ab Ende <strong>der</strong> 1980er Jahre war er, oft unter<br />

dem Namen «Keks», als Mo<strong>der</strong>ator beim Reutl<strong>in</strong>ger<br />

Privatsen<strong>der</strong> Radio Neufunkland tätig, danach<br />

wechselte er als TV-Reporter zur Deutschen Welle,<br />

schließlich war er ab 1994 16 Mal bei <strong>der</strong> Mondsche<strong>in</strong>show<br />

des ZDF. Dann g<strong>in</strong>g es als Mo<strong>der</strong>ator<br />

zum Fritz-Vorläufer Radio 4U, weiterh<strong>in</strong> begleitete<br />

er die Fernsehzuschauer durch die ProSieben Morn<strong>in</strong>g<br />

Show.<br />

Im April 2001 hatte er se<strong>in</strong>en Traumjob gefunden:<br />

die Radioshow KenFM beim RBB. Über<br />

zehn Jahre fesselte er vorwiegend junges Publikum<br />

jeden Sonntag vier Stunden lang mit e<strong>in</strong>er<br />

attraktiven Mischung aus Musik und Textbeiträgen.<br />

Gesendet wurde vor Publikum, etwa aus <strong>der</strong><br />

Peugeot Avenue <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>-Mitte o<strong>der</strong> dem Sony<br />

Center am Potsdamer Platz, später aus Studios <strong>in</strong><br />

Potsdam-Babelsberg. In <strong>der</strong> Regel spielte m<strong>in</strong>destens<br />

e<strong>in</strong>e Band live, dazu kamen Poetry-Slammer<br />

o<strong>der</strong> alternative Künstler. Jebsen selber mischte<br />

bisweilen politische Inhalte unter, friedenspolitische<br />

Themen und Kapitalismuskritik, gerne auch<br />

Multikulti. 2006 gewann er zusammen mit e<strong>in</strong>er<br />

Kolleg<strong>in</strong> den Europäischen Radiopreis CIVIS für<br />

e<strong>in</strong>en Beitrag über e<strong>in</strong>e kurdische Migrant<strong>in</strong> <strong>in</strong><br />

Berl<strong>in</strong>, die «e<strong>in</strong>en Grenzgang zwischen islamischer<br />

Tradition und westlicher Lebensweise wagte», wie<br />

Wikipedia <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wohlfühl-Diktion <strong>der</strong> Refugee-<br />

Generation schreibt.<br />

Der Auschwitz-Trumpf<br />

Jebsen war Opfer e<strong>in</strong>er Intrige geworden: E<strong>in</strong><br />

Hörer hatte e<strong>in</strong>e private (!) Chat-Nachricht von ihm<br />

an Bro<strong>der</strong>, dieser sie an den RBB lanciert. Dar<strong>in</strong> fand<br />

sich <strong>der</strong> Satz: «ich weis wer den holocaust als PR<br />

erfunden hat» – e<strong>in</strong>e Anspielung auf Edward Bernays,<br />

den Strategen <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Propaganda. In<br />

Bro<strong>der</strong>s Darstellung war Jebsen damit des Antisemitismus<br />

und <strong>der</strong> Holocaust-Leugnung überführt –<br />

obwohl bei genauer Lektüre des <strong>in</strong> <strong>der</strong> Orthographie<br />

schludrig h<strong>in</strong>geworfenen Textes schnell klar wird,<br />

dass Jebsen nicht den Judenmord <strong>der</strong> Nationalsozialisten<br />

als Erf<strong>in</strong>dung bezeichnet hatte, son<strong>der</strong>n<br />

die Propaganda drum herum. Bro<strong>der</strong>, <strong>der</strong> im Spiegel<br />

2001 selbst über entsprechende Geschäftemacher<br />

gespottet hatte («There is no bus<strong>in</strong>ess like shoa bus<strong>in</strong>ess»),<br />

wollte aber nicht differenzieren – er wollte<br />

e<strong>in</strong>en Israelkritiker schachmatt setzen, und dafür<br />

war jedes Mittel Recht. Auch Jebsen ist die Doppelzüngigkeit<br />

Bro<strong>der</strong>s an diesem Punkt aufgefallen.<br />

«Er selber hat sich unlängst dafür e<strong>in</strong>gesetzt, dass<br />

<strong>der</strong> Straftatbestand <strong>der</strong> Holocaust-Leugnung fallengelassen<br />

wird. Wenn aber e<strong>in</strong>er den Holocaust leugnet<br />

– was ich nie getan habe, ganz im Gegenteil,<br />

für mich ist das e<strong>in</strong>es <strong>der</strong> schlimmsten Verbrechen!<br />

–, dann ist er <strong>der</strong> erste beim Anschwärzen. Perfide,<br />

berechenbar, verlogen bis unters Dach und erbärmlich<br />

gegenüber den echten Holocaust-Opfern.<br />

Die Holocaust-Industrie benutzt sie. Se<strong>in</strong> [Bro<strong>der</strong>s]<br />

aktuelles Buch hat den Titel Vergesst Auschwitz.<br />

Würde ich das schreiben, würde er mir nachsagen,<br />

ich wolle relativieren!», sagte er mir im Interview<br />

für die <strong>COMPACT</strong>-Ausgabe April 2012.<br />

Der Sen<strong>der</strong> hielt<br />

den Antisemitismus-Vorwurf<br />

gegen se<strong>in</strong>en<br />

Mo<strong>der</strong>ator für<br />

«unbegründet» .<br />

Henryk M. Bro<strong>der</strong>. Foto: rotefahne.eu<br />

Die seit 1993 bestehende Jugendwelle<br />

«Fritz», heute Teil des RBB,<br />

rühmt sich gerne für ihre frechen<br />

Mo<strong>der</strong>ationen. Jebsen passte gut<br />

dazu Foto: fritz<br />

Das jähe Ende kam nach 545 Sendungen. Am<br />

6. November 2011 wurde das Programm nicht ausgestrahlt,<br />

<strong>der</strong> RBB entfernte Verweise auf den Mo<strong>der</strong>ator<br />

von se<strong>in</strong>er Website. Was war geschehen?<br />

Der Publizist Henryk M. Bro<strong>der</strong>, <strong>der</strong> gefürchtetste<br />

Skalpjäger <strong>der</strong> schreibenden Zunft, hatte den Mo<strong>der</strong>ator<br />

beim Management des GEZ-Komb<strong>in</strong>ats angeschwärzt.<br />

Dazu muss man wissen, dass Bro<strong>der</strong><br />

zwar e<strong>in</strong>erseits immer wie<strong>der</strong> gegen den Stachel<br />

<strong>der</strong> politischen Korrektheit lökt, an<strong>der</strong>erseits aber<br />

bei e<strong>in</strong>em Thema überhaupt ke<strong>in</strong>en Spaß versteht:<br />

Immer, wenn es um Juden o<strong>der</strong> Israel geht, passt<br />

Bro<strong>der</strong>, <strong>der</strong> Verwandte durch den Holocaust verloren<br />

hat, auf wie e<strong>in</strong> Schießhund. Umgekehrt ist<br />

Jebsen, obwohl er <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em YouTube-Video suggeriert,<br />

selbst aus e<strong>in</strong>er jüdisch-iranischen Familie zu<br />

stammen, trotzdem (o<strong>der</strong> deswegen?) e<strong>in</strong> scharfer<br />

Kritiker <strong>der</strong> israelischen Politik und <strong>der</strong> israelischen<br />

Staatsdoktr<strong>in</strong>, des Zionismus.<br />

35


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> im Radio<br />

Die Moralkeule, <strong>der</strong><br />

Jebsen beim RBB<br />

zum Opfer gefallen<br />

war, wurde nun<br />

von ihm selbst<br />

e<strong>in</strong>gesetzt.<br />

E<strong>in</strong> Bild aus vergangenen Tagen:<br />

Ken Jebsen und Jürgen Elsässer am<br />

Vorabend <strong>der</strong> <strong>COMPACT</strong>-Konferenz<br />

2012. Foto: <strong>COMPACT</strong><br />

Zunächst stellte sich <strong>der</strong> RBB vor Jebsen: Am<br />

9. November 2011 stellte <strong>der</strong> Sen<strong>der</strong> fest, dass er<br />

die Vorwürfe, er «verbreite antisemitisches Gedankengut<br />

und verleugne den Holocaust (…), für unbegründet<br />

hält», und entschied, ihn weiter als Mo<strong>der</strong>ator<br />

zu beschäftigen. Programmdirektor<strong>in</strong> Claudia<br />

Nothelle öffnete den Kritikern jedoch e<strong>in</strong> H<strong>in</strong>tertürchen:<br />

Der Mitarbeiter habe «<strong>in</strong> manchen Fällen die<br />

Grenze überschritten und journalistische Standards<br />

nicht e<strong>in</strong>gehalten». Daraufh<strong>in</strong> wurde <strong>in</strong> den Berl<strong>in</strong>er<br />

Medien e<strong>in</strong>e wahre Kampagne gegen Jebsen entfacht.<br />

Nach 14 Tagen und zwei weiteren Sendungen<br />

knickte <strong>der</strong> RBB e<strong>in</strong> und verkündete das Aus<br />

von KenFM. «Man hat mir vorgeworfen, ich hätte<br />

mich nicht an Absprachen gehalten. Dabei wurden<br />

die letzten beiden Sendungen aufgezeichnet o<strong>der</strong><br />

entstanden – wegen Morddrohungen gegen mich<br />

– unter Polizeischutz, so dass die Chefredaktion<br />

hätte je<strong>der</strong>zeit e<strong>in</strong>greifen können. Sie stand daneben.<br />

Passiert ist nichts. Es gab ke<strong>in</strong>en Grund. Der<br />

RBB hatte also die ganze Zeit die volle Kontrolle<br />

und hat alles freigegeben. Ich fragte dann: Welche<br />

Absprachen habe ich gebrochen? Da kam dann<br />

nichts mehr, ke<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziger Beleg, außer <strong>der</strong> H<strong>in</strong>weis<br />

auf Beschwerden von außerhalb. Das ist ungefähr<br />

so, als würde man e<strong>in</strong>en des Autodiebstahls bezichtigen<br />

– aber könnte auf ke<strong>in</strong> Auto verweisen, das<br />

verschwunden ist und bei dem Beschuldigten <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Garage steht, son<strong>der</strong>n nur auf üble Nachrede.»<br />

(Jebsen im Interview <strong>in</strong> <strong>COMPACT</strong> 4/2012)<br />

Auf L<strong>in</strong>kskurs<br />

Jebsen ließ sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Folge nicht unterkriegen<br />

und machte se<strong>in</strong> legendäres Format KenFM e<strong>in</strong>fach<br />

auf eigene Faust im Internet weiter – e<strong>in</strong>en Teil <strong>der</strong><br />

Zigtausend Hörer konnte er mitziehen. Bald ergab<br />

sich, auf me<strong>in</strong>e Initiative, auch e<strong>in</strong> enger Kontakt<br />

zu <strong>COMPACT</strong>: Mal lud er mich zu Interviews <strong>in</strong> se<strong>in</strong><br />

Studio mit e<strong>in</strong>, mal sprach er auf unseren Veranstaltungen<br />

o<strong>der</strong> stellte Artikel zur Verfügung.<br />

Im Frühjahr 2014 fand unser geme<strong>in</strong>sames publizistisches<br />

Wirken erstmals Resonanz <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

außerparlamentarischen Bewegung: Angesichts<br />

des neuen Kalten Krieges gegen Russland bildete<br />

sich e<strong>in</strong>e unabhängige Friedensbewegung und<br />

begann, schwerpunktmäßig <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>, mit montäglichen<br />

Mahnwachen. Schnell wuchs die Teilnehmerzahl<br />

auf mehrere Tausend. Sowohl Jebsen wie<br />

ich gehörten zu den Rednern. Dann schlug das politische<br />

Establishment zurück, drückte die Kriegsgegner<br />

<strong>in</strong> die rechtsradikale Ecke. Zwischenzeitlicher<br />

Höhepunkt war die persönliche Attacke <strong>der</strong><br />

l<strong>in</strong>ksradikalen Publizist<strong>in</strong> Jutta Ditfurth auf 3sat,<br />

wo sie sowohl Jebsen als auch mich praktisch<br />

als Nazis darstellte. Während ich gegen die Verleumdung<br />

juristisch vorg<strong>in</strong>g und schließlich auch<br />

obsiegte (vergleiche Infobox Seite 55), wählte Jebsen<br />

e<strong>in</strong>en an<strong>der</strong>en Weg: Er versuchte die Attacke<br />

zu unterlaufen und sich den L<strong>in</strong>ken anzubie<strong>der</strong>n.<br />

Mit se<strong>in</strong>er Unterstützung verhängte die Berl<strong>in</strong>er<br />

Friedensmahnwache e<strong>in</strong> Redeverbot gegen mich<br />

und an<strong>der</strong>e sogenannte Nationalisten. Die Moralkeule,<br />

<strong>der</strong> Jebsen beim RBB zum Opfer gefallen war,<br />

wurde nun von ihm selbst e<strong>in</strong>gesetzt. Obwohl diesem<br />

Ausgrenzungsbeschluss außerhalb <strong>der</strong> Hauptstadt<br />

kaum gefolgt wurde, schwächte <strong>der</strong> Streit die<br />

junge Bewegung, alles lief ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>.<br />

Mit Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Migranten-Invasion im Jahr<br />

2015 verschärfte Jebsen se<strong>in</strong>en L<strong>in</strong>ksdrall: Die<br />

Politik <strong>der</strong> offenen Grenzen wird von ihm bed<strong>in</strong>gungslos<br />

unterstützt, e<strong>in</strong>e Differenz zur Kanzler<strong>in</strong><br />

<strong>in</strong> dieser Frage ist nicht mehr feststellbar. Genützt<br />

hat es dem Radiomann nichts: Das Establishment<br />

rechnet ihn weiter zu den om<strong>in</strong>ösen Rechten und<br />

gibt ihm ke<strong>in</strong>e zweite Chance. Auch Vertreter <strong>der</strong><br />

L<strong>in</strong>kspartei, die zwischenzeitlich mit ihm zusammengearbeitet<br />

hatten, s<strong>in</strong>d auf Distanz gegangen.<br />

36<br />

Bro<strong>der</strong> h<strong>in</strong>gegen gibt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Asylkrise wie<strong>der</strong><br />

den bissigen Kritiker <strong>der</strong> politischen Korrektheit, oft<br />

mit Bravour. In <strong>der</strong> gegenwärtigen Lage ist er systemkritischer<br />

als Jebsen, <strong>der</strong> selbsternannte Revolutionär.<br />

Soll man darüber lachen o<strong>der</strong> we<strong>in</strong>en?


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> im Radio<br />

R<strong>in</strong>ks und Lechts<br />

_ von Ken Jebsen<br />

Lockerungsübungen bei <strong>der</strong> Sprachgymnastik vor dem politisch korrekten<br />

Unterricht: Das Herz schlägt l<strong>in</strong>ks? Das Herz am rechten Fleck? Rechts vor<br />

l<strong>in</strong>ks? L<strong>in</strong>ks zu rechts? L<strong>in</strong>k mich rechts? Recht mit l<strong>in</strong>ks?<br />

Am Anfang war das Wort: E<strong>in</strong> Wort, das von<br />

allen benutzt wird, ohne dass sich auch nur zwei<br />

f<strong>in</strong>den, die – wenn sie dieses Wort benutzen –<br />

wissen, dass sie unterschiedliche D<strong>in</strong>ge me<strong>in</strong>en,<br />

ist das perfekte Tool, um jede Art von kritischer<br />

Diskussion <strong>in</strong>s Nichts laufen zu lassen. Solche<br />

Worte s<strong>in</strong>d wie abgefahrene Sommerreifen bei<br />

Platzregen auf <strong>der</strong> Autobahn, während man mit<br />

190 Kilometer pro Stunde unterwegs ist. Werden<br />

wir konkret. Was bedeuten heute noch die Begriffe<br />

wie zum Beispiel l<strong>in</strong>ks o<strong>der</strong> rechts? Bedeuten sie<br />

noch dasselbe wie vor 60 Jahren? O<strong>der</strong> 1968? Wer<br />

hierauf mit ja antwortet, kann jetzt abdrehen.<br />

Der Putsch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ukra<strong>in</strong>e, 2014,<br />

war <strong>der</strong> Auftakt <strong>der</strong> unabhängigen<br />

deutschen Friedensbewegung.<br />

L<strong>in</strong>ks erkennt man am Wort l<strong>in</strong>ks und rechts<br />

an rechts. Das Wort kl<strong>in</strong>gt an<strong>der</strong>s und auch die<br />

Buchstabenkomb<strong>in</strong>ation hat sich nicht geän<strong>der</strong>t.<br />

Der eigentliche S<strong>in</strong>n bei<strong>der</strong> Wörter aber ist heute<br />

verwirrend flexibel. So flexibel, dass jene, die diese<br />

Worte benutzen, nicht mehr h<strong>in</strong>terfragt werden<br />

können, ohne dass das zu noch mehr Verwirrung<br />

führt. Fest steht, rechts steht heute <strong>in</strong> <strong>der</strong> maximalen<br />

Auslegung für Nationalsozialismus, während<br />

l<strong>in</strong>ks als Kommunismus verortet wird. Rechts und<br />

l<strong>in</strong>ks wird also mit e<strong>in</strong>em unterschiedlichen Betriebssystem<br />

verknüpft. Was unterscheidet beide<br />

Systeme? Im Kern, wie mit Eigentum umgegangen<br />

wird. Jedenfalls offiziell. Platt ausgedrückt: Die<br />

L<strong>in</strong>ken wollen, dass alle gleich wenig haben, dass<br />

die Besseren gleich viel bekommen. E<strong>in</strong>e sehr e<strong>in</strong>fache<br />

Def<strong>in</strong>ition! Exakt das macht sie so falsch und<br />

hat geholfen, sie bis heute überleben zu lassen.<br />

In Wahrheit steht rechts o<strong>der</strong> l<strong>in</strong>ks für die<br />

Art, wie Menschen, die Macht haben, mit dieser<br />

Macht umgehen. Wer l<strong>in</strong>ks beg<strong>in</strong>nt, mutiert <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Regel zu rechts, wenn er e<strong>in</strong>e Position, e<strong>in</strong>en<br />

Status, e<strong>in</strong> Level erreicht hat, den es für ihn ganz<br />

persönlich lohnt zu verteidigen. Rechte fangen an<br />

l<strong>in</strong>ks zu ticken, wenn ihre Macht, ihr E<strong>in</strong>fluss, ihr<br />

Geld schw<strong>in</strong>det. In <strong>der</strong> Ex-UdSSR (wie auch <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

bald Ex-USA) muss <strong>der</strong>, <strong>der</strong> L<strong>in</strong>ke sucht, sich zur<br />

Basis begeben, während man sich auf <strong>der</strong> Suche<br />

nach rechts eher Richtung Chefetage bewegen<br />

sollte. Ausnahmen bestätigen die Regel. Das war<br />

immer so.<br />

Rechts kommt nicht von ungefähr von Recht.<br />

Ordnung. Rechtsstaat. Das Recht ist aber nur<br />

richtig, wenn es gerecht ist. E<strong>in</strong>e Philosophiefrage.<br />

Wenn zum Beispiel <strong>der</strong> Spr<strong>in</strong>ger-Konzern als<br />

klassischer Vertreter <strong>der</strong> Rechten, also <strong>der</strong> Mächtigen,<br />

L<strong>in</strong>ke diffamieren will, bezeichnet er sie als<br />

Antisemiten, Nazis und so weiter. Diese Menschen<br />

s<strong>in</strong>d für den Spr<strong>in</strong>ger-Konzern rechts und<br />

rechts ist zu ächten. So die Losung an die Leser.<br />

Wer die eigentlichen L<strong>in</strong>ken, die man versucht,<br />

mittels Nazikeule nach rechts zu verorten, jetzt<br />

noch wahrnimmt, ist schon e<strong>in</strong>en Schritt zu weit<br />

gegangen: Er nimmt das, was sie sagen, wahrer,<br />

als es erlaubt ist. Er hört ihnen zu. Richtiger wäre,<br />

diese vom Spr<strong>in</strong>ger-Konzern als rechts markierten<br />

Menschen zu ächten, sie l<strong>in</strong>ks liegen lassen, gegebenenfalls<br />

mit dem Spr<strong>in</strong>gerstiefel <strong>in</strong> den Staub<br />

zu treten.<br />

Was das Volk will, hat das Establish -<br />

ment noch nie <strong>in</strong>teressiert.<br />

Foto: Oliver Feldhaus<br />

Die Freunde <strong>der</strong> Grünen: ukra<strong>in</strong>ische<br />

Nazis. Foto: vk.com<br />

37


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> im Radio<br />

schaften o<strong>der</strong> Bürgerrechte e<strong>in</strong>setzen, von den<br />

rechten Massenmedien dazu gebracht werden,<br />

an<strong>der</strong>e L<strong>in</strong>ke als Rechte zu verorten, mehr noch:<br />

Sie zu beschimpfen und abzulehnen. Muhammad<br />

Ali war l<strong>in</strong>ks, verteilte aber auch rechte Haken.<br />

Mart<strong>in</strong> Luther K<strong>in</strong>g war l<strong>in</strong>ks, als Prediger saß er<br />

zum<strong>in</strong>dest mit <strong>der</strong> historischen Figur Jesus im selben<br />

Boot. Der Mann aus Nazareth war l<strong>in</strong>ks. Er wi<strong>der</strong>sprach<br />

<strong>der</strong> Obrigkeit. Gebt dem Kaiser, was des<br />

Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist – das ist l<strong>in</strong>ks.<br />

Dieser Spruch erklärt, dass das Kapital zu teilen<br />

sei. Er sagt nicht, <strong>in</strong> welchem Verhältnis. Garantiert<br />

ist, dass <strong>der</strong> Kaiser am Ende weniger hat. Vor<br />

allem weniger Macht. Das ist anti-rechts.<br />

38<br />

Dass <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ukra<strong>in</strong>e 2014 auch offen<br />

faschistische Gruppen – hier das<br />

Asow-Bataillon – an die Macht<br />

gelangten, störte das l<strong>in</strong>ks-grüne<br />

Establishment <strong>in</strong> Deutschland ke<strong>in</strong><br />

bisschen. Foto: Archiv<br />

L<strong>in</strong>ks, rechts, reich: <strong>der</strong> Obersponti.<br />

Foto: bmw<br />

Den L<strong>in</strong>ken heute ist alles recht, solange sie noch<br />

l<strong>in</strong>ks sche<strong>in</strong>en, aber wie Rechte leben. Im Wohlstand.<br />

Nehmen wir die Grünen. Grün stand offiziell<br />

mal für l<strong>in</strong>ks, und auch heute würde e<strong>in</strong>e Straßenumfrage<br />

an massenmediengeschädigten Mitmenschen<br />

ergeben: Ja, grün ist eher l<strong>in</strong>ks und auf<br />

gar ke<strong>in</strong>en Fall rechts. Der bekannteste Grüne ist<br />

Joschka Fischer. Der Mann, <strong>der</strong> 1986 <strong>in</strong> Turnschuhen<br />

se<strong>in</strong>en Eid als hessischer M<strong>in</strong>ister schwor,<br />

trägt nach kurzer Jogg<strong>in</strong>gphase wie<strong>der</strong> XXXL-Maßanzüge<br />

und arbeitet schon lange als Berater für<br />

die Auto- o<strong>der</strong> Atom<strong>in</strong>dustrie. BMW, RWE und<br />

REWE: Alle teilen sich das W, wie: Was kostet<br />

es uns, wenn sie für uns werkeln, Herr Fischer?<br />

Erst als die l<strong>in</strong>ksdrehenden Grünen so rechts wurden,<br />

dass man das nur als konservativ bezeichnen<br />

konnte, haben sie es <strong>in</strong> Baden-Württemberg an<br />

die Spitze geschafft. Der schwäbische M<strong>in</strong>isterpräsident<br />

und <strong>der</strong> neue Bürgermeister von Benz-<br />

Town haben mit dem, was l<strong>in</strong>ks immer noch im<br />

Volksmund zu bedeuten sche<strong>in</strong>t, so viel zu tun wie<br />

e<strong>in</strong> 2CV mit Sitzheizung. L<strong>in</strong>ks kann heute se<strong>in</strong>, <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em Porsche zu fahren. Dann aber konsequent<br />

untertourig auf <strong>der</strong> rechten Spur zu bleiben, wegen<br />

<strong>der</strong> Nachhaltigkeit.<br />

Rechts kann se<strong>in</strong>, sich für unterdrückte Völker<br />

e<strong>in</strong>zusetzen, <strong>in</strong>dem man die Unterdrücker und ihre<br />

Verlogenheit anprangert. Bitte was? Wer sich zum<br />

Beispiel für das paläst<strong>in</strong>ensische Volk und dessen<br />

Recht auf Selbstbestimmung e<strong>in</strong>setzt, also klassisch<br />

l<strong>in</strong>ke Werte, wird von <strong>der</strong> Presse schnell<br />

des Rechtsradikalismus beschuldigt. Das wäre<br />

noch okay, da man nichts an<strong>der</strong>es erwartet. Krank<br />

ist es, wenn L<strong>in</strong>ke, die sich für das Volk, Gewerk-<br />

Jesus sprach se<strong>in</strong>e eigene Sprache. Das machte<br />

ihn suspekt und gefährlich. Der Mann, <strong>der</strong> wie<br />

Osama b<strong>in</strong> Laden gekleidet war und zwölf junge<br />

Männer um sich versammelte, wäre aus heutiger<br />

Sicht e<strong>in</strong>e Terrorzelle und hätte damit das Recht<br />

auf e<strong>in</strong>e vom Staat übernommene Seebestattung<br />

via Flugzeugträger. Menschen, die l<strong>in</strong>ks stehen,<br />

erkennst Du <strong>in</strong> den konservativen Massenmedien<br />

daran, dass diese sie, wann immer es ihnen passt,<br />

als rechts diffamieren. Was bedeuten heute noch<br />

die Begriffe l<strong>in</strong>ks o<strong>der</strong> rechts? Bedeuten sie noch<br />

dasselbe wie vor 60 Jahren? O<strong>der</strong> 1968?<br />

Den L<strong>in</strong>ken heute ist alles recht,<br />

solange sie noch l<strong>in</strong>ks sche<strong>in</strong>en,<br />

aber wie Rechte leben.<br />

Nur, wenn wir davon ausgehen, dass rechts und<br />

l<strong>in</strong>ks heute nichts an<strong>der</strong>es s<strong>in</strong>d als unterschiedliche<br />

Klassen e<strong>in</strong> und <strong>der</strong>selben Schule. Zu e<strong>in</strong>er<br />

Schule zu gehören heißt, <strong>der</strong>en Vorurteile und<br />

Standpunkte teilen zu müssen.<br />

In diesem S<strong>in</strong>ne: Schulzeit ist die schönste<br />

Zeit, und das ganze Leben ist e<strong>in</strong>e Schule, man<br />

lernt nie aus. Diese Schule des von außen organisierten<br />

Lebens hält uns davon ab, Begriffe wie<br />

l<strong>in</strong>ks und rechts wirklich zu h<strong>in</strong>terfragen. Sie sorgt<br />

gleichzeitig dafür, dass wir, kaum hat die zweite<br />

Pausenkl<strong>in</strong>gel geläutet, wie<strong>der</strong> hübsch und brav<br />

an unseren Pulten sitzen und uns mittels Frontalunterricht<br />

Fragen servieren lassen, bei denen e<strong>in</strong>e<br />

gute Note nicht davon abhängt, ob du die zeitgemäße<br />

Antwort geben kannst, son<strong>der</strong>n die richtige.<br />

Die richtige Antwort ist <strong>in</strong> diesem Fall immer die,<br />

die de<strong>in</strong> Lehrer, <strong>der</strong> Boss, als richtig akzeptiert, die<br />

vom staatlichen Lehrplan vorgegeben ist. In Wahrheit<br />

prüft er nicht de<strong>in</strong> Wissen, er lässt sich de<strong>in</strong><br />

Unwissen bestätigen.


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Presse<br />

<strong>Zensur</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Presse<br />

Verboten gut: Nicolaus Fest, Matthias Matussek und Jürgen Elsässer.<br />

39


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Presse<br />

F<strong>in</strong>ger <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wunde<br />

_ von T<strong>in</strong>o Perlick<br />

40<br />

Dreizehn Jahre schrieb Nicolaus Fest für den Axel-Spr<strong>in</strong>ger-Verlag.<br />

Nach e<strong>in</strong>em schonungslos offenen Kommentar zum Integrationsdilemma<br />

war Schluss. Beim Stichwort Islam kuscht die «Bild»-Führungsriege<br />

und opfert bereitwillig die Me<strong>in</strong>ungsfreiheit im eigenen<br />

Haus.<br />

Fest kritisiert die<br />

«Selbstghettoisierung<br />

vieler<br />

Muslime».<br />

Von <strong>der</strong> Lizenz zum Schweigen, wenn es um<br />

die Probleme <strong>der</strong> Auslän<strong>der</strong>-Integration geht, hat<br />

Nicolaus Fest nie Gebrauch gemacht. Schon 2008<br />

lehnte er die Teilnahme an e<strong>in</strong>er entsprechenden<br />

Tagung ab. «Medien <strong>in</strong> Deutschland: Integrationshemmnis<br />

o<strong>der</strong> Chance?», fragte das ausrichtende<br />

Bundes<strong>in</strong>nenm<strong>in</strong>isterium (BMI) damals <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er<br />

E<strong>in</strong>ladung. Das war dem Kulturchef <strong>der</strong> Bild-Zeitung<br />

zu viel. «Offensichtlich misst das BMI Medien<br />

nicht an <strong>der</strong>en Kernaufgaben, nämlich <strong>der</strong> Benennung<br />

politischer und gesellschaftlicher Defizite,<br />

son<strong>der</strong>n an irgendwelchen Integrationsbeiträgen»,<br />

kommentierte <strong>der</strong> promovierte Jurist auf Bild Onl<strong>in</strong>e.<br />

Entgegen den Bekundungen von jammernden<br />

Multikulti-Beauftragten und Migrantenverbänden<br />

ist für ihn nicht die deutsche Gesellschaft schuld<br />

an <strong>der</strong> Integrationsmisere, son<strong>der</strong>n die «bewusste<br />

Selbstghettoisierung vieler Muslime» sowie<br />

das «elende und jahrzehntelange Versagen <strong>der</strong><br />

Bildungspolitik». Medien, so Fest, seien <strong>der</strong> Integration<br />

von Auslän<strong>der</strong>n nicht mehr verpflichtet als<br />

<strong>der</strong> «För<strong>der</strong>ung des Bäckerhandwerks o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Verbreitung<br />

von Badehauben».<br />

Nicolaus Fest ist <strong>der</strong> Sohn des 2006 verstorbenen<br />

Zeithistorikers, Hitlerbiografen und<br />

FAZ-Mitherausgebers Joachim C. Fest. Nach mehreren<br />

Jahren beim Auktionshaus Sotheby’s und<br />

<strong>der</strong> Ebner Pressegesellschaft <strong>in</strong> Ulm wechselte er<br />

2001 zum Axel-Spr<strong>in</strong>ger-Verlag. Als Redakteur bei<br />

Bild machte er sich mit schonungslosen Kommentaren<br />

schnell e<strong>in</strong>en Namen.<br />

Im April 2010 provozierte <strong>der</strong> heute 53-Jährige<br />

die Blockwarte <strong>der</strong> sogenannten offenen Gesellschaft<br />

mit <strong>der</strong> Aussage, dass «Multikulturalismus<br />

nicht nur folkloristische Bereicherung ist, son<strong>der</strong>n<br />

auch Quelle zahlloser Konflikte». Fest berief sich<br />

auf den Historiker Peter Wende, <strong>der</strong> über die Fol-


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Presse<br />

gen von historischer E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ung forscht. «Letztlich<br />

entschieden immer Immigration und Geburtenrate<br />

über die politische Macht», verdichtete Fest<br />

Wendes These. Zu viel Immigration führe <strong>in</strong> je<strong>der</strong><br />

Gesellschaft zur Frage <strong>der</strong> Macht, die meist blutig<br />

gelöst werde. In <strong>der</strong> Hervorhebung Fests, homogene<br />

Gesellschaften seien frei von <strong>in</strong>nerethnischen<br />

Konflikten, wollte <strong>der</strong> l<strong>in</strong>ke Medienbeobachter<br />

Stefan Niggemeyer «fast e<strong>in</strong> Lob des Völkermordes»<br />

lesen.<br />

«Kommentare müssen polarisieren, subjektiv<br />

se<strong>in</strong>, auch mal wehtun», erklärte Fest dem österreichischen<br />

Standard im Mai 2014 nach se<strong>in</strong>er<br />

Beför<strong>der</strong>ung zum stellvertretenden Chefredakteur<br />

<strong>der</strong> Bild am Sonntag (BamS). Zwei Monate später<br />

sollte er zu spüren bekommen, wo genau die<br />

Schmerzgrenze liegt.<br />

Protokoll <strong>der</strong> Me<strong>in</strong>ungsdiktatur<br />

Das Corpus Delicti war e<strong>in</strong> Kommentar Fests, <strong>der</strong><br />

am 27. Juli 2014 <strong>in</strong> <strong>der</strong> BamS erschien. «Ist Religion<br />

e<strong>in</strong> Integrationsh<strong>in</strong><strong>der</strong>nis?» fragte er dar<strong>in</strong> <strong>in</strong> Bezug<br />

auf Krim<strong>in</strong>alitätsraten muslimischer Jugendlicher<br />

und islamtypische Faktoren wie Ehrenmorde und<br />

Zwangsheiraten (siehe Infokasten Seite 42). Schon<br />

die Frage musste Multikulturalisten durch Mark und<br />

Be<strong>in</strong> gehen. Doch se<strong>in</strong>e Antwort war es, mit <strong>der</strong><br />

Fest den F<strong>in</strong>ger zu tief <strong>in</strong> die klaffende Wunde des<br />

westlich-muslimischen Spannungsverhältnisses<br />

bohrte: «Me<strong>in</strong> E<strong>in</strong>druck: nicht immer. Aber beim<br />

Islam wohl ja.»<br />

Fests Kommentar war bereits um 0 Uhr 30 auf<br />

BILD-Onl<strong>in</strong>e erschienen. Schon um 5 Uhr 13 <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Frühe musste BamS-Chefredakteur<strong>in</strong> Marion Horn<br />

über den Kurznachrichtendienst Twitter Stellung<br />

beziehen. Wacker stellte Horn sich h<strong>in</strong>ter ihren<br />

Kollegen und die <strong>in</strong> Deutschland im Grundgesetz<br />

verbürgte Me<strong>in</strong>ungsfreiheit: «Auch wenn‘s ke<strong>in</strong>er<br />

glaubt: Es gibt Me<strong>in</strong>ungsvielfalt bei Spr<strong>in</strong>ger,<br />

aber Nicolaus Fest ist ke<strong>in</strong> Islamhasser.» Um 6<br />

Uhr 11 twittert sie, schon auf dem Rückzug, nur<br />

noch: «Nicolaus Fest ist nicht hasserfüllt!!!» Um<br />

14 Uhr 22 beg<strong>in</strong>nt das Lavieren: «Ich verstehe<br />

se<strong>in</strong>en Kommentar so: Religion ist ihm egal, er<br />

braucht sie nicht. Aber er hat was gg Intoleranz/<br />

Rassismus…/2.» Schließlich knickt Horn unter<br />

dem Druck <strong>der</strong> Tugendwächter e<strong>in</strong>. Um 20 Uhr 04<br />

twittert sie: «Bild am Sonntag hat Gefühle verletzt.<br />

Ganz deutlich: Wir s<strong>in</strong>d nicht islamfe<strong>in</strong>dlich! Ich<br />

entschuldige mich für den entstandenen E<strong>in</strong>druck.»<br />

unzweifelhaft islamfe<strong>in</strong>dlich war, weiß ich nicht»,<br />

kommentierte <strong>der</strong> Gralshüter gebieterisch. Derweil<br />

twitterte Fest ansche<strong>in</strong>end amüsiert: «Herrlicher<br />

Shitstorm! Offensichtlich f<strong>in</strong>den viele Homophobie,<br />

Antisemitismus & Ehrenmorde völlig ok.»<br />

«Offensichtlich f<strong>in</strong>den viele Homophobie,<br />

Antisemitismus und<br />

Ehrenmorde völlig ok.»Fest<br />

Um Schadensbegrenzung bemüht, erlaubte<br />

Bild-Chefredakteur Kai Diekmann <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ausgabe<br />

am Montag dem grünen Bundestagsabgeordneten<br />

Öczan Mutlu, se<strong>in</strong>em Unmut freien Lauf zu lassen.<br />

«Als überzeugter Demokrat <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em liberalen Land<br />

b<strong>in</strong> ich stolz auf unser Grundgesetz und das Recht<br />

auf freie Me<strong>in</strong>ungsäußerung», leitet <strong>der</strong> gebürtige<br />

Türke pflichtschuldig e<strong>in</strong>, um dann sofort klarzustellen,<br />

dass das aber nur für ihm gefällige Me<strong>in</strong>ungen<br />

gelte: «Der Kommentar ist jedoch für mich<br />

Rassismus pur. Die Hasstiraden des Autors schüren<br />

ohne Not Vorurteile, Ängste und Menschenfe<strong>in</strong>dlichkeit.»<br />

Die «polemischen und zum Teil hasserfüllten<br />

Sätze» von Fest ließen ke<strong>in</strong>e <strong>in</strong>haltliche<br />

Diskussion zu. Klappe zu, Affe tot.<br />

In e<strong>in</strong>er verkappten Presseerklärung stieß Diekmann<br />

höchstpersönlich den Dolch <strong>in</strong> den Rücken<br />

se<strong>in</strong>es leitenden Redakteurs Fest – so etwas hat-<br />

Mutti darf sogar unverschleiert mit aufs Bild. Foto: imago,<br />

Christian Thiel<br />

Der Skandal-Kommentar:<br />

Islam als<br />

Integrationsh<strong>in</strong><strong>der</strong>nis<br />

«Ich b<strong>in</strong> e<strong>in</strong> religionsfreundlicher<br />

Atheist. Ich glaube an ke<strong>in</strong>en<br />

Gott, aber Christentum, Judentum<br />

o<strong>der</strong> Buddhismus stören<br />

mich auch nicht.<br />

Nur <strong>der</strong> Islam stört mich immer<br />

mehr. Mich stört die weit überproportionale<br />

Krim<strong>in</strong>alität von<br />

Jugendlichen mit muslimischem<br />

H<strong>in</strong>tergrund. Mich stört die totschlagbereite<br />

Verachtung des Islam<br />

für Frauen und Homosexuelle.<br />

Mich stören Zwangsheiraten,<br />

"Friedensrichter", "Ehrenmorde".<br />

Und antisemitische<br />

Pogrome stören mich mehr, als<br />

halbwegs zivilisierte Worte hergeben.<br />

Nun frage ich mich: Ist<br />

Religion e<strong>in</strong> Integrationsh<strong>in</strong><strong>der</strong>nis?<br />

Me<strong>in</strong> E<strong>in</strong>druck: nicht immer.<br />

Aber beim Islam wohl ja. Das<br />

sollte man bei Asyl und Zuwan<strong>der</strong>ung<br />

ausdrücklich berücksichtigen!<br />

Ich brauche ke<strong>in</strong>en importierten<br />

Rassismus, und wofür<br />

<strong>der</strong> Islam sonst noch steht, brauche<br />

ich auch nicht.»<br />

(Nicolaus Fest, BamS, 27. Juli<br />

2014. Foto: Cezary Piwowarski)<br />

Für Niggemeyer g<strong>in</strong>g Horn damit noch nicht tief<br />

genug <strong>in</strong> die Knie: «Warum sie sich bloß für den<br />

”entstandenen E<strong>in</strong>druck” entschuldigte und nicht<br />

e<strong>in</strong>fach für den Kommentar um Entschuldigung bat,<br />

<strong>der</strong> diesen "E<strong>in</strong>druck" nicht nur provozierte, son<strong>der</strong>n<br />

41


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Presse<br />

stört, stört auch mich als muslimische Frau! (…)<br />

Wir leben geme<strong>in</strong>sam <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er demokratischen<br />

Gesellschaft. Was störend auffällt, kann und muss<br />

heutzutage beim Namen genannt werden.» Fest<br />

hat dieses Feigenblättchen freilich nicht geholfen.<br />

Er arbeitet heute als freier Publizist.<br />

Spr<strong>in</strong>ger für «Refugees welcome»<br />

Der stil- und treffsichere Nicolaus Fest war<br />

für den Spr<strong>in</strong>ger-Konzern e<strong>in</strong> H<strong>in</strong><strong>der</strong>nis für die<br />

Multi kulti-L<strong>in</strong>ie. Dass er im Herbst 2014 als Ballast<br />

abgeworfen wurde, ermöglichte dem Blatt<br />

e<strong>in</strong>e scharfe und durch Zwischentöne nicht e<strong>in</strong>geschränkte<br />

Rolle bei <strong>der</strong> Propagierung offener<br />

Grenzen im Jahr 2015.<br />

42<br />

Der damalige «Bild»-Chef und<br />

«Taz»-Genosse Kai Diekmann baute<br />

die Boulevardzeitung konsequent<br />

zum Multikulti-Zentralorgan um.<br />

Foto: Wikipedia, CC BY 3.0<br />

Totschlagargument Hitlerbärtchen.<br />

Wie die «Sächsische Zeitung» später<br />

herausfand, war <strong>der</strong> Schnauzer<br />

nachträglich <strong>in</strong> das Bild h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>retuschiert<br />

worden.<br />

Foto: «Bild»<br />

«Bild»-Kampagnen-Button.<br />

Quelle: «Bild»<br />

_ T<strong>in</strong>o Perlick ist Redakteur bei<br />

<strong>COMPACT</strong>-Magaz<strong>in</strong>.<br />

te es <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> Spr<strong>in</strong>gerpresse noch<br />

nie gegeben: «Für Bild und Axel Spr<strong>in</strong>ger gab und<br />

gibt es bei all diesen Debatten e<strong>in</strong>e klare, unverrückbare<br />

Trennl<strong>in</strong>ie zwischen <strong>der</strong> Weltreligion des<br />

Islam und <strong>der</strong> menschenverachtenden Ideologie<br />

des Islamismus. (…) Bei Bild und Axel Spr<strong>in</strong>ger<br />

ist demnach ke<strong>in</strong> Raum für pauschalisierende,<br />

herabwürdigende Äußerungen gegenüber dem<br />

Islam und den Menschen, die an Allah glauben.»<br />

Niggemeyer twitterte: «Wenn Kai Diekmann das<br />

ernst me<strong>in</strong>te, müsste sich Nicolaus Fest morgen<br />

e<strong>in</strong>en neuen Arbeitgeber suchen.» Der Wunsch<br />

<strong>der</strong> Meute, Fests Kopf rollen zu sehen, erfüllte<br />

sich neun Wochen später: Am 1. Oktober 2014 gab<br />

<strong>der</strong> Axel-Spr<strong>in</strong>ger-Verlag bekannt, Fests Stelle zu<br />

streichen.<br />

Der Diskrim<strong>in</strong>ierungsmaulkorb<br />

Zuvor hatte <strong>der</strong> mit Bundesmitteln bezuschusste<br />

deutsche Presserat Fest gerügt. «Die Angehörigen<br />

<strong>der</strong> Religion fühlen sich verständlicherweise diskrim<strong>in</strong>iert.»<br />

In <strong>der</strong> folgenden BamS bat Chefredakteur<strong>in</strong><br />

Horn das deutsch-muslimische BRD-Me<strong>in</strong>ungstribunal<br />

nochmals um Vergebung: «Es ist <strong>der</strong> E<strong>in</strong>druck<br />

entstanden, dass sich Bild am Sonntag gegen<br />

den Islam stellt. Das ist nicht so! (…) Aber <strong>in</strong> unserem<br />

Verlag ist es möglich, unterschiedliche Me<strong>in</strong>ungen<br />

zu haben. Deshalb habe ich mich als Chefredakteur<strong>in</strong><br />

für den Abdruck entschieden. Wohl e<strong>in</strong>e<br />

Fehle<strong>in</strong>schätzung, denn wir haben mit diesem Kommentar<br />

viele Menschen verletzt.»<br />

War <strong>in</strong> diesen verquasten Sätzen e<strong>in</strong> Funken<br />

Restwi<strong>der</strong>stand? In <strong>der</strong>selben Ausgabe ließ Horn<br />

die türkische Lutherpreisträger<strong>in</strong> Emel Zeynelabid<strong>in</strong><br />

Stellung beziehen: «E<strong>in</strong>iges, was Nicolaus Fest<br />

Nachdem die Dresdner Lokalausgabe des Blattes<br />

die Pegida-Proteste zunächst recht ausgewogen<br />

begleitet hatte, vollzog Zampano Kai Diekmann<br />

noch im Dezember 2014 e<strong>in</strong>e Vollbremsung.<br />

Legendär war <strong>der</strong> Text von Chefkommentator F. J.<br />

Wagner unter <strong>der</strong> Überschrift «Liebe Pegida-Idioten».<br />

Auszug: «Es ist Weihnachten 2014. Und ihr<br />

Pegida-Idioten demonstriert <strong>in</strong> Dresden gegen die<br />

Überfremdung. (…) Jesus, verzeih uns. Denn das<br />

Volk ist lei<strong>der</strong> oft dumm.»<br />

Der Wunsch <strong>der</strong> Meute, Fests Kopf<br />

rollen zu sehen, erfüllte sich am<br />

1. Oktober 2014.<br />

Als die Demonstrationen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Elbmetropole<br />

trotzdem immer größer wurden – Mitte Januar<br />

2015 wurde mit 40.000 Teilnehmern e<strong>in</strong> Höhepunkt<br />

erreicht –, verschärfte Bild die Kampagne.<br />

Pegida-Chef Lutz Bachmann wurde kurz darauf<br />

mit Hitler-Bärtchen auf <strong>der</strong> Titelseite abgebildet,<br />

später e<strong>in</strong> paar Dutzend Prom<strong>in</strong>ente unter <strong>der</strong><br />

Überschrift «Ne<strong>in</strong> zu Pegida!» auf e<strong>in</strong>er Doppelseite<br />

präsentiert. Nach <strong>der</strong> Grenzöffnung durch die<br />

Kanzler<strong>in</strong> Ende August 2015 übernahm Spr<strong>in</strong>gers<br />

Flaggschiff offensiv den Slogan «Refugees welcome»,<br />

den man bis dah<strong>in</strong> nur <strong>in</strong> Antifa-Kreisen und<br />

l<strong>in</strong>ksradikalen Medien hatte lesen können.<br />

E<strong>in</strong> massiver Lesere<strong>in</strong>bruch war die Folge. E<strong>in</strong><br />

Insi<strong>der</strong> <strong>in</strong>formierte <strong>COMPACT</strong>, dass die Auflage<br />

<strong>der</strong> Tageszeitung auf 1,5 Millionen Exemplare abgestürzt<br />

sei – bei Diekmanns Amtsübernahme im<br />

Jahr 2001 hatte sie noch 4,2 Millionen betragen.<br />

Für das Jahr 2016 werde e<strong>in</strong> Gew<strong>in</strong>ne<strong>in</strong>bruch <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Größenordnung von 100 Millionen Euro prognostiziert.


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Presse<br />

O-Ton: «Der Preis für Multikulti<br />

ist <strong>der</strong> totale Staat»<br />

_ von Nicolaus Fest<br />

Es gibt e<strong>in</strong> Leben nach <strong>der</strong> «Bild»-Zeitung: Der von Spr<strong>in</strong>ger geschasste Journalist<br />

lässt sich nicht unterkriegen. Se<strong>in</strong> Blog ist e<strong>in</strong>e Fundgrube an Gedankenblitzen und<br />

<strong>in</strong>tellektuellen Perlen.<br />

L<strong>in</strong>kes Halali<br />

«Wie<strong>der</strong> geht e<strong>in</strong> Gespenst um <strong>in</strong> Deutschland.<br />

Diesmal heißt es: Neue Rechte, Rechts-Christen,<br />

auch <strong>der</strong> Begriff <strong>der</strong> "konservativen Revolution"<br />

ist wie<strong>der</strong> zu lesen. Für die E<strong>in</strong>trittskarte <strong>in</strong> diesen<br />

Club braucht es, an<strong>der</strong>s als <strong>in</strong> <strong>der</strong> Weimarer Republik,<br />

ke<strong>in</strong>e dezidiert antiparlamentarische Haltung,<br />

bereits die For<strong>der</strong>ung nach E<strong>in</strong>haltung geltenden<br />

Rechts sowie Skepsis gegenüber dem <strong>der</strong>zeitigen<br />

Ausmaß <strong>der</strong> E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ung genügt.» (15.2.2016)<br />

«Nur <strong>der</strong> ethnisch homogene Nationalstaat garantiert<br />

den Sozialstaat. Wo das nicht <strong>der</strong> Fall ist<br />

o<strong>der</strong> er sich auflöst, wird auch <strong>der</strong> Sozialstaat an<br />

e<strong>in</strong> Ende kommen.» (15.2.2016)<br />

«Zu den erstaunlichsten Begleitersche<strong>in</strong>ungen<br />

<strong>der</strong> sogenannten Flüchtl<strong>in</strong>gskrise gehört das Verschw<strong>in</strong>den<br />

<strong>der</strong> sozialen Frage. (…) Um die Belange<br />

<strong>der</strong> Deutschen <strong>in</strong> niedrigeren Lohngruppen<br />

kümmert sich niemand mehr, alle Sorge gilt den<br />

"Flüchtl<strong>in</strong>gen" – und auch jede Unterstützung.»<br />

(30.1.2016)<br />

«Auch wenn man Angela Merkels Politik <strong>in</strong><br />

vieler H<strong>in</strong>sicht kritisieren mag: Die Zerstörung <strong>der</strong><br />

undemokratischen, ungeliebten, unfähigen Chimäre<br />

EU betreibt sie mit großem Erfolg! Wenigstens<br />

dafür muss man sie lieben.» (22.1.2016)<br />

«Merkel, Jäger, Gabriel, Maas – alle for<strong>der</strong>n<br />

e<strong>in</strong>e "deutliche Reaktion des Rechtsstaates",<br />

also genau jener Institution, die sie bisher <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

"Flüchtl<strong>in</strong>gskrise" unter Verstoß gegen Dubl<strong>in</strong>-II-<br />

Verordnung und Verfassung suspendiert und mit<br />

Füßen getreten hatten.» (14.1.2016)<br />

«Dennoch sehen viele Politiker selbst "nach<br />

Köln" ihr Heil <strong>in</strong> noch mehr Kameras, <strong>in</strong> noch mehr<br />

Kontrolle. Statt die Ursache des Problems zu diskutieren,<br />

nämlich die muslimische Zuwan<strong>der</strong>ung,<br />

wollen sie die Folgen bekämpfen. Damit die Gesellschaft<br />

"bunt" wird, sollen die Deutschen noch<br />

stärkere Überwachung h<strong>in</strong>nehmen. Der Preis für<br />

Multikulti ist <strong>der</strong> totale Staat.» (7.1.2016)<br />

«Auch "völkisch" ist im Übrigen e<strong>in</strong> Amöbenwort,<br />

und nicht ohne Grund hat Jakob Augste<strong>in</strong><br />

sich darauf gestürzt. (…) Auch das Grundgesetz<br />

spricht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Präambel und <strong>in</strong> Artikel 1 vom "deutschen<br />

Volk". Offenkundig baut auch das Grundgesetz<br />

auf völkischem Gedankengut.» (8.12.2015)<br />

«Nun also bekommt <strong>der</strong> türkische Premier Erdogan<br />

drei Milliarden von <strong>der</strong> EU. (…) Von je<strong>der</strong><br />

Rechtsstaatlichkeit ist se<strong>in</strong> Land weit entfernt,<br />

Journalisten werden verfolgt, umgebracht o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>gekerkert,<br />

die Kurden militärisch bekämpft. Kann<br />

irgendjemand sagen, warum Erdogan Unterstützung<br />

verdient, nicht aber al-Assad, <strong>der</strong> – an<strong>der</strong>s als<br />

Erdogan – nie den IS unterstützte?» (30.11.2015)<br />

«Die Möglichkeit von Anschlägen sei <strong>der</strong> "Preis<br />

<strong>der</strong> Freiheit", also im freiheitlich-demokratischen<br />

System angelegt. Doch haben die muslimischen<br />

Anschläge nichts mit <strong>in</strong>nenpolitischen Friktionen zu<br />

tun, wie bei RAF, IRA, ETA. Sie s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e Konflikte<br />

<strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es Systems, son<strong>der</strong>n importiert – nicht<br />

<strong>der</strong> Preis <strong>der</strong> Freiheit, son<strong>der</strong>n von Multikulti und<br />

Ideologie. Und sie s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> Preis, den zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong><br />

Deutschland niemand zahlen müsste.» (19.11.2015)<br />

«Kennt jedes K<strong>in</strong>d: Wenn man die Augen zusammenkneift,<br />

"sieht" man Farben. Das ist e<strong>in</strong>e<br />

hübsche Metapher für Multikulti: Buntheit stellt<br />

sich e<strong>in</strong>, wenn man die Augen fest verschließt.»<br />

(11.10.2015)<br />

Der Kommentar von Nicolaus<br />

Fest («Islam als Integrationsh<strong>in</strong><strong>der</strong>nis»,<br />

Bild am Sonntag,<br />

26.7.2014) hatte schon den Tag<br />

über heftige Reaktionen und Kritik<br />

auch von Politikern ausgelöst.<br />

Der Grünen-Politiker Volker<br />

Beck for<strong>der</strong>te die Zeitung auf,<br />

sich bei allen Muslimen zu entschuldigen.<br />

Auch Kai Gehr<strong>in</strong>g,<br />

Abgeordneter <strong>der</strong> Grünen,<br />

äußerte sich zu dem Kommentar.<br />

Auf Twitter verurteilte er<br />

den Text als «Hetze gegen Muslime»<br />

und «Parolen gruppenbezogener<br />

Menschenfe<strong>in</strong>dlichkeit».<br />

Niema Movassat, Abgeordneter<br />

<strong>der</strong> L<strong>in</strong>ken, zeigte<br />

sich ebenfalls empört und warf<br />

<strong>der</strong> Bild-Zeitung vor, durch den<br />

Kommentar Rassismus zu schüren.<br />

(…) Ähnliche Kritik äußerten<br />

auch <strong>der</strong> SPD-Politiker Jonas<br />

Westphal sowie Hal<strong>in</strong>a Wawzyniak<br />

von den L<strong>in</strong>ken. Westphal<br />

betitelte den Kommentar<br />

mit «e<strong>in</strong> Kübel Dreck», Wawzyniak<br />

sprach von «Schwachs<strong>in</strong>n!<br />

Alle<strong>in</strong> das mit <strong>der</strong> Krim<strong>in</strong>alität<br />

ist Uns<strong>in</strong>n». L<strong>in</strong>ke-Chef Bernd<br />

Riex<strong>in</strong>ger sprach auf Twitter von<br />

e<strong>in</strong>em «kalkulierten» Tabubruch<br />

seitens <strong>der</strong> Bild.<br />

(aus: Tagesspiegel, 27.7.2014)<br />

Manche For<strong>der</strong>ungen bleiben auch<br />

nach fast 50 Jahren aktuell. Foto:<br />

Andreas Praefcke<br />

«L<strong>in</strong>kes Mantra: Europäischer Nationalismus<br />

ist böse; <strong>der</strong> viel rabiatere Nationalismus aller<br />

Bild l<strong>in</strong>ks: Webseite von N. Fest.<br />

Foto: Screenshot<br />

arabischen Völker – und damit auch vieler Migranten<br />

– ist dagegen Ausdruck ihrer kulturellen Eigenständigkeit.»<br />

(11.10.2015) _ Alle Zitate aus nicolaus-fest.de<br />

43


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Asyl. Das Chaos<br />

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Multikulti-Land ist abgebrannt | Dschihadisten im Flüchtl<strong>in</strong>gsstrom<br />

Morde, Massaker und Migranten | Erdogan und Soros als Schlepper<br />

Die Terrorhelfer CIA und Muslimbrü<strong>der</strong> | Merkels Notstandsdiktatur<br />

44<br />

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<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Presse<br />

Der Fall Matussek<br />

_ von Manfred Kle<strong>in</strong>e-Hartlage<br />

Dass <strong>der</strong> Spr<strong>in</strong>ger-Konzern e<strong>in</strong>en Autoren feuerte, <strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> konservativen Kernleserschaft<br />

beliebt war, verweist auf das Dilemma <strong>der</strong> Leitmedien: Jetzt werden ihnen<br />

sogar ihre eigenen Feigenblätter gefährlich.<br />

Mitte November 2015 trennte sich Spr<strong>in</strong>gers<br />

Welt von e<strong>in</strong>em ihrer beliebtesten Kolumnisten,<br />

dem konservativen Katholiken Matthias Matussek,<br />

und dies aus sche<strong>in</strong>bar nichtigem Anlass:<br />

Matussek hatte auf Facebook unter Bezugnahme<br />

auf die Pariser Terroranschläge geschrieben,<br />

er «schätze mal, <strong>der</strong> Terror von Paris wird auch<br />

unsere Debatten über offene Grenzen und e<strong>in</strong>e<br />

Viertelmillion unregistrierter junger islamischer<br />

Männer im Lande <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e ganz neue, frische Richtung<br />

bewegen». Garniert hatte er diesen Satz mit<br />

e<strong>in</strong>em Smiley.<br />

Welt-Chefredakteur Jan-Eric Peters reagierte<br />

darauf prompt, wenig souverän und <strong>in</strong> schlechtem<br />

Deutsch, <strong>in</strong>dem er von e<strong>in</strong>em «durchgeknallten<br />

Post<strong>in</strong>g» sprach und die Zusammenarbeit mit dem<br />

Autor für beendet erklärte. Wohl um den verheerenden<br />

E<strong>in</strong>druck e<strong>in</strong> wenig abzumil<strong>der</strong>n, den e<strong>in</strong>e<br />

solche Überreaktion bei den Lesern h<strong>in</strong>terlassen<br />

musste, schob die Welt die Behauptung nach,<br />

Matussek habe se<strong>in</strong>en Chefredakteur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Redaktionskonferenz<br />

zu diesem Thema als «durchgeknalltes<br />

Arschloch» bezeichnet – was Matussek<br />

durch se<strong>in</strong>en Anwalt sofort dementieren ließ.<br />

Dabei hatte er nicht mehr als e<strong>in</strong>e Selbstverständlichkeit<br />

postuliert: Dass <strong>der</strong> anhaltende<br />

Zustrom von Fremden aus illiberalen, zum Teil gewaltaff<strong>in</strong>en<br />

Kulturen, darunter auch Agenten des<br />

IS und an<strong>der</strong>er Terrororganisationen, die <strong>in</strong>nere<br />

Sicherheit <strong>in</strong> vieler H<strong>in</strong>sicht untergraben würde,<br />

war schon vor Paris praktisch je<strong>der</strong>mann klar gewesen.<br />

Gerade weil je<strong>der</strong> es wusste, durfte diese<br />

Erkenntnis freilich unter ke<strong>in</strong>en Umständen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

«öffentlichen» Diskurs auftauchen, <strong>in</strong> dem als<br />

«Wer für e<strong>in</strong> Ma<strong>in</strong>streamblatt<br />

schreibt, erfüllt, ob<br />

er will o<strong>der</strong> nicht,<br />

e<strong>in</strong>e Funktion.»<br />

45


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Presse<br />

46<br />

Matussek<br />

Matthias Matussek wurde am<br />

9. März 1954 <strong>in</strong> Münster als<br />

Sohn des Politikers Josef Matussek<br />

(CDU) geboren.<br />

Er studierte Amerikanistik, Germanistik<br />

sowie Vergleichende<br />

Literaturwissenschaften und<br />

schloss 1977 die Deutsche Journalistenschule<br />

mit Diplom ab.<br />

Zu Beg<strong>in</strong>n se<strong>in</strong>er Laufbahn arbeitete<br />

Matussek für den Abend<br />

und den Stern, bis er 1987 zum<br />

Spiegel g<strong>in</strong>g. Im Oktober 2013<br />

wechselte <strong>der</strong> Journalist dann<br />

zur Axel Spr<strong>in</strong>ger AG. Wegen<br />

se<strong>in</strong>er Berichterstattung zum<br />

Mauerfall erhielt er 1991 den<br />

Egon-Erw<strong>in</strong>-Kisch-Preis. Seit<br />

2007 ist Matussek Ehrenmitglied<br />

im Vere<strong>in</strong> deutsche Sprache.<br />

2008 wurde er als Onl<strong>in</strong>ejournalist<br />

des Jahres ausgezeichnet.<br />

Über den heutigen<br />

Konservatismus sagt Matussek,<br />

dieser habe «Werte zertrümmert,<br />

radikaler, als es die L<strong>in</strong>ke<br />

je vermocht hätte».<br />

E<strong>in</strong>er <strong>der</strong> Bestseller von Matussek.<br />

Foto: Verlag<br />

Die Anschläge von Paris begannen<br />

am 13. November 2015 im Konzertsaal<br />

Bataclan. Foto: liberation.fr<br />

«seriös» nur gilt, was <strong>der</strong> Ideologie <strong>der</strong> politischen<br />

Klasse entspricht und <strong>der</strong> von ihr gewünschten<br />

Vernebelung <strong>der</strong> Realitäten dient.<br />

Seiltänze<br />

Wahrsche<strong>in</strong>lich hatte Matussek <strong>in</strong> den Chefetagen<br />

des Spr<strong>in</strong>ger-Konzerns schon länger für Stirnrunzeln<br />

gesorgt. Jedenfalls hatte sich die Welt<br />

schon im September geweigert, se<strong>in</strong>e Rezension<br />

von Jean Raspails Roman Das Heerlager <strong>der</strong> Heiligen<br />

abzudrucken, <strong>der</strong> sich wie e<strong>in</strong>e prophetische<br />

Vorwegnahme <strong>der</strong> heutigen «Flüchtl<strong>in</strong>gskrise»<br />

liest, und <strong>in</strong> dem <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e das Führungspersonal<br />

von Politik und Medien denkbar schlecht wegkommt.<br />

(Sie erschien dann <strong>in</strong> <strong>der</strong> Züricher Weltwoche.)<br />

Raspails Roman ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> real existierenden<br />

BRD von heute gedrucktes Dynamit, das aus <strong>der</strong><br />

Sicht von Me<strong>in</strong>ungsgouvernanten wie Peters wohl<br />

nicht <strong>in</strong> die Hand des unmündigen Lesers gehört.<br />

Gut möglich also, dass Peters und se<strong>in</strong> Vize Ulf<br />

Poschardt nur auf die Gelegenheit gewartet hatten,<br />

den unbequemen Kolumnisten abzuservieren.<br />

Die Nichtigkeit des Anlasses, auf den sie sich dann<br />

stürzten, zeigt allerd<strong>in</strong>gs, dass die <strong>in</strong> diesen Kreisen<br />

herrschende Angst vor dem drohenden Verlust<br />

<strong>der</strong> Diskurskontrolle mittlerweile zu e<strong>in</strong>er veritablen<br />

Panik ausartet, die jeden an<strong>der</strong>en Gesichtspunkt<br />

– sogar und <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e die Angst vor <strong>der</strong><br />

Lächerlichkeit – verdrängt.<br />

Die Alibi-Querdenker <strong>in</strong> <strong>der</strong> BRD<br />

s<strong>in</strong>d so etwas wie die Hofnarren<br />

im Mittelalter.<br />

Zugegeben, als Chefredakteur e<strong>in</strong>es Spr<strong>in</strong>ger-Blatts<br />

hat man es nicht leicht: Peters muss<br />

e<strong>in</strong>e Leserschaft bei Laune halten, die sich<br />

überwiegend als konservativ versteht und Liebl<strong>in</strong>gsprojekte<br />

<strong>der</strong> politisch-medialen Klasse wie<br />

Massene<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ung, Gen<strong>der</strong> Ma<strong>in</strong>stream<strong>in</strong>g,<br />

Eurorettung und <strong>der</strong>gleichen mehrheitlich ablehnt.<br />

Zugleich hat er den Auftrag, genau diese Projekte<br />

eben dieser Leserschaft schmackhaft zu machen<br />

und sie weiterh<strong>in</strong> zur Wahl jener CDU zu animieren,<br />

die diese Politik maßgeblich vorantreibt, vor<br />

allem aber Wi<strong>der</strong>stand dagegen neutralisiert.<br />

Niemand wird also den Chefredakteur <strong>der</strong> Welt<br />

um den Seiltanz beneiden, <strong>der</strong> zu se<strong>in</strong>em Anfor<strong>der</strong>ungsprofil<br />

gehört: Verzichtet er ganz auf Kritik an<br />

besagten Liebl<strong>in</strong>gsprojekten, laufen ihm die Leser<br />

davon; lässt er zu viel Kritik zu, ist er se<strong>in</strong>en Job<br />

los. Heuert er politisch unkorrekte Querköpfe als<br />

Autoren an, so gefällt das zwar den Lesern, die für<br />

jede Oase <strong>in</strong> <strong>der</strong> deutschen Medienwüste dankbar<br />

s<strong>in</strong>d; lässt er ihnen aber zu viel Le<strong>in</strong>e, so gerät<br />

nicht nur die Blattl<strong>in</strong>ie <strong>in</strong> Gefahr, son<strong>der</strong>n auch er<br />

selbst <strong>in</strong> den Ruch <strong>der</strong> Rechtsabweichung von <strong>der</strong><br />

alle<strong>in</strong> seligmachenden globalistischen Doktr<strong>in</strong>.<br />

E<strong>in</strong> richtiges Leben im falschen<br />

Die Welt hatte dieses Kunststück lange Zeit<br />

gemeistert und immer wie<strong>der</strong> profilierte Autoren<br />

verpflichtet, die an<strong>der</strong>swo bereits als politisch untragbar<br />

galten. Diese gerieten damit allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>e Rolle, die <strong>der</strong> von regimekritisch e<strong>in</strong>gestellten<br />

Kollegen <strong>in</strong> <strong>der</strong> DDR glich, die verzweifelt versuchten,<br />

so etwas wie e<strong>in</strong> richtiges Leben im falschen<br />

zu führen. Wer für e<strong>in</strong> Ma<strong>in</strong>streamblatt – erst<br />

recht e<strong>in</strong>es aus dem Hause Spr<strong>in</strong>ger – schreibt, erfüllt,<br />

ob er will o<strong>der</strong> nicht, e<strong>in</strong>e Funktion: Er gehört<br />

dann nicht zur Vorhut jener kritischen Gegenöffentlichkeit,<br />

mit <strong>der</strong> er sympathisieren mag, son<strong>der</strong>n<br />

ist Nachhut und Rückendeckung des herrschenden<br />

Des<strong>in</strong>formationskartells.<br />

Gewiss, Leser mit e<strong>in</strong>er gesunden Aversion<br />

gegen das politkorrekte E<strong>in</strong>erlei des Medienbetriebes<br />

s<strong>in</strong>d froh um jede Nische, die <strong>der</strong> Wahrheit<br />

dort gelassen wird, aber gerade <strong>der</strong> offensichtliche<br />

Außenseiter- und Querkopfstatus ihrer Verfechter<br />

gehört – o<strong>der</strong> gehörte doch lange Zeit – zur Inszenierung<br />

und signalisiert dem durchschnittlichen<br />

Konformisten, wo <strong>der</strong> Ma<strong>in</strong>stream fließt. Zugleich<br />

können auch diese sozusagen offiziellen Enfants<br />

terribles nicht ohne Schere im Kopf schreiben und<br />

kennen die Grenzen, die <strong>der</strong> mediale Sche<strong>in</strong>pluralismus<br />

auch ihnen gesetzt hat: Wo man schon als<br />

kühner Querdenker gilt, wenn man gegen Islamisierung<br />

ist, verschw<strong>in</strong>det die weitergehende For<strong>der</strong>ung<br />

nach Grenzschließung, erst recht die nach<br />

Rückführung illegaler E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>er, im Nirwana<br />

des Unsagbaren, ja Undenkbaren.<br />

Die Alibi-Querdenker <strong>der</strong> Massenmedien s<strong>in</strong>d<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> BRD lange Zeit so etwas wie das mo<strong>der</strong>ne<br />

Äquivalent zum mittelalterlichen Hofnarren gewesen<br />

– e<strong>in</strong>e Rolle übrigens, die e<strong>in</strong>er gewissen<br />

Dignität nicht entbehrt: Immerh<strong>in</strong> war <strong>der</strong> Hofnarr<br />

<strong>der</strong> E<strong>in</strong>zige, <strong>der</strong> dem Herrscher, wenn auch unter<br />

dem Schutz <strong>der</strong> Narrenkappe, gewisse Wahrheiten<br />

sagen durfte, die jeden an<strong>der</strong>en den Kopf gekostet<br />

hätten. E<strong>in</strong> Henryk M. Bro<strong>der</strong> etwa wird nicht zuletzt<br />

deshalb geduldet, weil se<strong>in</strong>e teils maßlosen<br />

sarkastischen Überspitzungen dem Leser stets die<br />

Chance geben, sie nicht ernstzunehmen. Matussek<br />

wie<strong>der</strong>um – <strong>der</strong> <strong>in</strong> den Augen vieler vermutlich<br />

schon wegen se<strong>in</strong>es (aus ihrer Sicht skurrilen,<br />

nämlich katholischen) Glaubens e<strong>in</strong>e unsichtbare<br />

Narrenkappe trägt – kennt als altgedienter Profi


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Presse<br />

Anteil <strong>der</strong> abgelehnten<br />

Asylanträge<br />

<strong>in</strong> Deutschland im<br />

Jahresvergleich.<br />

Angaben <strong>in</strong> Prozent.<br />

94 %<br />

36 %<br />

2005 2016<br />

Hauptherkunftslän<strong>der</strong> von Asylbewerbern<br />

<strong>in</strong> Deutschland im<br />

Jahr 2016 (Januar und Februar).<br />

Syrien<br />

Irak<br />

6.567<br />

Afgahnistan<br />

4.917<br />

Ungeklärt<br />

2.799<br />

Albanien<br />

1.202<br />

Sonstige<br />

7.901<br />

Angaben <strong>in</strong> Tausend<br />

27.146<br />

Quelle: statista.com<br />

die Gesetze se<strong>in</strong>er Branche perfekt und glaubte<br />

ansche<strong>in</strong>end, mit se<strong>in</strong>em Smiley, dem digitalen<br />

Äquivalent <strong>der</strong> Narrenkappe, auf <strong>der</strong> sicheren Seite<br />

zu se<strong>in</strong>.<br />

Dass dieses alte Spiel mit verteilten Rollen<br />

plötzlich nicht mehr funktioniert, lässt aufhorchen:<br />

Schon Matusseks Trennung vom Spiegel<br />

Anfang 2014 war die logische Konsequenz von<br />

dessen Marsch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Art Stal<strong>in</strong>ismus mit gutmenschlichem<br />

Antlitz gewesen. Man hat dort<br />

wohl registriert, dass <strong>der</strong> Sche<strong>in</strong>- und Alibipluralismus<br />

früherer Jahre zunehmend se<strong>in</strong> Ziel<br />

verfehlte. Die wenigen Wortmeldungen von Dissidenten<br />

unterstrichen immer weniger <strong>der</strong>en Außenseiterstatus<br />

und stattdessen immer mehr die<br />

erbärmliche Qualität des Ma<strong>in</strong>streamjournalismus.<br />

Wer beschäftigt schon gerne e<strong>in</strong>en Journalisten,<br />

<strong>der</strong> aus Lesersicht e<strong>in</strong>e blühende Insel ist,<br />

<strong>der</strong> gegenüber <strong>der</strong> Rest des Blattes wie das Tote<br />

Meer aussieht?<br />

Da die Spr<strong>in</strong>ger-Presse wie <strong>der</strong> gesamte<br />

CDU-geneigte Establishment-Konservatismus <strong>der</strong><br />

politischen L<strong>in</strong>ken h<strong>in</strong>terherhechelt, konnte es<br />

nicht ausbleiben, dass die Welt irgendwann vor<br />

demselben Problem stand wie <strong>der</strong> Spiegel, und es<br />

ist bezeichnend, dass diese Verlegenheit im Herbst<br />

2015 offenbar wurde, und zwar aus e<strong>in</strong>em Anlass,<br />

<strong>der</strong> die ganze bodenlose Verantwortungslosigkeit<br />

<strong>der</strong> Regierenden wie <strong>der</strong> ihnen sekundierenden<br />

Medien schonungslos bloßstellte. Da bereits die<br />

Spatzen von den Dächern pfeifen, dass die Politik<br />

des herrschenden Kartells auf e<strong>in</strong>em System von<br />

Lügen aufbaut und zum Ru<strong>in</strong> des Landes führt, wird<br />

selbst <strong>der</strong> bewährte Alibipluralismus zur Gefahr,<br />

müssen Querdenker an die Kandare gelegt, muss<br />

h<strong>in</strong> und wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong> Exempel statuiert und die L<strong>in</strong>ie<br />

festgezurrt werden – <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hoffnung, auf diese<br />

Weise wenigstens die schw<strong>in</strong>dende Schar <strong>der</strong> Naiven<br />

unter den Lesern bei <strong>der</strong> Stange zu halten, die<br />

das Offenkundige selbst jetzt noch ignorieren.<br />

Ende <strong>der</strong> Fahnenstange<br />

Das herrschende Macht- und Me<strong>in</strong>ungskartell<br />

hat sich <strong>in</strong> dieselbe ausweglose Lage manövriert<br />

wie Erich Honecker <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Spätphase: Wer die<br />

Wahrheit so offensichtlich gegen sich hat, kann<br />

ihr nicht e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong> Nischenplätzchen e<strong>in</strong>räumen.<br />

E<strong>in</strong>em Chefredakteur, <strong>der</strong> unter diesen Umständen<br />

se<strong>in</strong>en Posten behalten will, bleibt kaum e<strong>in</strong>e<br />

Wahl: S<strong>in</strong>kende Auflagen se<strong>in</strong>es zunehmend langweiligen<br />

Blattes kann er sich eher leisten als den<br />

Verdacht unzureichen<strong>der</strong> L<strong>in</strong>ientreue.<br />

Der Fall Matussek ist <strong>in</strong>sofern symptomatisch<br />

für die pathologische Lernunfähigkeit <strong>der</strong> politisch-medialen<br />

Klasse, die die notwendige und<br />

heilsame Konkurrenz zwischen Me<strong>in</strong>ungen, Medien<br />

und Parteien durch allgegenwärtige Kartellstrukturen<br />

suspendiert hat und aus den selbsterzeugten<br />

Problemen ke<strong>in</strong>en an<strong>der</strong>en Ausweg sieht<br />

als die Sche<strong>in</strong>lösung stetig zunehmen<strong>der</strong> Repression.<br />

Zu e<strong>in</strong>er Selbstkorrektur ist diese Klasse<br />

nicht mehr fähig.<br />

Matussek wird wahrsche<strong>in</strong>lich <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em deutschen<br />

Massenmedium mehr publizieren können<br />

und auf die Weltwoche und an<strong>der</strong>e Schweizer<br />

Medien ausweichen müssen – e<strong>in</strong>es <strong>der</strong> vielen<br />

Menetekel, aufgrund <strong>der</strong>er später niemand wird<br />

behaupten können, man habe nicht vorhersehen<br />

können, was bevorsteht: Schon e<strong>in</strong>mal war die<br />

Schweiz <strong>der</strong> letzte Zufluchtsort für das freie Wort<br />

<strong>in</strong> deutscher Sprache. Dass sie nun wie<strong>der</strong> <strong>in</strong> diese<br />

Rolle h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>wächst, gehört zu den unheimlichsten<br />

Aspekten <strong>der</strong> Causa Matussek.<br />

EU-Sternenbanner – die Flagge ihrer<br />

Herren? Asylfor<strong>der</strong>er im Sommer<br />

2015 <strong>in</strong> Ungarn. Foto: Archiv<br />

Matussek wird<br />

wohl <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em<br />

deutschen Massenmedium<br />

mehr<br />

publizieren können.<br />

_ Manfred Kle<strong>in</strong>e-Hartlage ist<br />

Publizist und Diplom-Sozialwissenschaftler.<br />

Regelmäßig veröffentlicht<br />

er kritische Beiträge auf<br />

se<strong>in</strong>em Blog «korrektheiten.com».<br />

Se<strong>in</strong> aktuelles Buch «Die Sprache<br />

<strong>der</strong> BRD – 131 Unwörter und ihre<br />

politische Bedeutung» erschien<br />

2015 im Verlag Antaios.<br />

47


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Presse<br />

«Breivik ist <strong>der</strong> Gegenpol zu Christus»<br />

_ Interview mit Matthias Matussek<br />

Matthias Matussek beschreibt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em vorletzten Buch den Katholizismus<br />

als Abenteuer, als Verlockung. Aber wie damit umgehen,<br />

wenn e<strong>in</strong> norwegischer Massenmör<strong>der</strong> sich als Verteidiger<br />

des christlichen Europa ausgibt?<br />

Das sollen Sie ja auch. Mich <strong>in</strong>teressiert<br />

trotzdem die Schnittmenge: Wie viel christliche<br />

Heilserwartung ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> kommunistischen<br />

Bewegung gewesen, o<strong>der</strong> umgekehrt,<br />

wie viel Kommunismus ist im Katholizismus?<br />

Und hat nicht Papst Wojtyła, nachdem er mit<br />

Hilfe <strong>der</strong> CIA den Kommunismus besiegt hatte,<br />

selbst merken müssen, dass <strong>der</strong> Kapitalismus<br />

viel atheistischer und religionsfe<strong>in</strong>dlicher<br />

ist?<br />

Vielen Dank!<br />

Wofür?<br />

Dass Sie mir me<strong>in</strong>e Lebensentwürfe erlauben…<br />

Me<strong>in</strong>e Frage…<br />

Ja, Sie behaupteten, dass <strong>der</strong> Papst «mit Hilfe <strong>der</strong><br />

CIA den Kommunismus besiegt» habe. In welchem<br />

James-Bond-Film haben Sie denn die 80iger Jahre<br />

verbracht? Wäre mir neu, dass die Gottesdienste<br />

<strong>in</strong> Krakau und Danzig von <strong>der</strong> CIA organisiert waren,<br />

ebenso die Flucht <strong>der</strong> DDR-Bürger über die<br />

Grüne Grenze o<strong>der</strong> <strong>in</strong> die Prager Botschaft…<br />

Es geht ums Seelenheil<br />

48<br />

An<strong>der</strong>s Breivik während se<strong>in</strong>es Prozesses.<br />

Foto: Day Donaldson, flickr<br />

Oslo am 27.7.2011 Foto: Bjørn<br />

Heidenstrøm, flickr<br />

Man kann die<br />

Bergpredigt als<br />

revolutionäre<br />

Handlungsanweisung<br />

lesen.<br />

Sie s<strong>in</strong>d fromm katholisch erzogen worden,<br />

waren nach 1968 fromm kommunistisch und<br />

s<strong>in</strong>d jetzt wie<strong>der</strong> fromm katholisch. Nach<br />

dem Muster These-Antithese-Synthese hätte<br />

man aber erwarten können, dass Sie heute<br />

beides komb<strong>in</strong>ieren, wie es etwa Pier Paolo<br />

Pasol<strong>in</strong>i versucht hat o<strong>der</strong> Hugo Chávez. Was<br />

spricht dagegen?<br />

Da sehen Sie mal, wie sehr die dialektische Methode<br />

versagt, wenn man sie auf Menschen anwendet.<br />

Danach hätte ich auch Stal<strong>in</strong> werden<br />

können, denn er begann als Priestersem<strong>in</strong>arist. Es<br />

gibt da diese hübsche Geschichte von Stal<strong>in</strong>s Mutter,<br />

die Mart<strong>in</strong> Amis <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Buch erzählt. Stal<strong>in</strong><br />

fragte se<strong>in</strong>e Mutter irgendwann <strong>in</strong> den späten 30er<br />

Jahren, warum sie ihn als K<strong>in</strong>d immer so fürchterlich<br />

verprügelt habe. Darauf die Mutter: «Sonst<br />

wäre doch ke<strong>in</strong> anständiger Mensch aus Dir geworden,<br />

me<strong>in</strong> Söhnchen.» So kann diese Methode<br />

<strong>in</strong> die Hose gehen … Und Chávez? Den habe ich<br />

mal im Wahlkampf <strong>in</strong> den Anden erlebt, er hat drei<br />

Stunden geredet und gesungen. Imponierend, aber<br />

nicht unbed<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong> Rollenmodell. Ne<strong>in</strong>, ich versuche,<br />

den zu mögen, <strong>der</strong> ich geworden b<strong>in</strong>.<br />

Dass es e<strong>in</strong>e CIA-Vatikan-Connection gab,<br />

ist evident. Aber <strong>der</strong> Streit darum lohnt nicht,<br />

denn me<strong>in</strong>e Frage hatte e<strong>in</strong>en an<strong>der</strong>en Fokus:<br />

Hat das Christentum nicht mit dem Sozialismus<br />

mehr geme<strong>in</strong> als mit dem Kapitalismus,<br />

<strong>der</strong> alle Traditionen, Werte und Ideale vernichtet?<br />

Ist nicht Peppone, trotz aller Klopperei,<br />

e<strong>in</strong> Bru<strong>der</strong> o<strong>der</strong> wenigstens Stiefbru<strong>der</strong><br />

von Don Camillo?<br />

Man kann die Evangelien, kann die Bergpredigt<br />

sicher so lesen, dass daraus e<strong>in</strong>e revolutionäre<br />

Handlungsanweisung wird, das hat ja die Befreiungstheologie<br />

versucht. Aber man f<strong>in</strong>det auch<br />

Stellen, die geradezu e<strong>in</strong>en Aufruf zur Kapitalakkumulation<br />

darstellen, etwa wenn Jesus den Spekulanten<br />

lobt, <strong>der</strong> se<strong>in</strong>e Talente verdoppelt, statt<br />

sie zu vergraben… Jesus hat den Lauf <strong>der</strong> Welt<br />

sehr gut verstanden, aber er hat auch gesagt:<br />

«Me<strong>in</strong> Reich ist nicht von dieser Welt.» Also <strong>der</strong><br />

Jenseitsbezug ist <strong>in</strong> allem deutlich. Es darf <strong>der</strong><br />

Kirche letztlich nicht um Rentenreform, M<strong>in</strong>destlohn<br />

und Quotenregelung gehen, son<strong>der</strong>n um das<br />

Seelenheil.<br />

Völlig richtig! Aber ich fragte nicht nach dem<br />

Glaubenskern <strong>der</strong> Kirche, son<strong>der</strong>n nach ihrer<br />

Bündnis- o<strong>der</strong> Überlebensstrategie: Muss


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Presse<br />

sie nicht, im Wi<strong>der</strong>stand gegen den nihilistischen<br />

Furor des Kapitalismus, <strong>der</strong> den Mammon<br />

an die Stelle aller alten Götter setzt,<br />

e<strong>in</strong>e Koalition «für das Seelenheil» formieren<br />

helfen – von gläubigen Katholiken über den<br />

transzendenten Kommunisten bis zum frommen<br />

Moslem?<br />

Papst Benedikt hat mit Rabbis und mit islamischen<br />

Muftis gebetet und des Öfteren die islamische<br />

Glaubens<strong>in</strong>nigkeit hervorgehoben – nicht ohne<br />

selbstverständlich davor zu warnen, Religion und<br />

Gewalt mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> zu verschmelzen. Aber Überlebensstrategien,<br />

Bündnisfragen, das hört sich<br />

sehr nach Kom<strong>in</strong>tern-Politik an, also gewöhnlich.<br />

Die Kirche aber muss das Außergewöhnliche bleiben,<br />

das Geheimnis, die Gnade. Die Leute werden<br />

schon merken, dass Malle alle<strong>in</strong> nicht glücklich<br />

macht. Mir auf jeden Fall geht es so.<br />

Zölibat ist antibürgerlich<br />

Das merken immer mehr. Doch wen Malle<br />

nicht mehr ausfüllt, landet <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel bei <strong>der</strong><br />

Esoterik, e<strong>in</strong>em spirituellen Mix aus Buddha<br />

und Bhagwan o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er Art Evangelium light.<br />

Nur wenige gehen aufs orthodoxe Ganze und<br />

verteidigen, wie Sie, etwa den Zölibat. Was<br />

fasz<strong>in</strong>iert Sie an letzterem? Wäre das für Sie<br />

auch e<strong>in</strong> realer Lebensentwurf?<br />

Interessante Frage. Auf jeden Fall fasz<strong>in</strong>ieren diese<br />

Selbstzucht- und Mäßigungs-Athleten, heutzutage<br />

ganz beson<strong>der</strong>s. Ich beobachte auch bei me<strong>in</strong>em<br />

Sohn, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>e asiatische Kampfsportart betreibt,<br />

dieses Interesse an Zen und Klosterstrenge und<br />

Konzentration. Allerd<strong>in</strong>gs hört er zwischendurch<br />

auch die Heavy-Metal-Punks von Slipknot. Ich halte<br />

die meisten Argumente gegen den Zölibat für furchtbar<br />

blöde und verroht, schon deshalb verteidige ich<br />

ihn. Er ist e<strong>in</strong> Zeichen. E<strong>in</strong>e positive und unglaublich<br />

theatralisierte Frömmigkeitsübung. Der Zölibat<br />

unterscheidet den Priester von allen an<strong>der</strong>en, wenn<br />

er glückt. Er ist e<strong>in</strong> Lebensabenteuer. Er sagt: «Ich<br />

gehöre Christus und <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de und sonst niemandem.<br />

Er ist die antibürgerliche Existenz per se.»<br />

Fälle seit den Liberalisierungen <strong>der</strong> 60er Jahre geschehen<br />

s<strong>in</strong>d. Warum viele nun ausgerechnet e<strong>in</strong>e<br />

Lockerung <strong>der</strong> «verklemmten Sexualmoral» des<br />

Vatikans als Mittel zur Bekämpfung <strong>der</strong> Pädophilie<br />

empfehlen, ist mir schleierhaft. Die Kirchenfe<strong>in</strong>de<br />

müssen sich sortieren: Entwe<strong>der</strong> sie nennen die<br />

Kirche e<strong>in</strong>e Lasterhölle, o<strong>der</strong> zu prüde, beides geht<br />

nicht. Dass die L<strong>in</strong>ke mit ihren Lockerungsübungen<br />

die Knabenliebe geradezu hoffähig machen<br />

wollte – Sie erwähnen Cohn-Bendit. Ebenso, dass<br />

die Humanistische Union, <strong>der</strong> die Justizm<strong>in</strong>ister<strong>in</strong><br />

Leutheusser-Schnarrenberger angehörte, «pädophile<br />

Arbeitsgruppen» unterstützte – und ausgerechnet<br />

diese Dame geriert sich nun als Chefankläger<strong>in</strong><br />

gegen die katholische Kirche. Beschämend.<br />

Sie lebten lange <strong>in</strong> den USA und haben dort<br />

e<strong>in</strong>e Sorte Christen kennengelernt, die Ihnen<br />

trotz ihrer Frömmigkeit missfallen hat. E<strong>in</strong>en<br />

von <strong>der</strong> Christian Coalition, e<strong>in</strong>er Vorfeldorganisation<br />

<strong>der</strong> Republikaner, zitieren Sie <strong>in</strong><br />

Ihrem Buch mit dem Ausspruch, diese habe<br />

«das gleiche Ziel wie die Nazis», nämlich:<br />

«Unsere Kultur zu retten und die Traditionen<br />

zu behaupten». Haben Sie sich an diesen<br />

Es ist mittlerweile<br />

h<strong>in</strong>länglich belegt,<br />

dass es ke<strong>in</strong>en<br />

Zusammenhang<br />

zwischen Zölibat<br />

und Pädophilie gibt.<br />

Breiviks Vorbild? E<strong>in</strong> Kreuzritter auf<br />

<strong>der</strong> Wacht im Gebirge. Gemälde:<br />

Karl Friedrich Less<strong>in</strong>g (1808 – 1880)<br />

Vom Zölibat ist es für viele Journalisten nicht<br />

weit zur Missbrauchsdebatte. Da sie beide<br />

Milieus aus eigener Erfahrung kennen: Sehen<br />

Sie den Missbrauch von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n als e<strong>in</strong>e Ventilhandlung<br />

sexuell unterdrückter Katholiken<br />

– o<strong>der</strong> als e<strong>in</strong>en Exzess sexuell enthemmter<br />

Achtundsechziger? Böse gefragt: Die Medien<br />

haben sich auf die Kopfnüsse von Bischof<br />

Mixa e<strong>in</strong>geschossen und die Doktorspiele<br />

des Kita-Betreuers Cohn-Bendit verschwiegen.<br />

War das e<strong>in</strong> Fehler?<br />

Es ist mittlerweile h<strong>in</strong>länglich belegt, dass es<br />

ke<strong>in</strong>en Zusammenhang zwischen Zölibat und Pädophilie<br />

gibt. Ebenso unbestritten ist, dass viele<br />

49


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Presse<br />

Matthias Matussek<br />

Matthias Matussek (*1954) war<br />

seit 1987 für den Spiegel, seit<br />

2013 für den Axel-Spr<strong>in</strong>ger-Verlag,<br />

sowie als Buchautor tätig.<br />

In se<strong>in</strong>em Veröffentlichungen<br />

vertritt er Werte wie Glauben,<br />

Familie o<strong>der</strong> Patriotismus. Im<br />

November 2015 wurde <strong>der</strong><br />

Egon-Erw<strong>in</strong>-Kisch-Preisträger<br />

wegen e<strong>in</strong>es kritischen<br />

Facebook-E<strong>in</strong>trages zu den<br />

Terroranschlägen von Paris als<br />

Kolumnist <strong>der</strong> Welt entlassen.<br />

Evangelikalen er<strong>in</strong>nert, als Sie vom norwegischen<br />

Massenmör<strong>der</strong> An<strong>der</strong>s Breivik hörten?<br />

Ich habe diese Idiotie mit großer Fassungslosigkeit<br />

zitiert, habe aber durchaus auch klar beschrieben,<br />

wie beflügelnd und positiv und nächstenliebend<br />

das praktizierte Christentum <strong>in</strong> den USA se<strong>in</strong> kann,<br />

ob nun <strong>in</strong> den schwarzen Baptistengeme<strong>in</strong>den o<strong>der</strong><br />

bei Presbyterianern <strong>in</strong> Texas. Der Massenmör<strong>der</strong><br />

von Oslo hat sich zwar als Christ bezeichnet, aber<br />

vor allem als Ritter gegen den Kulturmarxismus,<br />

<strong>der</strong> lässt sich nicht aus <strong>der</strong> eigenen Propaganda,<br />

dieser Zitat-Collage von Len<strong>in</strong> bis b<strong>in</strong> Laden erklären.<br />

Ne<strong>in</strong>, er hat mich überhaupt nicht an die konservativen<br />

Christen <strong>in</strong> den Staaten er<strong>in</strong>nert.<br />

Mit an<strong>der</strong>en Worten: Trotz Breiviks Kreuzritter-Rhetorik,<br />

die auch se<strong>in</strong>e Kostümierung<br />

und damit se<strong>in</strong>e Selbstvermarktung bestimmt,<br />

sehen Sie ihn nicht als – blutig missratenen<br />

– Jünger Christi, son<strong>der</strong>n eher, wie<br />

die «Bild»-Zeitung, als «blonden Teufel»?<br />

Er ist <strong>der</strong> Gegenpol zu Christus, also <strong>in</strong> <strong>der</strong> mittelalterlichen<br />

Ikonografie – und me<strong>in</strong>etwegen <strong>der</strong><br />

von Bild – <strong>der</strong> Teufel, ganz logisch. Der Typ ist<br />

we<strong>der</strong> politisch noch soziologisch noch psychologisch<br />

erklärbar. Ich glaube tatsächlich, dass es das<br />

metaphysisch Böse gibt, das e<strong>in</strong>en aus dem kalten<br />

Nihilismus dieser Tat anweht. Das gilt im Übrigen<br />

auch für die NS-Lagerkommandanten, die Menschen-Vernichtungsspezialisten,<br />

ach, viele Schlächter<br />

durch die Geschichte.<br />

Breivik ist nicht christlich, son<strong>der</strong>n<br />

schlicht böse.<br />

Was würden Sie den Kommentatoren antworten,<br />

die e<strong>in</strong>en christlichen Fundamentalismus<br />

als Breiviks Tath<strong>in</strong>tergrund beschreiben?<br />

Schwachs<strong>in</strong>n, ist we<strong>der</strong> christlich noch fundamentalistisch,<br />

son<strong>der</strong>n schlicht böse.<br />

Matussek – e<strong>in</strong> streitbarer und eloquenter Publizist.<br />

Foto: picture alliance / Ulrich Baumga<br />

Verfügbare Titel:<br />

Im magischen Dickicht des<br />

Regenwaldes. Reise durch den<br />

Amazonas. (Picus, Wien 2005,<br />

132 Seiten, 14.90 Euro)<br />

Wir Deutschen. Warum uns<br />

die an<strong>der</strong>en gern haben können.<br />

(S. Fischer, Frankfurt a.M.<br />

2006, 352 Seiten, 9.95 Euro)<br />

Als wir jung und schön waren.<br />

(S. Fischer, Frankfurt a.M.<br />

2008, 304 Seiten, 4.95 Euro)<br />

Das katholische Abenteuer.<br />

E<strong>in</strong>e Provokation. (Deutsche<br />

Verlagsanstalt, München 2011,<br />

368 Seiten, 9.99 Euro)<br />

Die Apokalypse nach Richard.<br />

(Aufbau Verlag, Berl<strong>in</strong> 2012, 189<br />

Seiten, 16.99 Euro)<br />

Foto: Archiv<br />

50<br />

Das gesamte Interview erschien <strong>in</strong><br />

<strong>COMPACT</strong> 9/2011. Die Fragen stellte<br />

Jürgen Elsässer.


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Presse<br />

Ausgewählte Kündigungen<br />

_ von Karel Meissner<br />

Jürgen Elsässer, fast 20 Jahre lang e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> prom<strong>in</strong>entesten l<strong>in</strong>ken Journalisten,<br />

hat sich nie das Recht auf eigene Gedanken nehmen lassen und immer wie<strong>der</strong> die<br />

Dogmen <strong>der</strong> Achtundsechziger <strong>in</strong> Frage gestellt. Das brachte ihm die unverbrüchliche<br />

Fe<strong>in</strong>dschaft <strong>der</strong> Apparatschiks und Rotgardisten e<strong>in</strong>.<br />

Heute kaum noch zu glauben, aber tatsächlich<br />

wahr: Jürgen Elsässer hat über viele Jahre für die<br />

Flaggschiffe <strong>der</strong> l<strong>in</strong>ken Presse gearbeitet. Aber<br />

irgendwann wurde er bei allen rausgeschmissen<br />

o<strong>der</strong> <strong>in</strong>s Aus gedrängt. Das von Ulrike Me<strong>in</strong>hof mitgegründete<br />

Monatsmagaz<strong>in</strong> Konkret, wo er 1992<br />

se<strong>in</strong>en ersten Artikel veröffentlicht hatte, feuerte<br />

ihn als Redakteur zu Jahresanfang 2003. Bei<br />

Junge Welt, wo er danach anheuerte (und es zuvor,<br />

1994 bis 1997, zeitweilig sogar bis zum Chefredakteur<br />

gebracht hatte), kündigte man se<strong>in</strong>en<br />

Vertrag im Januar 2008. Das folgende Gastspiel<br />

beim e<strong>in</strong>stigen SED-Zentralorgan Neues Deutschland<br />

währte am Kürzesten: Im Januar 2009 war<br />

Schicht im Schacht. So unterschiedlich die Anlässe<br />

waren, so war <strong>der</strong> Grund doch immer <strong>der</strong>selbe:<br />

Der Badener – geboren 1957 <strong>in</strong> Pforzheim – hatte<br />

gegen die Politische Korrektheit verstoßen, war <strong>in</strong><br />

den Augen se<strong>in</strong>er Genossen e<strong>in</strong> Rechtsabweichler,<br />

e<strong>in</strong> Nationalist geworden.<br />

«Konkret» und <strong>der</strong> Geheimdienst<br />

In Konkret begann <strong>der</strong> Ärger mit dem 11. September<br />

2001. Zunächst zogen Herausgeber Hermann<br />

L. Gremliza und Elsässer als verantwortlicher<br />

Politikredakteur an e<strong>in</strong>em Strang: Die offizielle Version<br />

<strong>der</strong> Anschläge stank zum Himmel, da musste<br />

etwas faul se<strong>in</strong>. Elsässer führte e<strong>in</strong> langes Interview<br />

mit Andreas von Bülow, SPD-Forschungsm<strong>in</strong>ister<br />

unter Kanzler Helmut Schmidt und e<strong>in</strong>er <strong>der</strong><br />

prom<strong>in</strong>entesten Vertreter <strong>der</strong> These vom «<strong>in</strong>side job<br />

9/11». Im Januar 2002 erschien Konkret gar mit George<br />

W. Bush auf dem Titelbild und <strong>der</strong> heute COM-<br />

Ankündigung e<strong>in</strong>er Veranstaltung<br />

von Oskar Lafonta<strong>in</strong>e und Jürgen<br />

Elsässer <strong>in</strong> <strong>der</strong> Show des l<strong>in</strong>ken<br />

Kabarettisten Dr. Seltsam, 2007.<br />

Foto: Dr. Seltsam<br />

Elsässer war <strong>in</strong> den<br />

Augen se<strong>in</strong>er<br />

Genossen e<strong>in</strong><br />

Rechtsabweichler.<br />

51


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Presse<br />

Jürgen Elsässer<br />

Jürgen Elsässer (*1957)<br />

war seit Anfang <strong>der</strong> 1990er<br />

Jahre unter an<strong>der</strong>em für die<br />

Tageszeitungen Junge Welt<br />

und Neues Deutschland, die<br />

Wochenzeitungen Jungle World<br />

und Jüdische Allgeme<strong>in</strong>e sowie<br />

für das Monatsmagaz<strong>in</strong> Konkret<br />

tätig. Seit 2010 ist er Chefredakteur<br />

von <strong>COMPACT</strong>.<br />

E<strong>in</strong>ige verfügbare Titel:<br />

Terrorziel Europa. Das<br />

gefährliche Doppelspiel <strong>der</strong><br />

Geheimdienste. (Residenz Verlag,<br />

St. Pölten 2008, 344 Seiten,<br />

24.80 Euro)<br />

Nationalstaat und Globalisierung.<br />

Als L<strong>in</strong>ker vor <strong>der</strong><br />

Preußischen Gesellschaft.<br />

(Manuscriptum, Waltrop 2009,<br />

101 Seiten, 8.80 Euro)<br />

Gegen F<strong>in</strong>anzdiktatur. Die<br />

Volks<strong>in</strong>itiative: Grundsätze,<br />

Konzepte, Ziele. (Kai Homilius<br />

Verlag, Wer<strong>der</strong> an <strong>der</strong> Havel<br />

2009, 105 Seiten, 7.50 Euro)<br />

Iran. Fakten gegen westliche<br />

Propaganda. (Kai Homilius Verlag,<br />

Wer<strong>der</strong> an <strong>der</strong> Havel 2009,<br />

104 Seiten, 7.50 Euro)<br />

Die Schattenregierung.<br />

Geheimstrukturen <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

US-Politik von 9/11 bis Obama.<br />

(Kai Homilius Verlag, Wer<strong>der</strong><br />

an <strong>der</strong> Havel 2011, 120 Seiten,<br />

8.80 Euro)<br />

PACT-kompatiblen Schlagzeile: «Man of the Year:<br />

Barbar <strong>in</strong> Zivil». Doch seltsam: Während Weißes<br />

Haus und Pentagon im Laufe <strong>der</strong> nächsten Monate<br />

ihre Kriegsvorbereitungen gegen den Irak <strong>in</strong>tensivierten,<br />

wurde die Kritik im Hause Gremliza immer<br />

zurückhalten<strong>der</strong>. Als zur Frankfurter Buchmesse<br />

2002 gar noch e<strong>in</strong> Konkret-Buch erschien, das offen<br />

für e<strong>in</strong>en Feldzug gegen das Zweistromland<br />

warb, setzte sich Elsässer energisch für e<strong>in</strong> klares<br />

Antikriegsprofil e<strong>in</strong>. Gremliza entgegnete, es gebe<br />

gute Gründe gegen und gute Gründe für den Krieg,<br />

beides müsse im Blatt zu lesen se<strong>in</strong>. Zu den guten<br />

Gründen gehörte <strong>in</strong> <strong>der</strong> zionistischen Weltsicht des<br />

Herausgebers die Verteidigung Israels gegen den<br />

angeblichen Antisemiten Saddam Husse<strong>in</strong>.<br />

«Wer jetzt ke<strong>in</strong>e antiamerikanischen Zuckungen<br />

hat, ist entwe<strong>der</strong> hirntot o<strong>der</strong> gekauft» – das<br />

durfte Elsässer immerh<strong>in</strong> <strong>in</strong> Konkret noch dagegenstellen.<br />

Doch se<strong>in</strong> Versuch, das erwähnte Buch im<br />

Blatt kritisch zu rezensieren, wurde energisch torpediert.<br />

Bei <strong>der</strong> dann anberaumten Krisensitzung<br />

spielte Elsässer e<strong>in</strong>en verme<strong>in</strong>tlich starken Trumpf<br />

aus: «Ich wies darauf h<strong>in</strong>, dass e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> Autoren<br />

des Sammelbandes <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeit offen damit geprahlt<br />

hatte, auf <strong>der</strong> Payroll des Pentagon zu stehen. Wie<br />

konnte e<strong>in</strong>e l<strong>in</strong>ke Publikation e<strong>in</strong>en bezahlten Agenten<br />

des US-Imperialismus schreiben lassen? Gremliza<br />

konterte ungerührt: Auch Adorno und Horkheimer<br />

hätten bekanntlich im Zweiten Weltkrieg Auftragsarbeiten<br />

für den US-Geheimdienst gemacht,<br />

das sei ke<strong>in</strong> Kriterium. Damit war ich Schachmatt»,<br />

erzählt <strong>der</strong> Geschasste im Rückblick.<br />

«Junge Welt» – früh vergreist<br />

In <strong>der</strong> Jungen Welt (JW) wurde e<strong>in</strong>e Schmerzgrenze<br />

spürbar, als Elsässer im Juni 2006 die neue<br />

Regierung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Slowakei lobte – e<strong>in</strong>e Koalition<br />

aus <strong>der</strong> sozialdemokratischen Smer-Partei von<br />

dem (auch heute wie<strong>der</strong> amtierenden) Premier Robert<br />

Fico und <strong>der</strong> rechten, früher rechtsradikalen<br />

Slowakischen Nationalpartei (SNS). Für Spr<strong>in</strong>gers<br />

Welt war das e<strong>in</strong>e «Koalition <strong>der</strong> Extreme», für die<br />

Taz e<strong>in</strong> «Gruselkab<strong>in</strong>ett».<br />

Elsässer schrieb: «E<strong>in</strong>e Regierung, die solche<br />

Gegner hat, kann so schlecht nicht se<strong>in</strong>. Tatsächlich:<br />

Zum ersten Mal seit <strong>der</strong> kapitalistischen<br />

Wende 1989/90 kommt <strong>in</strong> Donald Rumsfelds<br />

”neuem” Europa e<strong>in</strong>e politische Kraft ans Ru<strong>der</strong>,<br />

die mit dem Neoliberalismus brechen will. (…) Nur<br />

mit <strong>der</strong> SNS hat Fico e<strong>in</strong>e Mehrheit für se<strong>in</strong>e soziale<br />

Wirtschaftspolitik. Hätte er darauf verzichten<br />

und es den Gutmenschen <strong>in</strong> <strong>der</strong> SPD und an<strong>der</strong>swo<br />

recht machen sollen – um den Preis, dass <strong>der</strong> Neoliberalismus<br />

weitergeht?» Elsässer wurde vor die<br />

Ressortleitersitzung zitiert und musste sich vom<br />

Geschäftsführer Vorwürfe wegen «Querfrontpolitik»<br />

machen lassen, nahm aber se<strong>in</strong>e Position nicht<br />

zurück.<br />

«Wer jetzt ke<strong>in</strong>e antiamerikanischen<br />

Zuckungen hat, ist entwe<strong>der</strong><br />

hirntot o<strong>der</strong> gekauft.» Elsässer 2002<br />

Dieses Spielchen wie<strong>der</strong>holte sich mehrfach,<br />

zum Beispiel, als Elsässer nach den für die L<strong>in</strong>ke<br />

desaströsen Wahlen zum Berl<strong>in</strong>er Abgeordnetenhaus<br />

im September 2006 <strong>der</strong> Kragen platzte. «Mit<br />

Staatsknete wird Multikulti, Gen<strong>der</strong>ma<strong>in</strong>stream<strong>in</strong>g<br />

und die schwule Subkultur geför<strong>der</strong>t, während die<br />

Proleten auf Hartz IV gesetzt werden und sich<br />

Foto: Kai Homilius Verlag<br />

52<br />

Jürgen Elsässer bei e<strong>in</strong>er Buchlesung<br />

für das «Neue Deutschland»<br />

(2008). Fotos: Privat


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Presse<br />

oft auch ke<strong>in</strong>e Kita, ke<strong>in</strong> Schwimmbad und ke<strong>in</strong>e<br />

warme Wohnung mehr leisten können», schrieb er<br />

über den Senat von SPD und L<strong>in</strong>kspartei.<br />

Weil die scharfe Polemik des Chefkommentators<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Leserschaft durchaus e<strong>in</strong>igen Rückhalt<br />

hatte und er damals auch noch auf gutem Fuß mit<br />

Oskar Lafonta<strong>in</strong>e stand, scheute <strong>der</strong> Geschäftsführer<br />

zunächst vor personellen Konsequenzen zurück.<br />

Doch im Januar 2008 wurde <strong>der</strong> Druck <strong>der</strong> politisch<br />

Korrekten zu stark. Ausschlaggebend war e<strong>in</strong><br />

Kommentar, <strong>in</strong> dem Elsässer zu <strong>der</strong> sich abzeichnenden<br />

Weltwirtschaftskrise Stellung genommen<br />

hatte: «In dieser Situation werden sich nur noch<br />

Besserverdienende für den postmo<strong>der</strong>nen Schnullipulli<br />

– Ökologie, Fem<strong>in</strong>ismus, offene Grenzen,<br />

Klimaschutz – begeistern können. Auch <strong>der</strong> simple<br />

Klassenkampf <strong>der</strong> ewigen Trotzkisten wird nur<br />

e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit ansprechen. Denn schon<br />

<strong>der</strong> Daimler-Facharbeiter und erst recht <strong>der</strong> Mittelständler<br />

rechnen sich gar nicht zum Proletariat.<br />

Notwendig wäre vielmehr e<strong>in</strong>e Politik für alle (so<br />

e<strong>in</strong> Buchtitel Lafonta<strong>in</strong>es), das heißt, e<strong>in</strong> Programm<br />

zum Schutz <strong>der</strong> Volkswirtschaft vor den Stürmen<br />

<strong>der</strong> Globalisierung. E<strong>in</strong> wichtiges Element davon<br />

wäre <strong>der</strong> Neuaufbau e<strong>in</strong>er nationalen Energiebasis.<br />

Wolfgang Clement hat durchaus recht, wenn er<br />

den kohlefe<strong>in</strong>dlichen Kurs <strong>der</strong> Hessen-SPD angreift<br />

– er hätte nur dazusagen sollen, dass schon im<br />

Kab<strong>in</strong>ett Schrö<strong>der</strong> mit ihm als Wirtschaftsm<strong>in</strong>ister<br />

das Todesurteil über die Bergwerke gesprochen<br />

wurde. Hat die L<strong>in</strong>ke den Mut, ihre Wie<strong>der</strong>öffnung<br />

zu for<strong>der</strong>n? O<strong>der</strong> wartet sie, bis <strong>der</strong> Ölpreis auf 200<br />

Euro pro Barrel steigt?» Gegen die Schnullipullis,<br />

gegen die Trotzkisten, gegen die Klimaschw<strong>in</strong>dler<br />

– damit hatte das Enfant terrible zuviele Heilige<br />

Kühe auf e<strong>in</strong>mal geschlachtet, zu viele für die<br />

Kühe und Ochsen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Jungen Welt jedenfalls.<br />

Kontroverse um das «Ermächtigungsgesetz»<br />

Im Neuen Deutschland g<strong>in</strong>g es zunächst<br />

gemächlich zu. Zu Chefredakteur Jürgen Reents<br />

hatte Elsässer e<strong>in</strong> persönlich gutes Verhältnis, er<br />

war <strong>in</strong> dessen Sturm- und Drangjahren im Kommunistischen<br />

Bund (KB) se<strong>in</strong> Politkommissar («Anleiter»)<br />

gewesen. Reents kannte auch dessen Sündenregister<br />

bei <strong>der</strong> Jungen Welt, aber wollte das<br />

reichlich verschlafene ND wohl mit se<strong>in</strong>er spitzen<br />

Fe<strong>der</strong> etwas anstacheln. Dass nicht zu tief gestochen<br />

werden sollte, erfuhr Elsässer jedoch nach<br />

kaum vier Wochen: «Im April 2008 bezeichnete ich<br />

den Vertrag von Lissabon <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Kommentar als<br />

"Ermächtigungsgesetz" – den Term<strong>in</strong>us musste ich<br />

streichen, das sei Verharmlosung des Nationalsozialismus.<br />

Außerdem durfte ich mich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kritik <strong>der</strong><br />

EU nicht auf den Verfassungsrechtler Karl Albrecht<br />

Schachtschnei<strong>der</strong> beziehen, da <strong>der</strong> angeblich e<strong>in</strong>en<br />

Vortrag für die NPD gehalten hatte. Me<strong>in</strong> H<strong>in</strong>weis,<br />

dass Schachtschnei<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>ladung des Sächsischen<br />

Landtages gefolgt war und er diese aufgrund<br />

se<strong>in</strong>es Arbeitsvertrages als Professor des<br />

Freistaates Bayern nicht ablehnen konnte, obwohl<br />

die E<strong>in</strong>ladung von <strong>der</strong> NPD-Fraktion angeregt worden<br />

war, stieß auf taube Ohren», er<strong>in</strong>nert sich <strong>der</strong><br />

Journalist.<br />

Das Aus kam dann, als Elsässer im Januar 2009<br />

– mittlerweile war die Wirtschaftskrise voll ausgebrochen<br />

– zur Gründung e<strong>in</strong>er «Volks<strong>in</strong>itiative<br />

gegen das F<strong>in</strong>anzkapital» aufrief. In <strong>der</strong> E<strong>in</strong>ladung<br />

formulierte er: «Die aktuell e<strong>in</strong>setzende Depression<br />

ist Ergebnis e<strong>in</strong>es bewussten Angriffs des anglo-amerikanischen<br />

F<strong>in</strong>anzkapitals auf den Rest <strong>der</strong><br />

Welt.(…) Hauptaufgabe <strong>der</strong> L<strong>in</strong>ken ist <strong>der</strong> Aufbau<br />

e<strong>in</strong>er Volksfront, die das national bzw. "alt-europäisch"<br />

orientierte Industriekapital e<strong>in</strong>schließt. Die<br />

Reduktion auf Klassenkampf ist sektiererischer<br />

Uns<strong>in</strong>n.»<br />

«Nur Besserverdienende begeistern<br />

sich für postmo<strong>der</strong>nen<br />

Schnullipulli wie Ökologie, Fem<strong>in</strong>ismus,<br />

offene Grenzen.»<br />

Elsässer 2008<br />

Die NPD lobte ihn eilfertig als «Eisbrecher»<br />

für e<strong>in</strong>e neue Bewegung, beim ND schrillten die<br />

Alarmglocken. Es nützte ihm nichts, dass er auf<br />

<strong>der</strong> Gründungsveranstaltung <strong>der</strong> «Volks<strong>in</strong>itiative»<br />

gleich zu Anfang grundsätzlich mit NPD, DVU und<br />

an<strong>der</strong>en abrechnete, die «im blutigen Sumpf <strong>der</strong><br />

Vergangenheit» steckten. Bereits zwei Tage nach<br />

<strong>der</strong> Verantaltung war die Kündigung perfekt. Zum<br />

ersten Mal seit dem Ende <strong>der</strong> DDR hatte das<br />

e<strong>in</strong>stige Zentralorgan e<strong>in</strong>en Mitarbeiter aus politischen<br />

Gründen gefeuert, und – da Elsässer doch<br />

e<strong>in</strong>ige Freunde <strong>in</strong> <strong>der</strong> Leserschaft hatte – zum<br />

ersten Mal musste e<strong>in</strong>e Personalie im Blatt begründet<br />

werden: Er sei zwar ke<strong>in</strong> Rechter, hieß es<br />

da, hätte aber von rechts «gedankliche Anleihen»<br />

genommen…<br />

Nach dem Rauswurf bei JW und ND brachte<br />

Elsässer auch beim Freitag und im Internetportal<br />

Telepolis, für die er gelegentlich geschrieben hatte,<br />

ke<strong>in</strong>e Beiträge mehr unter. Aus <strong>der</strong> Not machte<br />

er e<strong>in</strong>e Tugend und gründete zusammen mit dem<br />

Verleger Kai Homilius das Monatsmagaz<strong>in</strong> COM-<br />

PACT. Die Nullnummer erschien im Dezember 2010.<br />

«Nicht l<strong>in</strong>ks, nichts rechts, son<strong>der</strong>n vorn», war die<br />

neue, die zukunftsweisende Orientierung.<br />

Elsässer bei e<strong>in</strong>er Buchlesung für<br />

die L<strong>in</strong>kspartei <strong>in</strong> Bremen, 2009.<br />

Foto: Die L<strong>in</strong>ke<br />

_ Karel Meissner war Volontär<br />

bei <strong>COMPACT</strong> und lebt heute <strong>in</strong><br />

Birm<strong>in</strong>gham.<br />

Verbotene Wörter<br />

«Was verboten ist, macht uns<br />

gerade scharf. In Zeiten <strong>der</strong> Krise<br />

versuchen die Regierenden,<br />

ihre Untertanen stärker zu kontrollieren.<br />

Früher machten sie<br />

das mit plumper <strong>Zensur</strong>, heute<br />

wollen sie vor allem unsere<br />

Kommunikation beherrschen:<br />

Krieg heißt Frieden, Sklaverei<br />

wird Freiheit genannt und Unwissenheit<br />

als Stärke gerühmt.<br />

Indem man die Sprache verarmt,<br />

schränkt man das Denken<br />

e<strong>in</strong> und macht Kritik zahnlos:<br />

Wer e<strong>in</strong> Wort wie "Volk" ausmerzt,<br />

verh<strong>in</strong><strong>der</strong>t e<strong>in</strong>e Diskussion<br />

um die Weiterentwicklung<br />

<strong>der</strong> Demokratie, die ohne diesen<br />

Grundbegriff nicht vorstellbar<br />

ist. Wer den Begriff "Konzentrationslager"<br />

auf die deutsche<br />

Vergangenheit beschränkt, wird<br />

die Realität von Abu Ghraib und<br />

Guantanamo nicht beschreiben<br />

können. Wer vom "Zionismus"<br />

nicht reden darf, muss auch vom<br />

Faschismus schweigen.»<br />

(Aus Jürgen Elsässers Editorial<br />

zur Buchreihe <strong>COMPACT</strong> im<br />

Frühjahr 2009, aus <strong>der</strong> sich später<br />

das Monatsmagaz<strong>in</strong> COM-<br />

PACT entwickelte).<br />

Partner seit 2009: Kai Homilius und<br />

Jürgen Elsässer. Foto: <strong>COMPACT</strong><br />

53


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Presse<br />

In <strong>der</strong> Tradition von Wilhelm Tell<br />

_ von Jürgen Elsässer<br />

Im Frühjahr 2014 bildete sich angesichts <strong>der</strong> Kriegshetze gegen<br />

Russland e<strong>in</strong>e neue Friedensbewegung, die <strong>in</strong> vielen Städten jeweils<br />

montags Mahnwachen durchführte. L<strong>in</strong>ke und Grüne verleumdeten die<br />

Teilnehmer als Antisemiten und Nazis. Am Ostermontag 2014 nahm ich<br />

vor 5.000 Teilnehmern <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> dazu Stellung.<br />

chen Brandreden wird die «Endlösung <strong>der</strong> Russenfrage»<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Ukra<strong>in</strong>e vorbereitet! Aber gegen diesen<br />

Faschismus geht Jutta von Münchhausen nicht<br />

vor! Ke<strong>in</strong> Wort von ihr zu diesen NATO-Faschisten!<br />

Dieser Münchhausen-Antifaschismus nützt nur den<br />

Kriegstreibern!<br />

54<br />

«Glühen<strong>der</strong><br />

Antisemit»<br />

Jutta Ditfurth – früher Bundesvorsitzende<br />

<strong>der</strong> Grünen, heute<br />

als l<strong>in</strong>ksradikale Publizist<strong>in</strong> tätig<br />

– verstieg sich im April 2014<br />

bei ihren Angriffen auf die neue<br />

Friedensbewegung zu persönlichen<br />

Verleumdungen und bezeichnete<br />

Jürgen Elsässer auf<br />

3sat als «glühenden Antisemiten».<br />

Der <strong>COMPACT</strong>-Chefredakteur<br />

klagte erfolgreich gegen<br />

diese Schmähung und erhielt <strong>in</strong><br />

zwei Prozessen Recht. Ditfurth<br />

hatte im Laufe <strong>der</strong> über e<strong>in</strong>jährigen<br />

gerichtlichen Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung<br />

ke<strong>in</strong>erlei Beweise<br />

für ihre ungeheuerliche Beleidigung<br />

vorlegen können. Auch e<strong>in</strong><br />

Hilferuf an ihre Facebook-Fans,<br />

doch bei <strong>der</strong> Suche nach entsprechenden<br />

Belegen behilflich<br />

zu se<strong>in</strong>, erbrachte nichts. Auf<br />

<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite konnte Elsässer<br />

mit zahlreichen Zitaten beweisen,<br />

dass er sich immer wie<strong>der</strong><br />

gegen Judenhass und Nazismus<br />

ausgesprochen und engagiert<br />

hatte. Das OLG München<br />

resümiert im Urteil vom Oktober<br />

2015: «Auch legt <strong>der</strong> Umstand,<br />

dass jemand sich nie explizit antisemitisch,<br />

wohl aber wie<strong>der</strong>holt<br />

gegen den Antisemitismus<br />

äußert, weit eher den Schluss<br />

nahe, dass er eben ke<strong>in</strong> Antisemit<br />

ist, als den von <strong>der</strong> Kläger<strong>in</strong><br />

gezogenen Schluss, dass er gerade<br />

deswegen e<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>s<br />

gefährlicher Antisemit sei, <strong>der</strong><br />

se<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>stellung nur geschickt<br />

verschleiere.»<br />

Bild rechts: Jutta Ditfurth als<br />

Beklagte im Elsässer-Prozess.<br />

Foto: archeviva.com<br />

_ Auszug aus dem Redemanuskript<br />

für den 21. April 2014. Im<br />

freien Vortrag wich <strong>der</strong> Wortlaut<br />

m<strong>in</strong>imal davon ab. E<strong>in</strong> Mitschnitt<br />

ist auf «YouTube» zu f<strong>in</strong>den.<br />

Ich habe ja schon gesagt, das L<strong>in</strong>ks-rechts-<br />

Schema ist out, das ist die Gesäßgeographie <strong>der</strong><br />

Vergangenheit. Aber wenn man, bezogen auf die<br />

Vergangenheit, von l<strong>in</strong>ks und rechts reden konnte,<br />

so lautete die e<strong>in</strong>fachste Def<strong>in</strong>ition: Die Rechten<br />

waren für den Krieg, waren militaristisch, und die<br />

L<strong>in</strong>ken waren gegen den Krieg, waren antimilitaristisch.<br />

Rosa Luxemburg war gegen den Ersten Weltkrieg<br />

und wurde deswegen ermordet. Ernst Thälmann<br />

war gegen den Zweiten Weltkrieg und wurde<br />

deswegen ermordet. Und wenn wir jetzt gegen den<br />

Dritten Weltkrieg kämpfen, wollen uns die amerikanisierten<br />

Hetzer als rechts darstellen? Das ist doch<br />

e<strong>in</strong>e hirnverbrannte Lüge!<br />

Das deutsche Volk ist viel besser<br />

als se<strong>in</strong> Ruf.<br />

Zur Frontfrau <strong>der</strong> Hetze gegen diese Demonstration<br />

hat sich e<strong>in</strong>e abgebrochene Adlige gemacht,<br />

<strong>der</strong>en Namen ich vergessen habe. Nennen wir sie<br />

Jutta von Münchhausen [Anspielung auf Jutta Ditfurth].<br />

Sie sieht uns als Faschisten und for<strong>der</strong>t die<br />

Antifa zum Kampf gegen uns auf. Ja, es stimmt,<br />

<strong>der</strong> Faschismus marschiert. Aber nicht hier, son<strong>der</strong>n<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Ukra<strong>in</strong>e. Man nennt ihn auch den NATO-Faschismus,<br />

denn ohne Unterstützung durch die NATO,<br />

vor allem durch die USA, hätte dieser Faschismus<br />

<strong>in</strong> Kiew nicht putschen können. Teil <strong>der</strong> neuen<br />

Putsch-Regierung <strong>in</strong> Kiew ist die Partei Swoboda.<br />

Deren Vorsitzen<strong>der</strong> Oleh Tjahnybog sagte 2004:<br />

«Schnappt Euch die Gewehre, bekämpft die Russen-Säue,<br />

die Deutschen, die Juden-Schwe<strong>in</strong>e und<br />

an<strong>der</strong>e Unarten!» Das ist die Sprache des Faschismus,<br />

und diese Partei ist Koalitionspartner <strong>der</strong><br />

Putschregierung <strong>in</strong> Kiew, die die NATO anerkannt<br />

hat – e<strong>in</strong>e Schande! O<strong>der</strong> nehmen wir Julia Timoschenko,<br />

die Präsidentschaftskandidat<strong>in</strong>. Sie sagte<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Telefongespräch am 18. März 2014: «Wir<br />

sollten Waffen nehmen und die verdammten [Russen]<br />

töten, zusammen mit ihren Anführern.(...) Ich<br />

werde alle me<strong>in</strong>e Verb<strong>in</strong>dungen nutzen, um Russland<br />

<strong>in</strong> verbrannte Erde zu verwandeln.» Mit sol-<br />

Rücksturz <strong>in</strong>s Mittelalter<br />

L<strong>in</strong>ks und rechts s<strong>in</strong>d out, habe ich gesagt.<br />

Warum? Weil sich die heutige Gesellschaft nicht<br />

mehr hauptsächlich <strong>in</strong> Arbeiter und Kapitalisten<br />

spaltet. Das war so im 19. und über weite Strecken<br />

im 20. Jahrhun<strong>der</strong>t. Heute haben wir e<strong>in</strong>e<br />

an<strong>der</strong>e Spaltung: Hier die 99 Prozent <strong>der</strong> Ehrlichen<br />

und Arbeitenden – und dort das e<strong>in</strong>e Prozent <strong>der</strong><br />

<strong>in</strong>ternationalen F<strong>in</strong>anzoligarchie. Das Verbrechen<br />

hat Name und Anschrift, wie Bertolt Brecht e<strong>in</strong>mal<br />

sagte. Um e<strong>in</strong>ige Namen zu nennen: Rockefeller,<br />

Rothschild, Soros, Chodorkowski, das englische<br />

Königshaus, das saudische Königshaus. Warum<br />

dürfen wir nicht sagen, dass sich diese Superreichen<br />

<strong>der</strong> Fe<strong>der</strong>al Reserve bedienen? Warum sollte<br />

das antisemitisch se<strong>in</strong>? Diese Oligarchen haben<br />

ke<strong>in</strong>e Religion, sie beten we<strong>der</strong> zu Gott noch zu<br />

Jahwe noch zu Allah, sie huldigen nur e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>zigen<br />

Götzen, nämlich dem kalten Mammon. Reden<br />

wir über dieses e<strong>in</strong>e Prozent F<strong>in</strong>anzoligarchie, reden<br />

wir über die Verbrechen dieser Heuschrecken – und<br />

lassen wir uns den Mund nicht verbieten!<br />

Die heutige Gesellschaft ähnelt wie<strong>der</strong> <strong>der</strong> des<br />

Mittelalters. Auf <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Seite stehen die supranationalen<br />

Dynastien, auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite das<br />

Volk. Damals waren es die Dynastien des Adels,<br />

heute s<strong>in</strong>d es die Dynastien des Geldes, die Rockefellers<br />

und Co. Das Volk blutet, heute wie damals.<br />

Und das Volk kämpft. Wir kennen die großen Kämpfer<br />

des Volkes aus den Geschichtsbüchern: Das<br />

waren Rob<strong>in</strong> Hood, Klaus Störtebeker, Thomas<br />

Müntzer und Wilhelm Tell. Die waren we<strong>der</strong> l<strong>in</strong>ks<br />

noch rechts, das gab es damals nicht. Die waren<br />

e<strong>in</strong>fach für das Volk. Die waren für die hier unten,<br />

gegen die da oben.


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Presse<br />

Rothfront marschiert<br />

_ von Jürgen Elsässer<br />

Die Antideutschen s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e Sumpfblüte, die erst relativ spät im 68er-Biotop zu<br />

keimen begann, aber heute alles überwuchert. Woher kommen diese Leute, und was<br />

wollen sie eigentlich? Warum s<strong>in</strong>d sie so stark geworden? Bericht e<strong>in</strong>es Aussteigers.<br />

12. Mai 1990, Frankfurt am Ma<strong>in</strong>:<br />

Claudia Roth und Jutta Ditfurth<br />

tragen das Leittransparent <strong>der</strong><br />

Demonstration. Ihre For<strong>der</strong>ung<br />

entlehnten die Antideutschen e<strong>in</strong>em<br />

Ausspruch Marlene Dietrichs:<br />

«Deutschland? Nie wie<strong>der</strong>!» Foto:<br />

«Nie wie<strong>der</strong> Deutschland» Nr. 1<br />

Claudia Roth ist die dümmste Kartoffel auf<br />

diesem Acker. Unvergessen ihr Ausspruch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Talkshow 2004: «Die Türken haben Deutschland<br />

nach dem Krieg wie<strong>der</strong> aufgebaut.» Die gescheiterte<br />

Kulturstudent<strong>in</strong> und langjährige Manager<strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Anarcho-Kultband Ton, Ste<strong>in</strong>e, Scherben hat<br />

nie durch <strong>in</strong>tellektuelle Ausarbeitungen von sich<br />

reden gemacht, aber zielsicher und oft tränenreich<br />

den Zeitgeist an <strong>der</strong> Schnittstelle von Prosecco-Autonomen<br />

und Bionade-Bourgeoisie getroffen: E<strong>in</strong><br />

Herz für afrikanische Flüchtl<strong>in</strong>ge, hoch die <strong>in</strong>ternationale<br />

Solidarität – und ihr Evergreen «Deutsche<br />

s<strong>in</strong>d Nichtmigranten, mehr nicht!» So rotiert<br />

sie seit 25 Jahren von e<strong>in</strong>em gutdotierten Grünenposten<br />

zum nächsten.<br />

Auf dem Foto sehen wir sie sozusagen bei <strong>der</strong><br />

Geburtsstunde <strong>der</strong> antideutschen Bewegung am<br />

12. Mai 1990 <strong>in</strong> Frankfurt am Ma<strong>in</strong>. Etwa 20.000<br />

Menschen demonstrierten gegen die Wie<strong>der</strong>vere<strong>in</strong>igung<br />

unter dem heute allgegenwärtigen, damals<br />

aber noch recht ungewöhnlichen Slogan «Nie wie<strong>der</strong><br />

Deutschland». L<strong>in</strong>ks und rechts von ihr zwei<br />

weitere Galionsfiguren des nationalen Masochismus:<br />

Jutta Ditfurth, gerade als Grünen-Vorsitzende<br />

wegen F<strong>in</strong>anzunregelmäßigkeiten abgewählt, und<br />

die Bundestagsabgeordnete Angelika Beer.<br />

Nicht im Bild e<strong>in</strong> weiterer Demonstrant, e<strong>in</strong>ige<br />

hun<strong>der</strong>t Meter weiter h<strong>in</strong>ten: Jürgen Elsässer,<br />

damals Mitglied im Kommunistischen Bund. Die<br />

Sache ist mir natürlich heute mächtig pe<strong>in</strong>lich.<br />

An<strong>der</strong>erseits hat mich me<strong>in</strong>e Teilnahme an dieser<br />

Bewegung aber auch für immer kuriert und mir<br />

e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>zigartigen E<strong>in</strong>blick gegeben, warum die<br />

L<strong>in</strong>ke <strong>in</strong> Deutschland immer wie<strong>der</strong> auf volksfe<strong>in</strong>dliche<br />

Abwege gerät.<br />

Wie alles begann<br />

Die Antideutschen s<strong>in</strong>d zunächst Ergebnis e<strong>in</strong>er<br />

l<strong>in</strong>ken Depression: Mit <strong>der</strong> Öffnung <strong>der</strong> Mauer<br />

begann <strong>der</strong> blitzartige Zusammenbruch des sozialistischen<br />

Systems. Da wir uns nicht e<strong>in</strong>gestehen<br />

wollten, dass die Menschen im Osten aus guten<br />

Gründen e<strong>in</strong>en Systemwechsel wünschten, mussten<br />

wir die Menschen schlechtreden: Die Ossis, die<br />

da mit Deutschlandfahnen ihrem Helmut Kohl zujubelten,<br />

seien doch eigentlich Nazis. Vor allem die<br />

britische Propaganda bestärkte uns <strong>in</strong> dieser Sicht:<br />

Premierm<strong>in</strong>ister<strong>in</strong> Margaret Thatcher hatte eigens<br />

e<strong>in</strong>e Arbeitsgruppe e<strong>in</strong>gerichtet, die nachweisen<br />

sollte, dass e<strong>in</strong> Viertes Reich im Entstehen sei.<br />

Günter Grass brachte die Paranoia auf die Formel<br />

«Deutschland denken heißt Auschwitz denken».<br />

War man erst mal auf diesem Trip, passte plötzlich<br />

alles <strong>in</strong>s Bild: In den neuen Bundeslän<strong>der</strong>n gab<br />

es zum Teil gewalttätige Proteste vor Asyl- und<br />

Auslän<strong>der</strong>heimen – marschierte da nicht e<strong>in</strong>e neue<br />

SA? Bei <strong>der</strong> Zerschlagung Jugoslawiens preschte<br />

die Bundesregierung vor – spielten da nicht die<br />

Die Faust reckt Elsässer immer noch<br />

– doch heute für Deutschland.<br />

Foto: Altenburg-Onl<strong>in</strong>e<br />

Die Antideutschen<br />

<strong>in</strong>terpretieren die<br />

Gegenwart auf <strong>der</strong><br />

Folie <strong>der</strong> NS-Vergangenheit.<br />

55


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Presse<br />

56<br />

Die alte L<strong>in</strong>ke<br />

«Indem das Proletariat zunächst<br />

sich die politische Herrschaft erobern,<br />

sich zur nationalen Klasse<br />

erheben, sich selbst als Nation<br />

konstituieren muss, ist es<br />

selbst noch national, wenn auch<br />

ke<strong>in</strong>eswegs im S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> Bourgeoisie.»<br />

Das Proletariat erobert<br />

die Staatsmacht, <strong>in</strong>dem es<br />

sich als Nation def<strong>in</strong>iert? Es gibt<br />

kaum e<strong>in</strong>en L<strong>in</strong>ken westlich von<br />

M<strong>in</strong>sk, <strong>der</strong> diesen Satz heute im<br />

Brustton <strong>der</strong> Überzeugung wie<strong>der</strong>holen<br />

würde. Dabei kommt<br />

er von Karl Marx und Friedrich<br />

Engels und steht im Kommunistischen<br />

Manifest. Aber wenn<br />

schon: Staat, Proletariat, Nation<br />

– all das ist seit 1968 mega-out.<br />

Schlimmer noch: Es s<strong>in</strong>d angeblich<br />

zentrale Begriffe <strong>der</strong> Reaktion.<br />

Die postmo<strong>der</strong>ne L<strong>in</strong>ke dagegen<br />

will Anti-Staat, Anti-Proletariat<br />

und Anti-Nation se<strong>in</strong>.<br />

Die Kommunisten vor 1968 verstanden<br />

sich dagegen durchaus<br />

als Patrioten. Ernst Thälmann,<br />

<strong>der</strong> von den Nazis ermordete<br />

KPD-Vorsitzende, hat zum<br />

Beispiel gesagt: «Deutsch und<br />

kommunistisch s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e Gegensätze.<br />

Ich denke nicht daran,<br />

von me<strong>in</strong>en Grundsätzen<br />

auch nur e<strong>in</strong>en Millimeter abzugehen.<br />

Kommunismus ist die<br />

Lehre von <strong>der</strong> Befreiung <strong>der</strong> Arbeiterklasse.<br />

Die Befreiung <strong>der</strong><br />

Arbeiterklasse aber ist die Befreiung<br />

des ganzen Volkes! Dafür<br />

me<strong>in</strong> ganzes Leben gekämpft<br />

zu haben, darauf b<strong>in</strong> ich stolz.<br />

– Wir Kommunisten lieben unser<br />

Volk und unser Land. Darum<br />

wollen wir frei se<strong>in</strong> von kapitalistischer<br />

Lohnsklaverei, frei von<br />

faschistischer Diktatur, frei von<br />

Konzentrationslagern und Unterdrückung.»<br />

KPD-Führer Ernst Thälmann. Foto:<br />

Kuratorium Gedenkstätte Ernst<br />

Thälmann e.V.<br />

Die Tw<strong>in</strong>towers am 11.9.2001.<br />

Foto: Wikimedia<br />

alten SS-Verb<strong>in</strong>dungen zu Kroaten und bosnischen<br />

Muslimen e<strong>in</strong>e Rolle? Alle aktuellen Ereignisse<br />

wurden auf <strong>der</strong> Folie <strong>der</strong> NS-Vergangenheit<br />

<strong>in</strong>terpretiert. Die Antideutschen – und das gilt bis<br />

heute – halluz<strong>in</strong>ierten sich <strong>in</strong> die 1930-iger Jahre<br />

zurück: Wir müssen verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n, dass wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong><br />

Großdeutsches Reich entsteht, das den Kont<strong>in</strong>ent<br />

mit Rassismus und Krieg unterwirft. Unser Ziel war<br />

deswegen nicht mehr, wie vorher bei den L<strong>in</strong>ken<br />

jedwe<strong>der</strong> Couleur, die Revolution, son<strong>der</strong>n die Zerstörung<br />

o<strong>der</strong> zum<strong>in</strong>dest Auflösung Deutschlands.<br />

Die e<strong>in</strong>en, wie die Grüne-Bundestagsabgeordnete<br />

Siegl<strong>in</strong>de Frieß, for<strong>der</strong>ten, dass Frankreich direkt<br />

an Polen grenzen solle; an<strong>der</strong>e schwärmten von<br />

<strong>der</strong> Aufteilung <strong>in</strong> Kle<strong>in</strong>staaten wie zu Zeiten von<br />

Goethe und Schiller, weil dies angeblich den Militarismus<br />

gedämpft, die Kultur aber geför<strong>der</strong>t hätte;<br />

Realpolitiker wie Jürgen Tritt<strong>in</strong> hofften dagegen<br />

auf e<strong>in</strong>e allmähliche E<strong>in</strong>schmelzung Deutschlands<br />

<strong>in</strong> die Europäische Union – e<strong>in</strong>e Idee, die mittlerweile<br />

kurz vor <strong>der</strong> Verwirklichung steht.<br />

Schon 1991 zeigte sich, wie realitätsbl<strong>in</strong>d die<br />

Fixierung auf die NS-Vergangenheit machte – und<br />

wie leicht L<strong>in</strong>ke dadurch <strong>in</strong> das Fahrwasser des<br />

amerikanischen Imperialismus gerieten. Als nämlich<br />

e<strong>in</strong>e US-geführte Armada den Irak angriff,<br />

stellte sich e<strong>in</strong> Teil <strong>der</strong> Antideutschen h<strong>in</strong>ter das<br />

Pentagon. Die Begründung klauten sie von Hans<br />

Magnus Enzensberger: Saddam Husse<strong>in</strong> sei e<strong>in</strong><br />

«Wie<strong>der</strong>gänger Hitlers» und wolle mittels deutscher<br />

Chemiewaffen e<strong>in</strong>en zweiten Holocaust an<br />

den Juden <strong>in</strong>s Werk setzen. E<strong>in</strong>er <strong>der</strong> antideutschen<br />

Wortführer, Wolfgang Pohrt, g<strong>in</strong>g <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitschrift<br />

Konkret soweit, Atombomben auf Bagdad<br />

zu for<strong>der</strong>n. Die Zurückhaltung <strong>der</strong> Bundesregierung<br />

bei diesem Krieg kritisierten die l<strong>in</strong>ken Bellizisten<br />

nicht weniger als die Falken im Pentagon.<br />

Fast wäre die neue Bewegung an diesem Punkt<br />

zerbrochen – nicht nur für mich war <strong>der</strong> Pro-Kriegskurs<br />

e<strong>in</strong>iger Protagonisten unerträglich. Aber <strong>der</strong><br />

Wi<strong>der</strong>spruch trat schnell <strong>in</strong> den H<strong>in</strong>tergrund,<br />

weil <strong>der</strong> Irakfeldzug bereits nach zwei Wochen<br />

zu Ende war. Ab dann dom<strong>in</strong>ierte bis zum Ende<br />

des Jahrzehnts <strong>der</strong> Jugoslawien-Konflikt die politische<br />

Debatte, und an diesem Punkt standen die<br />

Antideutschen, zu me<strong>in</strong>er Befriedigung, an <strong>der</strong><br />

Spitze <strong>der</strong> Friedensbewegung, wenn auch erneut<br />

mit e<strong>in</strong>em schrägen Historizismus: Die meisten<br />

sahen noch die Wehrmacht vor Belgrad, als längst<br />

schon die Air Force bombardierte.<br />

9/11 als Zäsur<br />

In jenen Jahren begann me<strong>in</strong>e langsame Ablösung<br />

von den Antideutschen. Zum e<strong>in</strong>en, weil ich<br />

als Kenner <strong>der</strong> Balkanpolitik langsam, aber sicher<br />

merkte, dass die US-Amerikaner die Aggression<br />

gegen Jugoslawien vorantrieben, und nicht die<br />

Deutschen. Zum an<strong>der</strong>en, weil <strong>in</strong> Serbien etwas<br />

passierte, was das Gros <strong>der</strong> L<strong>in</strong>ken bis heute ausblendet:<br />

Die Sozialisten von Slobodan Milosevic<br />

schlossen e<strong>in</strong> Regierungsbündnis mit <strong>der</strong> – <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Optik <strong>der</strong> Antifa – faschistischen Serbischen<br />

Radikalen Partei von Vojislav Seselj. Ich begann zu<br />

ahnen, dass <strong>der</strong> gesamte L<strong>in</strong>ks-Rechts-Konflikt, <strong>der</strong><br />

bis dah<strong>in</strong> me<strong>in</strong> Denken dom<strong>in</strong>iert hatte, künstlich<br />

konstruiert war, um e<strong>in</strong> bedrohtes Volk vom Wi<strong>der</strong>stand<br />

gegen den Imperialismus abzuhalten.<br />

Zum Bruch kam es mit den Anschlägen vom 11.<br />

September 2001. Da ich mich als Journalist schon<br />

immer <strong>in</strong> akribischer Recherche geübt hatte, merkte<br />

ich schnell, dass die offizielle Verschwörungstheorie<br />

von «Osama und den 17 Räubern», die aus e<strong>in</strong>er<br />

Berghöhle am H<strong>in</strong>dukusch heraus den anspruchsvollsten<br />

Terroranschlag <strong>der</strong> Weltgeschichte durchgeführt<br />

haben sollten, nicht stimmen konnte. Der<br />

Rest <strong>der</strong> Antideutschen freute sich h<strong>in</strong>gegen, endlich<br />

wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Fe<strong>in</strong>d zu haben, dem man das Hitlerbärtchen<br />

ankleben konnte. Seither hat es diese<br />

Sorte L<strong>in</strong>ker fertiggebracht, jeden Krieg <strong>der</strong> USA<br />

und Israels als antifaschistisch zu rechtfertigen –<br />

Afghanistan 2001, Irak 2003, Libanon 2006, Gaza<br />

2009 – und lautstark auch die Bombardierung des<br />

Iran zu for<strong>der</strong>n.<br />

Waren die Antideutschen <strong>in</strong> den 1990er Jahren<br />

e<strong>in</strong>e verrückte l<strong>in</strong>ke Sekte mit e<strong>in</strong> paar hun<strong>der</strong>t<br />

Anhängern, s<strong>in</strong>d sie nach 9/11 zu e<strong>in</strong>er vieltausendköpfigen<br />

Propagandakompanie <strong>der</strong> amerikanischen<br />

Neokonservativen und <strong>der</strong> zionistischen<br />

Rechten geworden. Seit sie auf jede Demonstration<br />

ihre USA- und Israelfahnen mitnehmen, fließen<br />

die staatlichen Hilfsgel<strong>der</strong> für ihre Antifaprojekte.<br />

Das System hat sich e<strong>in</strong>e kriegerische Avantgarde<br />

gezüchtet, die je<strong>der</strong>zeit für die Durchsetzung <strong>der</strong><br />

One World mobilisierbar ist – gegen fremde Völker<br />

ebenso wie gegen das eigene Volk. Mit me<strong>in</strong>em<br />

entschiedenen Wi<strong>der</strong>stand müssen sie rechnen.


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> bei Büchern<br />

<strong>Zensur</strong> bei Büchern<br />

Verboten gut: Gerhard Wisnewski, Akif Pir<strong>in</strong>çci und Jan van Hels<strong>in</strong>g.<br />

57


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> bei Büchern<br />

Bestseller unter Beschuss<br />

_ von Fe<strong>der</strong>ico Bischoff<br />

58<br />

Beispiel Knaur: Der Verlag hat das neue Jahrbuch «verheimlicht –<br />

vertuscht – vergessen» kurz vor Drucklegung gestoppt und fast alle<br />

bisherigen Werke des Erfolgsautors aus dem Programm genommen.<br />

Die Umsatzverluste dürften sechsstellig se<strong>in</strong> – aber sie werden <strong>in</strong><br />

Kauf genommen, wenn es die Gebote <strong>der</strong> politischen Korrektheit<br />

verlangen.<br />

Dieses Buch erschien statt bei<br />

Knaur nun bei Kopp. Foto: Kopp-Verlag<br />

München, 16. Dezember 2015. Im Sitzungssaal<br />

301 des Landgerichts München hat sich e<strong>in</strong> Dutzend<br />

Zuhörer versammelt, um dem schmucklosen Ende<br />

e<strong>in</strong>er überaus erfolgreichen Zusammenarbeit beizuwohnen.<br />

Mit an<strong>der</strong>en Worten: Es ist nicht gerade<br />

e<strong>in</strong> alltäglicher Gerichtsterm<strong>in</strong>. Während normalerweise<br />

von allen möglichen Seiten gegen e<strong>in</strong> Buch<br />

geklagt wird, wurde hier plötzlich für die Veröffentlichung<br />

e<strong>in</strong>es Buches geklagt: E<strong>in</strong> seit Jahren<br />

bekannter und bestens e<strong>in</strong>geführter Bestsellerautor<br />

sah sich gezwungen, se<strong>in</strong>en Verlag vor Gericht zu<br />

br<strong>in</strong>gen, damit <strong>der</strong> se<strong>in</strong> nächstes vertraglich vere<strong>in</strong>bartes<br />

Werk druckt. Und zwar nicht irgende<strong>in</strong> Buch,<br />

son<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>es, auf das Jahr für Jahr etwa 65.000<br />

Leser warten. Die Rede ist von verheimlicht – vertuscht<br />

– vergessen, dem kritischen Jahresrückblick<br />

von Gerhard Wisnewski.<br />

Die jährliche Buchreihe sei seit nunmehr fast e<strong>in</strong>em<br />

Jahrzehnt «für viele unverzichtbar geworden»,<br />

um die Ereignisse <strong>der</strong> vergangenen 365 Tage besser<br />

e<strong>in</strong>zuordnen und «e<strong>in</strong> korrigiertes Weltbild zu<br />

gew<strong>in</strong>nen – ohne dass dabei jemals Anspruch auf<br />

die letzte Wahrheit erhoben worden wäre», so Wisnewski<br />

auf se<strong>in</strong>er Website (10.12.2015). «Dass hier<br />

e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelner Autor unzensiert Jahr für Jahr se<strong>in</strong>e<br />

gesammelten kritischen Recherchen als Jahrbuch<br />

vorstellen kann, ist <strong>in</strong> diesem Themenbereich wohl<br />

e<strong>in</strong>malig. Und ich denke, es hat uns alle – auch<br />

mich! – oft sehr viel weiter gebracht.» Tatsächlich<br />

hat sich <strong>der</strong> Münchner abseits von ebenso bunten<br />

wie seichten Jahresrückblicken <strong>in</strong> Fernsehen und<br />

Tageszeitungen e<strong>in</strong>en Namen als schonungsloser<br />

Chronist erworben. Und: E<strong>in</strong> jährlich garantierter<br />

Bestseller ist für Verlag und Autor eigentlich e<strong>in</strong>e<br />

W<strong>in</strong>-w<strong>in</strong>-Situation. Während sich Schriftsteller und<br />

Verleger normalerweise schon über e<strong>in</strong>en Verkaufs-


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> bei Büchern<br />

erfolg freuen, hatte Wisnewski seit Jahren Platz 1<br />

o<strong>der</strong> 2 auf <strong>der</strong> Sachbuchbestsellerliste abonniert:<br />

2013 Platz 1, 2014 Platz 2, 2015 wie<strong>der</strong> Platz 1.<br />

Diese Werke soll es nun nicht mehr geben dürfen<br />

– jedenfalls nicht bei Knaur.<br />

Existenzvernichtung angedroht?<br />

E<strong>in</strong>e jähe Wendung: Mitte November 2015 hatte<br />

<strong>der</strong> Verlag die laufende Herstellung <strong>der</strong> Ausgabe<br />

2016 von verheimlicht – vertuscht – vergessen<br />

plötzlich gestoppt. Die Begründung lautete unter<br />

an<strong>der</strong>em, <strong>der</strong> Autor habe sich verunglimpfend über<br />

Flüchtl<strong>in</strong>ge geäußert. Nachdem <strong>der</strong> Verlag von se<strong>in</strong>er<br />

Me<strong>in</strong>ung nicht abweichen wollte, hatte sich<br />

Wisnewski gezwungen gesehen, beim Landgericht<br />

München e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>stweilige Verfügung zu beantragen<br />

– und schreibt auf diese Weise wohl Verlags-<br />

beziehungsweise Autorengeschichte. Denn<br />

verheimlicht – vertuscht – vergessen ist wohl <strong>der</strong><br />

erste Bestseller, zu dessen Druck man e<strong>in</strong>en Verlag<br />

zw<strong>in</strong>gen musste. Angesichts des geplanten Ersche<strong>in</strong>ungsterm<strong>in</strong>s<br />

am 11. Januar 2016 sei die Zeit für<br />

die Suche nach e<strong>in</strong>em neuen Verlag schließlich zu<br />

kurz, so Wisnewski: «Dieser Schritt hat mich sehr<br />

geschmerzt, und es hat sehr lange gedauert, bis ich<br />

mich dazu entschließen konnte», schrieb <strong>der</strong> Autor<br />

auf se<strong>in</strong>er Website über se<strong>in</strong> juristisches Vorgehen.<br />

«Dieser Verlag hat sich viele Jahre lang als<br />

kritischer und demokratischer Beobachter des Zeitgeschehens<br />

verdient gemacht, und es tut mir nun<br />

wahns<strong>in</strong>nig leid, ihn verklagen zu müssen, weil er<br />

e<strong>in</strong>e vor diesem H<strong>in</strong>tergrund völlig unverständliche<br />

Maßnahme getroffen hat.»<br />

vertuscht – vergessen 2016 enthalte Beleidigungen<br />

und strafbare Formulierungen, die <strong>der</strong> Verlag nicht<br />

veröffentlichen könne, ohne sich selbst strafbar zu<br />

machen, so die Beklagten.<br />

Mit Ausnahme von zwei Zitaten, die sie ebenfalls<br />

kritisch sahen, teilten die Richter<strong>in</strong>nen diese<br />

Me<strong>in</strong>ung jedoch nicht. Vom Gericht <strong>der</strong> Reihe<br />

nach durchgegangen, blieb praktisch nichts von<br />

den Vorwürfen übrig. Egal ob Merkels Regierung<br />

als «Putschregierung» o<strong>der</strong> die Flüchtl<strong>in</strong>gswelle<br />

als Ersche<strong>in</strong>ungsform e<strong>in</strong>er «Migrationswaffe»<br />

bezeichnet wurde – all das, so das Gericht, sei<br />

durch die Me<strong>in</strong>ungsfreiheit gedeckt und ke<strong>in</strong> Kündigungsgrund.<br />

Denn e<strong>in</strong>e Inhaltskontrolle stehe<br />

e<strong>in</strong>em Verlag grundsätzlich nur <strong>in</strong> engsten Grenzen<br />

zu. Außerdem war Merkel vom Autor schon <strong>in</strong> früheren<br />

Ausgaben des Jahrbuches, im Zusammenhang<br />

Im Feuer, wie am 10. Mai 1933, landen die Bücher heute<br />

(noch) nicht. Foto: Archiv<br />

Gefährlicher als<br />

Hitler?<br />

Am 3. Dezember 2015 <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Bild-Zeitung: E<strong>in</strong> Grüner rastet<br />

aus. Ohne erkennbaren Zusammenhang<br />

schwadroniert <strong>der</strong><br />

Bundestagsabgeordnete Volker<br />

Beck drauflos: «Me<strong>in</strong> Kampf<br />

ist e<strong>in</strong> ekelhaft antisemitisches<br />

Werk, das so schlecht geschrieben<br />

ist, dass es kaum jemand zu<br />

Ende lesen wird. Heutzutage halte<br />

ich die Publikationen von Elsässer,<br />

Pir<strong>in</strong>çci und Sarraz<strong>in</strong> für gefährlicher.»<br />

Nach dem Wunsch des Grünen, so<br />

darf man vermuten, sollten also<br />

nach Pir<strong>in</strong>çci demnächst auch die<br />

Schriften des Sozialdemokraten<br />

Thilo Sarraz<strong>in</strong> und des bekennenden<br />

«Nationalbolschewisten» Jürgen<br />

Elsässer auf den Index kommen<br />

– und damit auch <strong>COMPACT</strong>.<br />

«Migrationswaffe» und «Putschregierung»<br />

s<strong>in</strong>d noch von <strong>der</strong> Me<strong>in</strong>ungsfreiheit<br />

gedeckt.<br />

Tatsächlich hatte Droemer Knaur den Schriftsteller<br />

damit konfrontiert, kurz vor Druck ohne Verlag<br />

dazustehen – e<strong>in</strong> vernichten<strong>der</strong> Vorgang, wie<br />

se<strong>in</strong> Anwalt Stefan Schünemann feststellte. Die<br />

ganze Existenz des Journalisten stehe damit auf<br />

dem Spiel. Der Autor selbst sah dar<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Stigmatisierung<br />

und e<strong>in</strong> Signal an die Branche, «die F<strong>in</strong>ger»<br />

von ihm zu lassen. In <strong>der</strong> Verhandlung bestätigte<br />

sich, dass <strong>der</strong> Verlag an Wisnewskis Berichterstattung<br />

über die Flüchtl<strong>in</strong>gskrise Anstoß nahm<br />

– und deswegen nicht nur se<strong>in</strong>e Bestsellerreihe,<br />

son<strong>der</strong>n auch alle an<strong>der</strong>en Werke von ihm aus<br />

dem Programm nehmen will – also Erfolgstitel wie<br />

Operation 9/11, Drahtzieher <strong>der</strong> Macht o<strong>der</strong> das 23<br />

Jahre alte RAF-Phantom. Das neue verheimlicht –<br />

59


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> bei Büchern<br />

Gerhard Wisnewski<br />

Gerhard Wisnewski (*1959) ist<br />

Journalist und arbeitete unter<br />

an<strong>der</strong>em für mehrere Frankfurter<br />

und Münchner Tageszeitungen<br />

sowie den Stern. Seit 1986<br />

ist er als Film- und Buchautor<br />

tätig. Zum regelmäßigen<br />

Bestseller entwickelte sich se<strong>in</strong><br />

Jahrbuch verheimlicht – vertuscht<br />

– vergessen. Nachdem<br />

<strong>der</strong> Knaur-Verlag die Veröffentlichung<br />

<strong>der</strong> Ausgabe 2016<br />

kurzfristig zurückzog, ersche<strong>in</strong>t<br />

das Werk nun im Kopp-Verlag<br />

(368 Seiten, 9.99 Euro).<br />

Bei Amazon verfügbare Titel:<br />

Drahtzieher <strong>der</strong> Macht. Die<br />

Bil<strong>der</strong>berger – Verschwörung<br />

<strong>der</strong> Spitzen von Wirtschaft, Politik<br />

und Medien. Die geheimen<br />

H<strong>in</strong>tergründe. (Knaur, München<br />

2010, 320 Seiten, 12.99 Euro)<br />

Operation 9/11. Der Wahrheit<br />

auf <strong>der</strong> Spur. (Knaur, München<br />

2011, 480 Seiten, 12.99 Euro)<br />

Das Titanic-Attentat. Die wahren<br />

H<strong>in</strong>tergründe <strong>der</strong> Schiffskatastrophe.<br />

(Knaur, München<br />

2012, 432 Seiten, 12.99 Euro)<br />

ungeklärt –unheimlich – unfassbar.<br />

Die spektakulärsten Krim<strong>in</strong>alfälle<br />

2015. (Knaur, München<br />

2015, 313 Seiten,<br />

8.99 Euro)<br />

_ Fe<strong>der</strong>ico Bischoff ist freier Autor<br />

und lebt im Tess<strong>in</strong>.<br />

mit <strong>der</strong> Ukra<strong>in</strong>ekrise zum Beispiel, als «Todesengel»<br />

bezeichnet worden. E<strong>in</strong>e Verhaltens- o<strong>der</strong> Stilän<strong>der</strong>ung<br />

des Autors konnten die Richter<strong>in</strong>nen daher<br />

nicht erkennen.<br />

E<strong>in</strong> «Geheimbund» im Verlag?<br />

Am erstaunlichsten für die Prozessbeobachter<br />

waren allerd<strong>in</strong>gs die Ausführungen des Autors, <strong>der</strong><br />

schil<strong>der</strong>te, bis Mitte November 2015 nichts von den<br />

Bedenken des Verlags gehört zu haben – obwohl<br />

die meisten Teile des Manuskriptes sukzessive<br />

seit August abgeliefert worden und über 320 Seiten<br />

vom Verlag schon gesetzt seien. «Der Verlag hat<br />

die Entstehung des Buches die ganze Zeit begleitet<br />

und war über den Inhalt je<strong>der</strong>zeit im Bilde», so <strong>der</strong><br />

Autor auf se<strong>in</strong>er Website. «Erst aus den zahlreichen<br />

Schriftsätzen <strong>der</strong> Gegenseite» habe er nun erfahren,<br />

dass <strong>der</strong> Verlag <strong>in</strong>tern wohl e<strong>in</strong>e Art Geheimbund<br />

gegründet und h<strong>in</strong>ter se<strong>in</strong>em Rücken «über diesen<br />

schrecklichen Autor» geklagt habe, ohne mit ihm<br />

selbst zu reden, sagte Wisnewski bei <strong>der</strong> Verhandlung.<br />

Er frage sich, warum man bei <strong>der</strong>artig schwerwiegenden<br />

Bedenken nicht Kontakt mit ihm aufgenommen<br />

habe, statt ihn schließlich vor vollendete<br />

Tatsachen zu stellen. Gerade mal <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Fall habe<br />

das Lektorat <strong>in</strong>terveniert und e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Formulierung<br />

verlangt, <strong>der</strong> er auch zugestimmt habe.<br />

Immerh<strong>in</strong>: Das Gericht ließ nichts unversucht,<br />

das Jahrbuch 2016 bei Knaur zu «retten» und schlug<br />

dem Verlag vor, dem Buch e<strong>in</strong> eigenes Vorwort voranzustellen<br />

und sich gegebenenfalls vom Inhalt<br />

zu distanzieren. Dies wurde nicht angenommen,<br />

Im Tonfall e<strong>in</strong>es stal<strong>in</strong>istischen Kommissars verlangte <strong>der</strong><br />

SPD-Ortsvere<strong>in</strong> Rottenburg am Neckar e<strong>in</strong>en Kotau des<br />

Kopp-Verlages. Foto: Kopp Verlag<br />

ebenso wenig wie das Angebot des Autors, entsprechende<br />

Stellen doch e<strong>in</strong>fach zu schwärzen. Es<br />

sah ganz so aus, als würde <strong>der</strong> Verlag den Namen<br />

Wisnewski <strong>in</strong>zwischen als ganz heißes Eisen<br />

betrachten.<br />

Cl<strong>in</strong>ch mit <strong>der</strong> SPD<br />

Erst vor kurzem hatte <strong>der</strong> Münchner wegen se<strong>in</strong>er<br />

Flüchtl<strong>in</strong>gsartikel auf Kopp Onl<strong>in</strong>e schon Ärger<br />

mit <strong>der</strong> SPD bekommen. In e<strong>in</strong>em Offenen Brief vom<br />

28. August 2015 wollten die Sozialdemokraten von<br />

dem Verleger Jochen Kopp wissen, ob er sich «mit<br />

aller Konsequenz» von Wisnewskis Artikeln distanziere,<br />

was Autor und Verlag als versteckte Auffor<strong>der</strong>ung<br />

zur Entlassung des Journalisten verstanden.<br />

Bald darauf wollte die SPD-Landtagsabgeordnete<br />

Rita Haller-Haid dem Kopp Verlag den Verfassungsschutz<br />

auf den Hals hetzen. Ob dies etwas mit dem<br />

jetzigen Fall zu tun hat, ist freilich unklar.<br />

Das Gericht ließ nichts unversucht,<br />

das Jahrbuch 2016 bei<br />

Knaur zu «retten».<br />

Tatsache bleibt jedenfalls: Für die Zuschauer<br />

des Verfahrens erschlossen sich die wahren H<strong>in</strong>tergründe<br />

dieses seltsamen Verleger-Verhaltens<br />

nicht. Die angeführten Stellen aus dem Buch waren<br />

selbst nach Me<strong>in</strong>ung des Gerichts fast alle unproblematisch<br />

– überdies hätte man sie schlimmstenfalls<br />

auch noch än<strong>der</strong>n können. Des Weiteren unterschied<br />

sich die Diktion des Buches nicht wesentlich<br />

von Wisnewskis früheren Werken.<br />

60<br />

Da <strong>der</strong> Verlag jedoch ke<strong>in</strong>en Zweifel daran ließ,<br />

im Falle <strong>der</strong> Verurteilung <strong>in</strong> die nächste Instanz<br />

gehen und E<strong>in</strong>fluss auf Auflage und Ersche<strong>in</strong>ungsterm<strong>in</strong>e<br />

nehmen zu wollen, reduzierte sich die Frage<br />

nach Recht und Gerechtigkeit wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>mal auf die<br />

Frage nach dem längeren Atem und dem größeren<br />

Geldbeutel. So sah sich Wisnewski zu e<strong>in</strong>em Vergleich<br />

gezwungen: Der Autor wurde f<strong>in</strong>anziell entschädigt,<br />

dafür wird verheimlicht – vertuscht – vergessen<br />

2016 nicht mehr bei Droemer Knaur ersche<strong>in</strong>en.<br />

Alles <strong>in</strong> allem blieb das Verhalten des Verlages<br />

für Prozessbeobachter unter dem Strich jedoch e<strong>in</strong><br />

Rätsel. Da sich die Parteien zum Stillschweigen verpflichteten,<br />

werden die wahren H<strong>in</strong>tergründe dieses<br />

spektakulären Abgangs des Bestsellerautors<br />

bei Knaur also wohl bis auf Weiteres im Dunkeln<br />

bleiben. Nach Antworten kann dennoch je<strong>der</strong> für<br />

sich selbst suchen: <strong>in</strong> verheimlicht – vertuscht –<br />

vergessen 2016, zum ersten Mal im Kopp-Verlag.


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> bei Büchern<br />

Mythos Fachkräftemangel<br />

_ von Gerhard Wisnewski<br />

Fachkräftemangel? Deutsche<br />

Arbeitslose stehen Schlange beim<br />

Jobcenter. Foto: picture alliance<br />

Der Bestseller, <strong>der</strong> nicht ersche<strong>in</strong>en sollte: Auszug aus Gerhard Wisnewskis Buch<br />

«verheimlicht – vertuscht – vergessen 2016», das nach dem Rückzug von Knaur im<br />

Kopp-Verlag erschien.<br />

«Län<strong>der</strong> wie Sachsen-Anhalt, Thür<strong>in</strong>gen und<br />

Sachsen leiden seit Langem an <strong>der</strong> Abwan<strong>der</strong>ung<br />

von Facharbeitern und jungen Leuten», konnte<br />

man am 25. Januar 2015 <strong>in</strong> <strong>der</strong> Welt onl<strong>in</strong>e lesen.<br />

Und dreimal dürfen Sie raten, wie man das än<strong>der</strong>n<br />

kann. Na, ganz e<strong>in</strong>fach: Ostdeutsche M<strong>in</strong>isterpräsidenten<br />

wollen «gerade <strong>in</strong> Zeiten von Pegida<br />

und Co. mehr E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>er <strong>in</strong> ihre Län<strong>der</strong> locken»,<br />

so das Blatt: «Wir kennen das Demografie-Problem»,<br />

zitiert die Welt den sächsischen M<strong>in</strong>isterpräsidenten<br />

Stanislaw Tillich (CDU): «Wir müssen<br />

Auslän<strong>der</strong> <strong>in</strong>s Land holen. Gerade <strong>der</strong> Osten<br />

braucht mehr Zuwan<strong>der</strong>ung.» Was auch die Bundeskanzler<strong>in</strong><br />

so sieht: «Merkel setzt auf E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>er»,<br />

konnte man onl<strong>in</strong>e schon am 15. Mai 2013<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Stuttgarter Zeitung, lesen: «Die Kanzler<strong>in</strong><br />

sagt, um den Fachkräftemangel, <strong>der</strong> sich <strong>in</strong> vielen<br />

Branchen abzeichnet, meistern zu können, müsse<br />

Deutschland ”durchaus auf Zuwan<strong>der</strong>ung setzen”.»<br />

Drah di net um …<br />

Da ist es wie<strong>der</strong>, das Fachkräftegespenst: «Drah<br />

di net um – <strong>der</strong> Fachkräftemangel geht um», könnte<br />

man e<strong>in</strong> Lied des Schlagersängers Falco umdichten.<br />

Der Fachkräftemangel ist die Schreckgestalt von<br />

Politik und Wirtschaft und wird immer gern herausgeholt,<br />

wenn irgendjemand den Zustrom von Zuwan<strong>der</strong>ern<br />

abbremsen möchte. Nach dem Motto:<br />

Wenn wir nicht immer mehr Fremde <strong>in</strong>s Land lassen,<br />

dann holt uns alle <strong>der</strong> böse Fachkräftemangel.<br />

Aber gibt es den Fachkräftemangel überhaupt?<br />

Und wenn ja: Ist er dann wirklich so schlimm?<br />

O<strong>der</strong> ist es nur e<strong>in</strong>e nützliche Lüge für e<strong>in</strong>e ungebremste<br />

Zuwan<strong>der</strong>ung? Unter e<strong>in</strong>er «Fachkraft»<br />

versteht man <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie jemanden mit e<strong>in</strong>er abgeschlossenen<br />

Berufsausbildung. Und unter «Fachkräftemangel»<br />

versteht man e<strong>in</strong>en Mangel an eben<br />

jenen Fachkräften: «Seit Jahren berichten unzählige<br />

Medien täglich darüber», schreibt <strong>der</strong> Personalberater<br />

Mart<strong>in</strong> Gaedt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Buch Mythos<br />

Fachkräftemangel (We<strong>in</strong>heim 2014), <strong>in</strong> dem er «geschönte<br />

und tendenziöse Statistiken» beklagt.<br />

«Nur wenn jedes Jahr 400.000 Menschen mehr<br />

zu- als abwan<strong>der</strong>n, kann Deutschland se<strong>in</strong>e wirtschaftliche<br />

Kraft erhalten», behauptet die supranationale<br />

Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />

und Entwicklung (OECD). «In ke<strong>in</strong>em<br />

«Wir müssen Auslän<strong>der</strong><br />

<strong>in</strong>s Land<br />

holen.» Stanislaw<br />

Tillich, CDU<br />

61


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> bei Büchern<br />

62


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> bei Büchern<br />

an<strong>der</strong>en <strong>in</strong>dustrialisierten Land werde die Erwerbsbevölkerung<br />

dramatischer schrumpfen als <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Bundesrepublik» (Tagesschau, 26.5.2014).<br />

Aber s<strong>in</strong>d Zuwan<strong>der</strong>er tatsächlich das e<strong>in</strong>zige<br />

Mittel gegen das Schrumpfen <strong>der</strong> Bevölkerung?<br />

Wenn man unsere Medien und Politiker hört,<br />

könnte man glatt auf diese Idee kommen. Zuwan<strong>der</strong>er<br />

sollen e<strong>in</strong>fach das Allheilmittel und <strong>in</strong> den<br />

Augen unserer Migrationspolitiker die re<strong>in</strong>sten Supermänner<br />

(und -frauen, versteht sich) se<strong>in</strong>. Man<br />

glaubt gar nicht, was Zuwan<strong>der</strong>er alles drauf haben.<br />

Beson<strong>der</strong>s «Krisenflüchtl<strong>in</strong>ge» seien «nach<br />

E<strong>in</strong>schätzung <strong>der</strong> Bundesagentur für Arbeit jung,<br />

gut ausgebildet, sie sprechen mehrere Sprachen»,<br />

schwärmte die Tagesschau. «Fast die Hälfte <strong>der</strong><br />

Neuankömml<strong>in</strong>ge s<strong>in</strong>d Akademiker.» Die Bundesrepublik<br />

sehe «<strong>in</strong> ihnen die Möglichkeit, ihren Status<br />

<strong>der</strong> führenden Wirtschaftsnation halten zu können».<br />

Zuwan<strong>der</strong>er s<strong>in</strong>d also quasi <strong>der</strong> Hauptgew<strong>in</strong>n<br />

für unsere Gesellschaft: «Die neue Qualität <strong>der</strong> Zuwan<strong>der</strong>ung<br />

ist e<strong>in</strong> Glücksfall», jubelte 2014 auch<br />

die damalige Bundesarbeitsm<strong>in</strong>ister<strong>in</strong> Ursula von<br />

<strong>der</strong> Leyen. «Sie hilft unserem Land, macht es jünger,<br />

kreativer und <strong>in</strong>ternationaler. Das gibt frische<br />

Impulse und mehr Wettbewerbsfähigkeit.»<br />

Zuwan<strong>der</strong>er bis zum Abw<strong>in</strong>ken<br />

In Wirklichkeit aber treffen die Zuwan<strong>der</strong>er auf<br />

e<strong>in</strong>en Arbeitsmarkt mit offiziell drei Millionen Arbeitslosen<br />

– und das auch nur, nachdem die Statistiken<br />

jahrzehntelang geschönt wurden. Bezieht man<br />

stille Reserven und <strong>in</strong> Sozialmaßnahmen versteckte<br />

Arbeitnehmer mit e<strong>in</strong>, kommt man auf das Doppelte<br />

bis Dreifache, nämlich sechs bis neun Millionen Arbeitslose.<br />

Es gibt also hierzulande e<strong>in</strong> enormes Potenzial<br />

<strong>in</strong> Gestalt von Arbeitskräften, die entwe<strong>der</strong><br />

offiziell arbeitslos s<strong>in</strong>d, sich nicht arbeitslos gemeldet<br />

haben o<strong>der</strong> <strong>in</strong> Sozialmaßnahmen versteckt werden.<br />

E<strong>in</strong>en Arbeitskräfte- o<strong>der</strong> «Fachkräftemangel»<br />

zu begründen, <strong>der</strong> vor allem durch Zuwan<strong>der</strong>er behoben<br />

werden könnte, ist daher gar nicht so e<strong>in</strong>fach.<br />

In Wirklichkeit haben wir schon seit Jahren<br />

nicht zu wenig Fachkräfte, son<strong>der</strong>n zu viele. Und<br />

zwar gleich zwei Millionen. Selbst Artikel, die den<br />

Fachkräftemangel beschwören sollen, beweisen<br />

zum<strong>in</strong>dest für die Gegenwart das Gegenteil: «Aktuell<br />

liegt die Gesamtzahl <strong>der</strong> Fachkräfte mit Berufsausbildung<br />

<strong>in</strong> Deutschland bundesweit zwei<br />

Millionen über dem Bedarf», hieß es zum Beispiel<br />

am 26. Dezember 2012 im Handelsblatt. Zwei Millionen!<br />

Nur e<strong>in</strong> Beispiel: Hamburg. «Je<strong>der</strong> zweite<br />

<strong>der</strong> rund 76.000 Arbeitslosen <strong>in</strong> Hamburg hat e<strong>in</strong>e<br />

qualifizierte Ausbildung», schrieb das Hamburger<br />

Abendblatt. Macht also 38.000 Fachkräfte zu viel.<br />

Doch diese würden von <strong>der</strong> Wirtschaft ignoriert,<br />

so die Zeitung am 2.4.2014. «Junge Männer und<br />

Frauen strömen <strong>in</strong> die Ingenieurstudiengänge – mit<br />

<strong>der</strong> Hoffnung auf e<strong>in</strong>en sicheren Job und e<strong>in</strong> gutes<br />

Gehalt», hieß es auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Süddeutschen Zeitung,<br />

onl<strong>in</strong>e am 10.3.2014. «Doch immer mehr Absolventen<br />

landen bei Leiharbeitsfirmen.»<br />

Für Statistikprofessor Gerd Bosbach sprächen<br />

solche Fälle daher «gegen e<strong>in</strong>en Ingenieurmangel»:<br />

«Die Arbeitgeber machen e<strong>in</strong>e Kampagne,<br />

Erwerbslosenqoute<br />

bei Migranten 2011<br />

In Ostdeutschland, wo sich unter<br />

den Migranten kaum klassische<br />

Gastarbeiter bef<strong>in</strong>den, war die<br />

Erwerbslosigkeit schon 2011<br />

beson<strong>der</strong>s hoch.<br />

<strong>in</strong> Prozent<br />

9,5 9,3<br />

Deutschland<br />

alte<br />

BL<br />

Quelle: BfA 2015<br />

20,4 20,2<br />

neue<br />

BL<br />

Berl<strong>in</strong><br />

Sogenannte Fachkräfte im Sammelzentrum<br />

an <strong>der</strong> österreichisch-slowenischen<br />

Grenze bei Spielfeld am<br />

24.10.2015. Foto: picture alliance/<br />

Juerg Christa<br />

63


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> bei Büchern<br />

Migrantenpartei SPD<br />

Man solle «<strong>in</strong> den Flüchtl<strong>in</strong>gen<br />

auch die Fachkräfte sehen,<br />

die wir immer dr<strong>in</strong>gen<strong>der</strong> brauchen»,<br />

zitierte <strong>der</strong> Tagesspiegel<br />

am 23.7.2015 e<strong>in</strong>en geme<strong>in</strong>samen<br />

Text von Außenm<strong>in</strong>ister<br />

Frank-Walter Ste<strong>in</strong>meier und<br />

Arbeitsm<strong>in</strong>ister<strong>in</strong> Andrea Nahles.<br />

E<strong>in</strong> Beweis dafür, dass sich<br />

<strong>der</strong> Außenm<strong>in</strong>ister tatsächlich<br />

alle Mühe gibt, «Flüchtl<strong>in</strong>ge»<br />

nach Deutschland zu schleusen<br />

und sie den Deutschen als<br />

«Fachkräfte» schmackhaft zu<br />

machen.<br />

Zwar werden unter den Migranten<br />

sicherlich auch e<strong>in</strong>ige Fachkräfte<br />

se<strong>in</strong> (die <strong>in</strong> Syrien und an<strong>der</strong>swo<br />

übrigens fehlen werden).<br />

Das Gros aber besteht aus<br />

niedrig qualifizierten Arbeitskräften.<br />

«Der syrische Arzt ist<br />

nicht <strong>der</strong> Normalfall», räumte<br />

M<strong>in</strong>ister<strong>in</strong> Nahles selbst e<strong>in</strong><br />

und rechnete mit steigenden Arbeitslosenzahlen<br />

(Die Zeit Onl<strong>in</strong>e,<br />

10.9.2015).<br />

(Auszug aus Gerhard Wisnewski,<br />

verheimlicht – vertuscht –<br />

vergessen 2016, S. 280)<br />

Andrea Nahles. Foto: dgb<br />

um mehr Leute <strong>in</strong>s Studium zu locken, damit sie anschließend<br />

aus e<strong>in</strong>em Heer gut Ausgebildeter wählen<br />

können.» Und genau diese «Akademikerkampagne»<br />

könnte – wenn überhaupt – irgendwann wirklich<br />

zu dem von Politik und Wirtschaft beklagten<br />

«Fachkräftemangel» führen. E<strong>in</strong>fach deshalb, weil<br />

kaum noch jemand e<strong>in</strong>e Berufsausbildung absolvieren<br />

möchte.<br />

In Deutschland gab es 2012 zwei<br />

Millionen arbeitslose Fachkräfte.<br />

E<strong>in</strong> Mangel herrscht laut Handelsblatt <strong>der</strong>zeit<br />

nur «<strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Regionen und Berufen, etwa <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Pflege, den K<strong>in</strong><strong>der</strong>gärten und <strong>der</strong> Gastronomie».<br />

Also zum Teil <strong>in</strong> Problembereichen, die durch e<strong>in</strong>e<br />

verfehlte Wirtschafts- und Sozialpolitik erst geschaffen<br />

wurden, etwa <strong>in</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>tagesstätten, <strong>in</strong><br />

Alten- und Pflegeheimen (Stichwort: Zerstörung<br />

<strong>der</strong> Familie). Zudem existieren natürlich wirklich<br />

regionale Unterschiede. Unter dem Strich gibt es<br />

den von Politik und Wirtschaft ständig suggerierten<br />

bedrohlichen flächendeckenden Fachkräftemangel<br />

jedoch nicht. Punktuelle und regionale Engpässe<br />

könnten durchaus mit bundesdeutschen «Bordmitteln»<br />

behoben werden. E<strong>in</strong> gravieren<strong>der</strong> Fachkräftemangel<br />

wird, wenn überhaupt, erst für die Zukunft<br />

erwartet, und zwar <strong>in</strong> zehn bis 15 Jahren.<br />

Bis dah<strong>in</strong> machen die E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>er deutschen<br />

Bewerbern Konkurrenz, landen selbst <strong>in</strong> <strong>der</strong> Arbeitslosigkeit<br />

und kosten den deutschen Staat Milliarden.<br />

Während die offizielle Arbeitslosenquote bei Deutschen<br />

sieben bis acht Prozent beträgt, beläuft sie<br />

Beratungsgespräch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em JobCenter – auf dem Pressefoto<br />

wirkt es idyllisch. Foto: arbeitsagentur.de<br />

sich bei Auslän<strong>der</strong>n auf 17 bis 18 Prozent. Selbst<br />

wenn die Zuwan<strong>der</strong>er also <strong>in</strong> e<strong>in</strong> bis zwei Jahrzehnten<br />

nützlich se<strong>in</strong> könnten, hätten sie bis dah<strong>in</strong> jede<br />

Menge Geld gekostet.<br />

Dabei ist mehr als unsicher, ob die Prognosen<br />

überhaupt e<strong>in</strong>treffen. Schließlich hängt das von<br />

<strong>der</strong> Qualität <strong>der</strong> Vorhersagen, <strong>der</strong> wirtschaftlichen<br />

Entwicklung sowie <strong>der</strong> weiteren Bildungs- und Arbeitsmarktpolitik<br />

ab. Und selbst wenn um das Jahr<br />

2024 o<strong>der</strong> 2030 e<strong>in</strong> flächendecken<strong>der</strong> Fachkräftemangel<br />

e<strong>in</strong>träte, verfügte Deutschland über jede<br />

Menge mobilisierbarer Reserven im Heer <strong>der</strong> offiziell<br />

Arbeitslosen o<strong>der</strong> im Bereich Hartz IV.<br />

Soziale Sterilisierung<br />

Es sollen also politisch erwünschte Gruppen <strong>in</strong>s<br />

Land und/o<strong>der</strong> auf den restlos überfüllten deutschen<br />

Arbeitsmarkt gebracht werden – etwa Zuwan<strong>der</strong>er<br />

und Frauen. Die Folgen werden e<strong>in</strong>stweilen<br />

durch ausufernde Sozialleistungen und Arbeitsmarkttricks<br />

maskiert, dürften mittel- bis langfristig<br />

aber katastrophal se<strong>in</strong>. Dabei ist das noch nicht<br />

e<strong>in</strong>mal das eigentlich Bizarre. Denn – die Frage<br />

habe ich ja oben schon kurz angeschnitten – was<br />

könnte man denn sonst noch gegen den berüchtigten<br />

«demografischen Wandel», also die Überalterung<br />

<strong>der</strong> Gesellschaft, und den befürchteten Fachkräftemangel<br />

tun?<br />

S<strong>in</strong>d Zuwan<strong>der</strong>er wirklich die e<strong>in</strong>zige Möglichkeit<br />

zur Behebung e<strong>in</strong>es <strong>in</strong> Zukunft möglicherweise<br />

e<strong>in</strong>tretenden Fachkräftemangels, o<strong>der</strong> gibt es da<br />

noch etwas an<strong>der</strong>es – zum Beispiel mehr K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

<strong>in</strong> die Welt zu setzen? Aber diese Idee sche<strong>in</strong>t für<br />

Politiker und Medien absolut tabu zu se<strong>in</strong>. Wann<br />

und wo auch immer vom «demografischem Wandel»<br />

die Rede ist, wird das Thema «Geburtenanreize»<br />

strikt vermieden. Aber nicht nur das: Die<br />

Fortpflanzung <strong>der</strong> e<strong>in</strong>heimischen Bevölkerung wird<br />

durch Schaffung nachwuchsfe<strong>in</strong>dlicher Bed<strong>in</strong>gungen<br />

erschwert – etwa durch die Berufstätigkeit <strong>der</strong><br />

Frau, die soziale Umgestaltung und Zerstörung <strong>der</strong><br />

Familie und an<strong>der</strong>es mehr. Unter dem Strich reden<br />

wir hier von «sozialer Sterilisierung».<br />

64<br />

Wer aber alle<strong>in</strong> auf Zuwan<strong>der</strong>er setzt und die<br />

naheliegende Möglichkeit des «e<strong>in</strong>heimischen»<br />

Nachwuchses nicht nur ausblendet, son<strong>der</strong>n die<br />

Fortpflanzung <strong>der</strong> E<strong>in</strong>heimischen sogar aktiv beh<strong>in</strong><strong>der</strong>t,<br />

<strong>der</strong> will, dass die ansässige Bevölkerung<br />

durch Fremde ersetzt wird. Das ist denn auch <strong>der</strong><br />

eigentliche «demografische Wandel», um den es<br />

<strong>in</strong> Wirklichkeit geht. Wie sagte doch e<strong>in</strong>st Frankl<strong>in</strong><br />

Delano Roosevelt (US-Präsident von 1933–1945):<br />

«In <strong>der</strong> Politik geschieht nichts zufällig. Wenn etwas<br />

geschieht, dann kann man sicher se<strong>in</strong>, dass<br />

es auf diese Weise geplant war.»


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> bei Büchern<br />

Mit je<strong>der</strong> Faser Deutscher<br />

_ von Mart<strong>in</strong> Müller-Mertens<br />

Nach e<strong>in</strong>er Rede bei Pegida wurde Akif Pir<strong>in</strong>çci <strong>in</strong> Medien und Verlagen zur Unperson.<br />

Doch <strong>der</strong> Hass <strong>der</strong> Deutschland-Abschaffer auf den Bestsellerautor reicht<br />

länger zurück: Se<strong>in</strong> Patriotismus ließ ihn zur Zielscheibe werden.<br />

Es waren die Bäume, damals, als Neunjähriger.<br />

«Atemberaubend», schwärmt Akif Pir<strong>in</strong>çci noch<br />

heute von se<strong>in</strong>en ersten Blicken auf den deutschen<br />

Wald. Gerade hatte er den Millionenmoloch Istanbul<br />

mit se<strong>in</strong>en Straßenschluchten aus Beton verlassen.<br />

Nun warteten die grünen Berge <strong>der</strong> Eifel. Dörfer, <strong>in</strong><br />

denen «alles funktioniert». Damals wurde Deutschland<br />

se<strong>in</strong>e Heimat, se<strong>in</strong>e Liebe. Heute kämpft Akif<br />

Pir<strong>in</strong>çci für se<strong>in</strong> Land – und um die eigene Existenz.<br />

Seit Oktober 2015 hat Pir<strong>in</strong>çci praktisch Berufsverbot.<br />

Es gab ke<strong>in</strong>en Prozess, ke<strong>in</strong> Urteil mit<br />

Begründung. Nichts, wogegen er sich hätte wehren<br />

können. E<strong>in</strong>e unheilige Allianz aus Politik und<br />

Lügenmedien, aus vorauseilenden Verlagen und<br />

geifernden Ges<strong>in</strong>nungswächtern schritt zur Tat.<br />

Ihr Opfer hetzten sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Mischung aus Lust<br />

und Hysterie. «Das ist jetzt ke<strong>in</strong> Mensch mehr, dessen<br />

Me<strong>in</strong>ung man ernstnehmen könnte. Den muss<br />

man sozial kaputtmachen, <strong>der</strong> darf gar nicht existieren.<br />

Am besten sollte er Selbstmord begehen»,<br />

beschreibt Pir<strong>in</strong>çci jenen Vernichtungswillen, <strong>der</strong><br />

über ihn here<strong>in</strong>brach.<br />

Am späten 19. Oktober 2015 eröffneten die<br />

Tugendkommissare ihre Jagd. An diesem Abend<br />

hatte Akif Pir<strong>in</strong>çci bei Pegida <strong>in</strong> Dresden gesprochen.<br />

Dort wandte er sich gegen e<strong>in</strong>en Landrat <strong>in</strong><br />

Hessen, <strong>der</strong> Asylkritikern zuvor unverblümt die Auswan<strong>der</strong>ung<br />

nahegelegt hatte. «Offenkundig sche<strong>in</strong>t<br />

man bei <strong>der</strong> Macht die Angst und den Respekt vor<br />

dem eigenen Volk so restlos abgelegt zu haben,<br />

dass man ihm schulterzuckend die Ausreise empfehlen<br />

kann, wenn er gefälligst nicht pariert. Es<br />

gäbe natürlich auch an<strong>der</strong>e Alternativen. Aber die<br />

KZs s<strong>in</strong>d ja lei<strong>der</strong> <strong>der</strong>zeit außer Betrieb.»<br />

Die Katzenkrimis waren Pir<strong>in</strong>çcis<br />

größter Erfolg. Foto: Archiv<br />

«Die Kritik Pir<strong>in</strong>çcis<br />

an <strong>der</strong> Gen<strong>der</strong>theorie<br />

kann ich als<br />

schwuler Mann<br />

<strong>in</strong>haltlich voll teilen.»<br />

David Berger<br />

65


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> bei Büchern<br />

Pir<strong>in</strong>çcis Vorahnung<br />

In se<strong>in</strong>er Pegida-Rede im Oktober<br />

2015 g<strong>in</strong>g Akif Pir<strong>in</strong>çci auch<br />

auf die – damals noch kaum thematisierten<br />

– Vergewaltigungen<br />

durch Asylfor<strong>der</strong>er e<strong>in</strong>. «Deshalb<br />

wird es auch nicht dabei bleiben,<br />

dass dieser Scheiß-Staat<br />

die Wehrlosen aus den Sozialwohnungen<br />

rausschmeißt. Bereits<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong> paar Monaten werden<br />

Zwangse<strong>in</strong>quartierungen <strong>in</strong><br />

ganz gewöhnliche Wohnungen<br />

und Häuser erfolgen, damit die<br />

kräftigen Männer aus dem Morgenland<br />

und aus <strong>der</strong> Savanne<br />

nicht so viel frieren müssen und<br />

fit für den Vergewaltigungsfrühl<strong>in</strong>g<br />

s<strong>in</strong>d. Siehe Schweden und<br />

Norwegen. Die K<strong>in</strong><strong>der</strong>f***partei,<br />

die Grünen, und ihre artverwandten<br />

Zujubler von <strong>der</strong> Lügenpresse<br />

werden dann noch mehr frohlocken<br />

und allerliebst Homestories<br />

darüber verfassen, wie Abdullah,<br />

Hassan und Mohammed am Tag<br />

auf die kle<strong>in</strong>e zwölfjährige Melanie<br />

aufpassen, während Papa<br />

Horst zur Arbeit geht und für sie<br />

alle die Kohle verdient. Wie sagte<br />

doch Mohammed Khan von <strong>der</strong><br />

Eroberungsmoschee: "Wem dieses<br />

System <strong>in</strong> Deutschland nicht<br />

gefällt, <strong>der</strong> hat die Möglichkeit<br />

wegzugehen."»<br />

Pir<strong>in</strong>çci beim <strong>COMPACT</strong>-Interview<br />

im November 2015. Foto: COM-<br />

PACT-TV<br />

Genüsslich verbiss sich die Meute <strong>in</strong> den letzten<br />

Satz – und riss ihn aus dem Zusammenhang;<br />

zitiert, als habe Pir<strong>in</strong>çci die Lager zur Vernichtung<br />

von Flüchtl<strong>in</strong>gen eröffnen wollen. Der Autor<br />

selbst bezeichnete die Passage später als «Scheiß-<br />

Witz». Doch «man konnte das, was Pir<strong>in</strong>çci an diesem<br />

Abend gesagt hat, schon wenig später wörtlich<br />

nachlesen. Man konnte es sich unmittelbar danach<br />

und bis heute auf YouTube anschauen. Trotzdem<br />

hat e<strong>in</strong> großer Teil <strong>der</strong> Medien das, was er gesagt<br />

und geme<strong>in</strong>t hat, falsch wie<strong>der</strong>gegeben und tut es<br />

teils noch heute», attestiert <strong>der</strong> Medienkritiker Stefan<br />

Niggemeier.<br />

Die Unperson<br />

Mag se<strong>in</strong>, dass Pir<strong>in</strong>çci durchaus e<strong>in</strong>en Skandal<br />

provozieren wollte. Auf se<strong>in</strong>em Blog kündigte<br />

er die Pegida-Rede im Vorfeld mit den Worten an:<br />

«Ach, Herr Staatsanwalt, bitte immer den Gesamtzusammenhang<br />

sehen und sich ke<strong>in</strong>e Wort-Ros<strong>in</strong>en<br />

rauspicken.» Doch was nun über ihn here<strong>in</strong>brach,<br />

war ke<strong>in</strong>e harsch geführte Debatte mehr, son<strong>der</strong>n<br />

e<strong>in</strong> Feldzug <strong>der</strong> politisch korrekten Inquisition. Nur<br />

Tage später kündigte <strong>der</strong> Verlag Random House se<strong>in</strong>em<br />

Bestseller-Garanten, um sich gleichzeitig per<br />

Pressemitteilung «von ihm zu distanzieren». Pir<strong>in</strong>çcis<br />

Bücher landeten zwar auf ke<strong>in</strong>em Index, ke<strong>in</strong>er<br />

Verbotsliste – doch <strong>der</strong> Onl<strong>in</strong>ehändler Amazon, die<br />

Buchhandelskette Thalia und weitere Anbieter strichen<br />

sie aus dem Programm. Wie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Säuberung<br />

verschwand se<strong>in</strong> Name aus dem öffentlichen<br />

Raum. «Das ist so etwas wie die Zerstörung e<strong>in</strong>er<br />

Existenz. Es hat auch gar ke<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n mehr, noch<br />

etwas zu schreiben», zog Pir<strong>in</strong>çci im November bei<br />

<strong>COMPACT</strong> bittere Bilanz.<br />

Nun denkt er zurück an jene Zeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Eifel,<br />

als er se<strong>in</strong>e Heimat fand. «Es s<strong>in</strong>d alte Bil<strong>der</strong>,<br />

es s<strong>in</strong>d vergilbte Bil<strong>der</strong>.» Dieses Deutschland ist<br />

schon lange Vergangenheit. Abgeschafft von jenem<br />

Ma<strong>in</strong>stream, den <strong>der</strong> Autor als «l<strong>in</strong>ksgrün versifft»<br />

bezeichnet. So ist Akif Pir<strong>in</strong>çci e<strong>in</strong> Zeuge <strong>der</strong> deutschen<br />

Katastrophe. 1959 wird er <strong>in</strong> Istanbul geboren.<br />

Neun Jahre später zieht die Familie <strong>in</strong> die Bundesrepublik,<br />

lebt erst <strong>in</strong> Ulmen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Eifel, dann<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Nähe von Koblenz. Die Schule hat es dem<br />

Jungen nicht angetan. Nach Episoden auf Gymnasium<br />

und Realschule macht er schließlich den<br />

Hauptschulabschluss. Doch mit 14 gew<strong>in</strong>nt er e<strong>in</strong>en<br />

Autorenwettbewerb des Bayerischen Rundfunks.<br />

E<strong>in</strong>e zeitlang liebäugelt er mit e<strong>in</strong>er Arbeit beim<br />

Film. 1980 ersche<strong>in</strong>t se<strong>in</strong> erster Roman, dessen<br />

Titel wie e<strong>in</strong>e Vorahnung des deutschen Schicksals<br />

anmutet: Tränen s<strong>in</strong>d immer das Ende. Doch<br />

das Buch floppt. 1989 ersche<strong>in</strong>t <strong>der</strong> erste Katzenkrimi<br />

Felidae <strong>in</strong> gerade e<strong>in</strong>mal 7.000 Exemplaren –<br />

mit mehr Verkäufen rechnet <strong>der</strong> Verlag nicht. Doch<br />

die Abenteuer des Katers Francis machen Pir<strong>in</strong>çci<br />

zum Multimillionär.<br />

Der Deutsche<br />

Schon Anfang <strong>der</strong> 1990er Jahre geriet <strong>der</strong><br />

Deutschtürke erstmals <strong>in</strong>s Visier <strong>der</strong> Tugendwächter.<br />

Dass <strong>der</strong> E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>er partout Deutscher se<strong>in</strong><br />

wollte, statt das verhasste Land multikulturell zu verwässern,<br />

stieß 1992 Barbara Supp im Spiegel auf.<br />

«Immigrantenprobleme kümmern ihn nicht; miese<br />

Machenschaften s<strong>in</strong>d ihm egal. Pir<strong>in</strong>çci, <strong>der</strong> im<br />

Alter von neun Jahren aus <strong>der</strong> Türkei nach Deutschland<br />

kam, nimmt sich das Recht, se<strong>in</strong>e Herkunft für<br />

zweitrangig zu halten», fauchte sie über se<strong>in</strong>en <strong>in</strong><br />

jenem Jahr erschienenen Roman Der Rumpf.<br />

Auf Druck musste die Presse<br />

e<strong>in</strong>gestehen, dass es Pir<strong>in</strong>çcis<br />

angebliche KZ-For<strong>der</strong>ung nie gab.<br />

66<br />

Je mehr Deutschland abgeschafft wurde, desto<br />

gefährlicher erschien dem Ma<strong>in</strong>stream <strong>der</strong> unbotmäßige<br />

Migrant. 2009 bekannte sich Pir<strong>in</strong>çci,<br />

«mit je<strong>der</strong> Faser Deutscher» zu se<strong>in</strong>. Ab 2012 veröffentlichte<br />

er regelmäßig politische Kommentare.<br />

Anfang 2013 bezeichnete er die Todestritte e<strong>in</strong>er<br />

Türkenbande gegen den 24-jährigen Daniel Siefert<br />

<strong>in</strong> Nie<strong>der</strong>sachsen als Teil e<strong>in</strong>er «Serie von immer<br />

mehr und <strong>in</strong> immer kürzeren Abständen erfolgenden<br />

Bestialitäten, die zumeist von jungen Männern<br />

moslemischen Glaubens an deutschen Männern<br />

begangen werden» (siehe den folgenden Artikel).


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> bei Büchern<br />

Für den damaligen Taz-Kolumnisten Deniz Yücel war<br />

Pir<strong>in</strong>çci nun «deutsch, vom Ohr bis zum Arsch». Für<br />

den Autor – heute Korrespondent <strong>der</strong> WeltN24-<br />

Gruppe – wohl das größte anzunehmende Verdikt.<br />

In <strong>der</strong> kruden Gedankenwelt des Yücel offenbarte<br />

sich <strong>der</strong> ungezügelte Hass des Taz-Rassisten. «Völkersterben<br />

bei den Deutschen? Das ist doch e<strong>in</strong>e<br />

gute Nachricht», bekannte er im gleichen Artikel.<br />

Im März 2014 erschien Pir<strong>in</strong>çcis Bestseller<br />

Deutschland von S<strong>in</strong>nen. Der Zeit-Autor Ijoma Mangold<br />

bezeichnete ihn daraufh<strong>in</strong> als «verschärften<br />

Sarraz<strong>in</strong>». E<strong>in</strong>e Lesung im Mai 2014 <strong>in</strong> Bonn konnte<br />

nur unter Polizeischutz durchgeführt werden. Selbst<br />

diese Sicherheitsmaßnahmen waren dem Bonner<br />

Generalanzeiger e<strong>in</strong>en kaum verholenen Nazi-Vergleich<br />

wert. «Auch auf <strong>der</strong> Bühne saßen l<strong>in</strong>ks und<br />

rechts neben Pir<strong>in</strong>çci zwei junge, muskelbepackte<br />

Männer mit – wohl nicht zufälligerweise – sehr<br />

blondem Haar.»<br />

E<strong>in</strong> Jahr später veröffentlichte Pir<strong>in</strong>çci se<strong>in</strong> Buch<br />

Die große Verschwulung. E<strong>in</strong>e Abrechnung mit dem<br />

Gen<strong>der</strong>gaga. Wie<strong>der</strong> kreischte das Establishment.<br />

Dabei besche<strong>in</strong>igte sogar <strong>der</strong> schwule Journalist<br />

David Berger dem Buch Aussagen, die so auch von<br />

Homoaktvisten kommen könnten. «Auch die Kritik<br />

Pir<strong>in</strong>çcis an <strong>der</strong> Gen<strong>der</strong>theorie kann ich als schwuler<br />

Mann zwar nicht im Stil, aber <strong>in</strong>haltlich voll teilen.<br />

Die homosexuellen Gen<strong>der</strong>ideologie-Fans müssen<br />

sich nämlich fragen lassen: Was hilft es schwulen<br />

Männern, wenn man ihnen sagt, dass sie ihr<br />

Geschlecht beliebig von Tag zu Tag neu wechseln<br />

und bestimmen können?», so Berger <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hufft<strong>in</strong>gton<br />

Post.<br />

Hetze <strong>der</strong> Kollegen<br />

Pir<strong>in</strong>çci gänzlich mundtot zu machen, gelang<br />

<strong>der</strong> Meute da nicht. Zu groß se<strong>in</strong> Erfolg, zu lukrativ<br />

se<strong>in</strong>e Bücher auch für Verlage und Händler. Erst die<br />

bewusste Verfälschung <strong>der</strong> Pegida-Rede war das<br />

Hornsignal zur Hatz, die sich schnell zur Raserei<br />

steigerte. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete<br />

Volker Beck erstattete Strafanzeige gegen Pir<strong>in</strong>çci.<br />

Dass ausgerechnet Schriftstellerkollegen nun Druck<br />

auf se<strong>in</strong>en Verlag ausübten, macht den Erfolgsautor<br />

sprachlos. «Diese Kollegen gehen h<strong>in</strong> und sagen, Ihr<br />

müsst ihn verbieten. Sie s<strong>in</strong>d so dumm und wissen<br />

nicht, was das bedeutet: Dass es sie auch e<strong>in</strong>es<br />

Tages treffen könnte.»<br />

ruar lediglich zwei Anbieter wenige Exemplare von<br />

Deutschland von S<strong>in</strong>nen und Die große Verschwulung.<br />

Zudem waren e<strong>in</strong>ige Katzenkrimis antiquarisch<br />

erhältlich. Die Amazon-Tochter AbeBooks verzeichnet<br />

unter dem Suchbegriff Akif Pir<strong>in</strong>çci dagegen<br />

ausschließlich se<strong>in</strong>e Romane, ebenso wie<br />

<strong>der</strong>en auf Gebrauchtbücher spezialisierter Ableger<br />

ZVAB. Bei <strong>der</strong> zur Weltbild-Gruppe gehörenden<br />

Plattform buecher.de, sowie bei Hugendubel waren<br />

ke<strong>in</strong>e Angebote aufzuf<strong>in</strong>den. Ebenso wenig bei Thalia.<br />

Auf ausdrücklichen Kundenwunsch sollen dort<br />

jedoch Bestellungen <strong>in</strong> den Filialen möglich se<strong>in</strong>.<br />

«Es wird e<strong>in</strong> muslimisches Land,<br />

mit absoluter Sicherheit.»<br />

Die Wäl<strong>der</strong> <strong>der</strong> Eifel stehen noch. Doch das<br />

Land, <strong>in</strong> dem Akif Pir<strong>in</strong>çci 1969 se<strong>in</strong>e Heimat fand,<br />

ist kaum noch zu erkennen. «Hier hat man das<br />

Kunststück fertiggebracht, dass man stolz ist, wenn<br />

man sich und se<strong>in</strong> Volk hasst. Das ist schon e<strong>in</strong>e<br />

Leistung», sagt er – halb zynisch, halb resigniert.<br />

Nach se<strong>in</strong>em Berufsverbot denkt Pir<strong>in</strong>çci an Auswan<strong>der</strong>ung.<br />

Er will das Ende nicht als zum Schweigen<br />

gebrachter Beobachter durchleiden; nicht ertragen<br />

müssen, was er voraussieht: «Es wird e<strong>in</strong> muslimisches<br />

Land, mit absoluter Sicherheit. Und es<br />

wird natürlich e<strong>in</strong> armes Land se<strong>in</strong>.» Doch er kann<br />

nicht aufgeben. Vielleicht wegen <strong>der</strong> vergilbten Bil<strong>der</strong>.<br />

Wahrsche<strong>in</strong>lich, weil Deutschland ihn braucht.<br />

2016 veröffentlicht Akif Pir<strong>in</strong>çci se<strong>in</strong> nächstes Buch:<br />

Umvolkung!.<br />

Akif Pir<strong>in</strong>çci<br />

Akif Pir<strong>in</strong>çci (*1959) wurde 1989<br />

mit se<strong>in</strong>em Katzenkrimi Felidae<br />

bekannt, <strong>der</strong> 1993 auch auch als<br />

Film erschien. Seit 2012 ist Pir<strong>in</strong>çci<br />

zunehmend als kritischer<br />

Kommentator des politischen<br />

Zeitgeschehens aktiv. Se<strong>in</strong><br />

neuestes Buch Umvolkung zur<br />

aktuellen Asylkrise ist für das<br />

Frühjahr 2016 angekündigt.<br />

Weitere noch verfügbare Titel:<br />

Der e<strong>in</strong>e ist stumm, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e<br />

e<strong>in</strong> Bl<strong>in</strong><strong>der</strong>. Roman. (Rotbuch-Verlag,<br />

Hamburg 2006,<br />

400 Seiten, 3.50 Euro*)<br />

Der letzte Weltuntergang. Krimi-Erzählungen.<br />

(Rotbuch-Verlag,<br />

Berl<strong>in</strong> 2007, 120 Seiten,<br />

8.90 Euro*)<br />

Deutschland von S<strong>in</strong>nen. Der<br />

irre Kult um Frauen, Homosexuelle<br />

und Zuwan<strong>der</strong>er (Manuscriptum,<br />

Waltrop 2014, 278<br />

Seiten, 17.80 Euro)<br />

Attacke auf den Ma<strong>in</strong>stream.<br />

«Deutschland von S<strong>in</strong>nen» und<br />

die Medien. (mit Andreas Lombard,<br />

Manuscriptum, Waltrop<br />

2014, 220 Seiten, 12.00 Euro)<br />

Die große Verschwulung.<br />

Wenn aus Männern Frauen werden<br />

und aus Frauen ke<strong>in</strong>e Männer.<br />

(Manuscriptum, Waltrop<br />

2015, 272 Seiten, 17.80 Euro)<br />

* nur noch gebraucht erhältlich<br />

Foto: Archiv<br />

Erst nach Anzeigen von Pir<strong>in</strong>çci musste die<br />

Lügenpresse e<strong>in</strong>gestehen, dass es dessen angebliche<br />

KZ-For<strong>der</strong>ung nie gegeben habe. Doch <strong>der</strong><br />

Boykott gegen se<strong>in</strong>e Person wurde auch danach<br />

nicht beendet. Bei Amazon werden immerh<strong>in</strong> Angebote<br />

unabhängiger E<strong>in</strong>zelhändler offenbar geduldet.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs offerierten bei e<strong>in</strong>er Recherche im Feb-<br />

Schon vor se<strong>in</strong>er Pegida-Rede hatten die politisch Korrekten<br />

Pir<strong>in</strong>çci im Visier. Foto: BZ<br />

«Das ist so etwas<br />

wie die Zerstörung<br />

e<strong>in</strong>er Existenz.»<br />

67


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> bei Büchern<br />

Das Schlachten hat begonnen<br />

_ von Akif Pir<strong>in</strong>çci<br />

E<strong>in</strong> Bürgerkrieg ist im Gange, ohne dass die Medien darüber<br />

berichten: Junge deutsche Männer werden von moslemischen<br />

Gleichaltrigen <strong>in</strong> immer größerer Zahl überfallen und ermordet.<br />

Wer darüber spricht, wird als Rassist geächtet.<br />

Der Migrant ist das<br />

Objekt <strong>der</strong> Vergottung<br />

geworden.<br />

Sicher nur e<strong>in</strong> Hilferuf aufgrund<br />

«eigener Diskrim<strong>in</strong>ierungserfahrungen<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> deutschen Gesellschaft»<br />

(Berl<strong>in</strong>er Integrationsbeauftragter).<br />

Foto: Archiv<br />

Zum Verständnis des Themas, das ich hier<br />

ansprechen möchte, ist es vonnöten, dass ich<br />

zunächst Ihr Gedächtnis bezüglich e<strong>in</strong>es evolutionären<br />

Vorgangs auffrischen muss. Viele Leute,<br />

die mir begegnen, sche<strong>in</strong>en <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schule bei diesem<br />

Thema nicht aufgepasst zu haben, soweit<br />

sie es überhaupt je verstanden o<strong>der</strong> durchgenommen<br />

haben. Die Evolution ist we<strong>der</strong> e<strong>in</strong> denkendes<br />

Wesen noch e<strong>in</strong> geheimer Mechanismus, <strong>der</strong><br />

Flora und Fauna zu Veredlung streben lässt. Sie ist<br />

lediglich e<strong>in</strong> spieltheoretisches Modell zur Erklärung<br />

von Entwicklungen und Manifestationen <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Natur, wozu auch das Verhalten des Menschen<br />

gehört. Charles Darw<strong>in</strong>s These vom «Survival<br />

of the Fittest» <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em epochalen Werk Die<br />

Entstehung <strong>der</strong> Arten bedeutet eben nicht «Das<br />

Überleben <strong>der</strong> Stärkeren», wie oft kolportiert wird,<br />

son<strong>der</strong>n «Das Überleben <strong>der</strong> Angepassten». Aber<br />

selbst diese Beschreibung trifft nicht den Nagel<br />

auf den Kopf, denn nichts passt sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Evolution<br />

irgendetwas an, son<strong>der</strong>n durch die Umstände<br />

wird «man» angepasst. Es gibt we<strong>der</strong> e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>dividuellen<br />

Willen <strong>in</strong> dem Spiel noch e<strong>in</strong>e alles lenkende<br />

(Natur-)Macht.<br />

Warum erzähle ich das? Weil es sich bei <strong>der</strong><br />

kürzlichen Tötung e<strong>in</strong>es jungen Deutschen namens<br />

Daniel S. von Türken <strong>in</strong> Kirchweyhe im Grunde um<br />

e<strong>in</strong>en beispielhaft evolutionären Vorgang handelt,<br />

nämlich um schleichenden Genozid, begangen an<br />

e<strong>in</strong>er bestimmten Gruppe von jungen Männern. Die<br />

Tat reiht sich e<strong>in</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Serie von immer mehr und<br />

<strong>in</strong> immer kürzeren Abständen erfolgenden Bestialitäten,<br />

die zumeist von jungen Männern moslemischen<br />

Glaubens an deutschen Männern begangen<br />

werden.<br />

Der Täter als Opfer<br />

Die Theorie von e<strong>in</strong>fühlsamen (deutschen)<br />

Soziologen, wonach diese bestialischen Jugendlichen<br />

sich <strong>in</strong> Wahrheit als Versager und Opfer <strong>der</strong><br />

Gesellschaft vorkämen und ihr Blutrausch e<strong>in</strong> verzweifelter<br />

Aufschrei sei, ist natürlich e<strong>in</strong>e von <strong>der</strong><br />

Migranten<strong>in</strong>dustrie, schwachs<strong>in</strong>nigen Politikern<br />

und geisteskranken l<strong>in</strong>ken Medienleuten bestellte<br />

Lüge, die, obwohl niemand daran glaubt, nicht e<strong>in</strong>mal<br />

sie selbst, dazu dienen soll, sozusagen das<br />

öffentliche «Brand<strong>in</strong>g» des armen, lieben Auslän<strong>der</strong>s<br />

<strong>in</strong> das Hirn <strong>der</strong> Allgeme<strong>in</strong>heit zu penetrieren.<br />

Im Gegenteil, nicht e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong> Milliardär mit dem<br />

Aussehen e<strong>in</strong>es Ryan Gosl<strong>in</strong>g hat so viel Selbstbewusstse<strong>in</strong><br />

wie e<strong>in</strong> Türke o<strong>der</strong> Araber, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Deutschen am Bordste<strong>in</strong> das Hirn aus dem Schädel<br />

tritt.<br />

Das Muster ist immer gleich. E<strong>in</strong>e Gruppe o<strong>der</strong><br />

die herbeitelefonierte Kumpelschar umstellt das<br />

Opfer nach <strong>der</strong> Jagdstrategie von Wölfen, wobei<br />

die Delta- und Beta-Tiere stets außen herumlaufen<br />

und für das e<strong>in</strong>schüchternde Jagdgeheul sorgen<br />

und das Alpha-Tier nach und nach von <strong>der</strong> Beute<br />

Stücke abzubeißen beg<strong>in</strong>nt, bis am Ende alle über<br />

sie herfallen.<br />

68<br />

Jetzt kommen wir aber zu <strong>der</strong> evolutionären<br />

Komponente beziehungsweise dazu, <strong>in</strong> welch<br />

e<strong>in</strong>er auch für die Täter unvorhersehbar günstigen<br />

Gemengelage das alles stattf<strong>in</strong>det. E<strong>in</strong>e große<br />

Rolle spielen hierbei die Medien. Es geht e<strong>in</strong>em


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> bei Büchern<br />

deutschen Journalisten am Arsch vorbei, ob e<strong>in</strong><br />

junger Landsmann auf offener Straße totgeprügelt<br />

wird, im Gegenteil, da ihm vom K<strong>in</strong><strong>der</strong>garten an <strong>der</strong><br />

Hass auf die eigene Volkszugehörigkeit antra<strong>in</strong>iert<br />

wurde, er sogar se<strong>in</strong>e berufliche Existenz riskierte,<br />

falls er für so etwas Mitgefühl zeigte, freut er sich<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Art Übersprungshandlung sogar darüber.<br />

Die halluz<strong>in</strong>ierten Rechten<br />

Niemand hätte von <strong>der</strong> viehischen Ermordung<br />

von Daniel S. medial erfahren, wenn nicht durch<br />

e<strong>in</strong>e Unachtsamkeit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er lokalen Ausgabe <strong>der</strong><br />

Bild-Zeitung darüber berichtet worden wäre und die<br />

Nachricht sich wie e<strong>in</strong> Lauffeuer durch das Internet<br />

verbreitet hätte. Überrollt von <strong>der</strong> Empörungswelle,<br />

saßen die l<strong>in</strong>ksgestrickten Medien nun <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er Zwickmühle. Wie br<strong>in</strong>gt man das Kunststück<br />

fertig, den Leuten zu erklären, dass schon wie<strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong> unschuldiger Deutscher von deutschhassenden<br />

«Menschen mit Migrationsh<strong>in</strong>tergrund» totgeschlagen<br />

wurde, und suggeriert gleichzeitig genau<br />

das Gegenteil?<br />

Da kam ihnen <strong>der</strong> SPD-Bürgermeister des Ortes<br />

zu Hilfe, <strong>in</strong> dem <strong>der</strong> Mord geschah. Dieses Prachtexemplar<br />

von e<strong>in</strong>em moralisch verkommenen Subjekt<br />

und e<strong>in</strong> selten gefühlloser Apparatschik hatte<br />

nichts Eiligeres zu tun, als auf <strong>der</strong> Stelle e<strong>in</strong>e<br />

Son<strong>der</strong>sitzung des Präventivrates und des Runden<br />

Tisches gegen Rechts und für Integration anzusetzen<br />

und spontane öffentliche Trauerbekundungen<br />

zu verbieten, nachdem die Ma<strong>in</strong>streammedien <strong>in</strong><br />

die Geschichte e<strong>in</strong>gestiegen waren. Das vordr<strong>in</strong>glichste<br />

Ziel war es nun, dass bei den Trauerbekundungen<br />

und beim Begräbnis bloß ke<strong>in</strong>e «Rechten»<br />

anwesend se<strong>in</strong> sollten, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e jedoch<br />

bestand das Ziel dar<strong>in</strong>, dass die öffentliche Wahrnehmung<br />

auf diese halluz<strong>in</strong>ierten Rechten gelenkt<br />

und <strong>der</strong> deutschfe<strong>in</strong>dliche, also wirklich rassistische<br />

H<strong>in</strong>tergrund des Mordes aus dem Blickfeld<br />

verbannt wird.<br />

Die Deutschen s<strong>in</strong>d mittlerweile<br />

zu e<strong>in</strong>em Haufen von Duckmäusern<br />

pervertiert.<br />

Wieso ist das so? Wenn <strong>in</strong> <strong>der</strong> Türkei vier o<strong>der</strong><br />

fünf Deutsche aus türkenfe<strong>in</strong>dlichen Motiven e<strong>in</strong>en<br />

Türken erschlagen hätten, wären sie <strong>in</strong>nerhalb von<br />

zehn M<strong>in</strong>uten von herbeigeeilten Passanten an<br />

«Wir müssen akzeptieren, dass die<br />

Zahl <strong>der</strong> Straftaten bei jugendlichen<br />

Migranten beson<strong>der</strong>s hoch ist.» Angela<br />

Merkel am 18. Juni 2011. Foto:<br />

Pete Sherrard/iStock/Th<strong>in</strong>kstock<br />

Auslän<strong>der</strong>krim<strong>in</strong>alität<br />

<strong>in</strong> Deutschland<br />

Anteil <strong>der</strong> Auslän<strong>der</strong><br />

<strong>in</strong> Prozent<br />

30,8 28,5<br />

Vergewaltigung<br />

29,3<br />

Diebstahl/<br />

Unterschlagung<br />

Mord/<br />

Totschlag<br />

29,8<br />

Raub/<br />

Erpressung<br />

Quelle: Krim<strong>in</strong>alitätsstatistik<br />

2012, Statistisches Bundesamt<br />

69


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> bei Büchern<br />

ihren Eiern an <strong>der</strong> nächsten Straßenlaterne aufgehängt<br />

worden. Wenn sie das überlebt hätten, wären<br />

sie <strong>in</strong> <strong>der</strong> anschließenden Nacht im Knast von<br />

«Landsmännern» des Getöteten <strong>in</strong> die ewigen Jagdgründe<br />

beför<strong>der</strong>t worden, und wenn auch das nicht<br />

gelungen wäre, hätten sie e<strong>in</strong>e <strong>der</strong>art hohe Haftstrafe<br />

bekommen wie es hierzulande nur noch bei<br />

Steuerbetrug <strong>der</strong> Fall ist. Man braucht ke<strong>in</strong>e Glaskugel,<br />

um zu prophezeien, wie die deutsche Justiz<br />

mit diesen monströsen Totschlägern verfahren<br />

wird. Nach ermüdendem Sie-wurden-als-K<strong>in</strong>d-zuwenig-gestreichelt-Blabla<br />

wird man e<strong>in</strong>en «Haupttäter»<br />

auserkoren haben, um die Empörung <strong>der</strong><br />

Öffentlichkeit auf e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>zigen zu fokussieren,<br />

und scheißegal, wie viele Jahre dieser auch aufgebrummt<br />

bekommt, spätestens nach zwei Jahren<br />

wird er aus dem Knast mit Internetanschluss<br />

und Flachbildschirm rausspazieren. Die Restlichen<br />

bekommen ganz, ganz drakonische Bewährungsstrafen,<br />

weil sie nicht 50 Mal, son<strong>der</strong>n nur 15 Mal<br />

auf den Kopf des Opfers getreten haben.<br />

Fremdenliebe und Selbsthass<br />

Nochmal, wieso ist das so? Zunächst e<strong>in</strong>mal ist<br />

<strong>der</strong> sogenannte Migrant <strong>in</strong> den letzten 30 Jahren<br />

durch e<strong>in</strong>e beispiellose und pathologische Umkehrung<br />

<strong>der</strong> Werte im öffentlichen Diskurs das Objekt<br />

<strong>der</strong> Vergottung geworden, er ist ganz im gegenständlichen<br />

S<strong>in</strong>ne mehr wert als <strong>der</strong> E<strong>in</strong>heimische.<br />

Selbst se<strong>in</strong>e archaischen und menschenverachtenden<br />

Sitten und se<strong>in</strong>e (…) Religion s<strong>in</strong>d sakrosankt<br />

und bl<strong>in</strong>d zu akzeptieren. Vor allem aber ist er <strong>der</strong><br />

Fetisch e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en, aber <strong>in</strong> den Medien, <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Bildung und <strong>in</strong> <strong>der</strong> gesellschaftlich anerkannten<br />

Geisteshaltung e<strong>in</strong>flussreichsten Partei, nämlich<br />

<strong>der</strong> Grünen. Der Migrant, namentlich <strong>der</strong> moslemische<br />

Migrant, ist per se unentbehrlich, unschuldig,<br />

unberührbar und überhaupt e<strong>in</strong>e «Bereicherung»,<br />

e<strong>in</strong>fach so. Selbst wenn e<strong>in</strong> türkischer o<strong>der</strong><br />

arabischer Migrant es selber nicht so sieht, f<strong>in</strong>det<br />

er entwe<strong>der</strong> ke<strong>in</strong> öffentliches Gehör o<strong>der</strong> wird mit<br />

<strong>der</strong> Nazikeule zum Schweigen gebracht. Es ist e<strong>in</strong>e<br />

hippiehafte Alle-Menschen-werden-Brü<strong>der</strong>-Ideologie,<br />

die <strong>in</strong>zwischen zu e<strong>in</strong>em Wahn ausgeartet ist.<br />

Der zweite Grund dafür, weshalb allmählich<br />

die E<strong>in</strong>heimischen mehr o<strong>der</strong> weniger ungestraft<br />

umgebracht werden dürfen, liegt an den Deutschen<br />

selbst. Sie s<strong>in</strong>d mittlerweile zu e<strong>in</strong>em Haufen von<br />

Duckmäusern pervertiert, die unter <strong>der</strong> l<strong>in</strong>ks-grünen<br />

Ges<strong>in</strong>nungsdiktatur <strong>in</strong> völliger Furcht um ihr<br />

gesellschaftliches Ansehen, <strong>in</strong>zwischen auch um<br />

ihre Existenz nichts mehr politisch Unkorrektes zu<br />

sagen wagen, schon gar nicht würden sie dafür<br />

demonstrieren. Denn wie wir <strong>der</strong>zeit den Medien<br />

entnehmen, wird eher e<strong>in</strong> Salafist zum Polizisten,<br />

als e<strong>in</strong> Deutscher sich zum Patriotismus bekennt.<br />

Zudem haben die Deutschen ihr Leben und die Verantwortung<br />

dafür zur Gänze dem Staat anvertraut.<br />

Es handelt sich um<br />

e<strong>in</strong>en schleichenden<br />

Genozid.<br />

Daniel S. (oben l<strong>in</strong>ks) wurde von<br />

Türken totgetreten (oben rechts).<br />

Viele Menschen trauerten um ihn<br />

(Fotos unten). Fotos: Archiv<br />

71


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> bei Büchern<br />

Verbotene Wörter<br />

Ups, nebenstehend habe ich<br />

e<strong>in</strong> Wort benutzt, das die jüngeren<br />

Leser gar nicht mehr kennen,<br />

weil dessen Benutzung<br />

zur öffentlichen Ächtung führen<br />

könnte, und das voll nazi ist:<br />

Landsmann. In dem Wort, das<br />

an Nazität nur noch von «Landsmannschaft»<br />

übertroffen wird,<br />

stecken gleich zwei total faschistoide<br />

Wörter dr<strong>in</strong>. Zunächst<br />

«Land», was es ja eigentlich so<br />

nicht geben darf, wenn man die<br />

Sache mit den «offenen Grenzen»<br />

und «Je<strong>der</strong> ist e<strong>in</strong> Auslän<strong>der</strong>»<br />

ernst nimmt. «Staat» vielleicht,<br />

ja, Staat ist immer gut,<br />

o<strong>der</strong> me<strong>in</strong>etwegen Staatsgebiet,<br />

aber Land? So richtig faschistoid<br />

wird es aber erst mit<br />

dem Zusatzwort «Mann», wo<br />

wir doch <strong>in</strong>zwischen durch die<br />

Gen<strong>der</strong>forschung gelernt haben,<br />

dass <strong>der</strong> Mann nur e<strong>in</strong> gesellschaftliches<br />

Konstrukt ist und,<br />

als es ihn noch gegeben hat, er<br />

nur gewalttätig, frauendiskrim<strong>in</strong>ierend,<br />

sexistisch, halt so<br />

e<strong>in</strong> Nazi war. Vielleicht haben<br />

Türken und Araber Landsmänner,<br />

aber wir hier <strong>in</strong> Deutschla<br />

… ähm, auf deutschem Staatsgebiet<br />

kennen so etwas nicht.<br />

Und <strong>in</strong>folgedessen haben wir<br />

auch ke<strong>in</strong> Mitgefühl für unseren<br />

Landsmann. (Akif Pir<strong>in</strong>çci)<br />

Der Nachbarsjunge ist von Auslän<strong>der</strong>n erschlagen<br />

worden? Ja schade um ihn, da soll sich aber <strong>der</strong><br />

Staat drum kümmern. Was hab ich denn damit zu<br />

tun? Nachher denkt man, ich b<strong>in</strong> auslän<strong>der</strong>fe<strong>in</strong>dlich.<br />

Dafür muss man wohl e<strong>in</strong>e ganz<br />

spezielle Art Meise besitzen und<br />

gehört <strong>in</strong> die Anstalt.<br />

Soweit geht <strong>der</strong> Selbsthass und die moralische<br />

Degeneration bezüglich <strong>der</strong> «Landsmänner», dass<br />

gestandene CDU-Politiker die (…) von irgendwelchen<br />

dahergelaufenen Imamen lecken und sie flehentlich<br />

darum bitten, mitten im Ort e<strong>in</strong>e Moschee<br />

zu errichten, <strong>in</strong> denen Frauen e<strong>in</strong>en getrennten E<strong>in</strong>gang<br />

benutzen müssen. Soweit geht die Selbstverleugnung<br />

<strong>der</strong> eigenen Heimat und <strong>der</strong> Zugehörigkeit<br />

dazu, dass sogar Tiroler Bands, die ihre<br />

Heimat super f<strong>in</strong>den und ihr musikalisch huldigen,<br />

unter öffentlichem Druck von Preisverleihungen<br />

ausgeschlossen werden. Soweit reicht diese<br />

Geisteskrankheit, dass Antifa-Banden <strong>in</strong> Manier<br />

von SS-Horden jede Art von Gegenme<strong>in</strong>ung mit <strong>der</strong><br />

Zustimmung von Volksparteien nie<strong>der</strong>schlagen und<br />

Existenzen vernichten dürfen.<br />

Was hat das alles mit Evolution zu tun, werden<br />

Sie sich jetzt fragen. Ganz e<strong>in</strong>fach: Dabei geht<br />

es um Verbesserung <strong>der</strong> Fortpflanzungschancen.<br />

Diese werden am e<strong>in</strong>fachsten erreicht, <strong>in</strong>dem man<br />

Gruppen bildet und an<strong>der</strong>e Gruppen, die dem Ziel<br />

entgegenstehen, <strong>der</strong> Vernichtung anheimgibt. Wie<br />

gesagt, dies geschieht nicht willentlich, man tut<br />

es e<strong>in</strong>fach und wartet ab. Normalerweise leistet<br />

die Gegengruppe erbitterten Wi<strong>der</strong>stand o<strong>der</strong> bietet<br />

e<strong>in</strong>en Kompromiss an, mit dem alle leben können.<br />

Aber es kommt selbst <strong>in</strong> <strong>der</strong> Evolution wirklich<br />

sehr selten vor, dass sie sich e<strong>in</strong>fach so fxxx<br />

lässt und dafür auch noch den (…) des Vergewaltigers<br />

küsst. Und schon gar nicht leckt man den (…)<br />

von demjenigen, <strong>der</strong> den eigenen Sohn ermordet<br />

hat. Dafür muss man wohl e<strong>in</strong>e ganz spezielle Art<br />

Meise besitzen und gehört <strong>in</strong> die Anstalt.<br />

<strong>COMPACT</strong> mit Sti(e)l <strong>in</strong> Dresden am<br />

19.10.2015. Foto: <strong>COMPACT</strong><br />

Völkermordphantasien <strong>der</strong> L<strong>in</strong>ksfaschisten.<br />

Foto: Michael Kappeler<br />

72<br />

Akif Pir<strong>in</strong>çcis Rede am 19.10.2015<br />

<strong>in</strong> Dresden wurde von <strong>der</strong> Lügenpresse<br />

bewusst falsch verstanden.<br />

Fotos: Michael Kappeler


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> bei Büchern<br />

Der Vater aller Verschwörungstheorien<br />

_ von Niki Vogt<br />

Jan van Hels<strong>in</strong>g war <strong>der</strong> erste Autor im Nachkriegsdeutschland, <strong>der</strong> mit Recherchen<br />

über Geheimgesellschaften und okkultes Wissen Hun<strong>der</strong>ttausende von Büchern<br />

verkaufte. Doch dann holten die Tugendwächter zum großen Gegenschlag aus.<br />

Der Verleger Klaus-Dieter Ewert staunte nicht<br />

schlecht, als er im Sommer 1993 e<strong>in</strong>en Briefumschlag<br />

ohne Absen<strong>der</strong> öffnete. Er enthielt e<strong>in</strong><br />

Manuskript mit e<strong>in</strong>em Anschreiben. Der junge<br />

Autor wollte ke<strong>in</strong> Geld, er bat nur, dass se<strong>in</strong> Buch<br />

veröffentlicht werden sollte. Aufgrund <strong>der</strong> Brisanz<br />

<strong>der</strong> Enthüllungen müsse er allerd<strong>in</strong>gs auf e<strong>in</strong>em<br />

Pseudonym bestehen: «Jan van Hels<strong>in</strong>g». Wer den<br />

Dracula-Roman von Bram Stoker gelesen hat, wird<br />

sich er<strong>in</strong>nern: Abraham van Hels<strong>in</strong>g ist dort die<br />

Hauptfigur, <strong>der</strong> Vampirjäger.<br />

Der junge Autor, mit bürgerlichem Namen Jan<br />

Udo Holey, war ursprünglich e<strong>in</strong> wissbegieriger<br />

Punker aus <strong>der</strong> l<strong>in</strong>ken Szene gewesen, hatte sich<br />

aber im Laufe <strong>der</strong> Jahre mit neuen und sehr brisanten<br />

Themen beschäftigt. Im Anschreiben an den<br />

Verlag lüftete er zwar se<strong>in</strong> Pseudonym nicht, gab<br />

aber doch e<strong>in</strong> wenig über sich preis: «Ich b<strong>in</strong> jetzt 26<br />

Jahre alt, habe bisher fünf Kont<strong>in</strong>ente bereist, und<br />

<strong>in</strong> fast jedem Land die beschriebenen Freie-Energie-Masch<strong>in</strong>en<br />

wie auch Avatare vorgefunden.<br />

Alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> Neuseeland traf ich mehrere Menschen,<br />

die deshalb dorth<strong>in</strong> ausgewan<strong>der</strong>t waren, da sie<br />

durch die Entwicklung von Geräten zur kostenlosen<br />

Energieerzeugung o<strong>der</strong> von Antigravitationsflugscheiben<br />

<strong>in</strong> Europa durch die Atom-, Öl- und Elektrolobbys<br />

ernste Schwierigkeiten bekommen hatten.<br />

(…) Dass es sich bei dieser Thematik nicht um e<strong>in</strong>e<br />

Spielerei handelt, wurde mir spätestens dann klar,<br />

als e<strong>in</strong> Bekannter von mir, e<strong>in</strong> Ranger im Norden<br />

<strong>der</strong> Süd<strong>in</strong>sel Neuseelands, e<strong>in</strong> Testgelände für<br />

fliegende Untertassen <strong>der</strong> U.S. Air Force entdeckte<br />

und (…) am Fuße e<strong>in</strong>er Klippe ermordet aufgefunden<br />

worden war. Und ich traf CIA-, Naval Intelligence-<br />

und BND-Angehörige, die <strong>in</strong> solche Projekte<br />

Kostenlose Energie: Nikola Teslas<br />

Wardenclyffe Tower sollte die<br />

gesamte Menschheit mit elektrischem<br />

Strom versorgen. Foto: public<br />

doma<strong>in</strong><br />

Nach dem Erfolg<br />

begann <strong>der</strong> Vernichtungsfeldzug.<br />

73


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> bei Büchern<br />

74<br />

Rothschilds Nachrichtendienst<br />

<strong>in</strong>formierte schnell über den<br />

Ausgang: Schlacht bei Waterloo<br />

1815. Gemälde von William Sadler<br />

(1782–1839). Foto: Geme<strong>in</strong>frei<br />

Die Skull-&-Bones-Gruft im Jahr<br />

1906. Foto: public doma<strong>in</strong><br />

Skull-&-Bones-Signé. Foto: public<br />

doma<strong>in</strong><br />

verwickelt waren o<strong>der</strong> noch s<strong>in</strong>d. (…) Solche und<br />

an<strong>der</strong>e Informationen "geheimer" Natur, über die<br />

ich im Laufe me<strong>in</strong>er Recherchen "gestolpert" b<strong>in</strong>,<br />

habe ich <strong>in</strong> diesem Buch zusammengefasst. All dies<br />

ist vernetzt mit Geheimgesellschaften, Religion,<br />

Hochf<strong>in</strong>anz und Politik.»<br />

Rezeptur für Bestseller<br />

Verleger Ewert entschloss sich, das Buch tatsächlich<br />

zu veröffentlichen. Es kam 1994 unter<br />

dem Titel Geheimgesellschaften und ihre Macht<br />

im 20. Jahrhun<strong>der</strong>t heraus und wurde e<strong>in</strong> absoluter<br />

Bestseller. Der Folgeband Geheimgesellschaften<br />

2 erschien kurz darauf, 1995. Van Hels<strong>in</strong>g<br />

beschrieb <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Erstl<strong>in</strong>gswerken die Aktivitäten<br />

und H<strong>in</strong>tergründe <strong>der</strong> hohen Freimaurerlogen,<br />

<strong>der</strong> Illum<strong>in</strong>aten und <strong>der</strong> elitären Geheimbünde wie<br />

Skull & Bones. Außerdem durchleuchtete er den<br />

Ku-Klux-Klan und die F<strong>in</strong>anzgebaren <strong>der</strong> Familien<br />

Rothschild, Warburg, Rockefeller und Morgan. Der<br />

Autor erfuhr und berichtete nie Gehörtes über die<br />

H<strong>in</strong>tergründe <strong>der</strong> Schlacht von Waterloo und wie<br />

dieser Sieg über Napoleon den Reichtum des Hauses<br />

Rothschild begründete, und er schrieb über den<br />

Opiumhandel <strong>der</strong> englischen Königsfamilie im 18.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>t, für den das aufmüpfige Ch<strong>in</strong>a <strong>in</strong> die<br />

Knie gezwungen und zur Herausgabe se<strong>in</strong>er Silberschätze<br />

gezwungen wurde. Se<strong>in</strong>e Thesen zu e<strong>in</strong>er<br />

«geheimen Weltregierung» illustrierte er mit Beispielen<br />

wie <strong>der</strong> City of London, des von Großbritannien<br />

unabhängigen F<strong>in</strong>anzzentrums an <strong>der</strong> Themse,<br />

und mit H<strong>in</strong>tergrund<strong>in</strong>formationen über die Drahtzieher<br />

<strong>der</strong> bolschewistischen Revolution und des<br />

Aufstiegs von Adolf Hitler. Von den Rittern Jerusalems<br />

über die dunklen Geheimnisse des Vatikans<br />

bis zum Kennedy-Mord, von <strong>der</strong> Gründung Israels<br />

bis h<strong>in</strong> zur angeblichen Anwesenheit von Außerirdischen<br />

wurde nichts ausgelassen. Man darf<br />

sagen: Der Autor langte mit diesem Buch beherzt<br />

zu. So etwas hatte es vorher noch nie gegeben,<br />

den Lesern blieb schlicht die Spucke weg. Jan van<br />

Hels<strong>in</strong>g war <strong>in</strong> diesen Zeiten e<strong>in</strong> Top-Seller: Beide<br />

Geheimgesellschaften-Bände verkauften sich <strong>in</strong>nerhalb<br />

zweier Jahre um die 160.000 Mal.<br />

Das Imperium schlägt zurück<br />

Wären das alles nur Hirngesp<strong>in</strong>ste gewesen,<br />

hätte es des e<strong>in</strong>setzenden Vernichtungsfeldzuges<br />

gegen den Verfasser nicht bedurft. Was nach <strong>der</strong><br />

Veröffentlichung und dem durchschlagenden Erfolg<br />

dieser beiden Bücher über ihn here<strong>in</strong>brach, er<strong>in</strong>nert<br />

stark an den Film Fletchers Visionen mit Mel Gibson.<br />

Der New Yorker Taxifahrer Fletcher gibt e<strong>in</strong><br />

kle<strong>in</strong>es Heftchen heraus, <strong>in</strong> dem er se<strong>in</strong>e Theorien<br />

veröffentlicht, die mit e<strong>in</strong>er großen Verschwörung<br />

zu tun haben. Das Blättchen hat kaum Leser, doch<br />

e<strong>in</strong>es Tages druckt er wohl etwas, was zu nahe an<br />

die Wirklichkeit herankommt, und gerät <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Verfolgungsjagd<br />

und e<strong>in</strong>en Kampf auf Leben und Tod<br />

– weil <strong>der</strong> sogenannte Psycho eben doch richtig<br />

gelegen hatte und zum Schweigen gebracht werden<br />

musste.


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> bei Büchern<br />

Auch van Hels<strong>in</strong>g muss mit dem Inhalt <strong>der</strong> beiden<br />

Bücher e<strong>in</strong>en höchst empf<strong>in</strong>dlichen Nerv getroffen<br />

haben, denn sowohl <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schweiz wie auch<br />

<strong>in</strong> Deutschland wurde er wegen Volksverhetzung<br />

angezeigt. Das führte zur größten Buchbeschlagnahmungsaktion<br />

<strong>in</strong> Deutschland seit 1945. Jan van<br />

Hels<strong>in</strong>g wurde ab 1996 mit Verfahren und Anzeigen<br />

überzogen, beide Bücher wurden bundesweit konfisziert<br />

– es kam zu über 50 Hausdurchsuchungen!<br />

Gegen van Hels<strong>in</strong>g gab es die<br />

größte Buchbeschlagnahmungsaktion<br />

seit 1945.<br />

Dass 1998 das Strafverfahren wegen Volksverhetzung<br />

e<strong>in</strong>gestellt und 2001 auch <strong>der</strong> Beschlagnahmebeschluss<br />

aufgehoben wurde, nützte<br />

dem Autor nichts: Se<strong>in</strong>e Bücher blieben <strong>in</strong> Deutschland<br />

und <strong>der</strong> Schweiz auf dem Index, erst im Jahre<br />

2006 gaben die Staatsanwälte die bei den Razzien<br />

e<strong>in</strong>gezogenen Bücher zurück. Van Hels<strong>in</strong>gs juristische<br />

Erfolge fanden nach <strong>der</strong> jahrelangen, breit<br />

angelegten Medienhetze gegen den angeblichen<br />

«Rechten» und «Antisemiten» dann seltsamerweise<br />

– besser: typischerweise! – ke<strong>in</strong>en Nie<strong>der</strong>schlag<br />

mehr <strong>in</strong> den Medien. All diese Verfolgungen, das<br />

Verbotsverfahren, die Anklageschrift wegen Volksverhetzung<br />

und die Identität und Motivation <strong>der</strong><br />

Anzeigeerstatter verarbeitete <strong>der</strong> Autor <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em<br />

Buch Die Akte Jan van Hels<strong>in</strong>g. Man muss ke<strong>in</strong> Hellseher<br />

se<strong>in</strong>, um zu erraten, dass auch dieses Buch<br />

wegen drohen<strong>der</strong> Gerichtsverfahren vom Markt<br />

genommen werden musste.<br />

Die Unsicherheit, die psychische Belastung und<br />

die soziale Ausgrenzung als angeblich antisemitischen<br />

Paria haben ihre Spuren h<strong>in</strong>terlassen. Nicht<br />

nur bei Jan Udo Holey, mit dem ich die Ehre hatte,<br />

e<strong>in</strong>ige Jahre beim alternativen TV-Sen<strong>der</strong> secret.tv<br />

zusammenarbeiten zu dürfen. Auch für se<strong>in</strong> privates<br />

Umfeld war die jahrelange Drangsaliererei e<strong>in</strong>e<br />

Belastung. Se<strong>in</strong> Vater Johannes sagte e<strong>in</strong>mal bei<br />

e<strong>in</strong>em Interview: «Natürlich (…) war unser Elternherz<br />

zutiefst betroffen. (…) Ärgern tut mich dabei<br />

nur die billige Ma<strong>in</strong>streampresse, die Jan weiterh<strong>in</strong><br />

dieser Szene zuordnet, obwohl <strong>der</strong> Staat damals<br />

das Verfahren gegen ihn stillschweigend und auf<br />

Staatskosten e<strong>in</strong>gestellt hat. Jan wurde also nie<br />

verurteilt, was den Pressehe<strong>in</strong>is e<strong>in</strong>fach nicht passt,<br />

o<strong>der</strong>, soweit sie <strong>in</strong>nerlich mit ihm sympathisieren,<br />

nicht passen darf.»<br />

Die Wächter des Verbotenen<br />

Semper aliquid haeret (es bleibt immer etwas<br />

hängen) – das ist die Devise <strong>der</strong> Medienmeute, und<br />

sie ist effektiv. Die Treibjagd und die nachweislich<br />

grundlosen, jahrelangen Verfahren von damals zeigen<br />

heute immer noch Wirkung. Sie zeigt sich <strong>in</strong><br />

falschen und diffamierenden E<strong>in</strong>trägen über Holey/<br />

Van Hels<strong>in</strong>g, die immer noch <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>schlägigen<br />

Denunziationsseiten wie Esowatch, Psiram o<strong>der</strong><br />

bei Wikipedia zu f<strong>in</strong>den s<strong>in</strong>d.<br />

In diesem Faktum offenbart sich auch die Strategie<br />

des Heiligen Krieges gegen die Me<strong>in</strong>ungsfreiheit.<br />

Es geht nicht um Thesen, um Gedankenspiele,<br />

Me<strong>in</strong>ungen, Argumente, Gegenrede, Falschdarstellungen<br />

und Korrektur. Schon gar nicht<br />

geht es um Fakten o<strong>der</strong> die Wahrheit. Vielmehr ist<br />

bei bestimmten Themen bereits die bloße Beschäftigung<br />

unter die Strafe <strong>der</strong> Existenzvernichtung<br />

gestellt. Tabus haben <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ersatzreligion <strong>der</strong> politischen<br />

Korrektheit Moral und Gewissen ersetzt,<br />

die mediale H<strong>in</strong>richtung das Peloton.<br />

Jan van Hels<strong>in</strong>g<br />

Jan Udo Holey (* 1967) hat unter<br />

dem Pseudonym Jan van<br />

Hels<strong>in</strong>g die beiden Geheimgesellschaften-Bücher<br />

und 14 weitere<br />

Titel geschrieben, die auf<br />

deutsch bislang 1.000.000 mal<br />

verkauft und <strong>in</strong> bis zu 13 Sprachen<br />

übersetzt wurden. Se<strong>in</strong><br />

neuestes Werk kommt Mitte<br />

April 2016 auf den Markt:<br />

Whistleblower (circa 400 Seiten,<br />

21,00 Euro, ISBN 978-<br />

3938656907).<br />

Im Handel noch verfügbare Titel:<br />

Die Jahrtausendlüge. Auf <strong>der</strong><br />

Spur des Pyramidenrätsels, mit<br />

Stefan Erdmann, Amadeus Verlag,<br />

Fichtenau 2008, 432 Seiten,<br />

21,– Euro.<br />

Das E<strong>in</strong>e Million Euro Buch,<br />

mit Dr. D<strong>in</strong>ero, Amadeus Verlag,<br />

Fichtenau 2009, 300 Seiten,<br />

21,– Euro.<br />

Geheimgesellschaften 3.<br />

Krieg <strong>der</strong> Freimaurer, Amadeus<br />

Verlag, Fichtenau 2010, 384 Seiten,<br />

26,– Euro.<br />

Hitler überlebte <strong>in</strong> Argent<strong>in</strong>ien,<br />

mit Abel Basti, Amadeus<br />

Verlag, Fichtenau 2011, 576 Seiten,<br />

26,– Euro.<br />

Bevor du Dich erschießt, lies<br />

dieses Buch!, Amadeus Verlag,<br />

Fichtenau 2015, 400 Seiten,<br />

21,– Euro.<br />

Foto: Amadeus Verlag<br />

Je<strong>der</strong> Vorstoß <strong>in</strong> die verbotenen Forschungsbezirke<br />

– und van Hels<strong>in</strong>g hat so ziemlich ke<strong>in</strong>en ausgelassen<br />

–, führt zu e<strong>in</strong>er gnadenlosen öffentlichen<br />

Abstrafung des Ketzers, um mögliche Nachahmer<br />

abzuschrecken.<br />

Jan Udo Holey. Foto: flickr<br />

_ Niki Vogt ist Journalist<strong>in</strong> und<br />

Filmemacher<strong>in</strong> und arbeitet<br />

vor allem für das Videoportal<br />

quer-denken.tv.<br />

75


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> bei Büchern<br />

Der Schwarze Adel<br />

_ von Jan van Hels<strong>in</strong>g<br />

Auszug aus dem jahrelang verbotenen Buch «Geheimgesellschaften<br />

2» über die verborgenen Zentren <strong>der</strong> Macht. <strong>COMPACT</strong> will<br />

dem Leser die Möglichkeit geben, sich selbst e<strong>in</strong> Bild zu machen.<br />

Damals wie heute<br />

war die Macht im<br />

Rat auf Oligarchenfamilien<br />

beschränkt.<br />

Die Oligarchen halten die Macht<br />

fest im Griff. Foto: ottavionuccio.com<br />

Der Schwarze Adel (SWA) besteht aus den<br />

reichsten und mächtigsten Adelsfamilien Europas,<br />

unter an<strong>der</strong>em auch aus den alten Familien, die<br />

im 12. Jahrhun<strong>der</strong>t die Städte Genua und Venedig<br />

besaßen, kontrollierten und regierten. Man bezeichnet<br />

sie als Schwarzen Adel wegen ihrer Verwendung<br />

von unsauberen Machenschaften, sprich<br />

Lüge, Betrug, Mord, Terrorismus, Illum<strong>in</strong>ismus und<br />

Satanismus (Schwarze Magie).<br />

Internationale Verb<strong>in</strong>dungen<br />

Der Schwarze Adel war <strong>der</strong> Grün<strong>der</strong> des Komitees<br />

<strong>der</strong> 300, aus dem all die Organisationen<br />

hervorgetreten s<strong>in</strong>d, die ich <strong>in</strong> Geheimgesellschaften<br />

1 betrachtet habe. Doch möchte ich an dieser<br />

Stelle schon darauf h<strong>in</strong>weisen, dass nicht alle Dynastien<br />

zum Schwarzen Adel gehören, son<strong>der</strong>n es<br />

gibt natürlich auch edle und anständige Familien.<br />

Amerikanische Familien, die mit dem europäischen<br />

SWA zusammenarbeiten, s<strong>in</strong>d die Harrimans,<br />

die McGeorge Bundys und an<strong>der</strong>e Eliten des<br />

Ostküstenestablishments. Die Jesuiten und die<br />

P2-Loge spielen e<strong>in</strong>e große Rolle <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung<br />

mit dem Schwarzen Adel, und natürlich ist e<strong>in</strong>es<br />

<strong>der</strong> etabliertesten und mächtigsten Verbrechersyndikate<br />

<strong>der</strong> Welt, <strong>der</strong> Vatikan, ganz groß mit dabei.<br />

Diese Gruppierungen haben zu ke<strong>in</strong>er Zeit ihrer<br />

Geschichte gezögert, Personen, die ihren bösen<br />

Machenschaften im Weg standen, zu elim<strong>in</strong>ieren<br />

– und das gilt heute genauso wie früher. Der SWA<br />

aus Venedig ist sehr eng mit dem deutschen Marshall<br />

Fund verbunden, auch <strong>der</strong> Club of Rome wird<br />

auf diese Weise kontrolliert. Der SWA Venedigs ist<br />

die mächtigste und reichste <strong>der</strong> alten europäischen<br />

Familien und soll den Besitz <strong>der</strong> Rockefellers um<br />

e<strong>in</strong> Vielfaches übertreffen. Die Namen, die Sie im<br />

weiteren Verlauf lesen werden, kennen Sie bereits<br />

aus <strong>der</strong> Regenbogenpresse, <strong>in</strong> <strong>der</strong> sie wohlhabenden<br />

Familien, die aus alten Zeiten übrig geblieben<br />

s<strong>in</strong>d und äußerlich an ihren Traditionen festhalten,<br />

zugeordnet werden. Man vermutet nach außen h<strong>in</strong><br />

weiter nichts Schlimmes.<br />

Das räuberische Venedig<br />

76<br />

Die Tätigkeit des SWA lässt sich m<strong>in</strong>destens bis<br />

zum Anfang des 12. Jahrhun<strong>der</strong>ts zurückverfolgen.<br />

E<strong>in</strong>es <strong>der</strong> ersten und wichtigsten Ereignisse fand<br />

zwischen 1122 und 1126 statt, als <strong>der</strong> byzant<strong>in</strong>ische<br />

Kaiser Johannes II. (Johannes Komnenos), e<strong>in</strong><br />

Mann hohen moralischen Charakters, versuchte, die<br />

venezianischen Oligarchen von ihrem Thron zu werfen.<br />

Der Krieg zwischen Byzanz und Venedig g<strong>in</strong>g<br />

auf se<strong>in</strong>e Weigerung zurück, die Handelsvorrechte<br />

(Monopole) <strong>der</strong> venezianischen Oligarchenfamilien<br />

zu erneuern, da diese ihre Privilegien schamlos zur<br />

Ausbeutung des Volkes missbraucht hatten. Die<br />

venezianische Flotte attackierte se<strong>in</strong>e Schiffe, ver-


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> bei Büchern<br />

wüstete die Ägäis, besetzte Korfu und zwang den<br />

Kaiser, ihre Privilegien zu erneuern. Und bis heute<br />

hat sich daran nichts geän<strong>der</strong>t. Sollte es e<strong>in</strong>mal<br />

jemand versuchen, sich <strong>in</strong> Opposition zu den Grosvenors,<br />

den Braganzas o<strong>der</strong> den Savoyen zu stellen,<br />

braucht man nur zu beobachten, was mit ihm geschieht,<br />

um zu erkennen, was gespielt wird. Egal,<br />

ob man <strong>der</strong> Präsident e<strong>in</strong>es Landes ist o<strong>der</strong> welchen<br />

Titel man auch immer haben möge, man wird immer<br />

nur den zweiten Platz e<strong>in</strong>nehmen können. 1155 wurden<br />

die Handelsprivilegien an den SWA <strong>in</strong> Genua<br />

übertragen, <strong>der</strong> sie bis heute hält.<br />

Der erste Kreuzzug (1095) schuf die Macht des<br />

Schwarzen Adels <strong>in</strong> Venedig und setzte den Grundste<strong>in</strong><br />

für die Macht <strong>der</strong> herrschenden Klasse. Die<br />

dazugehörigen Aristokraten erreichten die absolute<br />

Kontrolle über die Lagunenstadt im Jahre 1171,<br />

als die Stellung des Dogen auf das übertragen<br />

wurde, was heute als <strong>der</strong> Große Rat bezeichnet<br />

wird. Dieser Rat bestand aus Mitglie<strong>der</strong>n <strong>der</strong> im<br />

Handel tätigen Aristokratie – e<strong>in</strong> kompletter Erfolg<br />

aus <strong>der</strong>en Sicht.<br />

Noch e<strong>in</strong> paar Worte zum Großen Rat, da dieser<br />

noch immer im gleichen Stil wie zu se<strong>in</strong>er Gründung<br />

1171 arbeitet. Er ist, damals wie heute, auf<br />

Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Oligarchenfamilien beschränkt. Das<br />

schloss und schließt alle Bürger von Venedig von<br />

politischen o<strong>der</strong> wirtschaftlichen Entscheidungen<br />

aus. Als es zu Revolten von Seiten des Volkes gegen<br />

die Monopole kam, schreckte <strong>der</strong> SWA ke<strong>in</strong>e<br />

Sekunde davor zurück, die Anführer ausf<strong>in</strong>dig zu<br />

machen und brutal h<strong>in</strong>zurichten. Die Rebellion<br />

Tiepolos im Jahre 1310 war <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zige Aufstand<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Geschichte Venedigs, <strong>der</strong> bekannt wurde.<br />

Die geheimen H<strong>in</strong>richtungen, wie sie heute auch<br />

die Mafia pflegt, die f<strong>in</strong>anzielle Ru<strong>in</strong>ierung von<br />

Gegnern, die Vergewaltigung von <strong>der</strong>en Frauen<br />

und so weiter – das gehört alles <strong>in</strong> die «schwarze»<br />

Trickkiste <strong>der</strong> Oligarchen.<br />

Die Macht <strong>der</strong> F<strong>in</strong>anzaristokraten<br />

Zum britischen Adel gehören auch die Familien,<br />

die die Rohstoffmärkte regieren und den Preis für<br />

Gold diktieren. Die Guelfen/W<strong>in</strong>dsors kontrollieren<br />

zum Beispiel den Kupfer-, Z<strong>in</strong>k-, Blei- und Z<strong>in</strong>npreis.<br />

Und es ist auch ke<strong>in</strong> Zufall, dass die wichtigste<br />

Warenbörse ihren Sitz <strong>in</strong> London hat.<br />

Die Vermögen des SWA liegen <strong>in</strong> Schweizer<br />

Banken, darunter die Gel<strong>der</strong> aus den riesigen Drogengeschäften.<br />

Die eidgenössischen Banken werden<br />

alle durch Freimaurer gesteuert. Die Schweiz<br />

ist <strong>der</strong> sichere Hafen, den alle Verschwörer mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />

teilen.<br />

Die immerwährende Neutralität <strong>der</strong> Schweiz<br />

wurde durch den E<strong>in</strong>fluss <strong>der</strong> Jesuiten garantiert,<br />

die e<strong>in</strong>e Priesterschule <strong>in</strong> Luzern etablierten. Im<br />

Jahre 1815 hielt <strong>der</strong> Orden mit se<strong>in</strong>en zahlreichen<br />

Freimaurerverb<strong>in</strong>dungen und den Königshäusern<br />

Europas den Wiener Kongress ab. Am 20. und 29.<br />

März 1815 wurden zwei Gesetze erlassen, die <strong>der</strong><br />

Schweiz die Neutralität sicherten. Dies wurde des-<br />

Prozession <strong>in</strong> Venedig. Gemälde<br />

von Gentile Bell<strong>in</strong>i (1496). Foto:<br />

geme<strong>in</strong>frei<br />

Bankenchef Guy de Rothschild 1963<br />

auf dem Titel des «Time»-Magaz<strong>in</strong>s.<br />

Foto: public doma<strong>in</strong><br />

Der Ursprung des<br />

Schwarzen Adels<br />

liegt <strong>in</strong> den Handelsdynastien<br />

Venedigs.<br />

77


Kai Homilius Verlag<br />

Am Zernsee 9 | 14542 Wer<strong>der</strong> (Havel)<br />

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<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> bei Büchern<br />

F<strong>in</strong>anztycoons unter sich: David<br />

Rockefeller (l<strong>in</strong>ks) und Evelyn de<br />

Rothschild (rechts). Foto: luogocomune.net<br />

Wappen <strong>der</strong> Rockefellers – das<br />

Motto <strong>der</strong> Familie «Non Quam Propius<br />

Erunt» bedeutet: Ke<strong>in</strong>er ist<br />

treuer. Foto: geme<strong>in</strong>frei<br />

halb getan, um das Geld <strong>der</strong> von Kriegen lebenden<br />

und <strong>in</strong> den weltweiten Drogenhandel verwickelten<br />

Parteien immer <strong>in</strong> Sicherheit zu haben, ob sie nun<br />

im Streit mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> waren o<strong>der</strong> nicht. Das ist<br />

auch <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zige Grund, warum die Schweiz von<br />

allen Kriegen bisher ausgeschlossen war und auch<br />

immer ausgeschlossen se<strong>in</strong> wird.<br />

Die Schweizer Banken s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong><br />

sicherer Hafen für alle schwarzen<br />

Geschäfte.<br />

Zwergstaat ist e<strong>in</strong>es <strong>der</strong> Paradise <strong>der</strong> Oligarchen<br />

Europas, se<strong>in</strong>e Basis wurde Anfang des 20. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

durch die Société des ba<strong>in</strong>s de mer de Monaco<br />

geschaffen, e<strong>in</strong>e Organisation, die eigentlich<br />

alles kontrolliert, was sich <strong>in</strong> diesem Fürstentum<br />

bewegt. Edward Blanc war <strong>der</strong> Grün<strong>der</strong> dieser<br />

Organisation und heiratete <strong>in</strong> die Ra<strong>in</strong>iers-Familie<br />

e<strong>in</strong>, die wie<strong>der</strong>um durch die Dynastie von Thurn<br />

und Taxis beherrscht wird. Weitere Familien, die <strong>in</strong><br />

die Geschäfte Monacos verwickelt s<strong>in</strong>d, s<strong>in</strong>d die<br />

von Pr<strong>in</strong>z Trubetzkoy und die Portanovas aus <strong>der</strong><br />

venezianischen Oligarchie.<br />

_ Der Text wurde stark gekürzt<br />

und behutsam redigiert entnommen<br />

aus: Jan van Hels<strong>in</strong>g,<br />

«Geheimgesellschaften 2». Das<br />

1995 erschienene Buch wurde<br />

1996 beschlagnahmt und trotz<br />

juristischer Erfolge des Autors erst<br />

2006 wie<strong>der</strong> freigegeben.<br />

Monaco: Gala D<strong>in</strong>ner im Empire,<br />

1932. Foto: Archives Societe des<br />

Ba<strong>in</strong>s de Mer<br />

Hierzu gibt es e<strong>in</strong> paar gute Darstellungen,<br />

etwa das Buch Die Schweiz wäscht weißer von<br />

Jean Ziegler. Ziegler, Genfer Soziologie-Professor<br />

und sozialdemokratischer Parlamentsabgeordneter,<br />

kämpft seit Jahrzehnten unverdrossen gegen<br />

die ehrwürdigen Geldhäuser von <strong>der</strong> Züricher<br />

Bahnhofsstraße. Er resümiert: «Die Schweizer<br />

Banken me<strong>in</strong>en zwar, das sei nicht ihr Fehler, das<br />

Geld komme schließlich von selbst. Doch <strong>in</strong> Wahrheit<br />

s<strong>in</strong>d sie die Komplizen <strong>der</strong> Drogenbarone und<br />

<strong>der</strong> Waffenschieber, denn sie besorgen den Transfer.»<br />

Übrigens: Pro Jahr werden etwa 280 Milliarden<br />

Dollar aus dem Drogenhandel <strong>in</strong> die Schweiz<br />

e<strong>in</strong>geflogen.<br />

E<strong>in</strong> weiteres eklatantes Beispiel ist Monaco<br />

mit dem Haus <strong>der</strong> Grimaldis, dessen Geschichte<br />

bis auf die Grimaldis aus Genua zurückgeht. Der<br />

79


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> bei Büchern<br />

Der juristische Totschläger<br />

_ von Manfred Kle<strong>in</strong>e-Hartlage<br />

80<br />

Anzeigen wegen Volksverhetzung s<strong>in</strong>d die E<strong>in</strong>schüchterungskeule<br />

gegen jede Opposition. Durch ständige Erweiterungen <strong>der</strong><br />

Gesetzesbestimmung wurde aus e<strong>in</strong>em klar def<strong>in</strong>ierten Verbot e<strong>in</strong><br />

Gummi-Paragraph, <strong>der</strong> gegen jeden angewendet werden kann – es<br />

sei denn, er beleidigt die Deutschen.<br />

Heiko Maas ist seit 2013 Bundesjustizm<strong>in</strong>ister.<br />

Foto: BeckerBredel,<br />

SPD Saar, flickr<br />

Auf Volksverhetzung<br />

stehen bis zu<br />

fünf Jahre Haft.<br />

Der Tatbestand <strong>der</strong> Volksverhetzung (Paragraph<br />

130 Strafgesetzbuch StGB) erfasst bestimmte<br />

Äußerungen mit politischem Bezug. Für e<strong>in</strong>en<br />

demokratischen Rechtsstaat sollte es sich von<br />

selbst verstehen, sich bei <strong>der</strong> Bestrafung politischer<br />

Äußerungen Zurückhaltung aufzuerlegen,<br />

zum e<strong>in</strong>en wegen <strong>der</strong> erheblichen Abgrenzungsprobleme<br />

– wo hört die Kritik auf, wo beg<strong>in</strong>nt die «Verhetzung»?,<br />

– zum an<strong>der</strong>en, weil je<strong>der</strong> Me<strong>in</strong>ungsparagraph<br />

potenzielle Handhaben liefert, völlig legitime,<br />

<strong>der</strong> Regierung aber missliebige Opposition<br />

mundtot zu machen. Man sollte me<strong>in</strong>en, die BRD,<br />

die wir bekanntlich für den freiesten Staat zu halten<br />

haben, <strong>der</strong> je auf deutschem Boden existierte,<br />

sei hier beson<strong>der</strong>s zurückhaltend, habe also auch<br />

die liberalsten Me<strong>in</strong>ungsgesetze.<br />

Das deutsche Kaiserreich, das wir uns als den<br />

Inbegriff e<strong>in</strong>es undemokratischen Obrigkeitsstaates<br />

vorstellen sollen, führte den Paragraphen 130<br />

im Jahre 1872 e<strong>in</strong>. Bestraft wurde die Aufreizung<br />

von Klassen zu Gewalttätigkeiten (und nur<br />

dies!) gegene<strong>in</strong>an<strong>der</strong>, sofern dadurch <strong>der</strong> öffentliche<br />

Friede gestört wurde. Die Regelung bestand<br />

damals aus 33 Worten. Dabei blieb es 88 Jahre<br />

lang. Die Adenauer-Republik, die uns als miefiges,<br />

reaktionäres Restaurationsregime verkauft wird,<br />

unter dem man kaum atmen konnte, än<strong>der</strong>te den<br />

Paragraphen 1960, kam aber immer noch mit 60<br />

Worten aus.


Bestraft wurde nunmehr allerd<strong>in</strong>gs auch, «wer<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Weise, die geeignet ist, den öffentlichen<br />

Frieden zu stören, die Menschenwürde an<strong>der</strong>er<br />

dadurch angreift, dass er zum Hass gegen Teile<br />

<strong>der</strong> Bevölkerung aufstachelt, zu Gewalt- o<strong>der</strong><br />

Willkürmaßnahmen gegen sie auffor<strong>der</strong>t o<strong>der</strong><br />

sie beschimpft, böswillig verächtlich macht o<strong>der</strong><br />

verleumdet». Damit wurde <strong>der</strong> Tatbestand schon<br />

erheblich ausgeweitet, außerdem kam es nicht<br />

mehr darauf an, ob <strong>der</strong> öffentliche Friede tatsächlich<br />

gestört wurde, er musste nur noch («geeignet<br />

ist») gestört werden können.<br />

Willkürstaat BRD<br />

Diese Regelung, die – verglichen mit dem, was<br />

folgen sollte – immer noch ziemlich liberal war,<br />

hielt nur noch 34 Jahre. Die wie<strong>der</strong>vere<strong>in</strong>igte BRD,<br />

<strong>in</strong> die sich 17 Millionen Deutsche mitsamt ihrer<br />

DDR <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hoffnung geflüchtet hatten, von staatlicher<br />

Me<strong>in</strong>ungsgängelei frei zu werden, verschärfte<br />

den Volksverhetzungsparagraphen erneut, und<br />

zwar 1994. Mit <strong>der</strong> Neuregelung wurde zum e<strong>in</strong>en<br />

die Verbreitung entsprechen<strong>der</strong> Schriften strafbar,<br />

und zwar nunmehr unabhängig davon, ob dadurch<br />

<strong>der</strong> «öffentliche Frieden gestört» wurde o<strong>der</strong> nicht.<br />

Vor allem aber wurde das Verbot <strong>der</strong> sogenannten<br />

Holocaustleugnung e<strong>in</strong>geführt und zum ersten Mal<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Demokratie e<strong>in</strong><br />

bestimmtes Geschichtsbild unter Strafe gestellt.<br />

Außerdem wurde <strong>der</strong> Straftatbestand <strong>in</strong>sofern ausgeweitet,<br />

als je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> nur irgendwie an <strong>der</strong> Verbreitung<br />

beteiligt war, nunmehr ebenfalls belangt<br />

werden konnte. Folglich umfasste die neue Regelung<br />

290 Worte und war damit fast fünfmal länger<br />

als die von 1960.<br />

Im Kaiserreich kam <strong>der</strong> Volksverhetzungs-Paragraph<br />

mit 33 Wörtern<br />

aus, unter Adenauer immer<br />

noch mit 60.<br />

Nach nur elf Jahren fand man auch diese Regelung<br />

nicht mehr scharf genug: Ab 2005 wurde<br />

«bestraft, wer öffentlich o<strong>der</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Versammlung<br />

den öffentlichen Frieden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er die Würde<br />

<strong>der</strong> Opfer verletzenden Weise dadurch stört, dass<br />

er die nationalsozialistische Gewalt- und Willkür-<br />

Die gerechte Justizia haben die Ges<strong>in</strong>nungsschnüffler bereits<br />

ausgebremst. Foto: public doma<strong>in</strong><br />

Mit Mit allen allen Mitteln Mitteln<br />

Der Sozialwissenschaftler<br />

Der Manfred Manfred Kle<strong>in</strong>e-Hartlage<br />

analysiert analysiert <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em se<strong>in</strong>em Buch Buch<br />

„Das „Das Dschihadsystem – –<br />

Wie <strong>der</strong> Wie Islam <strong>der</strong> Islam funktioniert“<br />

den Islam den Islam nicht nicht nur als nur als<br />

Religion, Religion, vielmehr vielmehr als e<strong>in</strong> als e<strong>in</strong><br />

umfassendes, alle Lebensbereichbereiche<br />

durchdr<strong>in</strong>gendes<br />

Wertesystem.<br />

Dem Dschihad Dem Dschihad fällt dar<strong>in</strong> fällt dar<strong>in</strong><br />

alle Lebens-<br />

die Aufgabe die Aufgabe zu, für zu, die für die<br />

Ausbreitung Ausbreitung des Islam des Islam zu zu<br />

sorgen sorgen – mit – allen mit allen Mitteln. Mitteln.<br />

Manfred Manfred Kle<strong>in</strong>e-Hartlage<br />

Das Dschihadsystem<br />

Das 296 Seiten 296 Seiten · € 19,90 · € 19,90<br />

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81<br />

Telefon: Telefon: 089 85465-0 089 85465-0


<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> bei Büchern<br />

von Hass- und Gewaltaufrufen wurde, es genügte<br />

bereits, wenn e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>zelner wegen se<strong>in</strong>er Zugehörigkeit<br />

zu e<strong>in</strong>er solchen Gruppe davon betroffen war.<br />

«Scheißtürke» und «Scheißdeutscher»<br />

Der Rechtsschutz für den Betroffenen wurde<br />

dadurch nicht verbessert, denn selbstredend war es<br />

schon zuvor als Beleidigung strafbar, jemanden zum<br />

Beispiel «Scheißtürke» zu nennen. Volksverhetzung<br />

ist aber, an<strong>der</strong>s als Beleidigung, e<strong>in</strong> Offizialdelikt,<br />

das heißt, <strong>der</strong> Betroffene muss sich selbst we<strong>der</strong><br />

beleidigt fühlen noch e<strong>in</strong> eigenes Interesse an <strong>der</strong><br />

Strafverfolgung haben. Es genügt, dass irgendwer<br />

die Beleidigung hört und daraufh<strong>in</strong> Anzeige erstattet.<br />

Die Staatsanwaltschaft muss dann ermitteln<br />

und gegebenenfalls anklagen. Außerdem wird<br />

Beleidigung mit bis zu e<strong>in</strong>em Jahr Haft geahndet,<br />

Volksverhetzung dagegen mit bis zu fünf Jahren. Es<br />

geht schlicht um Me<strong>in</strong>ungszensur, verbunden mit<br />

e<strong>in</strong>er Auffor<strong>der</strong>ung an Denunzianten. Man wun<strong>der</strong>t<br />

sich geradezu, dass nicht noch Belohnungen<br />

für «sachdienliche H<strong>in</strong>weise» ausgesetzt werden.<br />

82<br />

Pegida-Frontfrau Tatjana Festerl<strong>in</strong>g<br />

wurde auch mit Volksverhetzungs-<br />

Anzeigen überzogen.<br />

Foto: Unbekannt<br />

So kann‘s gehen<br />

«Wegen des Verdachts <strong>der</strong><br />

Volksverhetzung ermittelt die<br />

unterfränkische Krim<strong>in</strong>alpolizei<br />

nach e<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>trag im sozialen<br />

Netzwerk Facebook. Dort<br />

hatte e<strong>in</strong> Mann am Dienstagvormittag<br />

behauptet, dass <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Schwe<strong>in</strong>furter Erstaufnahmee<strong>in</strong>richtung<br />

für Flüchtl<strong>in</strong>ge<br />

e<strong>in</strong>e Razzia stattgefunden<br />

habe. Nach Darstellung des Facebook-Schreibers<br />

sollten dabei<br />

angeblich e<strong>in</strong>e Panzerfaust<br />

und mehrere an<strong>der</strong>e Waffen gefunden<br />

worden se<strong>in</strong>. Verbunden<br />

sei die Mitteilung überdies mit<br />

e<strong>in</strong>er Bitte gewesen, Verwandte<br />

und Angehörige wegen e<strong>in</strong>es<br />

angeblichen Terroralarms<br />

zu warnen. Beide Behauptungen<br />

entbehrten je<strong>der</strong> Grundlage,<br />

stellte die Staatsanwaltschaft<br />

klar. E<strong>in</strong>e Razzia habe zu<br />

ke<strong>in</strong>er Zeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Erstaufnahmee<strong>in</strong>richtung<br />

stattgefunden,<br />

ebenso wenig hätten Polizeibeamte<br />

entsprechende Waffen bei<br />

den Asylbewerbern sichergestellt.»<br />

(Süddeutsche Zeitung,<br />

17.11.2015)<br />

Foto: Archiv<br />

herrschaft billigt, verherrlicht o<strong>der</strong> rechtfertigt»<br />

(Paragraph 130 Abs. 4 StGB), und bereits auf den<br />

ersten Blick ist erkennbar, dass die mit je<strong>der</strong> Neuregelung<br />

zunehmende Tendenz zum Gummiparagraphen<br />

auch hier fortgesetzt wurde: Was genau<br />

verletzt zum Beispiel «die Würde <strong>der</strong> Opfer»? Welche<br />

Aspekte des nationalsozialistischen Regimes<br />

unterliegen e<strong>in</strong>er Verurteilungspflicht? Nur die<br />

mehr o<strong>der</strong> m<strong>in</strong><strong>der</strong> diktatorischen o<strong>der</strong> auch die<br />

Autobahn? Nur die Autobahn o<strong>der</strong> auch die Müllabfuhr?<br />

Wo verläuft die Grenze zwischen historischer<br />

«Erklärung», die notwendigerweise auch die<br />

Handlungsmotive <strong>der</strong> Akteure beleuchten muss,<br />

und «Rechtfertigung»?<br />

Die BRD war <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zwischenzeit unbestritten<br />

zum toleranzphrasenreichsten Staat avanciert, <strong>der</strong><br />

jemals auf deutschem Boden existiert hat, dafür<br />

war se<strong>in</strong> Oppositionstotschlaggummiparagraph<br />

130 mittlerweile bei e<strong>in</strong>em Umfang von 342 Worten<br />

angekommen. Diesmal ließ die nächste Verschärfung<br />

nur noch sechs Jahre auf sich warten:<br />

2011 trat, und zwar zum Zwecke <strong>der</strong> «strafrechtlichen<br />

Bekämpfung bestimmter Formen und Ausdrucksweisen<br />

von Rassismus und Fremdenfe<strong>in</strong>dlichkeit»<br />

beziehungsweise zur «Krim<strong>in</strong>alisierung<br />

mittels Computersystemen begangener Handlungen<br />

rassistischer und fremdenfe<strong>in</strong>dlicher Art» e<strong>in</strong>e<br />

Neuregelung <strong>in</strong> Kraft, die bereits ke<strong>in</strong>e nationale<br />

Regelung mehr war, son<strong>der</strong>n auf <strong>der</strong> Basis von<br />

EU-Beschlüssen und Europaratsabkommen erfolgte.<br />

Von nun an war <strong>der</strong> Tatbestand <strong>der</strong> Volksverhetzung<br />

nicht mehr, wie bisher, erst dann erfüllt, wenn e<strong>in</strong>e<br />

ganze Gruppe «beschimpft, böswillig verächtlich<br />

gemacht o<strong>der</strong> verleumdet» o<strong>der</strong> zum Gegenstand<br />

Es erübrigt sich be<strong>in</strong>ahe schon, darauf h<strong>in</strong>zuweisen,<br />

dass «Scheißtürke» als Volksverhetzung strafbar<br />

ist, «Scheißdeutscher» aber nur als Beleidigung.<br />

Ganz nebenbei sei noch erwähnt, dass das Bundesjustizm<strong>in</strong>isterium<br />

(damals unter Führung e<strong>in</strong>er<br />

M<strong>in</strong>ister<strong>in</strong> aus <strong>der</strong> liberalsten Partei, die je auf<br />

deutschem Boden existierte), mir gegenüber noch<br />

wenige Monate vor <strong>der</strong> Gesetzesän<strong>der</strong>ung leugnete,<br />

e<strong>in</strong>e solche zu planen (obwohl die Regierung<br />

sich längst dazu verpflichtet hatte) und sie ohne<br />

große öffentliche Aufmerksamkeit durchs Parlament<br />

peitschte.<br />

«Scheißtürke» ist als Volksverhetzung<br />

strafbar, «Scheißdeutscher»<br />

aber nur als Beleidigung.<br />

Für die nächste – und bisher letzte – Verschärfung<br />

ließ man sich nur noch vier Jahre Zeit, sie erfolgte<br />

im Januar 2015. Nunmehr ist nicht erst die tatsächliche<br />

Verbreitung von Inhalten nach Absatz 2 Nummer<br />

1 und 2 (bei denen es nicht e<strong>in</strong>mal auf die «Störung<br />

des öffentlichen Friedens» ankommt) strafbar,<br />

son<strong>der</strong>n bereits <strong>der</strong> Versuch – <strong>der</strong> bis dah<strong>in</strong> straffrei<br />

gewesen war. In se<strong>in</strong>er aktuellen Fassung ist <strong>der</strong><br />

Paragraph 130 jetzt bei <strong>der</strong> stolzen Anzahl von 506<br />

Worten angekommen. Da se<strong>in</strong>e Länge direkt mit dem<br />

politisch herbeigeführten Wachstum nichtdeutscher<br />

Bevölkerungsgruppen korreliert, dürfte die nächste<br />

Verschärfung nur noch e<strong>in</strong>e Frage <strong>der</strong> Zeit se<strong>in</strong>.


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