bbh 07-08_2017_print
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28 I Betriebsinformation<br />
Berlin-Brandenburgisches Handwerk 7–8 I <strong>2017</strong><br />
Illoyales Verhalten<br />
Fristlose Kündigung einer Geschäftsführerin<br />
Betreibt die Geschäftsführerin eines Vereins auf intrigante Weise zielgerichtet<br />
die Abwahl des Vereinsvorsitzenden, kann dies die außerordentliche<br />
Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses rechtfertigen. Dies stellte das Bundesarbeitsgericht<br />
in seinem Urteil vom 1. Juni <strong>2017</strong> fest.<br />
Durch ein solch illoyales Verhalten<br />
werde die für eine weitere Zusammenarbeit<br />
erforderliche Vertrauensbasis<br />
zerstört und der Betriebsfriede erheblich<br />
gestört.<br />
Die Klägerin war als Geschäftsführerin<br />
bei dem Verein beschäftigt. Nach Differenzen<br />
mit dessen Vorsitzendem rief die<br />
Klägerin die Vereinsmitglieder dazu auf,<br />
die Einberufung einer außerordentlichen<br />
Mitgliederversammlung mit dem Ziel, die<br />
Abwahl der Vereinsspitze zu fordern.<br />
Der Vorstand des Vereins beschloss daraufhin<br />
die fristlose, hilfsweise ordentliche<br />
Kündigung der Klägerin. Hiergegen<br />
klagte die Geschäftsführerin und wendete<br />
u. a. ein, der Präsidiumsbeschluss sei<br />
unwirksam, weil das Präsidium wegen<br />
des vorherigen Rücktritts eines Mitglieds<br />
nicht vollständig besetzt gewesen sei.<br />
Wichtiger Grund für Kündigung<br />
gegeben<br />
Das Landesarbeitsgericht hat die<br />
Kündigungsschutzklage abgewiesen.<br />
Die hiergegen gerichtete Revision der<br />
Klägerin hatte vor dem Sechsten Senat<br />
des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Der<br />
Kündigung liegt zwar ungeachtet des vorherigen<br />
Rücktritts eines Vizepräsidenten<br />
ein nach der Vereinssatzung wirksamer<br />
Beschluss des Präsidiums zugrunde.<br />
Wegen des illoyalen Verhaltens der<br />
Klägerin liegt auch ein wichtiger Grund<br />
für die außerordentliche Kündigung ihres<br />
Arbeitsverhältnisses vor. Der Senat konnte<br />
allerdings nicht abschließend beurteilen,<br />
ob die fristlose Kündigung gemäß<br />
§ 626 Abs. 2 BGB innerhalb von zwei<br />
Wochen nach Kenntniserlangung von den<br />
maßgebenden Tatsachen erklärt wurde.<br />
Das Landesarbeitsgericht wird zu prüfen<br />
haben, ob eine Anhörung der Klägerin<br />
den Fristbeginn gehemmt hat. Dies würde<br />
voraussetzen, dass der Klägerin bezogen<br />
auf den kündigungsrelevanten Sachverhalt<br />
Gelegenheit zur Stellungnahme<br />
gegeben wurde. Ob dies der Fall war, ist<br />
zwischen den Parteien streitig geblieben.<br />
BAG, Urteil vom 1. Juni <strong>2017</strong><br />
- 6 AZR 720/15 -<br />
Vorinstanz: Sächsisches LAG,<br />
Urteil vom 16. Juli 2015 - 9 Sa 15/15<br />
Verspätete Leerungen<br />
Keine Ermäßigung der Müllgebühr<br />
Grundstückseigentümer haben gegen den Entsorgungsträger keinen Anspruch<br />
auf Ermäßigung der Müllgebühr, wenn mehrmals witterungsbedingt<br />
die bereitgestellten Mülltonnen nicht rechtzeitig abgeholt worden sind.<br />
Das hat das Verwaltungsgericht Neustadt entschieden.<br />
Der Kläger verlangte vom Beklagten<br />
die anteilige Kürzung der Jahresgebühr<br />
mit der Begründung, für eine nicht<br />
erbrachte Dienstleistung müsse er nichts<br />
bezahlen. Das Scheinargument, dass der<br />
Müll irgendwann abgeholt werde, könne<br />
nicht gelten. Der Entsorger lehnte den<br />
teilweisen Erlass mit der Begründung ab,<br />
der angefallene Abfall sei später komplett<br />
der Entsorgung zugeführt worden.<br />
Aufgrund von „höherer Gewalt“ bestehe<br />
kein Anspruch auf Einbehaltung von<br />
Abfallentsorgungsgebühren.<br />
Keine bedeutsame Leistungsstörung<br />
Der Grundstückseigentümer hingegen<br />
erhob Klage und machte einen Anspruch<br />
auf Ermäßigung der Jahresmüllgebühr<br />
wegen vier nicht durchgeführter Leerungen<br />
geltend. Die 4. Kammer des Gerichts<br />
hat die Klage abgewiesen. Der Beklagte<br />
habe die Mülltonne des Klägers nach<br />
dessen Angaben insgesamt an vier Tagen<br />
im Winter nicht geleert. Dies stelle nach<br />
Auffassung des Gerichts keine bedeutsame<br />
Leistungsstörung dar.<br />
Schadensersatz scheidet aus<br />
Die unterbliebenen Leerungen seien<br />
zudem auf die Witterungsverhältnisse<br />
vor Ort und damit auf höhere Gewalt<br />
zurückzuführen gewesen. Von einer<br />
„Betriebsstörung großen Umfangs“<br />
könne folglich keine Rede sein, zumal der<br />
Restmüll nach Besserung der Wetterlage<br />
abgeholt wurde. Mangels schuldhafter<br />
Pflichtverletzung würde deshalb auch<br />
ein Schadensersatzanspruch gegen den<br />
Beklagten ausscheiden.<br />
Das gebührenrechtliche Äquivalenzprinzip<br />
verlange, dass die Höhe der Gebühr<br />
Art oder Umfang der in Anspruch genommenen<br />
Leistung oder Benutzung zu<br />
entsprechen habe. Dieses Prinzip sei erst<br />
dann verletzt, wenn das Ausgleichsverhältnis<br />
zwischen Gebühr und Wert der<br />
Leistung „gröblich“ gestört sei. Dementsprechend<br />
müsse – um für die Höhe des<br />
Gebührenanspruchs erheblich zu sein –<br />
eine Leistungsstörung von gewisser<br />
Schwere und Bedeutung vorliegen.<br />
Verwaltungsgericht Neustadt, Urteil vom<br />
26. Juni 2014 - 4 K 1119/13. NW