Festspiel- Sommer - Altstadt Salzburg
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FOTO VICTORIA SCHAFFER<br />
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sind, sagen kann. Es sind ganz neue Nummern dabei, ich habe<br />
aber auch zwei, drei bestehende Skizzen adaptiert. In der Form,<br />
wie es im August über die Bühne gehen wird, hat man das live<br />
noch nie gehört.<br />
Patti Smith hat unlängst, als man sie darauf ansprach, ob es<br />
denn nicht merkwürdig sei, dass eine alte Punkerin wie sie im<br />
Burgtheater auftrete, gemeint, solch einen Ort zu erobern, sei<br />
Punk schlechthin. Du bist jemand, der politischen Pop macht<br />
und stets die Konfrontation sucht. Wie würdest Du Dein Verhältnis<br />
zu den <strong>Salzburg</strong>er <strong>Festspiel</strong>en beschreiben? Ist das<br />
Punk, dass Du dort auftrittst?<br />
Dass <strong>Salzburg</strong> eine konservative Stadt, ist, weiß man. Der<br />
Schock, wenn ich dort hinkomme, wird also ausbleiben. Und<br />
dass die <strong>Salzburg</strong>er noch um einiges verdrehter sind als das<br />
Publikum andernorts, ist mir auch bewusst. Diese Konfrontationen<br />
mit überdrehten, überspitzten Zuständen finde ich aber sehr<br />
interessant. Noch vor wenigen Jahren hätte ich das nicht gemacht,<br />
weil es mir zu heftig gewesen wäre. Heute ist spannend<br />
der Begriff, der das, was ich dabei empfinde, am besten beschreibt.<br />
Ist diese Konfrontation herauszufordern die eigentliche Herausforderung?<br />
Ich werde nicht als Revoluzzerin auftreten und das System stürzen<br />
wollen, aber vielleicht wird eine schöne Reibung entstehen.<br />
Ich finde es einfach spannend, im Rahmen solch einer Veranstaltung<br />
aufzutreten und ein anderes Publikum zu erreichen. Ich<br />
habe überhaupt keine Grabenängste.<br />
Schorsch Kamerun hat das Theater einmal als den einzigen<br />
Raum bezeichnet, in dem man als Künstler noch frei von der<br />
Vereinnahmung durch die Verwertungsmaschinerie agieren<br />
könne. Siehst Du das auch so?<br />
Ja. Durchaus. Als Regisseur oder Musiker ist man nicht verpflichtet,<br />
die Hallen zu füllen. Und man ist nicht dafür verantwortlich,<br />
dass dem ganzen Team seine Arbeit bezahlt wird.<br />
Meine Arbeit muss sich aus meiner Sicht also nicht tragen, ich<br />
30 <strong>Festspiel</strong>-Special | vision.altstadt.<br />
bin aus dem Werk heraus niemandem verpflichtet. Das ist eine<br />
geradezu unglaubliche Freiheit, die ich mir selbst als Gustav nur<br />
teilweise erlauben kann. Sobald andere Leute mit dran hängen,<br />
wird es schwierig. Insofern kann ich das, was Schorsch sagte,<br />
nur unterschreiben.<br />
Ist es nicht auch ein wenig absurd, dass man sich als Punk-,<br />
Rock- oder Popmusiker in den vom Staat geschützten Bereich<br />
begeben muss, weil die autonomen Zonen von einst schlichtweg<br />
abhanden gekommen sind?<br />
Vielleicht, aber die Zeiten sind absurd. Ich bin mit dem Ideal aufgewachsen,<br />
dass Künstler ein selbstständiges autonomes<br />
Leben führen. Aber als ich die Ich-AG dann lebte, habe ich<br />
schnell gemerkt, dass man auf diese Weise genau das liefert,<br />
was der freie Markt von dir verlangt: Absolute Eigenständigkeit,<br />
Noch vor wenigen Jahren hätte<br />
ich das nicht gemacht, weil es<br />
mir zu heftig gewesen wäre.<br />
Heute ist spannend der Begriff,<br />
der das, was ich dabei empfinde,<br />
am besten beschreibt. Gustav<br />
absolute Unabhängigkeit, aber wenn du fällst, dann fällst du wirklich.<br />
Dann bist du nicht abgesichert und kein soziales Netz fängt<br />
dich auf. Und der neoliberale Markt lacht sich ins Fäustchen, weil<br />
mittlerweile alles durchdrungen ist von diesem System. Und da<br />
erkennt man als Künstler, dass diese altehrwürdigen Bastionen<br />
nicht so schlecht sind. Insofern ist diese Erkenntnis weniger absurd<br />
als vielmehr aus logischer Analyse der Situation gewonnen.<br />
Womit wir wieder beim Erkenntnisgewinn angelangt wären,<br />
um den es in Fausts Leben ganz zentral geht und dem er alles<br />
unterordnet. Wie sieht das privat bei Dir aus? Was ordnest Du<br />
der künstlerischen Erkenntnis unter? Ertappst Du Dich manchmal<br />
dabei, Dinge für den Erfolg über Bord zu werfen?<br />
Klar, die Prioritäten ändern sich. Man bleibt ja auch nicht derselbe<br />
Mensch. Ich fälle heute künstlerische Entscheidungen,<br />
die ich vor fünf Jahren noch anders getroffen hätte – auch aus<br />
wirtschaftlichem Druck.<br />
Wird man so angreifbarer?<br />
Nein, pragmatischer. Aber ich empfinde das auch gar nicht als<br />
negative Entwicklung, sondern einfach als Erweiterung meines<br />
Spektrums. Ich habe zum Beispiel früh mit Theaterarbeit begon-