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BREMER SPORT Magazin | Juni 2017

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Integration durch Sport<br />

Wachsende Schwimmgruppe für<br />

Migrantinnen beim OSC in Bremerhaven<br />

„Schwimmen und Radfahren während der Schwangerschaft gelernt“<br />

Seit dem Frühjahr 2010 schreibt die<br />

Schwimmabteilung des OSC Bremerhaven<br />

an einer Erfolgsgeschichte. Im<br />

Rahmen des Programms „Integration durch<br />

Sport“ des Landessportbundes Bremen<br />

werden seit diesem Zeitpunkt - bei anfänglicher<br />

Unterstützung durch das Sozialamt<br />

Bremerhaven - erfolgreich Schwimmkurse<br />

für Frauen mit Migrationshintergrund im<br />

Sportbad Nordseestadion / Bad 3 durchgeführt.<br />

Mehr als 250 Bremerhavener<br />

Migrantinnen haben bisher an den Kursen<br />

teilgenommen, im ersten Jahr waren es<br />

überwiegend osteuropäische Zuwanderinnen<br />

und seit April 2011 Frauen mit türkischem<br />

und kurdischem Migrationshintergrund.<br />

Mittlerweile sind aber auch viele<br />

jüngere Frauen und auch Mädchen dazu<br />

gekommen (die Altersspanne geht von 17 -<br />

70 Jahren!) und es finden auch immer mehr<br />

geflüchtete Frauen den Weg ins Stadionbad.<br />

><br />

Ins Leben gerufen hat diese Kurse der<br />

Abteilungsleiter der OSC-Schwimmabteilung<br />

Walter Rentzel, der auch von Beginn an<br />

als Kursleiter und Ansprechpartner zur<br />

Verfügung gestanden hat – tatkräftig<br />

unterstützt wurde er dabei immer wieder<br />

von der polnischen Sportlehrerin Joanna<br />

Lawrenz-Manczak, die ebenfalls als<br />

Übungsleiterin im OSC tätig ist. „Diese<br />

Schwimmkurse sind gelebte Integration",<br />

so Walter Rentzel, "sie geben den<br />

Teilnehmerinnen ein zusätzliches Stück<br />

Lebensqualität. Viele der Frauen sind seit<br />

langer Zeit nicht oder noch niemals ins<br />

Schwimmbad gegangen und machen hier<br />

ganz neue Erfahrungen“. Ursprünglich<br />

gedacht als reine Schwimmkurse, gibt es<br />

inzwischen immer mehr Migrantinnen, die<br />

sich nach dem Schwimmenlernen auch im<br />

tieferen Wasser bewegen wollen und dafür<br />

nach Möglichkeiten suchen. Dafür gibt es<br />

mittlerweile ein gesondertes Angebot an<br />

jedem Donnerstag von 20 bis 21 Uhr im<br />

großen Schwimmbecken.<br />

Joanna Lawrenz-Manczak mit einer Gruppe Frauen im Bad. Foto: OSC Bremerhaven<br />

Mit vier dieser schwimm- und sportinteressierten<br />

Frauen und Mädchen traf sich jetzt<br />

das "Bremer Sportmagazin" zu einem<br />

Gespräch: Mais Alazmeh (Syrerin, 36 Jahre<br />

alt, seit zwei Jahren in Deutschland) mit<br />

ihrer Tochter Sara Alsyuofi (10 J.), Khiloud Al<br />

Maarawi (Syrerin, 48 J., bereits seit 23 Jahren<br />

hier) und Azita Kabiri (Afghanin, 18 J., erst<br />

seit kurzem in Bremerhaven) mit ihrem sieben<br />

Monate alten Sohn Sajad. Ebenfalls bei<br />

dem Gespräch dabei Juliane Stuff (OSC-<br />

Betreuerin in den Bereichen Fitness und<br />

Schwimmen und Freundin der Frauen) und<br />

natürlich Walter Rentzel. Einige der Frauen<br />

gehen schon länger in die Schwimmgruppe,<br />

Azita ist seit drei Monaten dabei.<br />

Die Ausgangserfahrungen der Frauen<br />

könnten unterschiedlicher nicht sein. Im<br />

Syrien der Vor-Bürgerkriegszeit, so berichten<br />

Mais und Khiloud, waren Sportarten<br />

wie Schwimmen, Fahrradfahren, Volleyball<br />

oder Tennis für Frauen selbstverständlich,<br />

Schulen mit angeschlossenen Schwimmbädern<br />

keine Seltenheit. Mais geht auch ins<br />

OSC-Fitnessstudio und wäre grundsätzlich<br />

auch dazu bereit, eine Schwimmgruppe zu<br />

leiten.<br />

Ganz anders war es dagegen für Azita in<br />

Afghanistan: Fahrradfahren oder Schwimmen<br />

waren (sind) dort für Frauen verboten.<br />

"Ich habe beides hier in Deutschland<br />

während meiner Schwangerschaft gelernt",<br />

erzählt sie. Sie würde gerne weitere<br />

Sportarten kennenlernen und ausprobieren.<br />

Auch die 10-jährige Sara hat sich sportlich<br />

längst noch nicht festgelegt und will<br />

sich neben dem Schwimmen in vielen weiteren<br />

Sportarten versuchen. Azita nutzt<br />

übrigens mit dem Babyschwimmen ein<br />

weiteres Angebot der OSC-Schwimmabteilung.<br />

Erfahren haben die Frauen von dem OSC-<br />

Schwimmangebot auf unterschiedlichen<br />

Wegen, z.B. über die Schule - und möchten<br />

es nicht mehr missen. Alle loben die<br />

"Schwimmfamilie"; Probleme, die es<br />

anfangs noch gegeben habe, wenn eine<br />

größere Gruppe von Frauen mit Burkinis ins<br />

Bad kam, seien mittlerweile weitgehend<br />

ausgeräumt. Sie sind sich auch einig darin,<br />

dass einmal pro Woche zu schwimmen<br />

eigentlich zu wenig ist. Walter Rentzel<br />

erklärt dazu, dass mehr durchaus möglich<br />

sei, dann allerdings ohne die vertraute<br />

Gruppe. Alle Frauen haben die OSC-<br />

Schwimmgruppe für Migrantinnen an<br />

Bekannte und Freundinnen weiter empfohlen.<br />

Natürlich haben sie auch Wünsche an<br />

den Verein: Azita wünscht sich einen<br />

Gymnastikkurs - "um mich richtig auszupowern!"<br />

-, alle hätten wie schon erwähnt<br />

gerne mehr als den einen Schwimmtermin<br />

in der Woche und alle wünschen sich, vor<br />

allem in der kalten Jahreszeit, wärmeres<br />

Wasser. Leider kann Walter Rentzel speziell<br />

im letzten Punkt kaum helfen. Insgesamt<br />

sieht er aber zurecht das Konzept der OSC-<br />

Schwimmabteilung für Migrantinnen auf<br />

einem guten und nachahmenswerten Weg.<br />

Für weitere Rückfragen steht Walter<br />

Rentzel gerne unter Tel. 04743/7817 oder<br />

walter.rentzel@nord-com.net zur Verfügung.<br />

Vor dem Bad 3 in Bremerhaven (v.l.) Sara Alsyuofi, Mais Alazmeh, Khiloud Al Maarawi,<br />

Juliane Stuff und Azita Kabiri mit ihrem Sohn Sajad. Foto: Kirsten Wolf<br />

Bremen Sport <strong>Magazin</strong> <strong>Juni</strong> 17 |<br />

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