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Programmheft Musik / Tanztheater / Film - Gutenbergschule ...

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antike Herkunft aber niemals verleugnenden Kultur. Es kann kein Zufall<br />

gewesen sein, dass Theodorakis dieses Hauptwerk Nerudas für sich entdeckte<br />

und 13 Teile daraus zu einem abendfüllenden Oratorium zusammenfügte<br />

– einerseits zwar eine Komprimierung des gigantischen literarischen<br />

Werkes, andererseits aber mit seinem überschwänglichen Gestus<br />

ebenfalls eine Monumentalität. Zwei Großpathetiker fanden sich da, zwei<br />

einsam und quer in der Kunst des eher spröden 20. Jahrhunderts<br />

Dastehende. Zwei, die es verstehen, das Leben zu feiern. Zwei, denen der<br />

mitreißende Appell an Menschenmassen keinerlei Skrupel bereitet.<br />

Tragendes Element des Oratoriums ist der Chor. Er wird kaum jemals in<br />

der durchpolyphonisierten Weise behandelt wie in der mitteleuropäischen<br />

Tradition, aber auch keineswegs stereotyp. So gibt es neben strophisch<br />

Volksliedhaftem etwa die inbrünstigen, vom dunklen Stimmklang beherrschten<br />

Reminiszenzen an die orthodoxe Liturgie und ihre feierliche<br />

a-cappella-Kunst (am deutlichsten im getragenen Fis-Dur-Adagio des<br />

zweiten Stückes „Voy a vivir“, „Ich werde leben“). Fast durchgehend ist<br />

der „antiphonische“ Duktus: der Solist oder die Solistin intonieren eine<br />

Melodie, die dann vom singenden Kollektiv aufgegriffen, wiederholt,<br />

modifiziert wird. Auch dieses sozusagen dramatisierende, den musikalischen<br />

Ablauf jedenfalls ungemein lebendig haltende Prinzip funktioniert<br />

sehr variabel: Mal hebt sich die Einzelstimme als Teil der „Gemeinschaft“<br />

kaum vom Chor ab, mal peitscht sie mit ihrem Schwung die kollektiven<br />

Energien heraus, dann wieder überbietet sie das chorische Pathos durch<br />

ekstatische Alleingänge. Eine besondere Funktion hat der Chor in dem Satz<br />

„Lautaro“, wo er zunächst zu dem Lied der Solostimme nur plakative<br />

Einwürfe (des Titelworts ) beiträgt, bis er im Schlussabschnitt fast senza<br />

tempo auf Fermaten-Akkorden einrastet und in einem abgründig-ruhevollen<br />

Largo verklingt. Im Gedicht ist dabei – in kunstvoll verschlüsselten,<br />

verrätselten Metaphern - vom Tod eines Kämpfers die Rede.<br />

Aufs Ganze gesehen überwiegt in diesen liedhaft-chorischen Monumenten<br />

ein Lapidarstil, wie man ihn von einigen Werken Strawinskys und von<br />

Carl Orffs „Carmina burana“ her kennt. Da es Theodorakis um großflächige<br />

Einheiten geht, benutzt er gerne auch Ostinato-Bildungen, also vielfach<br />

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