s'Positive Magazin 05.2017
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AUSGABE 5 MAI 2017<br />
Für mehr<br />
Fairness<br />
Sara Stalder<br />
Die Geschäftsführerin der<br />
Stiftung für Konsumentenschutz<br />
spricht im Interview<br />
über ihre Arbeit, Bschiss<br />
und angemessene Preise.<br />
ALGORITHMEN<br />
Sie sind allgegenwärtig<br />
und beeinflussen<br />
unser tägliches Leben.<br />
REISEZIEL FARÖER<br />
Die Inseln im hohen<br />
Norden bieten mehr<br />
als nur Fussball.<br />
MEDIZINGESCHICHTE<br />
Wie Kranke in<br />
früheren Zeiten<br />
geheilt worden sind.
ZU VERMIETEN<br />
Bannwil, Neufeldweg 2<br />
Lager-, Produktions- und Büroräume<br />
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Infos und Besichtigung: 079 431 56 42<br />
Egerkingen, Widenfeldstrasse 12<br />
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Infos und Besichtigung:<br />
MB Immobilien AG, Langenthal<br />
Telefon 062 919 01 08<br />
Langenthal, Brunnhofstrasse 11<br />
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Dieses Objekt liegt an zentraler Lage (Lotzwilstrasse,<br />
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Infos und Besichtigung:<br />
MB Immobilien AG, Langenthal<br />
Telefon 062 919 01 08<br />
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Mietzins: CHF 1450.00 plus Akonto 170.00<br />
Infos und Besichtigung:<br />
MB Immobilien AG, Langenthal<br />
Telefon 062 919 01 08<br />
Oberbipp, Sägegasse 3<br />
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Mietzins: CHF 1700.00 plus Akonto 180.00<br />
Infos und Besichtigung:<br />
MB Immobilien AG, Langenthal<br />
Telefon 062 919 01 08<br />
Wiler b. Utzenstorf, Überbauung<br />
Hofacher, 4.5-Zimmer-Duplexwohnungen<br />
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• grosses Kellerabteil<br />
• Einbauschränke/Reduits<br />
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Mietzins: CHF 1750.00 plus Akonto 230.00<br />
Wiler b. Utzenstorf, Überbauung<br />
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• Wohnzimmer, Küche und Nasszellen mit<br />
Plattenboden<br />
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• eigene Waschmaschine/Tumbler im UG<br />
• grosses Kellerabteil<br />
• Einbauschränke/Reduits<br />
• Carport à CHF 90.00<br />
Mietzins: CHF 1350.00 plus Akonto 180.00<br />
Infos und Besichtigung:<br />
MB Immobilien AG, Langenthal<br />
Telefon 062 919 01 08<br />
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Infos und Besichtigung: 079 431 56 42<br />
MB Immobilien AG<br />
Bahnhofstrasse 1 I 4914 Roggwil<br />
www.mb-immo.ch<br />
Tel. 062 919 01 08 I Fax 062 919 01 09
EDITORIAL / INHALT<br />
Liebe Leserin,<br />
lieber Leser<br />
4<br />
Zuweilen ärgere ich mich über den<br />
Einkaufstourismus in die Nachbarländer.<br />
Nicht weil überteuerte Importprodukte im<br />
Ausland billig eingekauft werden, sondern<br />
wegen der fehlenden Solidarität zu<br />
Schweizer Firmen und zu unserer Landwirtschaft,<br />
deren Produkte wegen höheren<br />
Lohnkosten und behördlichen Auflagen<br />
mehr kosten als vergleichbare Produkte<br />
aus dem Ausland. Internationale<br />
Konzerne erheben einen «Schweiz-<br />
Zuschlag», ohne einen Mehrwert zu bieten.<br />
Das ist ein Unding, und ich frage<br />
mich, wie unsere Politiker so etwas durchgehen<br />
lassen können. Wie kann es sein,<br />
dass diesen unrühmlichen Machenschaften<br />
nicht der Garaus gemacht wird? Das<br />
grosse Interview mit Sara Stalder macht<br />
Hoffnung. Die Geschäftsführerin der Stiftung<br />
für Konsumentenschutz SKS erzählt<br />
unter anderem, weshalb Einkaufstouristen<br />
keine Landesverräter sind und was die<br />
SKS gegen die Abzockerei tun will.<br />
In seinem historischen Bericht gibt uns<br />
Klaus Zaugg einen Einblick in eine Zeit, als<br />
die Medizin noch vorwiegend Glaubenssache,<br />
aber dafür noch bezahlbar war.<br />
Er zeigt auf, welche Rezepte von damals<br />
heute noch brauchbar sind, und welche<br />
ins Reich des Abstrusen gehören.<br />
Die Schweizer Fussball-Nationalmannschaft<br />
spielt am 9. Juni im Rahmen der<br />
Qualifikation für die WM 2018 gegen die<br />
Auswahl der Färöer-Inseln. Statt einer<br />
ausführlichen Vorschau stellen wir Ihnen<br />
die Inselgruppe vor.<br />
Viel Spass beim Lesen<br />
Ihr Bruno Wüthrich<br />
IMPRESSUM<br />
Herausgeber: one X Services<br />
Redaktion: Bruno Wüthrich,<br />
Klaus Zaugg<br />
Layout: tnt-graphics AG,<br />
8305 Dietlikon,<br />
www.tnt-graphics.ch<br />
Auflage: 69 000 Exemplare<br />
Druck: LZ Print,<br />
Luzerner Zeitung AG<br />
Versand: Die Post<br />
Inserate-Annahme und Redaktion:<br />
inserate@spositive.ch<br />
4 INTERVIEW<br />
Seit bald 20 Jahren leitet<br />
Sara Stalder die Stiftung für<br />
Konsumentenschutz und<br />
setzt sich für die Anliegen<br />
von Konsumentinnen und<br />
Konsumenten ein.<br />
12 ALGORITHMEN<br />
Die Handlungsanweisungen<br />
für Software treffen wir im<br />
Alltag in allen Bereichen an:<br />
Von der Verkehrssteuerung<br />
über die Werbung bis zu jeder<br />
Google-Anfrage.<br />
18 WISSENSWERTES<br />
Warum die Füsse des<br />
Blaufusstölpels so knallblau<br />
sind und wie man sich<br />
richtig entschuldigt.<br />
20 MEDIZIN<br />
Von Aderlass bis Wunderheiler:<br />
Mit welchen erstaunlichen<br />
und fortschrittlichen<br />
Methoden Kranke im<br />
Oberaargau in früheren<br />
Zeiten geheilt worden sind.<br />
28 FUSSBALL-INSELN?<br />
Die Faröer sind eine Reise<br />
Wert. Nicht wegen Fussball,<br />
sondern wegen der freundlichen<br />
Menschen und der<br />
prächtigen Natur.<br />
34 DIE SEITE DER LESER<br />
Leserbriefe, Impressum.<br />
12<br />
28<br />
20<br />
18<br />
s’Positive 5 / 2017 3
SARA STALDER<br />
Im Dienst der<br />
Konsumenten<br />
Zu hohe Preise, schlechte Qualität oder<br />
ein Bschiss: Dies ist häufig ein Fall für die<br />
Stiftung für Konsumentenschutz SKS.<br />
Geschäftsführerin Sara Stalder erzählt<br />
im Interview, worum es dabei geht.<br />
TEXT: BRUNO WÜTHRICH, FOTOS: PIUS KOLLER<br />
Wenn von der Wirtschaft die<br />
Rede ist, sprechen wir von<br />
Firmen, Konzernen, Verbänden,<br />
Konjunktur, Bruttosozialprodukt,<br />
Umsätzen<br />
und Gewinnen. Dabei wird ein Faktor<br />
oft übersehen, der im Endeffekt dafür zuständig<br />
ist, dass der Wirtschaftsmotor läuft:<br />
Die Verbraucher oder Konsumenten. Sie sind<br />
jedoch gleichzeitig das schwächste Glied in<br />
der Kette und brauchen deshalb Schutz. Seit<br />
2008 leitet die in Dürrenroth aufgewachsene<br />
und in Sumiswald lebende Sara Stalder die<br />
Stiftung für Konsumentenschutz SKS.<br />
s’Positive: Seit 2008 leiten Sie nun die<br />
Stiftung für Konsumentenschutz (SKS).<br />
Was wussten Sie über die SKS, bevor Sie<br />
sich auf diese Stelle bewarben?<br />
Sara Stalder: Das ist eine gute Frage, die mir<br />
so noch nie gestellt wurde. Damals wusste<br />
ich, dass die heutige Bundesrätin Simonetta<br />
Sommaruga in der Stiftung tätig ist, dass die<br />
Stiftung sich zu diversen Belangen der Konsumenten<br />
pointiert äussert und deshalb viele<br />
Themen zu bearbeiten hat.<br />
Also ungefähr das, was ein normaler Bürger<br />
und Konsument auch weiss.<br />
Ja, so ungefähr. Und ich glaubte damals<br />
fälschlicherweise, die SKS würde hauptsächlich<br />
vom Bund finanziert.<br />
Wie kamen Sie als ausgebildete Pädagogin<br />
dazu, sich für diese Stelle zu interessieren?<br />
Ich war in meinem vorherigen Erwerbsleben<br />
vor allem im Schulbereich tätig, einerseits<br />
als Lehrperson, andererseits als Schulleiterin,<br />
und wollte deshalb auch noch etwas<br />
anderes kennenlernen. Ich wollte mich in<br />
einem ausserschulischen Gebiet beweisen<br />
und bewarb mich zu dieser Zeit auf spannende<br />
Stellen. An der SKS interessierte mich die<br />
Themenvielfalt und dass ich mich für das<br />
schwächste Glied in der Wirtschaftskette,<br />
also die Konsumenten, einsetzen kann.<br />
Was trafen Sie an, als Sie die Stelle antraten?<br />
Die viel grössere Themenpalette, als ich dies<br />
je hätte ahnen können. Angefangen mit der<br />
Ferkelkastration bis hin zur Marktöffnung<br />
beim Strom und zu unlauterem Wettbewerb<br />
ist alles dabei. Ich musste mich unverzüglich<br />
in die vielen Themen einarbeiten und be-<br />
Sara Stalder hat sich<br />
in der SKS in viele<br />
verschiedene Themen<br />
eingearbeitet.<br />
4 s’Positive 5 / 2017
s’Positive 5 / 2017 5
SARA STALDER<br />
«Wir sammeln Fakten, wenn wir von einem<br />
Missstand hören. Wenn tatsächlich etwas<br />
nicht in Ordnung ist, nehmen wir mit dem<br />
Anbieter Kontakt auf. Oft müssen wir mit<br />
der Öffentlichkeit oder mit einer Klage<br />
drohen, bevor sie mit uns sprechen.»<br />
nötigte dazu auch die Hilfe von externen<br />
Experten. Die allergrösste Hilfe war jedoch<br />
von Beginn weg mein topmotiviertes Team.<br />
Sie sind jetzt seit neun Jahren dabei. Die<br />
Aufgabe scheint nicht langweilig zu sein.<br />
Nein, langweilig wurde es bisher tatsächlich<br />
nie. Dafür ist die Themenvielfalt viel zu gross<br />
und die einzelnen Themen und die diversen<br />
Prozesse, beispielsweise bei der Gesetzgebung,<br />
viel zu interessant und unvorhersehbar.<br />
Wir müssen daher immer wieder unsere<br />
Arbeitsweise und Themenplanung an der<br />
Aktualität anpassen.<br />
Sie brachten vorhin die Energiepolitik als<br />
Beispiel, die ja längst nicht nur den Konsumentenschutz<br />
beschäftigt. Besteht<br />
nicht die Gefahr, dass die SKS bei diesen<br />
Themen nicht nur Politik für die Konsumenten<br />
macht?<br />
Wir fokussieren uns auf die Belange der Konsumenten.<br />
Doch es gibt kaum einen Bereich,<br />
der uns als Konsumenten nicht betrifft. Deshalb<br />
müssen wir uns thematisch immer wieder<br />
einschränken: Wir äussern uns nur dort,<br />
wo es aus Konsumentensicht relevant ist. Wir<br />
grenzen uns zudem dort ab, wo sich Organisationen<br />
mit grösserem Fachwissen darum<br />
kümmern – so etwa bei Fragen des Mietrechts<br />
oder bei Patientenfragen. Aber wir<br />
nehmen dort den Faden auf, wo sich niemand<br />
darum kümmert, wie zum Beispiel bei<br />
Versicherungsthemen, dem Anlegerschutz<br />
oder den Energiepreisen.<br />
Bleiben wir doch gleich bei der Energiepolitik.<br />
Die Energiewende wird ja eher<br />
von links gepusht. Auch die SKS ist eine<br />
Organisation, deren Themen eher von<br />
Politikern aus dem linken Spektrum aufgenommen<br />
werden. Wie sieht es mit den<br />
zu erwartenden steigenden Kosten aus?<br />
Diese wären ja nicht im Sinne der Konsumenten.<br />
Müssen Sie da nicht sozusagen<br />
«contre coeur» agieren?<br />
Ob diese Kosten tatsächlich dermassen steigen<br />
werden, ist höchst zweifelhaft. Denn<br />
selbst Wirtschaftskreise attestieren, dass die<br />
Preise von erneuerbarer Energie fallen werden,<br />
im Gegensatz zu der Energie aus grossen<br />
Kraftwerken. Gerade die Atomkraftwerke<br />
arbeiten seit Jahren defizitär, und die Kosten<br />
der Stilllegungen werden uns zusätzlich belasten,<br />
wie in Kürze in Mühleberg. Wir sind<br />
überzeugt, dass die dezentral produzierten,<br />
erneuerbaren Energien in ein paar Jahren<br />
am günstigsten sein werden. Zudem ist es<br />
sinnvoll, hier auch beim Preis eine nachhaltige<br />
Sichtweise zu haben. Denn es gibt nicht<br />
nur die wirtschaftliche, sondern auch noch<br />
eine ökologische und eine soziale Komponente,<br />
die wir berücksichtigen. Dies handhaben<br />
wir übrigens bei den allermeisten<br />
Konsumbereichen so, beispielsweise bei den<br />
Lebensmitteln. Auch hier geht es nicht nur<br />
um den Preis, sondern auch um die Qualität<br />
und die Art der Produktion.<br />
Der Konsumentenschutz bezieht sich also<br />
nicht nur auf den Preis?<br />
In unserem Fokus stehen sowohl die Wirtschaftlichkeit<br />
als auch die Umwelt und soziale<br />
Komponenten.<br />
Wenn es um Konsumentenschutz geht,<br />
kommt uns nicht immer zuerst die SKS in<br />
den Sinn. Da gibt es auch noch den Preisüberwacher<br />
und den Kassensturz. Wie ist<br />
da die Zusammenarbeit?<br />
Diese Vielfalt in der Schweiz erschwert es<br />
zu verstehen, wer wofür zuständig ist. Es<br />
gibt zusätzlich das Büro für Konsumentenfragen.<br />
Dies ist eine relativ unbekannte Verwaltungsstelle,<br />
die aber der Grund sein<br />
könnte, weshalb so viele Leute meinen, die<br />
SKS sei eine Bundesstelle. Wir sind aber nur<br />
zu einem kleinen Teil vom Bund finanziert,<br />
nämlich zu 15 Prozent, und haben dafür<br />
konkrete Vorgaben zu erfüllen. Eine grosse<br />
Rolle spielen die Konsumentenmedien, mit<br />
denen wir insgesamt eine gute Zusammenarbeit<br />
pflegen. Es liegt in der Natur der Sache,<br />
dass sie vor allem an Geschichten interessiert<br />
sind, die möglichst viele Leser interessieren.<br />
Unsere Aufgabe hingegen ist es,<br />
auch über lange Zeit hartnäckig an einem<br />
Thema zu arbeiten, vielfach auch im Hintergrund.<br />
Hinzu kommt, dass es in unserem<br />
Sara Stalder:<br />
«Die Schweiz hinkt<br />
der EU in Sachen<br />
Konsumentenschutz<br />
hinterher.»<br />
Land insgesamt vier Konsumentenorganisationen<br />
gibt, davon je eine im Welschland<br />
und im Tessin. Seit Jahren koordinieren wir<br />
Jahresthemen, was mit drei der vier Organisationen<br />
gelingt.<br />
Wie gehen Sie an ein neues Thema heran?<br />
Zuerst sammeln wir die Fakten, wenn wir<br />
aus den Beratungsanfragen oder über Medien<br />
von einem Missstand hören. Wenn wir<br />
merken, dass tatsächlich etwas nicht in Ordnung<br />
ist, nehmen wir vielfach mit dem Anbieter<br />
Kontakt auf. Nicht immer ist es nötig,<br />
via Öffentlichkeit Druck zu machen. Es gibt<br />
vereinzelt Anbieter, die sofort bereit sind,<br />
Abhilfe zu schaffen.<br />
Aber wenn nötig, arbeiten Sie mit öffentlichem<br />
Druck?<br />
6 s’Positive 5 / 2017
ZUR PERSON<br />
Sara Stalder<br />
Sara Stalder (50) wuchs in Dürrenroth<br />
auf und war von 1987 bis 2001 als<br />
Klassenlehrerin der Primarstufe im<br />
Kanton Bern tätig, davon mehrere<br />
Jahre in der Kurzenei, einem Weiler<br />
in Wasen. Dort unterrichtete sie im<br />
selben Klassenzimmer erst 16, dann<br />
7 Schülerinnen und Schüler auf sechs<br />
Schulstufen. Von 2001 bis 2008 arbeitete<br />
sie als Schulleiterin für Kindergarten<br />
und Primarschule. Seit April 2008<br />
ist Sara Stalder Geschäftsleiterin der<br />
Stiftung für Konsumentenschutz SKS.<br />
Des Weiteren ist sie seit Juni 2010 im<br />
Vorstand der Allianz der Konsumentenschutz-Organisationen<br />
für die operative<br />
Führung der Dachorganisation<br />
zuständig. Sara Stalder lebt in Sumiswald,<br />
ist verheiratet und hat 3 Kinder.<br />
Ja. Oft verstecken sich Anbieter hinter einem<br />
Artikel im Gesetz. Dann zeigen wir ihm auf,<br />
dass es auch noch andere Gesetzesartikel<br />
und Umstände gibt, die es in diesem Fall zu<br />
beachten gibt. Gibt es keine Einigung, beziehen<br />
wir die Öffentlichkeit mit ein.<br />
Sind die fehlbaren Firmen oder Verbände<br />
gerne bereit, mit Ihnen zu sprechen, oder<br />
müssen Sie viel Druck aufsetzen?<br />
Dies ist unterschiedlich und hängt auch vom<br />
Projekt ab. In der Regel herrscht vorerst einmal<br />
grosse Zurückhaltung. Man teilt uns mit,<br />
man habe alles abgeklärt und es habe alles<br />
seine Ordnung. Natürlich suchen die Firmen<br />
für sich den grösstmöglichen Nutzen und<br />
bewegen sich in Grauzonen. Oft müssen wir<br />
deshalb mit der Öffentlichkeit oder mit einer<br />
Klage drohen, bevor sie mit uns sprechen.<br />
Die Stiftung für Konsumentenschutz besteht<br />
seit 1964, also seit 53 Jahren. Was<br />
hätten wir für eine Konsumentenschweiz,<br />
wenn es die Organisation nicht gäbe?<br />
Dann wäre eine andere Organisation in die<br />
Bresche gesprungen. Davon bin ich überzeugt.<br />
Denn es ging damals nicht anders,<br />
europaweit wurden Konsumentenverbände<br />
gegründet. Zu dieser Zeit begann die amerikanische<br />
Mentalität bei uns Einzug zu halten.<br />
Supermärkte lösten die Tante-Emma-<br />
Läden ab. Damit wurden natürlich Tür und<br />
Tor geöffnet, den Leuten Waren anzudrehen,<br />
die mehr versprachen als sie hielten, oder<br />
wo nicht überall drin war, was drauf stand.<br />
Es mussten also Regeln her, und die galt es<br />
zu überwachen. Dies ist ja bis heute so geblieben.<br />
Wo etwas Neues aufkommt, müssen<br />
wir hinschauen.<br />
Werden Sie eigentlich von der Politik gut<br />
unterstützt?<br />
Wir führen mit Politikern jeder Couleur immer<br />
wieder gute und konstruktive Gespräche.<br />
Doch wenn es um die Abstimmung im<br />
Parlament geht, sieht es etwas anders aus.<br />
Gerade Politiker liberaler Parteien sind oft<br />
an das gebunden, was ihnen die Partei- oder<br />
Fraktionsspitze vorgibt, und dies ist dann<br />
mehrheitlich gar nicht in unserem Sinn.<br />
Dabei werden die Volksvertreter ja vom<br />
Volk gewählt.<br />
Ja, das stimmt. Aber gleich nach der Wahl<br />
werden sie von den Wirtschaftsverbänden<br />
und Interessensorganisationen absorbiert<br />
und in Beschlag genommen. Ihnen werden<br />
lukrative Verwaltungsratsmandate oder Beiratssitze<br />
angeboten – dann ist es natürlich<br />
vorbei mit der freien Meinung.<br />
Kurz nach Ihrem Stellenantritt sagten Sie<br />
in einem Interview, dass die Schweiz in<br />
Sachen Konsumentenschutz weit hinter<br />
der EU herhinke. Hat sich dies inzwischen<br />
geändert?<br />
Jede zweite Woche bin ich etwas deprimiert<br />
und neidisch, da ich aus Deutschland regelmässig<br />
einen Newsletter des dortigen Verbraucherschutzes<br />
erhalte. Darin erfahre ich,<br />
was in Europa in Sachen Konsumentenschutz<br />
umgesetzt wird oder in Planung ist. In der EU<br />
hat man begriffen, dass die grösste Stütze der<br />
Volkswirtschaft der kleine Konsument ist, und<br />
dass der umso mehr kauft, umso grösser sein<br />
Vertrauen in die Anbieter ist. In der Schweiz<br />
hinken wir da völlig hinterher. Wir öffnen<br />
Märkte um Märkte, und der Konsument<br />
s’Positive 5 / 2017 7
SARA STALDER<br />
bleibt dabei auf der Strecke, denn seine Rechte<br />
werden nicht in gleichem Mass verstärkt.<br />
Um Ihre Frage zu beantworten: Es hat sich<br />
insofern verändert, als dass der Abstand leider<br />
noch grösser geworden ist.<br />
Müssen wir in der Schweiz nicht automatisch<br />
die EU-Standards übernehmen?<br />
Doch, das müssen wir vielfach, damit keine<br />
Handelshemmnisse entstehen. Aber beim<br />
Konsumentenschutz tun die Politiker dies<br />
immer auf dem kleinstmöglichen Level. Dies<br />
ist ein Armutszeugnis für die Schweiz, denn<br />
die Wichtigsten, aber gleichzeitig die<br />
Schwächsten in der Wertschöpfungskette<br />
werden systematisch vernachlässigt. Der<br />
ehemals Vorzeige-Rechtsstaat Schweiz hat<br />
seine Rolle längst verspielt, wie uns Rechtsprofessoren<br />
immer wieder bestätigen.<br />
Können Sie uns ein paar Beispiele nennen<br />
von Standards, die in der EU gelten, und<br />
die Sie sich in der Schweiz ebenfalls wünschen?<br />
Zum Beispiel das Widerrufsrecht im Online-<br />
Handel. Die EU kennt dies seit 15 Jahren.<br />
Die Konsumenten in der Schweiz gehen<br />
ebenfalls davon aus, dass ihnen dieses Recht<br />
zusteht. Aber dies stimmt so nicht. Vor anderthalb<br />
Jahren scheiterte diese Vorlage im<br />
Parlament aus Gründen, die ich nicht nachvollziehen<br />
kann. Wünschenswert wäre auch<br />
das Kleinanlegergesetz, das in der EU gilt.<br />
In der Schweiz ist man jetzt daran, sich dies<br />
ebenfalls zu überlegen – leider in deutlich<br />
abgeschwächter Form. Auch bei den Versicherungsdienstleistungen<br />
existieren in der<br />
EU Vorschriften, die bei uns ebenfalls wünschenswert<br />
wären. Und schliesslich wäre da<br />
noch die Aufhebung der Roaming-Gebühren,<br />
welche Mitte Juni in den europäischen Ländern<br />
Wirklichkeit wird.<br />
Aber eigentlich wäre es doch einfach: Ist<br />
ein Produkt nicht gut genug, zu teuer oder<br />
hält nicht, was sich die KonsumentInnen<br />
davon versprechen, verschwindet es doch<br />
von selbst vom Markt, weil es nicht mehr<br />
gekauft wird.<br />
Dies ist eben die reine Theorie. Würde Wirtschaft<br />
in einem Vakuum stattfinden, könnte<br />
dies so funktionieren. Wie ich schon erwähnte,<br />
bewegen sich Firmen immer wieder in<br />
Grauzonen. Selbst seriöse! Zum Beispiel die<br />
Swisscom, die jetzt die persönlichen Kundendaten<br />
weitergeben und damit eine neue<br />
Einnahmequelle schaffen will. Zwar erhalten<br />
die Kunden ein beschönigendes Schreiben<br />
und es gäbe sogar eine Möglichkeit für jeden<br />
Einzelnen, dies zu unterbinden. Aber der<br />
Weg dahin wird äusserst kompliziert und<br />
langwierig gestaltet: Das ist deshalb überhaupt<br />
nicht konsumentenfreundlich!<br />
Beschäftigen dürfte Sie auch die Hochpreisinsel<br />
Schweiz.<br />
«Wären bereits alle<br />
Importprodukte in<br />
der Schweiz zu fairen<br />
Preisen zu haben,<br />
würde sich die Fahrt<br />
über die Grenze deutlich<br />
weniger lohnen»<br />
Das stimmt. Deswegen haben wir unsere<br />
Volksinitiative «Stop der Hochpreisinsel –<br />
Für faire Preise» eingereicht. Diese richtet<br />
sich gegen überteuerte Importprodukte, also<br />
gegen Produkte, die im Ausland billig hergestellt<br />
und dort auch zu niedrigen Preisen<br />
verkauft werden. In der Schweiz kosten diese<br />
aber wesentlich mehr, weil die Preise für<br />
den Verkauf in unserem Land künstlich massiv<br />
heraufgesetzt werden, also grundlos ein<br />
«Zuschlag Schweiz» draufgeschlagen wird.<br />
Bei Preisvergleichen stellen wir immer wieder<br />
fest, dass Schweizer für das genau gleiche<br />
Produkt zwischen 30 und 200 Prozent<br />
mehr bezahlen als Konsumenten im Ausland.<br />
Sie erhalten für den deutlich höheren Preis<br />
jedoch keinerlei Mehrwert.<br />
Treffen Sie mit dieser Initiative, wenn sie<br />
denn angenommen wird, nicht auch die<br />
einheimische Landwirtschaft? Die Schweizer<br />
Konsumenten, die im benachbarten<br />
Ausland einkaufen, tun dies ja nicht nur<br />
wegen der Importprodukte, sondern weil<br />
sie auch die Lebensmittel ennet der Grenze<br />
deutlich günstiger erhalten.<br />
Unsere Initiative richtet sich nicht gegen<br />
Produkte, die im Inland hergestellt werden,<br />
also auch nicht gegen die Produkte, die unsere<br />
Landwirte produzieren, und auch nicht<br />
gegen die Preise, die sie dafür haben müssen.<br />
Dieser Punkt ist sehr wichtig!<br />
Die Preise für landwirtschaftliche Produkte<br />
sind aber in der Schweiz ebenfalls höher<br />
als im benachbarten Ausland.<br />
Ja, aber die Schweiz auferlegt ihren Bauern<br />
deutlich höhere Auflagen als dies im Ausland<br />
der Fall ist. Dies verursacht auch höhere Kosten.<br />
Ausserdem leidet unsere Landwirtschaft<br />
Sara Stalder geht<br />
gegen überteuerte<br />
Importprodukte vor.<br />
8 s’Positive 5 / 2017
ebenfalls unter künstlich erhöhten Preisen.<br />
Dünge- und Futtermittel, Maschinen und<br />
Saatgut stammen aus dem Ausland, und die<br />
Preise dafür werden für Schweizer Landwirte<br />
ebenfalls künstlich heraufgesetzt. Unter<br />
dem gleichen Umstand leidet übrigens auch<br />
unser Gewerbe, die Gastronomie und die<br />
Hotellerie. Die Preise für Rohstoffe, Maschinenteile<br />
und Hilfsmittel werden auch hier<br />
für die Schweiz künstlich erhöht. Das erzeugt<br />
einen Wettbewerbsnachteil, der nicht<br />
aufzuholen ist, verglichen mit der Konkurrenz<br />
in den angrenzenden Ländern.<br />
Welche Rolle spielen die in der Schweiz<br />
ebenfalls höheren Löhne?<br />
Bei in der Schweiz hergestellten Produkten<br />
spielen die Löhne eine grosse Rolle. Doch bei<br />
allen anderen Produkten spielen die Löhne<br />
insofern keine Rolle, als dass diese nicht davon<br />
abhängig sind, wo das Produkt verkauft<br />
wird. Der Arbeiter in einem Billiglohnland<br />
verdient nicht mehr, nur weil das Produkt,<br />
das er gerade fertigt, später in der Schweiz,<br />
und nicht in Deutschland verkauft wird.<br />
Was versprechen Sie sich von der Initiative?<br />
Da die in der Schweiz produzierten<br />
Güter davon nicht betroffen sind, würden<br />
landwirtschaftliche Produkte aus der EU<br />
trotzdem deutlich billiger bleiben, und<br />
viele Menschen in den Grenzgebieten<br />
würden trotzdem über die Grenze fahren,<br />
um einzukaufen.<br />
Wir sind überzeugt, dass deutlich weniger<br />
Personen ins Ausland reisen würden, um<br />
einzukaufen. Denn wären bereits alle Importprodukte<br />
in der Schweiz zu fairen Preisen<br />
zu haben, würde sich die Fahrt über die<br />
Grenze deutlich weniger lohnen. Es sind ja<br />
«Bei Preisvergleichen stellen wir immer<br />
wieder fest, dass Schweizer für das<br />
genau gleiche Produkt zwischen 30 und<br />
200 Prozent mehr bezahlen.»<br />
gerade die Importprodukte wie Kleider,<br />
Schuhe, Sportartikel, Haushaltgeräte, Kosmetik<br />
und Pflegeprodukte, auf denen die<br />
höchsten Preisunterschiede bestehen.<br />
Sie unterscheiden also bei den Preisen<br />
zwischen den Produkten aus der Schweiz,<br />
die wegen der hohen Auflagen und Kosten<br />
in unserem Land unausweichlich sind,<br />
und den im Ausland produzierten Gütern,<br />
deren Preise künstlich erhöht werden.<br />
Richtig!<br />
Eine grosse Schweizer Tageszeitung beschimpfte<br />
Konsumenten, die ennet der<br />
Grenze einkaufen, auch schon als Landesverräter.<br />
Ich wehre mich gegen diese Moralkeule. Wer<br />
über die Grenze fährt, um künstlich verteuerte<br />
Produkte günstiger einzukaufen, ist deswegen<br />
noch lange kein Landesverräter. Verräter<br />
sind für mich all die Konzerne, welche<br />
die Produkte für Schweizer künstlich verteuern<br />
und satte Gewinne abschöpfen. Sie schädigen<br />
unsere Volkswirtschaft doppelt! Dagegen<br />
wollen wir vorgehen. Es ist doch klar,<br />
dass die Leute über die Grenze fahren, wenn<br />
sie dort viel mehr für ihr Geld erhalten. Ebenso<br />
klar ist, dass, wer schon mal drüben ist,<br />
gleich auch noch in die Gestelle für Nahrungsmittel<br />
greift, die dort ebenfalls billiger<br />
sind. Der Drang, im Ausland einzukaufen,<br />
würde bei fairen Preisen für Importprodukte<br />
jedoch deutlich abnehmen. Dagegen muss<br />
jetzt endlich etwas unternommen werden,<br />
denn die Politik schaut seit Jahren tatenlos<br />
zu. Es muss gelingen, die gierigen Konzerne<br />
in Schranken zu weisen, damit in der Schweiz<br />
ein anständiges Preisniveau herrscht.<br />
Das Verbot für Parallelimporte ist doch<br />
inzwischen gefallen. Versprochen hat<br />
man sich davon deutlich günstigere Preise<br />
für im Ausland produzierte Waren.<br />
Weshalb ist dies nicht in gewünschtem<br />
Masse eingetreten?<br />
Das stimmt. Mit Ausnahme der Pharmaindustrie<br />
ist das Parallelimportverbot überall<br />
gefallen. Doch jetzt verhindern Absprachen<br />
im Hintergrund die alternative Einfuhr.<br />
Absprachen im Hintergrund?<br />
Ja. Wer Waren nicht über den Generalimporteur,<br />
sondern auf anderen Wegen einzuführen<br />
versucht, wird vom Mutterhaus abgestraft.<br />
Dieses hat sich vielfältige Kontrollmechanismen<br />
ausgedacht, um Parallelimporte sofort<br />
zu erkennen und zu blockieren. Passiert solches,<br />
wäre dies eigentlich ein Fall für die Wettbewerbskommission<br />
(WEKO). Doch die momentane<br />
Gesetzgebung erlaubt es ihr nicht,<br />
hier tätig zu werden. Deshalb ist die Kartellgesetzrevision<br />
dringend notwendig, für die<br />
sich die SKS mit der Volks initiative «Stop der<br />
Hochpreisinsel – Für faire Preise» einsetzt.<br />
Die SKS beschäftigt – Sie eingerechnet – 12<br />
Mitarbeitende in etwas über 8 Vollzeitstellen<br />
und hat über ein Budget von 1,7 Millionen<br />
Franken. Die Behörden, die sich um<br />
das Ähnliches bemühen, benötigen ein<br />
Vielfaches. Wie schaffen Sie den ganzen<br />
Aufwand mit so wenig Personal?<br />
Dies ist tatsächlich ein Riesenspagat. Allein<br />
die Pharmabranche betreibt ein Lobbybüro,<br />
das über die doppelte Anzahl an Stellenprozenten<br />
verfügt als die SKS. Auch die Banken<br />
sind gut bestückt. Es ist immer ein Kampf von<br />
David gegen Goliath. Wir sind deshalb gezwungen,<br />
flink, agil und effizient zu arbeiten.<br />
Zudem nehmen wir zuweilen auch die Hilfe<br />
von externen Experten in Anspruch. Trotzdem:<br />
Um alle Bereiche so gut wie nötig bearbeiten<br />
zu können, würden wir ungefähr das<br />
Zehnfache an Personal benötigen. Ein Vorteil<br />
sind jedoch die kurzen Entscheidungswege.<br />
Grosse Organisationen neigen dazu, träge zu<br />
werden. Dies ist bei uns definitiv nicht der Fall.<br />
Wie kommen die 1,7 Millionen zusammen?<br />
Diese erwirtschaften wir zum grössten Teil<br />
selbst. Dabei handelt es sich vorwiegend um<br />
Kleinstspenden und Produktverkäufe. Die<br />
Stiftung erfreut sich über eine stattliche Anzahl<br />
von Mitgliedern, die jährlich 60 Franken<br />
bezahlen. Hinzu kommen projektbezogene<br />
Kleinstspenden von zufriedenen Konsumenten<br />
und Verkaufseinnahmen von unseren<br />
Ratgebern. Diese Einnahmen machen 85<br />
Prozent unseres Budgets aus. Die restlichen<br />
15 Prozent steuert der Bund bei. Diese sind<br />
allerdings rückläufig und zudem mit klaren<br />
Auflagen verbunden.<br />
Kommen keine grösseren Spenden? Zum<br />
Beispiel von Firmen, die damit verhindern<br />
wollen, dass Sie sich um sie kümmern?<br />
Die Versuchung besteht. Doch alle Spendenbescheinigungen<br />
von mehr als 100 Franken<br />
wandern über meinen Tisch. Da will ich persönlich<br />
wissen, was dahintersteckt. Wir<br />
s’Positive 5 / 2017 9
SARA STALDER<br />
Sara Stalder kann mit negativen Reaktionen leben.<br />
haben auch schon Geld von zweifelhafter<br />
Herkunft wieder zurück überwiesen.<br />
Die SKS existiert seit nunmehr 53 Jahren.<br />
Wie hat sich das Tätigkeitsfeld seither<br />
verändert?<br />
1964 gab es noch kein Internet und keine<br />
Mobiltelefone. Die Stiftung für Konsumentenschutz<br />
machte damals Produktetests und<br />
überprüfte beispielsweise, ob sich die angegebene<br />
Menge in den Verpackungen befand,<br />
was nicht immer der Fall war. Heute leben<br />
wir in einer globalisierten Welt, in der wir<br />
online von überall her Waren bestellen können.<br />
Was früher überschaubar war und für<br />
nur die Schweiz galt, gilt heute für die ganze<br />
Welt. Alles ist zudem viel schneller geworden.<br />
Produkttests sind sehr aufwändig und<br />
teuer geworden.<br />
Der wohl berühmteste Beitrag des Kassensturz<br />
war der Ravioli-Test von 1978, an<br />
den sich auch heute noch viele Zuschauer<br />
erinnern können. «Kassensturz-Agenten»<br />
hatten aufgedeckt, woraus Ravioli damals<br />
wirklich bestanden. Was kommt Ihnen<br />
dazu in den Sinn?<br />
Dass dies tatsächlich die berühmteste Sendung<br />
des Kassensturz war. Aber dass nicht<br />
«Kassensturz-Agenten» hinter den Tests<br />
steckten, sondern die SKS.<br />
Wenn man Ihren Namen googelt, erscheint<br />
zuoberst ein Artikel von «20 Minuten»<br />
mit dem Titel: «Sara Stalder verblödet<br />
langsam.» Werden Sie eigentlich<br />
öfters angefeindet?<br />
Mit dem Herrn, der sich so geäussert hat,<br />
führte ich ein Gespräch hinter geschlossener<br />
Tür. So lässt sich solches besser klären als im<br />
Scheinwerferlicht. Er hat sich auch entschuldigt.<br />
Aber es ist schon so: Manchmal bleiben<br />
negative Reaktionen von Verantwortlichen<br />
von durch uns aufgedeckten Machenschaften<br />
nicht aus. Doch damit kann und muss<br />
ich leben.<br />
ZUSATZINFOS<br />
Stiftung für Konsumentenschutz SKS<br />
Die privatrechtliche Stiftung<br />
für Konsumentenschutz wurde<br />
1964 von vier Arbeitnehmerund<br />
Konsum-Organisationen<br />
gegründet und hat ihren Sitz<br />
in Bern. Sie beschäftigt 12 Mitarbeitende<br />
in 8 Vollzeitstellen.<br />
Die SKS setzt sich in den Bereichen<br />
Lebensmittel und Ernährung,<br />
Mobilität und Freizeit,<br />
Gesundheit und Prävention,<br />
Energie und Umwelt,<br />
Kommunikation und digitale<br />
Welt, Finanzen und Versicherungen,<br />
Konsumentenrechte<br />
und Wirtschaftspolitik für die<br />
Interessen der Konsumenten in<br />
der Schweiz ein.<br />
Ein zentrales Anliegen ist die<br />
Information der Konsumenten.<br />
Die SKS stellt dazu auf ihrer<br />
Website kostenlose Merkblätter<br />
zur Verfügung, verkauft<br />
Ratgeber und gibt viermal<br />
jährlich die Zeitschrift Blickpunkt<br />
heraus. Zudem bietet<br />
sie Beratung per Telefon und<br />
E-Mail an. Die Stiftung ist an<br />
den Preisvergleichsportalen<br />
preisbarometer.ch und dschungelkompass.ch<br />
beteiligt. Die<br />
Stiftung setzt sich dafür ein,<br />
dass Anbieter und Händler<br />
die Konsumentenanliegen<br />
berücksichtigen. Gelingt dies<br />
nicht im direkten Dialog, beschreitet<br />
sie in Musterfällen<br />
den Rechtsweg.<br />
Mit der Teilnahme an Vernehmlassungsverfahren<br />
und<br />
parlamentarischem Lobbying<br />
ist die SKS auch in der Politik<br />
aktiv. Sie äussert sich regelmässig<br />
zu konsumrelevanten<br />
Themen in den Medien.<br />
Die Stiftung wird von rund<br />
16 000 Gönnern und 14 000<br />
Spendern unterstützt. Damit<br />
finanziert sie rund drei Viertel<br />
ihres Jahresbudgets von<br />
1,7 Millionen Franken. Weitere<br />
10 % werden durch Beratungstätigkeit<br />
und den Verkauf<br />
von Produkten erwirtschaftet.<br />
Rund 15 % steuern Bundessubventionen<br />
bei. Um ihre<br />
Unabhängigkeit zu wahren,<br />
nimmt die SKS keine Gelder<br />
von Unternehmen oder politischen<br />
Parteien an.<br />
10 s’Positive 5 / 2017
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eine saubere<br />
Sache!<br />
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WISSEN<br />
Algorithmen<br />
Wie sie unser Leben steuern<br />
Sie lenken den Strassenverkehr, steuern Flugzeuge,<br />
Atomkraftwerke und Bankomaten. Und sie bestimmen,<br />
welcher Link zuoberst steht, wenn wir einen Begriff<br />
googeln. Algorithmen sind unsere Entscheider.<br />
TEXT: BRUNO WÜTHRICH<br />
Roboter werden<br />
von Algorithmen<br />
gesteuert.<br />
12 s’Positive 5 / 2017
Fotos: shutterstock.com/asharkyu/Naypong<br />
Folgende Geschichte war in der<br />
renommierten «New York Times»<br />
zu lesen: Ein Mann stürmt in die<br />
Filiale einer Discounterkette. Erbost<br />
beschwert er sich darüber,<br />
dass seine Tochter ständig Rabattmarken<br />
für Schwangerschaftsmode und Babyartikel<br />
zugesandt erhalte. «Sie ist noch in der Highschool.<br />
Wollen Sie sie ermuntern, schwanger<br />
zu werden?» Der Filialleiter entschuldigte<br />
sich für das Missverständnis. Doch kurz darauf<br />
stellte sich heraus, dass die Tochter tatsächlich<br />
in Erwartung war. Doch woher<br />
wusste die Marketingabteilung des Unternehmens<br />
von dieser Schwangerschaft? Ganz<br />
einfach: Es analysierte Daten. Da die junge<br />
Frau mit Kundenkarte zahlte, war jeder ihrer<br />
Einkäufe gespeichert. Anhand der eingekauften<br />
Produkte erkannte der Algorithmus<br />
des Discounters zweifelsfrei Hinweise auf<br />
eine Schwangerschaft. Die werdende Mutter<br />
kaufte plötzlich unparfümierte Körperlotion,<br />
eine neue Umhängetasche, die sich auch als<br />
Wickeltasche verwenden liess, sowie Zinkund<br />
Magnesiumtabletten. Für den Computer<br />
ergaben sich aus diesen Einkäufen genügend<br />
Hinweise, um die Werbung für Babybedarf<br />
auszulösen.<br />
IM ALLTAG VERWURZELT<br />
«Algorithmen sind präzise Handlungsanweisungen,<br />
um Probleme, die innerhalb verschiedener<br />
Kontexte auftauchen, mit Hilfe<br />
allgemeiner Schemata zu lösen.» So weit die<br />
Definition. Üblicherweise verbinden wir mit<br />
dem Begriff vor allem mathematische oder<br />
informatische Herausforderungen, die nur<br />
für Ingenieure und Softwareentwickler von<br />
Bedeutung sind. Informatiker betonen aber<br />
gerne, dass Situationen, die nach algorithmischen<br />
Lösungen verlangen, durchaus auch<br />
im Alltag zu finden sind. Die unter Informatikern<br />
beliebten Beispiele, wie wir einen<br />
Kuchen fair teilen können, den Ausgang aus<br />
einem Labyrinth finden, das Bücherregal am<br />
schnellsten nach einem bestimmten Buch<br />
durchsuchen oder wie wir Umzugskartons<br />
möglichst platzsparend packen, wecken<br />
zwar tatsächlich unsere Neugier. Sie sind<br />
aber nicht besonders geeignet, die Wich-<br />
Woher wusste<br />
die Marketingabteilung<br />
des<br />
Unternehmens<br />
von dieser<br />
Schwangerschaft?<br />
Ganz einfach:<br />
Es analysierte<br />
die Daten der<br />
Kundenkarte.<br />
Bei der<br />
medizinischen<br />
Überwachung<br />
helfen<br />
Algorithmen.<br />
s’Positive 5 / 2017 13
WISSEN<br />
tigkeit der algorithmischen Welt für unsere<br />
Gesellschaft deutlich zu machen. Wir kommen<br />
in der Regel auch gut durchs Leben,<br />
ohne solche Verfahren zu kennen oder gar<br />
selbst anzuwenden. Die Brisanz von Algorithmen<br />
wird jedoch eindringlicher, wenn<br />
wir uns daran erinnern, dass sie zum Beispiel<br />
Flugzeuge, Atomkraftwerke und Bankautomaten<br />
steuern. Doch gerade hier sind in<br />
erster Linie die Fachleute gefragt, die sich<br />
kompetent um deren Sicherheit und Funktionstüchtigkeit<br />
zu kümmern haben.<br />
Dank Algorithmen<br />
können vernetzte<br />
Autos effizienter<br />
durch den Verkehr<br />
geleitet werden.<br />
DER GOOGLE-ALGORITHMUS<br />
Eine Ahnung von der versteckten Macht der<br />
Algorithmen in Alltagssituationen erhalten<br />
wir, wenn wir darüber nachdenken, wie der<br />
geheime PageRank-Algorithmus bei Google<br />
funktioniert. Dieser legt fest, welche Quellen<br />
bei der Suche an oberster Stelle gelistet werden.<br />
In einem in seiner Gesamtheit nicht mehr<br />
überschaubaren Informationsnetz existiert<br />
nur noch, was an möglichst hoher Stelle der<br />
Suchergebnisse gefunden wird. Die Entscheidung<br />
darüber, was wir oben gelistet finden,<br />
treffen Algorithmen. Nur die wenigsten Nutzer<br />
kennen das Prinzip, nach welchem die<br />
Links gelistet werden. Unzählige weitere Beispiele<br />
liessen sich nennen, die in ihrer Gesamtheit<br />
belegen, dass wir zunehmend Entscheidungen<br />
an Maschinen delegieren. Programme<br />
treffen Entscheidungen über Aktienkäufe und<br />
-verkäufe, steuern Produktionsabläufe und<br />
bewerten medizinische Daten. Computerprogramme<br />
sind deshalb nicht mehr nur die billigen<br />
Hilfsarbeiter der Gesellschaft. Viel mehr<br />
sitzen sie in den Entscheidungsgremien.<br />
NICHT MEHR WEGZUDENKEN<br />
Online-Angebote wie Suchmaschinen, Social<br />
Media oder Online-Shops sind die Bereiche,<br />
bei welchen uns das Wirken von Algorithmen<br />
in unserem Alltag am ehesten auffallen.<br />
Doch in der Welt der Algorithmen ist dies<br />
nur die Spitze des Eisberges. Sie steuern Verkehrsregelungssysteme,<br />
überwachen Geldüberweisungen<br />
oder regeln die Automatik<br />
in Fahrzeugen. Algorithmen machen bereits<br />
einen grundlegenden Bestandteil unseres<br />
täglichen Lebens aus.<br />
Algorithmen<br />
erkennen ungewöhnliche<br />
Atemgeräusche<br />
und warnen Asthma-<br />
Patienten so vor<br />
einem Anfall.<br />
Ein Beispiel, wie gross der Einfluss von Algorithmen<br />
sein kann, liefert die moderne<br />
Gebäudetechnik. Vernetzte Sensoren, die<br />
Temperatur und Luftfeuchtigkeit über den<br />
Tag hinweg messen und die Ergebnisse mit<br />
dem Heizverhalten abgleichen, können eine<br />
optimale automatische Wärmeversorgung<br />
bereitstellen. Noch effizienter wird das Energiemanagement,<br />
wenn zusätzliche Komponenten<br />
wie thermodynamische Eigenschaften<br />
des Gebäudes, Wettervorhersagen, der<br />
Energiebedarf und Strompreise in die Berechnungen<br />
einfliessen. Mithilfe von Algorithmen<br />
wird die Temperatur in Gebäuden<br />
bei unterschiedlichen Wetterbedingungen<br />
simuliert. Auf diese Weise können der Energiebedarf<br />
und die Energiekosten um 10 bis<br />
25 Prozent gesenkt und gleichzeitig kann das<br />
Wohlbefinden der Menschen im Gebäude<br />
verbessert werden.<br />
Ein völlig anderes Beispiel kommt aus der<br />
Medizin. So ist der sogenannte Wheezometer<br />
eine App, die per Smartphone-Mikrofon<br />
die Atmung von Asthma-Patienten überwacht<br />
und schon im frühen Stadium eines<br />
Asthma-Anfalls vorwarnen kann. Um verlässliche<br />
Ergebnisse zu liefern, werteten die<br />
Entwickler 40 000 Audiodateien unterschiedlicher<br />
Personen aus und erstellten<br />
14 s’Positive 5 / 2017
Vor dem Bau<br />
neuer Brücken<br />
simulieren<br />
Algorithmen,<br />
wie sich die<br />
Materialien bei<br />
Temperaturschwankungen,<br />
Wettereinflüssen<br />
und Belastungen<br />
verhalten.<br />
Fotos: shutterstock.com/Oscity/bubutu<br />
anhand dieser Informationen einen Algorithmus,<br />
der asthmabedingte, pfeifende oder<br />
brummende Atemgeräusche – das Giemen<br />
– erkennt. So können bedrohliche Situationen<br />
schnell abgewendet und bisweilen Leben<br />
gerettet werden.<br />
Diese konkreten Beispiele zeigen, wie<br />
Algorithmen den Alltag der Menschen positiv<br />
verändern können. Autos nutzen Algorithmen<br />
als Einparkassistenten oder Navigationssysteme<br />
und für viele weitere Funktionen.<br />
70 Prozent aller Finanztransaktionen<br />
werden von Algorithmen gesteuert. Sämtliche<br />
industriell gefertigten Produkte und<br />
Lebensmittel entstehen mithilfe von Maschinen,<br />
die Algorithmen nutzen. Vor dem Bau<br />
neuer Brücken simulieren Algorithmen, wie<br />
sich die Materialien bei Temperaturschwankungen,<br />
Wettereinflüssen und Belastungen<br />
durch Fahrzeuge verhalten. Der breite Einsatz<br />
von Algorithmen ist möglich, weil in den<br />
letzten Jahrzehnten die Rechenleistung der<br />
Computer um ein Vielfaches gestiegen ist.<br />
Erst die Verbreitung von Hardware, die in<br />
der Lage ist, mit komplexen Algorithmen auf<br />
grossen Datensätzen zu arbeiten, hat ihren<br />
Siegeszug eingeläutet.<br />
In den letzten Jahren kam ein weiterer<br />
wichtiger Faktor hinzu: Die einzelnen Gerä-<br />
te wurden miteinander vernetzt. In kleinem<br />
Rahmen etwa in Autos, in denen bis zu 100<br />
Steuergeräte (Electronic Control Units, ECU)<br />
eingebaut sind, die miteinander interagieren.<br />
Das Beispiel Auto eignet sich aber auch für<br />
den grösseren Rahmen: Einzelne Autos werden<br />
mit Verkehrsanlagen, der Strassenbeleuchtung<br />
und Überwachungsanlagen verbunden.<br />
Um den Verkehr effizient durch die<br />
vernetzten Strassen zu leiten, sind wiederum<br />
neue Algorithmen nötig. So treiben sich diese<br />
Entwicklungen gegenseitig voran und sind<br />
gleichzeitig voneinander abhängig.<br />
Wir Menschen gewöhnen uns schnell an<br />
Fortschritt. Was früher aussergewöhnlich<br />
und aufregend war, ist heute Alltag. Mit zunehmender<br />
Rechenleistung und Datenverarbeitungskapazität<br />
werden wir immer<br />
schneller und einfacher in der Lage sein,<br />
grosse Mengen an Daten zu nutzen und komplexe<br />
Probleme zu lösen.<br />
MASSGESCHNEIDERTE WERBUNG<br />
Doch steuern und überwachen Algorithmen<br />
nicht nur Maschinen, Roboter und Systeme,<br />
sondern beeinflussen auch uns Menschen<br />
massiv. So wie Algorithmen zuverlässig im<br />
Marketing arbeiten, werden sie auch beim<br />
Onlinehändler Amazon eingesetzt. Das eigene<br />
Kaufverhalten wird mit dem Verhalten<br />
anderer Kunden verglichen, die ähnliche<br />
Artikel anklickten. Durch den geschickten<br />
Einsatz von Algorithmen hat es der Konzern<br />
geschafft, seine Kunden digital zu «beraten»<br />
(«Kunden, die diesen Artikel gekauft haben,<br />
kauften auch ...»). Im Angebot von Amazon<br />
finden wir mehrere Millionen Bücher. Apples<br />
Musikdienst iTunes stellt über 30 Millionen<br />
Songs zur Verfügung. Bei Netflix wählen wir<br />
mittlerweile zwischen Tausenden Filmen,<br />
Serien und Shows. Damit wir unser Online-<br />
Leben nicht nur mit Suchen verbringen, verfügen<br />
alle grossen Streamingdienste und<br />
Internetkaufhäuser über Empfehlungs-Algorithmen.<br />
Sie schlagen uns Waren, Lieder und<br />
Filme vor, die uns mit grosser Wahrscheinlichkeit<br />
gefallen.<br />
INFORMATIONEN FÜR ALGORITHMEN<br />
«Tagger» sind professionelle Zuschauer, die<br />
jeden Film nach Mikrogenres analysieren.<br />
Diese wiederum sind in einem 36-seitigen<br />
Handbuch vermerkt und umfassen nicht nur<br />
den Grad der Gewalt oder die Jahreszeit im<br />
Film, sondern auch den Beruf der Hauptfigur.<br />
Dabei ist wichtig, dass alle Angaben<br />
nach einer fünf- bis zehnstelligen Skala bewertet<br />
werden. So wird ein Film nicht nur<br />
s’Positive 5 / 2017 15
Online-Shops<br />
unterbreiten uns<br />
gezielt Produke, die<br />
dank Algorithmen<br />
ausgesucht<br />
werden.<br />
Die Autocomplete-<br />
Funktion bei<br />
Google eignet sich<br />
als Verleumdungsmaschine.<br />
Wo früher getuschelt<br />
wurde,<br />
spuckt heute der<br />
Computer ein<br />
Gerücht aus.<br />
danach taxiert, ob, sondern auch wie romantisch<br />
er ist. Daraus ergeben sich eine Vielzahl<br />
von Feinabstufungen und Kombinationsmöglichkeiten.<br />
Diese sind die Basis für den<br />
wichtigen Empfehlungsalgorithmus, der die<br />
Daten der Tagger mit den Kundendaten kombiniert<br />
und basierend auf diesen Ergenissen<br />
den Kunden weitere Filme vorschlägt.<br />
Das Wirken der Algorithmen ist für Laien<br />
kaum erkennbar, deshalb rufen sie Vorbehalte<br />
und Ängste hervor. Nicht ganz zu Unrecht.<br />
Sie bestimmen so sehr unseren Alltag,<br />
dass sie ein Synonym für Allmacht geworden<br />
sind. Sie entscheiden, welche Geschichten<br />
wir auf Facebook lesen, welche Leute wir auf<br />
Tinder treffen oder welche Suchergebnisse<br />
uns Google anzeigt. Doch wie objektiv sind<br />
diese Informationen? Wissenschaftler der<br />
Carnegie Mellon University und des International<br />
Computer Science Institute in Berkeley<br />
entwickelten ein Werkzeug namens Ad-<br />
Fisher, welches die Suche im Netz simuliert,<br />
und führten damit ein Experiment durch. Die<br />
fiktiven Dummys starteten ohne Suchhistorie<br />
und besuchten eine Jobbörse. Als sie<br />
später eine Nachrichtenseite aufriefen, zeigte<br />
Google ihnen Stellenanzeigen. Dies war<br />
zu erwarten. Erstaunlich war jedoch, dass<br />
männliche Nutzer – oder solche, die Google<br />
für männlich hielt – häufig Annoncen für<br />
Jobs mit hohem Einkommen angezeigt bekamen.<br />
Wie war das möglich? Für die Wissenschaftler<br />
sind zwei Ansätze denkbar:<br />
Entweder verlangten die Anzeigenkunden,<br />
dass die Werbung auf Männer zugeschnitten<br />
wird. Oder die Algorithmen bestimmten,<br />
dass Männer eher auf die Anzeige klickten.<br />
DISKRIMINIERNDE WERTUNGEN<br />
Können Algorithmen diskriminieren? Algorithmen<br />
werden von Entwicklern gerne als<br />
objektiv gepriesen, sie basieren auf Gleichungen<br />
und Zahlen. Doch sie werden, wie<br />
jede Software, von Menschen geschrieben.<br />
Und die haben Vorurteile. Anna Lauren Hoffmann,<br />
Forscherin an der School of Information<br />
der University of California in Berkeley,<br />
vertritt die These, dass Algorithmen per Definition<br />
diskriminierend seien. «Sie verarbeiten<br />
Instruktionen und Kalkulationen, um<br />
spezifische Inputs in Outputs zu verwandeln.<br />
Online-Algorithmen müssen zwischen relevanten<br />
und nicht relevanten Informationen<br />
differenzieren.» Darin liege eine diskriminierende<br />
Wertung. Weil wir mit unseren Anfragen<br />
die Algorithmen füttern, stellt sich die<br />
Frage, ob und wie wir mit unseren Anfragen<br />
unsere eigenen Vorurteile perpetuieren.<br />
KRUDE UNTERSTELLUNGEN<br />
Als die Harvard-Professorin Latanya Sweeney<br />
ihren Namen googelte, tauchte eine Anzeige<br />
mit dem Titel «Latanya Sweeney, Arrested?»<br />
auf: Doch die Dozentin wurde weder verhaftet<br />
noch hatte sie sich etwas zuschulden kommen<br />
lassen. Die Vermutung, die Algorithmen<br />
könnten aus ihrer afroamerikanischen Herkunft<br />
eine kriminelle Neigung abgeleitet<br />
haben, konnte nicht ausgeschlossen werden.<br />
Sweeney nahm dies zum Anlass, eine Studie<br />
über rassistische Hintergründe durchzuführen.<br />
Sie suchte 2100 Namen lebender Personen<br />
auf Google. Namen wie Travon, Rasheed<br />
oder Tamika, die einen afroamerikanischen<br />
Hintergrund vermuten lassen, riefen signifikant<br />
mehr Haftanzeigen hervor als «weiss<br />
klingende» Namen. Googles neue Foto-App<br />
Photos kategorisierte dunkelhäutige Menschen<br />
– versehentlich – als «Gorillas». Die<br />
App verschlagwortet Bilder automatisch. Das<br />
System soll helfen, sich in einer Fotosammlung<br />
besser zurechtzufinden, etwa indem<br />
Bildern eines Bergpanoramas der Begriff<br />
«Berge» zugeordnet wird. Dem Programmierer<br />
Jack Alciné fiel ein Fotoalbum von ihm<br />
und seiner Freundin auf, das die Google-App<br />
automatisch mit «Gorillas» überschrieben<br />
hatte. Die Foto-App setzte einen Menschen<br />
mit einem Gorilla gleich. Mit dem Problem<br />
ist Google nicht allein. Auch das Fotoportal<br />
Flickr ist wegen ähnlich falscher Zuordnungen<br />
in die Kritik geraten. Dort hatten die<br />
Algorithmen dunkelhäutige Menschen mit<br />
«Affe» oder «Tier» gekennzeichnet.<br />
Das Problem ist, dass Google die Wirklichkeit<br />
verquer konstruiert. Wenn wir googeln,<br />
machen wir uns im Kopf ein Bild davon,<br />
wie die Welt da draussen aussieht. Die Suchmaschine<br />
prägt Präferenzen und Wahrnehmungen.<br />
Die Computerwissenschaftlerin<br />
Cynthia Matuszek, die eine Studie zu diesem<br />
Phänomen durchführte, sagt: «Wenn die<br />
Leute nach ‹CEO› suchen und nur Männer<br />
sehen, denken sie unterschwellig an Männer<br />
als Chefs und klicken eher auf Bilder, die<br />
diesem Vorurteil entsprechen. Der Algorithmus<br />
lernt, dass das Bild ein vermeintlich<br />
besseres Ergebnis ist, und zeigt mehr solche<br />
Ergebnisse. Es ist ein sich selbst reproduzierender<br />
Zyklus.»<br />
Die Autocomplete-Funktion bei Google<br />
eignet sich als Verleumdungsmaschine – sie<br />
nimmt die seltsamsten Behauptungen auf.<br />
Wo früher getuschelt wurde, spuckt heute<br />
der Computer das Gerücht aus. Google sagt,<br />
es handle sich bei den Algorithmen um nicht<br />
moralisch wertende Maschinen. Das Motto:<br />
Wir geben nur wieder.<br />
Doch das Problem besteht. Ob die Wiedergabe<br />
wertend ist oder nicht, spielt keine<br />
Rolle. Wesentlich ist, dass Wertungen vorgenommen<br />
werden. Und zwar durch die User.<br />
Ob bewusst oder unbewusst, bleibt offen.<br />
Foto: shutterstock.com/PeoGeo<br />
16 s’Positive 5 / 2017
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WUSSTEN SIE SCHON<br />
WO LIEGT DER UNTERSCHIED?<br />
Grossbritannien oder «UK »<br />
Viele verwechseln es. Oder sie wissen gar<br />
nicht, dass es da einen Unterschied gibt. Korrekt<br />
ist, dass der Begriff «Vereinigtes Königreich»<br />
für den Staat steht, der sich aus den<br />
vier Ländern England, Schottland, Wales<br />
und Nordirland zusammensetzt. Der für uns<br />
gebräuchlichere Begriff «Grossbritannien»<br />
dagegen steht nur für die drei Länder auf der<br />
Hauptinsel – also für England, Schottland<br />
und Wales.<br />
Das auf der Insel nebenan liegende Nordirland<br />
hingegen gehört nicht dazu. Zur Verwirrung<br />
trägt bei, dass das Autokennzeichen<br />
«GB» auch für Nordirland gilt. Sowohl die<br />
Nordiren als auch die Schotten haben übrigens<br />
gegen den Brexit gestimmt und würden<br />
eigentlich gerne in der EU bleiben.<br />
In den genannten vier Ländern spricht<br />
man immer, wenn es um das staatliche Gebilde<br />
geht, von «UK», also von United Kingdom,<br />
aber nie von «Great Britain». Kanadier<br />
und Amerikaner sprechen aber ebenso von<br />
»Brits« oder «Britons», wie wir Schweizer<br />
und die Deutschen von den «Briten».<br />
Dabei ist der Lokalpatriotismus so gross,<br />
dass sich niemand als »Brite« bezeichnen<br />
würde, sondern immer als Engländer, Schotte,<br />
Waliser oder Nordire.<br />
WUSSTEN<br />
SIE SCHON?<br />
1<br />
18 s’Positive 5 / 2017
BLAUFUSSTÖLPEL<br />
Sexy Füsse<br />
Er ist eigentlich gar kein Tölpel. Biologen<br />
kennen den Blaufusstölpel als sehr geschickt<br />
sowohl beim Fliegen als auch bei der Jagd.<br />
Während sein Gefieder in unauffälligem<br />
Weiss und Braun gehalten ist, leuchten seine<br />
Füsse in Türkisblau. Was für die Menschen<br />
eine Laune der Natur ist, findet Frau Blaufusstölpel<br />
ungeheuer sexy. Denn je intensiver<br />
das Blau beim Männchen, desto besser ist<br />
sein allgemeiner Zustand, und desto besser<br />
ist es geeignet, die Rolle des Ernährers zu<br />
übernehmen.<br />
Bei den komplizierten Balzritualen der<br />
Vögel stolziert das Männchen engagiert vor<br />
dem auserwählten Weibchen herum. Gern<br />
wird die am Boden sitzende Blaufusstölpel-<br />
Dame auch von oben angeflogen, damit die<br />
im Licht aufblitzenden Füsse optimal zur Geltung<br />
kommen. Ist das Männchen erfolgreich<br />
und kommt es zu Nachwuchs, legt das Weibchen<br />
bis zu drei Eier.<br />
Auch für die Aufzucht der Jungen spielen<br />
die blauen Füsse eine Rolle: Wenn das Männchen<br />
bei der Jagd nach Fischen nicht erfolgreich<br />
war und folglich nicht ausreichend gefressen<br />
hat, lässt die Färbung der Füsse schon<br />
nach etwa 48 Stunden nach. In diesem Fall<br />
konzentriert das Weibchen seine Fürsorge auf<br />
das kräftigste Jungtier und beginnt, den Rest<br />
zu vernachlässigen. Damit will es wenigstens<br />
ein Junges sicher ans Ziel bringen.<br />
2<br />
ERFOLGREICH ODER NICHT:<br />
Wie entschuldigt man sich richtig?<br />
3<br />
Fotos: shutterstock.com/Anton Balazh/javarman/stickerama<br />
Bei welcher Form der Entschuldigung sind<br />
wir am ehesten bereit, zu vergeben? Klar ist:<br />
Mit einem schnellen «Tut mir leid» ist es oft<br />
nicht getan. Nach einem schlimmen Fehltritt<br />
oder einem Betrug hilft oft nur eine ernst<br />
gemeinte Entschuldigung. Wissenschaftler<br />
der Ohio State University haben im Rahmen<br />
zweier Studien mit insgesamt 755 Versuchsteilnehmern<br />
verschiedene Testsituationen<br />
durchgespielt, bei denen es zum Beispiel um<br />
finanzielle Übervorteilung oder sexuelle Untreue<br />
ging. Gemäss der Studienresultate<br />
spielten beim Vergeben sechs Vorgehensweisen<br />
eine Rolle:<br />
1. Man muss deutlich aussprechen, dass man<br />
um Verzeihung bittet.<br />
2. Man sagt dem anderen, was aus der eigenen<br />
Sicht schiefgelaufen ist.<br />
3. Man übernimmt für sein Handeln die volle<br />
Verantwortung.<br />
4. Man spricht deutlich aus, dass man bereut,<br />
was passiert ist.<br />
5. Man bietet an, den entstandenen Schaden<br />
wiedergutzumachen.<br />
6. Man bittet um Vergebung.<br />
Nicht alle Faktoren sind gleich wichtig. Als<br />
unverzichtbar hatte sich erwiesen, dass der<br />
Schuldige die volle Verantwortung übernimmt<br />
und dem Gegenüber nicht eine Teilschuld zuschiebt.<br />
Das Angebot der Wiedergutmachung<br />
stellte sich als zweitwichtigstes Element heraus.<br />
Am wenigsten effektiv war für sich allein<br />
genommen die Bitte um Vergebung.<br />
Keinen Unterschied macht übrigens, ob<br />
das Vergehen absichtlich oder unwissentlich<br />
begangen wurde. Wohl aber, ob mangelnde<br />
Kompetenz oder mangelnder Anstand Grund<br />
für das Fehlverhalten war. Im letzten Fall<br />
verziehen die Probanden nur widerwillig.<br />
s’Positive 5 / 2017 19
HISTORY<br />
Der Aderlass<br />
war eine<br />
sehr beliebte<br />
Behandlungsmethode.<br />
Bader, Scherer<br />
und andere<br />
Heilkundige<br />
Die technischen Fortschritte der letzten 250 Jahre sind<br />
uns bewusst. Doch noch viel erstaunlicher sind die<br />
Entwicklungen in der Medizin. Ein Blick zurück in eine Zeit,<br />
als auch im Oberaargau noch niemand etwas von Blutgruppen,<br />
Narkose, Bluttransfusionen oder Bakterien wusste.<br />
20 s’Positive 5 / 2017
Micheli<br />
Schüppach hatte<br />
viele vornehme<br />
Patienten.<br />
TEXT: KLAUS ZAUGG<br />
Zwar zählte die Schweiz in den<br />
1700er-Jahren manchen gelehrten<br />
Arzt. Aber das, was wir heute unter<br />
einem Arzt verstehen, waren<br />
vor bald 300 Jahren sogenannte<br />
Bader und Scherer. Bader waren Bademeister,<br />
denen das Recht zustand, ihre Kunden<br />
zu bewirten und zu schröpfen. Nicht in<br />
Schwimmbädern. Sondern in den zahlreichen<br />
Heilbädern, die eher Wirts- und Lusthäuser<br />
waren. Die beliebten Badekuren, das<br />
einst blühende «Bädergeschäft», dürfte dem<br />
heutigen «Wellness-Business» recht nahegekommen<br />
sein. Die Scherer waren von Haus<br />
aus Friseure. Da beim Rasieren Schnittwunden<br />
nicht immer zu vermeiden waren, durften<br />
sie ihre Kunden auch verbinden und<br />
pflegen. Mit der Zeit gestand man ihnen<br />
überdies die Behandlung anderer Verletzungen<br />
zu und nannte sie Wundärzte.<br />
Nichts hinderte die Gäste, ihnen manch<br />
kleinen Eingriff anzuvertrauen. Wie Schröpfen,<br />
Zähneziehen, Bruchschneiden und den<br />
unvermeidlichen Aderlass. So gab es einst<br />
zwischen einem gewöhnlichen Scherer und<br />
einem Chirurgen kaum einen Unterschied.<br />
Später erst wurden die Chirurgen in Examen<br />
und Ansehen den Ärzten gleichgestellt.<br />
Zu den gesuchtesten Medizinpersonen<br />
gehörte bis in die 1700er-Jahre ausgerechnet<br />
der Scharfrichter. Blut, Haut und Fett von<br />
Hingerichteten galten als äusserst wirksame<br />
Heilmittel. Ihr Blut mehrte den Mut unternehmungslustiger<br />
Burschen (so ungefähr<br />
wie heute Kokain…), die Haut half gegen<br />
Gliederreissen und das Fett gegen alles Erdenkliche.<br />
In einem französischen Lehrbuch<br />
wird gar noch 1818 Menschenfett zur Behandlung<br />
von Gicht empfohlen. 1707 erhielt<br />
in Luzern der Scharfrichter die Erlaubnis,<br />
Hingerichteten «Schmalz aus dem Rücken<br />
geheim ausschneiden zu dürfen». Willisau<br />
gestand 1718 dem Wasenmeister, dem Totengräber,<br />
die gleichen Freiheiten zu und in<br />
Zürich war der Scharfrichter bis in die Mitte<br />
des 18. Jahrhundert ein gesuchter «Arzt».<br />
Sein Beruf verlieh ihm Kenntnisse des<br />
menschlichen Körpers, um die ihn mancher<br />
Mediziner beneiden konnte. Er wusste aus<br />
seiner Berufstätigkeit nicht nur Glieder auszurenken<br />
und zu brechen, was er ja tun<br />
musste, wenn er einen Verurteilten aufs Rad<br />
zu flechten hatte. Er verstand es auch, Glieder<br />
und Knochen wieder zu richten.<br />
KURPFUSCHER IN SCHAREN<br />
Viel konnte die Regierung zur Besserung und<br />
Regulierung der Heilkunde nicht vorkehren.<br />
Es blieb ihr nur, Missständen zu begegnen.<br />
Der Kampf galt vor allem den Kurpfuschern,<br />
die auch den Oberaargau in Scharen überschwemmten.<br />
Man fand gar nicht genug<br />
Namen, sie zu brandmarken. Kurpfuscher,<br />
Scharlatane, Winkelärzte, Stümper, Büsser,<br />
Zahnbrecher, Gütterlischreier sind einige<br />
davon. Man zählte zu ihnen alle, die medizinisches<br />
Wissen und Können vortäuschten.<br />
Meist waren es fahrende Leute. Marktschreierisch<br />
lockten sie die Kundschaft an und<br />
keine Prahlerei war ihnen zu grob. Einer soll<br />
einmal in Langenthal geprahlt haben, seinen<br />
Patienten eben von einem Herzpolypen geheilt<br />
und das «Tier» durch den Stuhl abgetrieben<br />
zu haben. Ärgerlich war den von der<br />
Regierung anerkannten Heilkundigen,<br />
s’Positive 5 / 2017 21
HISTORY<br />
Schröpfen war<br />
eine beliebte<br />
Behandlung<br />
in den Badehäusern.<br />
«Arzt und Volk vertrauten<br />
noch vor 200<br />
Jahren fragwürdigen<br />
Überlieferungen und<br />
kümmerlichen Erfahrungen.<br />
Es fehlten die<br />
elementarste Kenntnis<br />
vom Wesen der<br />
Krankheiten.»<br />
dass die Scharlatane sie mit der Höhe ihrer<br />
Rechnungen zu überbieten verstanden.<br />
Noch in den 1800er-Jahren empfahlen<br />
Ärzte und Volk in unserer Gegend mehr als<br />
30 Heilbäder, die es heute alle nicht mehr<br />
gibt. Erst gegen Ende der 1800er-Jahre nahm<br />
die Inanspruchnahme der Mineralquellen<br />
ab. Durch die Erfindung neuer Medikamente<br />
konnten manche Krankheiten, denen man<br />
zuvor mit einer Badekur begegnet war, nun<br />
vom Arzt behandelt werden.<br />
Arzt und Volk vertrauten noch vor 200<br />
Jahren fragwürdigen Überlieferungen und<br />
kümmerlichen Erfahrungen. Es fehlte das<br />
Experiment, die elementarste Kenntnis vom<br />
Wesen der Krankheiten, ja der Natur des<br />
menschlichen Körpers überhaupt.<br />
In vielen Gegenden wurden die überlieferten<br />
Rezepte gesammelt und es herrschte<br />
im Volk damals die Überzeugung, dass die<br />
Krankheit als etwas von aussen Kommendes,<br />
Fremdes, den Menschen befällt und vertrieben<br />
werden kann, wenn ihr etwas Gleichartiges<br />
entgegengesetzt wird. Man suchte daher<br />
etwas, das dem kranken Organ an Farbe,<br />
Geruch, Form oder auch nur dem Namen<br />
nach ähnlich erschien.<br />
So glaubte man, Gämsenblut helfe gegen<br />
Schwindel, weil die Gämsen schwindelfrei<br />
sind. Hundefett gegen Lungenleiden, weil<br />
die Hunde gute Lungen haben. Holunder<br />
gegen Gliedersucht, weil seine Zweige den<br />
menschlichen Knochen ähnlich sind. Waldschnecken<br />
in Sirup zerstampft gegen Katarrh,<br />
weil sie eine schleimige Spur hinterlassen.<br />
Rote Beeren gegen Blutarmut. Die<br />
weissen Mistelbeeren gegen Bleichsucht.<br />
Zerquetschte Weinbergschnecken gegen<br />
Augenleiden, weil ihr Gehäuse Ähnlichkeit<br />
mit der Iris hat. Rebenabsud gegen Katarrh,<br />
weil seine Zubereitung ein schnarchendes<br />
Geräusch erzeugt. Oft ging die Vorstellung<br />
ganz ins Abstruse und kaum mehr Nachzuprüfende<br />
über. Bei Vereiterungen halfen<br />
Mist und Glas. Weil Mist, wie Eiter, befreiend<br />
einem Lebewesen entfliesst und Glas,<br />
weil durchsichtig, als rein und daher reinigend<br />
galt.<br />
ALLHEILMITTEL ADERLASS<br />
Das populärste Allheilmittel war jedoch auch<br />
im Oberaargau der Aderlass. Noch zu Beginn<br />
der 1800er-Jahre war es für Personen mittleren<br />
Alters üblich, sich in gewissen Jahreszeiten<br />
zur Ader zu lassen, um allfälligen Krankheiten<br />
vorzubeugen. Man bereitete sich durch<br />
Fasten, Beten und Almosengeben auf den<br />
grossen Tag vor. Der Operateur vollzog die<br />
Prozedur mit der galanten Umständlichkeit<br />
der Zeit. Er unterband den Arm mit einer roten<br />
Binde, rieb mit der flachen Hand die Stelle,<br />
an der er die Wunde zu schlagen gedachte,<br />
und hiess den Patienten feierlich mit ausgestrecktem<br />
Arm einen langen Stab senkrecht<br />
auf Boden zu stemmen. Das Blut sprang zwei<br />
Handbreit hoch. Dann legte der Operateur<br />
gewichtig seinen Daumen auf die Wunde,<br />
anschliessend etwas Watte, ein Fünfbatzenstück,<br />
wieder Watte und verband das Ganze.<br />
Mit tiefer Verneigung zog er sich zurück, «Ihr<br />
ganz gehorsamer Diener» flüsternd.<br />
Zu Ader gelassen wurde damals bei jeder<br />
erfassbaren Gelegenheit. «Vorbeugend» vor<br />
22 s’Positive 5 / 2017
Ueli Zürcher, der<br />
Wasendoktor,<br />
begutachtet<br />
den Urin eines<br />
Patienten.<br />
einer Geburt, nach einer Geburt, bei Bleichsucht,<br />
aber auch dann, wenn die Krankheit<br />
den Leidenden schon zu Tode geschwächt<br />
hatte. Im Aderlass sahen viele wohl auch ein<br />
Opfer, ein Blutopfer, den höheren Mächten<br />
dargebracht.<br />
Es gab einen starken Bund zwischen Medizin<br />
und Religion. Das hatte durchaus seine<br />
Logik. Die ersten Mediziner waren nicht<br />
Ärzte, sondern Medizinmänner, Priester,<br />
Bewahrer geheimen Wissens. Sie gingen<br />
nicht die Natur um Heilung an, sondern die<br />
Überirdischen, die Geister. Jahrtausende, bis<br />
in die 1800er-Jahre hinein war auch bei uns<br />
die Medizin eher Magie, Zauber und Religion.<br />
Die Leidenden vertrauten sich den Priestern<br />
oder den Medizinmännern an, die böse<br />
Geister zu vertreiben und gute zum Beistand<br />
heranzuziehen vermochten. Waren diese<br />
«Heilkundigen» klug, versäumten sie es<br />
nicht, den höheren Mächten und den Geistern<br />
mit Salben, Kräutern, Tränken und rituellen<br />
Handlungen beizustehen. Die Medizin<br />
als Wissenschaft, so wie wir sie heute<br />
kennen, gibt es in ländlichen Gebieten des<br />
Alpenraumes erst seit den späten 1800er-<br />
Jahren.<br />
Die Kirche sah noch um 1800 herum in<br />
der Krankheit Strafe und Prüfung, sie war<br />
von Gott verfügt und daher hinzunehmen.<br />
Wenn früher in vielen Kapellen Birkenzweige<br />
und Binsengarben von Gläubigen niedergelegt<br />
wurden, ist an einer religiösen Absicht<br />
nicht zu zweifeln. Birkenzweige und Binsensträusse<br />
wurden als Besen verwendet, Besen<br />
zum Reinigen. Nach dem Volksglauben<br />
wischten Birken und Binsen Ausschläge und<br />
Geschwüre fort, nur muss der Segen der Höheren<br />
dazu kommen, und diesen erlangt<br />
man durch Darbringung der Symbole an<br />
geweihter, bewährter Stätte.<br />
HEILSAME WALLFAHRT<br />
Vorzeitliche Glaubensreste finden und halten<br />
sich bis heute in der Volksmedizin. Uralt<br />
ist der Brauch der Menschen, an bestimmte<br />
Stätten zu wallfahren. Dem gelehrten Glauben<br />
entspräche es eigentlich anzunehmen,<br />
dass ein allwissender, allgegenwärtiger Gott,<br />
Schöpfer des Himmels und der Erde ein Gebet<br />
von überall her mit gleicher Huld entgegennähme.<br />
Aber Heiden wie Christen erwarteten<br />
(und erwarten noch heute) an bestimmten<br />
Gnadenstätten raschere Erhörung<br />
und besondere Berücksichtigung bestimmter<br />
Anliegen. Noch heute gibt es Dutzende Wallfahrtsstätten,<br />
um deren Wirkung das Volk<br />
schon zu alten Zeiten wusste. Die Vorbereitungen<br />
zur Reise, die Wanderung, die Gesellschaft<br />
in hochgestimmter Schar, die Feierlichkeit<br />
der Gnadenstätte, das Wissen um<br />
frühere Wunder steigern nicht nur die Inbrunst<br />
des Gebetes, sondern auch die eigene<br />
Heilsbereitschaft und der Einfluss der Seele<br />
auf die Genesung wird gefördert.<br />
So alt wie Wallfahrten und Zaubergebete<br />
ist der Glaube, dass bestimmte Mächte sich<br />
bestimmter Anliegen annehmen. Grosszügig<br />
duldet die Kirche noch heute den Glauben,<br />
dass einzelne Heilige sich um besondere Beschwerden<br />
kümmern: Ottilie um die der<br />
Augen, Agatha um die der Brust, Blasius<br />
s’Positive 5 / 2017 23
HISTORY<br />
um die des Halses, Rochus um die Pest, Wendelin,<br />
wenn es dem lieben Vieh zu helfen<br />
gilt. Lange mussten die Heiligen alleine heilen.<br />
Erst im Laufe der 1800er-Jahre gesellten<br />
sich ihnen nach und nach auch bei uns die<br />
Ärzte zu. Kein anderer Berufsstand hat solche<br />
himmlischen Helfer. Die Griechen gingen<br />
noch einen Schritt weiter und erhoben<br />
tüchtige Ärzte in den Stand der Heroen und<br />
Halbgötter. Noch heute werden die Ärzte oft<br />
als «Halbgötter in Weiss» verehrt.<br />
Literatur: u.a. «Innerschweiz – Volk und<br />
Medizin um 1800» von Kuno Müller. –<br />
«Langnau» – Berner Heimtabücher. –<br />
Geschichte der Medizin im Emmental von<br />
Marta Meyer-Salzmann.<br />
ZUSATZINFOS<br />
Wenn altes Wissen<br />
heute noch hilft<br />
Ueli Zürcher (1801–1876) – genannt der<br />
Wasendoktor – dürfte in unserer Gegend<br />
einer der besten Mediziner seiner Zeit<br />
gewesen sein.<br />
Das Wissen von Ueli Zürcher – zu seiner<br />
Zeit der «Wasendoktor» genannt – ist uns<br />
durch eine Verkettung von glücklichen<br />
Zufällen bis in die Gegenwart erhalten<br />
geblieben.<br />
Ueli Zürcher war Bauer und Viehinspektor<br />
aus dem Wasen. Daher der<br />
Namen «Wasendoktor». Ein intelligenter,<br />
strebsamer und lernbegieriger Mann.<br />
Er kam in den Besitz der alten, reichhaltigen<br />
Aufzeichnungen von Andreas Sommer<br />
aus dem Hornbachgraben. Er studierte<br />
sie und bald war er ein vielgefragter,<br />
über unsere Gegend hinaus bekannter<br />
Mann. Er behandelte Arm- und Beinbrüche,<br />
Verrenkungen und Schnittwunden<br />
und auch innere Krankheiten. Wie bei<br />
Micheli Schüppach (siehe Seite 26) gehörte<br />
das «Wasserschauen» zu seiner Diagnostik.<br />
Für die inneren Krankheiten verwendete<br />
er Kräuter und Salben, die wohl<br />
eher Heilkraft hatten als die Mixturen des<br />
Langnauer Wunderdoktors. Uli Zürcher<br />
war so erfolgreich, dass viele bei ihm geheimnisvolle,<br />
hellseherische Fähigkeiten<br />
vermuteten und ihn auch in ganz praktischen<br />
Dingen um Rat fragten – wenn beispielsweise<br />
etwas verlorengegangen war.<br />
Er kam zu Ansehen und Reichtum und erregte<br />
den Unmut der Obrigkeit. Mehrmals<br />
wurde er wegen unbefugten «Arznens»<br />
empfindlich gebüsst und im Jahre 1856<br />
sass er deswegen gar sechs Wochen lang<br />
im Schloss Trachselwald.<br />
Der Wasendoktor<br />
vermochte aus<br />
dem Urin seiner<br />
Patienten deren<br />
Krankheiten zu<br />
lesen.<br />
METZGERMEISTER ERBT NACHLASS<br />
Der berühmte Micheli Schüppach hat der<br />
Nachwelt keine medizinischen Erkenntnisse<br />
hinterlassen, die noch heute angewendet<br />
werden können. Ueli Zürcher hingegen<br />
schon.<br />
Sein Nachlass ist in den 1980er Jahren<br />
von Otto Mühle (1927–2003) übernommen<br />
worden. Der Eriswiler Metzgermeister<br />
war ein erfolgreicher Heilpraktiker,<br />
der unter anderem vom Schweizer Fernsehen<br />
in einem Dokumentarfilm gewürdigt<br />
worden ist. Weil ihn seit Jahren ein<br />
schmerzhaftes Gefässleiden plagte, hatte<br />
der ehemalige Gemeinderats- und Bankpräsident<br />
Otto Mühle 1986 seinen Metzgereibetrieb<br />
einem geeigneten Nachfolger<br />
übergeben. Fortan widmete sich «Mühli<br />
Otti» den Nachforschungen über Leben<br />
und Werk Uli Zürchers. Er war mit einer<br />
Urenkelin des «Wasendoktors» verheiratet<br />
und durch Erbgang in den Besitz seiner<br />
Schriften und Rezepturen gekommen.<br />
Er baute auf überlieferten Rezepten eine<br />
Naturheilmittel-Apotheke auf und war<br />
Mitglied Nummer 13 des Schweizerischen<br />
Verbandes für natürliches Heilen. Auch<br />
«studierte» Schulmediziner schickten Patienten<br />
zu ihm, wenn sie am Ende ihres<br />
Lateins waren.<br />
NOCH HEUTE GÜLTIGE REZEPTE<br />
Otto Mühles Apotheke befindet sich auch<br />
heute noch in Eriswil. In Jürg Dutlys<br />
«Gotthelfhaus» auf der Spissachen hat<br />
sie ihre neue Heimat gefunden. Auch die<br />
Rezeptbücher, nach denen «Otti» die Salben<br />
und Tropfen von Ueli Zürcher herstellen<br />
liess, sind nach wie vor vorhanden.<br />
Sie sind auch heute noch teilweise<br />
aktuell und werden von der Huttwiler<br />
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Micheli Schüppach – Popstar der Medizin<br />
In der zweiten Hälfte der 1700er-Jahre hatten die Oberaargauer nicht weit, wenn sie<br />
Heilung von ihren Leiden bei einem berühmten Arzt suchten. Sie reisten nach Langnau.<br />
Dort praktizierte der «Berg- und Wunderdoktor»<br />
Micheli Schüppach. Er war charismatisch<br />
und populär, ein Popstar der<br />
Medizin seiner Zeit. Sein Ruf als «Michel<br />
Schüppach, le Médecin de la montagne»<br />
reichte bis nach Paris und St. Petersburg,<br />
Hamburg und Rom. Die Chirurgische Societät<br />
der Gnädigen Herren und Oberen der<br />
Stadt Bern (der Ärzteverband) ernannte<br />
ihn 1747 im Alter von 49 Jahren zum<br />
«Kunsterfahrenen Medicinae et Chirirgiae<br />
Practico», die höchste offizielle Auszeichnung,<br />
die es in diesen Zeiten gab. Zu ihm<br />
strömten die Kranken und Bresthaften,<br />
die Gwundrigen, Reich und Arm, Gläubig<br />
und Ungläubig, um sich aus dem «Wasser»<br />
Art und Ursache ihrer Übel lesen zu<br />
lassen und aus seiner Hand das heilende<br />
Mittel zu empfangen.<br />
Alte Stiche zeigen, wie er auf bequemem<br />
Sessel, auf dem Kopfe eine rotgelbe Kappe,<br />
in einer Weste ohne Ärmel, dickleibig,<br />
einem pfiffigen Dorfmagistraten, einem<br />
wohlbeleibten Geistlichen nicht unähnlich,<br />
in der Hand die halb gefüllte Flasche<br />
mit dem Wässerchen, und vor ihm in<br />
wartender Stille der Kranke. Er las die<br />
Diagnosen aus dem Urin und erkannte<br />
aus dessen Färbung alles, «unnatürliche<br />
Hitze» oder «baldigen Tod». Er durchschaute<br />
seine Patienten und soll immer<br />
gemerkt haben, wenn ihm Männer das<br />
Wässerchen einer Frau oder wenn ihm<br />
gar Pferde urin dargereicht wurde.<br />
NACH DEM BAUERN KAM DER PRINZ<br />
Michel Schüppach wirkte vorerst in seinem<br />
Hause unweit des «Bären» zu Langnau.<br />
1758 liess er sich auf dem Dorfberg<br />
nieder. Sein Haus wurde zum Mittelpunkt<br />
für Gäste aus der halben Welt, ja zu einem<br />
Wallfahrtort. Er führte über seine<br />
Patienten sorgfältig Buch und seine Aufzeichnungen<br />
lagern heute im Berner<br />
Staatsarchiv. Ohne Ansehen der Person<br />
kam einer nach dem anderen dran.<br />
Schliesslich ist es im Emmental Brauch,<br />
dass alle gleich sind und alle mit «Du»<br />
angesprochen werden. Das soll Kaiser<br />
Josef II von Österreich, als er das erfuhr,<br />
so verärgert haben, dass er kurz vor<br />
Langnau wieder kehrt machte. Bei Micheli<br />
Schüppach sassen alle in der gleichen<br />
Wartestube beisammen. Handwerker,<br />
Mägde, Landvögte, Fürsten und Bauern.<br />
Jeden Tag untersuchte er 25 bis 40 Personen.<br />
Einem Prinzen aus dem russischen<br />
St. Petersburg folgt Frau Hofstetter aus<br />
Entlebuch, dann kam Madame la Duchesse<br />
de Rochefort aus Paris an die Reihe,<br />
sodann folgte das Babetli von Rohrbach,<br />
der «Bur aus der Oberen Matte», anschliessend<br />
Prince Camille de Soubise aus<br />
Venedig, Karl Grütter aus Langenthal und<br />
Fürst Lubomirski aus Krakau. Auch der<br />
grosse Dichterfürst Johann Wolfgang<br />
Goethe suchte den berühmten Doktor auf.<br />
ZWISCHENTITEL ZUR AUFLOCKERUNG<br />
Die Büchsen und Salbenschachteln in seiner<br />
Apotheke versah er mit den drolligsten<br />
Namen. Freudenöl, Profetenbeere,<br />
Blüemlihärz oder grünes, liebreichsüsses<br />
Himmelstau. Er kochte Kräuter und Wurzeln,<br />
verwendete Fette von Hunden,<br />
Bären, Füchsen, Dachsen und Schweinen,<br />
mixte Heilmittel aus Butter, Honig, Ochsengalle,<br />
Eselsmilch, Schneckenhäuschen,<br />
Eierschalen, Hirschhorn. Er soll auch<br />
Kröten, Frösche, Blindschleichen, Ameisen,<br />
Regenwürmer, Spinnen und Skorpione<br />
«beigezogen» haben. Er besass eine<br />
wunderliche Elektrisiermaschine, die, aufgeladen,<br />
kräftige Schläge austeilen konnte<br />
und die er angeblich auch zum «Teufelsaustreiben»<br />
einsetzte.<br />
Er hatte zweifelsfrei Heilerfolge. Aber<br />
wahrscheinlich weniger wegen der heilenden<br />
Kräfte seiner wunderlichen Salben und<br />
Micheli Schüppach<br />
behandelt<br />
einfache Bürger<br />
und Adlige. Er las<br />
die Krankheiten<br />
aus dem Urin der<br />
Patienten.<br />
Säfte. Sie waren eher seinem unbestreitbaren<br />
psychologischen Geschick, seiner<br />
Schlauheit und seiner Klugheit geschuldet<br />
– er vermittelte den Glauben an Heilung.<br />
DER PATIENT BESTIMMTE DEN LOHN<br />
Die Heilkunst brachte ihm Wohlstand.<br />
Es wird überliefert, er habe meist keinen<br />
Preis für seine Bemühungen verlangt<br />
und es den Patienten offengelassen,<br />
wieviel seine Dienste ihnen wert waren.<br />
Wer mochte da durch Knausrigkeit und<br />
Geiz die Heilkraft des Wunderdoktors<br />
schwächen?<br />
Aber auch an Micheli Schüppach trat der<br />
Tod unversehens heran, noch mitten in<br />
aller Tätigkeit im Alter von 74 Jahren.<br />
Kurz war sein Leiden. Am 5. März 1781<br />
schloss sich das Grab auf dem Friedhof<br />
zu Langnau. Die Stätte wurde vergessen,<br />
nicht aber sein Wirken. Ein Zeitgenosse<br />
sprach das Wort: «Mit seinem Tode fiel<br />
das Dorf Langnau seiner früheren Stille<br />
anheim.» Es erwache daraus erst 180<br />
Jahre später im Frühjahr 1961 durch den<br />
ersten Aufstieg des SC Langnau (heute<br />
SCL Tigers) in die NLA. Seither ist es im<br />
Dorf nie mehr ruhig geworden.<br />
26 s’Positive 5 / 2017
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FÄRÖER<br />
Punkte und Tore<br />
am Ende der Welt<br />
Dank dem Fussball wissen wir, dass es die Färöer-<br />
Inseln gibt. Bald spielen unsere kurzbehosten<br />
Eidgenossen dort um die WM-Qualifikation. Es<br />
ist eine Reise ans freundliche Ende der Welt.<br />
TEXT: KLAUS ZAUGG<br />
28 s’Positive 5 / 2017
Der Gasadalur-<br />
Wasserfall auf<br />
der Färöer-Insel<br />
Vagar.<br />
Die Fussball-Nationalmannschaft<br />
von den 18 Inseln im Nordatlantik<br />
spielt in der gleichen WM-Qualifikationsgruppe<br />
wie die Schweiz.<br />
Fussball ist ein Stück der nationalen Identität<br />
und Kultur. Die Namen der Spieler, die<br />
am 12. September 1990 im Rahmen der EM-<br />
Qualifikation Österreich 1:0 besiegt haben,<br />
kennt praktisch jeder Einwohner auswendig.<br />
Die Färöer sind erst 1988 Mitglied der<br />
FIFA und danach 1990 der UEFA geworden.<br />
Das Spiel gegen Österreich war das erste<br />
Pflicht-Länderspiel in der Geschichte des<br />
Inselstaates. Die Partie fand in Schweden<br />
statt, da es auf den Färöern damals nur<br />
Kunst rasenplätze gab. Allgemein wurde eine<br />
himmelhohe Niederlage erwartet. Der österreichische<br />
Nationaltrainer dachte an ein<br />
10:0, und auch die Färinger rechneten mit<br />
einer vernichtenden Niederlage. Ein 0:5 wäre<br />
als Erfolg gewertet worden.<br />
Bloss 1265 Fans waren ins Stadion von<br />
Landskrona (Fassungsvermögen 14 000) gekommen,<br />
die meisten waren Färinger. Etwa<br />
100 Journalisten waren anwesend. Es war<br />
das Ereignis mit der bislang grössten internationalen<br />
Aufmerksamkeit für die Färöer.<br />
Kurz vor Anpfiff des Spiels brach die<br />
Übertragungsleitung des färöischen Radios<br />
zusammen. Die beiden färöischen Fussballreporter<br />
berichteten während der ersten<br />
Halbzeit telefonisch. Zur Pause stand es 0:0.<br />
In der 62. Minute fiel der entscheidende<br />
Treffer durch Torkil Nielsen, der drei Abwehrspieler<br />
umspielte und den Ball aus etwa<br />
16 Metern Entfernung mit dem linken Fuss<br />
hart und flach mitten ins Tor schoss. Die Siegermannschaft<br />
wurde bei ihrer Ankunft in<br />
Torshavn von etwa 20 000 Menschen begrüsst,<br />
fast der Hälfte der Bevölkerung. Die<br />
Spieler gelten seitdem als Nationalhelden.<br />
Auf dieses Spiel gibt es eine Hymne. Reytt<br />
og blátt og hvítt («Rot und blau und weiss»<br />
in Anlehnung an die färöischen Landesfarben).<br />
Im Refrain heisst es:<br />
Merkið reytt og blátt og hvítt,<br />
veittrar frítt um heimin vítt.<br />
Fjøllini, fólkini stolt standa rætt,<br />
Dávid her feldi Goliat.<br />
Dávid her feldi Goliat.<br />
Koyrið á…<br />
Koyr á Føroyar…<br />
Die Flagge rot und blau und weiss,<br />
weht frei um die weite Welt.<br />
Die Berge und das Volk stolz stehen sie da,<br />
David stürzte Goliath.<br />
David stürzte Goliath.<br />
Vorwärts…<br />
Vorwärts Färöer…<br />
Foto: shutterstock.com/Marat Dupri s’Positive 5 / 2017 29
FÄRÖER<br />
Klaksvik ist die<br />
zweitgrösste Stadt<br />
der Färöer und<br />
hat einen natürlichen<br />
Hafen.<br />
Fussballinseln also. Als Feriendestination<br />
sind die Färöer hingegen nahezu unbekannt<br />
– und das war für mich erst recht ein Grund,<br />
dort auszuspannen. Schliesslich war es einst<br />
das Privileg der Reichen, der Sommerhitze<br />
in kühlere Gefilde zu entfliehen. Nun ist auch<br />
uns Proleten eine Reise in sommerliche Frische<br />
gegönnt.<br />
JEDEN TAG JEDES WETTER<br />
Von Kopenhagen aus sind es noch zwei Flugstunden<br />
Richtung Nordwesten. Nur die «Atlanic<br />
Airways» fliegt von Kopenhagen aus<br />
dieses wunderliche Inselreich an. Die Firma<br />
besitzt lediglich drei Flugzeuge und der Flughafen<br />
Vagar in der Nähe von Torshavn zählt<br />
weniger Flugbewegungen als Belp. Die Güter<br />
werden in erster Linie mit Schiffen zu den<br />
Inseln transportiert und im Hafen von Torshavn<br />
abgeladen. Im Dezember übrigens auch<br />
eine Schiffsladung Tannenbäume. Auf den<br />
praktisch baumlosen Inseln mag niemand auf<br />
den Weihnachtsbaum verzichten. Die Hauptstadt<br />
ist nicht ganz so gross wie Langenthal.<br />
Die Konzentration auf den Schiffstransport<br />
hat seinen Grund. Der Anflug ist wegen<br />
schräg einfallender Winde und der kurzen<br />
Landebahn so heikel, dass nur speziell ausgebildete<br />
Piloten hier landen sollten. Die französische<br />
Fussballnationalmannschaft pflegt<br />
mit einem eigenen Jet zu reisen. Man hatte<br />
den Franzosen angeboten, einen Piloten der<br />
heimischen Fluggesellschaft zur Verfügung<br />
zu stellen. Die Hilfe wurde abgelehnt und<br />
beim Anflug wäre es um ein Haar zu einer<br />
Katastrophe gekommen. Das Flugzeug kam<br />
ZUSATZINFOS<br />
Färöer<br />
Die Färöer (die<br />
Schafsinseln) sind<br />
eine autonome, zur<br />
dänischen Krone<br />
gehörende Inselgruppe im Nordatlantik<br />
zwischen Schottland, Norwegen<br />
und Island. Die 18 Inseln sind bis auf<br />
die kleinste alle permanent bewohnt.<br />
Die knapp 50 000 Bewohner, die Färinger,<br />
betrachten sich nicht als Dänen,<br />
sondern als eigenständiges Volk. Sie<br />
sprechen die färöische Sprache, die mit<br />
norwegisch verwandt ist. Die Färöer<br />
bilden zusammen mit Grönland eine<br />
sog. «gleichberechtigte Nation» innerhalb<br />
des Königreiches Dänemark und<br />
damit weitgehende Autonomie. Torshavn<br />
mit knapp 13 000 Einwohnern<br />
ist die Hauptstadt. Die Färöer sind<br />
anders als Dänemark nicht Teil der EU.<br />
Seit dem 1. November 2006 bilden<br />
die Färöer eine Wirtschaftsunion mit<br />
Island, das ebenfalls nicht zur EU gehört.<br />
FÄRÖER-INSELN<br />
ISLAND<br />
SCHOTTLAND<br />
NORWEGEN<br />
DÄNEMARK<br />
Zentimeter vor dem Ende der Piste, dort, wo<br />
es steil runter geht, doch noch zum Stillstand.<br />
Was kann der Fremde hier unternehmen?<br />
Wandern – und sonst nichts. Zwei Wochen<br />
verbrachten wir in einem Haus auf Suðuroy,<br />
der südlichsten Insel. Am Ende der Welt.<br />
Oder vielleicht war die Welt ja am Anfang<br />
so. Ohne Zeit. Mit richtigem Wetter. Ohne<br />
Eile. Der Golfstrom sorgt dafür, dass es hier<br />
nie richtig kalt wird. Nirgendwo ist es im<br />
Winter so hoch im Norden so mild. Dank der<br />
Lage so weit «oben» wird es auch nie richtig<br />
warm. Im Hochsommer sind es in der Regel<br />
10 Grad. Das Wetter bietet täglich alles. Regen,<br />
Wind, Sonne und Nebel. Die Nächte<br />
sind hell, tiefe, finstere Dunkelheit gibt es im<br />
Sommer nicht – im Winter hingegen schon.<br />
DIE BEIZ IST ZUHAUSE<br />
Die Färöer-Inseln sind eine Oase ohne Kriminalität,<br />
mit offenen Türen (niemand<br />
schliesst sein Auto oder sein Haus ab), bewohnt<br />
von freundlichen, eigenwilligen Menschen<br />
und unzähligen Schafen. 80 000 Schafe<br />
für 50 000 Menschen. Schafsinseln werden<br />
sie daher auch genannt. Überall auf den<br />
baumlosen, grünen Hügeln weiden einzelne<br />
Schafe. Nicht Herden. Geschoren werden sie<br />
nie, das Fell ist lang und zottelig. Gehalten<br />
werden die Tiere meistens nur als Hobby und<br />
zum Eigenbedarf. Betrieben wird also mehr<br />
oder weniger eine «Hobby-Schafwirtschaft»<br />
um nebenbei an die staatlichen Schafsubventionen<br />
heranzukommen.<br />
Wer gut essen will, muss selber kochen.<br />
Die Restaurants auf den Inseln lassen sich<br />
Foto: shutterstock.com/MarcAndreLeTourneux<br />
30 s’Positive 5 / 2017
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FÄRÖER<br />
«Eile, Stress und<br />
unfreundliches Hasten<br />
sind auf der Inselgruppe<br />
unbekannt, Die<br />
meisten Arbeitsplätze<br />
bietet die staatliche<br />
Administration.»<br />
Die Halbinsel Tinganes in Thors haven<br />
mit den Parlamentsgebäuden.<br />
ZUSATZINFOS<br />
Die Schweiz braucht viele Tore<br />
Am 9. Juni spielt die Schweizer Fussball-<br />
Nationalmannschaft in Torshavn in der<br />
Qualifikation zur Fussballweltmeisterschaft<br />
gegen die Färöer Inseln. Für die<br />
noch verlustpunktlosen Schweizer gilt<br />
es, ein ähnliches Debakel wie jenes der<br />
Österricher von 1990 zu verhindern und<br />
gleichzeitig etwas für ihr Torverhältnis<br />
zu tun. Das Team von Vladimir Petkovic<br />
an einer Hand abzählen. In den 17 Ortschaften<br />
auf Suðuroy gibt es gar keines. Gute Restaurants,<br />
wie wir sie kennen, findet man<br />
eigentlich nur in Torshavn. Was jedoch nicht<br />
als Zeichen für fehlendes Sozialleben oder<br />
Geselligkeit gewertet werden kann. Gefeiert<br />
wird viel und getrunken auch. Aber nicht in<br />
der «Beiz». Sondern bei gegenseitigen Einladungen<br />
zu Hause. Es gibt auch eine ganz<br />
eigene Volksmusik mit schwermütigen, melancholischen<br />
Liedern.<br />
Eile, Stress und unfreundliches Hasten<br />
sind auf der Inselgruppe unbekannt. Die<br />
meisten Arbeitsplätze bietet die staatliche<br />
Administration, dazu gibt es ein paar Jobs in<br />
der Ölsuch-Industrie, im Transportwesen<br />
und in der Fischerei. In den Buchten wird in<br />
riesigen Netzen Lachs gemästet. Es soll der<br />
beste Lachs der Welt sein. Dänemark subventioniert<br />
sein Inselreich grosszügig, investiert,<br />
wie es in Skandinavien der Brauch ist, viel in<br />
Bildung und Allgemeinwohl. Zwischen den<br />
Inseln verkehren Fährschiffe, günstig und<br />
schneller sind jedoch die subventionierten<br />
Verbindungen per Helikopter. Auf die kleinste<br />
Insel wird für zwei Schüler regelmässig ein<br />
Lehrer mit dem Helikopter eingeflogen.<br />
Die Färöer-Inseln geniessen innerhalb des<br />
Dänischen Königreiches Autonomie (aber<br />
keine vollständige), haben deshalb ihren<br />
eigenen Fussballverband und ihre Fussballnationalmannschaft.<br />
Sie sind, anders als<br />
Dänemark, nicht in der EU. Die Demokratie<br />
ist direkt wie bei uns und die EU wird, so ist<br />
hier zu erfahren, als Hort der Kontrolle und<br />
Korruption abgelehnt.<br />
Wer als Fremder kommt, wird neugierig<br />
und freundlich ausgefragt. Woher? Warum<br />
hierher? Mit einer Geschichte aus der Heimat<br />
habe ich ungläubiges Staunen geerntet.<br />
Ja, ich habe gespürt, dass man mir eigentlich<br />
nicht recht geglaubt hat und wohl mancher<br />
zu sich gesagt haben mag, was einst der<br />
Dichterfürst Johann Wolfgang Goethe seinen<br />
Doktor Faust sagen liess: «Die Botschaft hör<br />
ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.»<br />
Diese kleine Geschichte – eigentlich mehr<br />
eine Episode aus dem Alltag – ist wohl bekannt<br />
in unserem Land und im Oberaargau.<br />
Sie hat, wie ich damals doch recht überrascht<br />
festgestellt habe, auch draussen in der Welt<br />
Verwunderung geweckt. Und damit sind wir<br />
doch noch beim Thema Politik und Kultur<br />
und einer Geschichte aus dem Oberaargau.<br />
Auf den Färöer-Inseln gibt es unendlich<br />
viel Zeit und Raum. Es gibt wohl nur wenige<br />
Gegenden auf dieser Welt (von Wüsten, Sibirien,<br />
Australien und weiten Gegenden Amerikas<br />
vielleicht abgesehen), wo es so einfach<br />
wäre, sich gleich den Schafen irgendwo ungestört<br />
zu erleichtern. Einfach spontan am<br />
Rand der gut ausgebauten Strassen anhalten.<br />
liegt derzeit drei Punkte vor dem gefährlichsten<br />
Gruppengegner Portugal,<br />
der im Hinspiel 2:0 geschlagen wurde.<br />
Gewinnt Portugal das Rückspiel vom<br />
10. Oktober mit dem gleichen Resultat<br />
(was gewiss nicht auszuschliessen ist),<br />
könnte die Tordifferenz den Ausschlag<br />
geben. Da haben die Portugiesen klar<br />
die Nase vorn.<br />
WUNDERN ÜBER DIE SCHWEIZ<br />
Trotzdem gibt es auf den Färöer in jedem<br />
noch so kleinen Kaff (und deren sind hier<br />
viele, manche nur aus zehn oder zwanzig<br />
Häuser bestehend) eine schöne, geräumige,<br />
saubere, öffentliche Toilette mit Brünnlein<br />
zum Waschen der Hände und ausreichend<br />
Papier. Fast so, als sei es ein Zeichen einer<br />
hoch entwickelten Kultur, dass sich der<br />
Mensch in anständiger Umgebung ungestört<br />
erleichtern kann. Toiletten-Kultur. In dieser<br />
direkten Demokratie der Färöer-Inseln kümmern<br />
sich die Politikerinnen und Politiker<br />
um die ganz elementaren Bedürfnisse der<br />
Menschen.<br />
Und so kommt es, dass ich mit meiner<br />
Geschichte allenthalben Verwunderung erregte<br />
wie wohl einst die Seefahrer, wenn sie<br />
nach ihrer Heimkehr von wunderlichen Kreaturen<br />
auf fremden Kontinenten erzählten.<br />
Von Einhörnern, Seeungeheuern und Menschenfressern.<br />
Dabei ist meine Geschichte so<br />
einfach, so banal. Ich erzähle sie so: Es gab<br />
im Herzen der Schweiz (eines der reichsten<br />
Länder der Erde, das ist auch auf den Färöer-<br />
Inseln bekannt) ein kleines, wohlhabendes,<br />
schönes Städtchen mit knapp 5000 Einwohnerinnen<br />
und Einwohnern in einer Gegend,<br />
die Oberaargau heisst. Ein richtiges Städtchen,<br />
nicht einfach ein Phantom wie Seldwyla.<br />
Und dort wurde für viele Millionen ein<br />
neuer Bahnhof gebaut. Aber man vergass die<br />
Toilette, ignorierte das Wohl der Reisenden<br />
und daraus wurde eine Geschichte, die landesweit<br />
durch die Medien gegangen ist.<br />
Aber das sei doch ganz und gar unmöglich,<br />
wurde mir auf Färöer entgegnet. Wohin<br />
muss dann, wer muss?<br />
Auf diese naheliegende Frage hatte ich<br />
keine Antwort gefunden und war umso<br />
glücklicher, als ich einige Zeit nach meiner<br />
Heimkehr feststellte, dass das Versäumnis<br />
erkannt und beim Bahnhof Huttwil doch<br />
noch ein schmuckes Urinarium gebaut worden<br />
ist.<br />
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32 s’Positive 5 / 2017
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Montag Kassenöffnung ab 6 Uhr.<br />
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CHF 25'800<br />
2.0t 3-RAD ELEKTROSTAPLER<br />
Hervorragende Wendigkeit dank<br />
kompakter Bauweise, wartungsarme<br />
AC-Drehstromtechnologie von CURTIS,<br />
Synchron-Frontantrieb, Standard Triplexmast<br />
mit Vollfreihub und 450cm<br />
Hubhöhe, integrierter Seitenschub,<br />
Superelastic-Bereifung, Traktionsbatterie<br />
48 V / 500 Ah, inkl. Ladegerät<br />
und Auto-Waterfilling-System für<br />
Batterie, Gabelzinken 120cm, mit<br />
Beleuchtungs- und Sicherheitspaket<br />
Preise gelten frei Haus geliefert,<br />
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Reservationen nehmen wir gerne unter 062 919 01 16 oder unter<br />
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Dienstag bis Samstag 11.30 bis 14.00 Uhr und 18.00 bis 23.00 Uhr<br />
Sonntag und Montag geschlossen<br />
Bowlingcenter AG Langenthal, Lotzwilstrasse 11, 4900 Langenthal