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Berliner Leben & Arbeit Print Ausgabe 2008

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WIRTSCHAFT<br />

Anmeldegebühr bezahle, sei um zwölf<br />

Euro ärmer, ohne einen Cent günstiger<br />

tanken zu können.<br />

Das Billigbenzin-Versprechen klingt<br />

so einfach wie dubios: Statt selbst für<br />

billigen Sprit ins Ausland zu fahren,<br />

wird der Treibstoff angeblich zu einem<br />

günstigen Preis an eine Tankstelle nach<br />

Wahl geliefert. Dort sollen dann beliebig<br />

oft am Tag bis zu 72 Liter in zwei<br />

vorher angegebene Fahrzeuge gefüllt<br />

werden können. Der Haken: Auf der Internetseite<br />

heißt es, dass die Gesetzentwürfe,<br />

die zur Einfuhr des günstigen<br />

Benzins für Privatpersonen nötig sind,<br />

noch ausgearbeitet werden müssten.<br />

Eine rechtliche Grundlage gibt es also<br />

nach eigener Aussage des Anbieters<br />

nicht. „Es geht nur darum, das Geld abzuzocken“,<br />

sagt Bauer.<br />

Doch das Unternehmen trifft einige<br />

Vorkehrungen, um sich eventuelle Klagen<br />

von wütenden Autofahrern vom<br />

Hals zu halten. So ist auf der Internetseite<br />

zu lesen, dass die beworbene Ermäßigung<br />

nur dann zustande kommt,<br />

wenn sich genügend Interessierte finden<br />

und die Anmeldegebühr zahlen.<br />

„Die zwölf Euro in Panama einzuklagen<br />

dürfte allerdings schwierig werden“,<br />

sagt Bauer.<br />

Doch das Unternehmen mit Sitz in Panama<br />

ist bei Weitem nicht das einzige,<br />

das mit den Sorgen um hohe Benzinpreise<br />

abkassieren will. Ein weiteres<br />

schwarzes Schaf ist der Herausgeber<br />

der sogenannten MCS-Card. Das Unternehmen<br />

bezeichnet sich als „größter<br />

Tankkosten-Rückerstatter Deutschlands“.<br />

Wer Mitglied werden will, muss<br />

einen persönlichen Termin mit einem<br />

Berater vereinbaren. Bei dem Gespräch<br />

kommt dann die große Überraschung:<br />

Der Kunde muss eine Jahresgebühr<br />

von 128 Euro zahlen und zwei weitere<br />

Kunden werben. „Es geht dem Unternehmen<br />

also nicht um die Rückerstattung<br />

von Tankkosten, sondern um<br />

den Vertrieb der Karte“, sagt Silvia<br />

Schattenkirchner, Verbraucherexpertin<br />

beim ADAC. Wer dann ein Jahr<br />

lang seine Quittungen von bestimmten<br />

Tankstellen sammelt und bei der Firma<br />

einreicht, soll angeblich einen Teil der<br />

Tankkosten zurückbekommen. „Uns ist<br />

jedoch kein Fall bekannt, bei dem jemand<br />

eine Erstattung bekommen hat“,<br />

sagt Schattenkirchner.<br />

Nach demselben Schneeballsystem arbeitet<br />

auch die sogenannte IG Billigsprit.<br />

Dass die Verantwortlichen von<br />

der gleichen Sindelfinger Adresse wie<br />

die Herausgeber der MCS-Card agieren,<br />

dürfte deshalb wohl kaum Zufall<br />

sein. Doch wer wirklich sparen will,<br />

sollte dem ADAC zufolge einen großen<br />

Bogen um Angebote mit Vorauszahlungen<br />

machen. „Dahinter verbergen<br />

sich keine Vergünstigungen für Benzin“,<br />

sagt Bauer, „dahinter verbergen<br />

sich meist Betrüger.“<br />

•<br />

Forscher sollen mehr Freiräume bekommen<br />

Bundesregierung beschließt einen Fünf-Punkte-Plan<br />

Jörg Michel<br />

Die Bundesregierung will den großen<br />

deutschen Forschungsinstituten die <strong>Arbeit</strong><br />

erleichtern. Dazu sollen schon im<br />

nächsten Jahr die strikten Haushaltsvorschriften<br />

des öffentlichen Dienstes<br />

gelockert werden. Außerdem sollen<br />

die Organisationen einfacher ausländische<br />

Spitzenforscher anwerben können.<br />

Dazu werden die Besoldungsvorschriften<br />

flexibilisiert.<br />

Dies sieht ein Fünf-Punkte-Plan vor,<br />

den das Kabinett gestern beschlossen<br />

hat. Entgegen ursprünglichen Plänen<br />

konnte sich die Bundesregierung allerdings<br />

nicht auf ein umfassendes Wissenschaftsfreiheitsgesetz<br />

einigen. Ein<br />

solches war im Rahmen der Kabinettsklausur<br />

in Meseberg im vergangenen<br />

Sommer eigentlich verabredet gewesen.<br />

Wegen rechtlicher und finanzieller<br />

Probleme gab es dagegen später Widerstand<br />

- unter anderem im Bundesfinanzministerium.<br />

Institute entscheiden selbst<br />

Stattdessen will Bundesforschungsministerin<br />

Annette Schavan (CDU) nun<br />

einige Erleichterungen für die Forschungsinstitute<br />

durch Änderungen bei<br />

den Haushalts- und Förderregelwerken<br />

schaffen. So sollen Einrichtungen<br />

wie die Fraunhofer-Gesellschaft, die<br />

Helmholtz-Gemeinschaft oder die<br />

Max-Planck-Gesellschaft eigenverantwortlicher<br />

mit ihren Mitteln umgehen<br />

können und starre Stellenpläne sollen<br />

wegfallen. Die Genehmigungsverfahren<br />

für Kooperationen mit der Wirtschaft<br />

sollen beschleunigt werden. Für<br />

Neu- und Umbauten von Forschungseinrichtungen<br />

sollen zudem einfachere<br />

Bauvorschriften gelten. Schließlich<br />

sollen die Besoldungsrichtlinien so geändert<br />

werden, dass die Institute Spitzenforschern<br />

leichter attraktive Konditionen<br />

bieten können.<br />

„Das ist ein Meilenstein für mehr Autonomie<br />

in der deutschen Forschung.<br />

Damit wird die deutsche Forschung im<br />

internationalen Wettbewerb attraktiver<br />

und leistungsfähiger und bietet mehr<br />

Spielräume“, sagte Schavan gestern.<br />

Die deutsche Wissenschaft wolle sich<br />

mit den Besten der Welt messen, betonte<br />

die Forschungsministerin. Dafür<br />

seien mehr Selbstständigkeit und flexiblere<br />

Bedingungen notwendig. Die<br />

derzeitigen Regeln seien nicht mehr<br />

ausreichend, um im internationalen<br />

Wettbewerb der Forscher zu bestehen,<br />

sagte Schavan.<br />

Die Ministerin schloss nicht aus, dass<br />

es zu einem späteren Zeitpunkt doch<br />

noch zu einem Gesetz kommen könnte.<br />

Zunächst wolle man aber abwarten,<br />

wie sich die neuen Regeln in der Praxis<br />

bewähren. Die Regeln sind in einem<br />

ersten Schritt auf drei bis fünf Jahre<br />

angelegt. Die Bundesregierung appellierte<br />

zugleich an die Länder, ihrerseits<br />

für mehr Flexibilität zu sorgen, denn<br />

ein Teil der Forschungsgelder kommt<br />

aus Länderhaushalten.<br />

•<br />

<strong>Berliner</strong> <strong>Leben</strong> & <strong>Arbeit</strong> 7

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