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Verbände / Branchen-Info<br />

NATURSTEIN-SEMINAR BRUNNEN<br />

Am 20./21. April fand im Waldstätterhof<br />

in Brunnen die jährliche Tagung des Verbands<br />

Schweizerischer Pflästerermeister<br />

statt. Auf die Teilnehmer wartete ein<br />

vielgestaltiges Programm. Thematischer<br />

Schwerpunkt des ersten Tages war die<br />

Rolle, die das Pflästererhandwerk in der<br />

Denkmalpflege spielt – oder spielen sollte.<br />

Gastreferent Michael P. Fritz, Kunsthistoriker<br />

und Dozent für Architektur an der<br />

Hochschule für Technik und Architektur in<br />

Fribourg, wies in seinem Vortrag auf die<br />

grosse Bedeutung hin, die der Pflästerer<br />

für den Erhalt denkmalpflegerisch sensibler<br />

Zonen des öffentlichen Raums hat.<br />

Der Pflästerer, zuständig für die Strassendecke,<br />

für die Zwischenräume, für «das<br />

Leere zwischen den Denkmälern» und damit<br />

für einen Bereich, über den Denkmalpfleger<br />

wie Architekten in der Regel nur<br />

rudimentär, wenn überhaupt, Bescheid<br />

wissen, könne mit seinem Fachwissen<br />

entscheidend dazu beitragen, dass eine<br />

Sanierung in einer qualitativen Aufwertung<br />

mündet. Damit er hierzu in der Lage<br />

sei, müsse er aber nicht nur sein Handwerk<br />

gut verstehen, sondern sich auch<br />

einbringen können. «Wenn ein Architekt<br />

eine Idee hat, und der Pflästerer für sich<br />

denkt, das ist Quatsch, aber ich mache es,<br />

ich werde bezahlt – das ist nicht die richtige<br />

Einstellung. Der Pflästerer sollte mitdenken,<br />

den Architekten auf Widersprüche<br />

hinweisen und seine Argumente mit<br />

Referenzbeispielen belegen können.» Das<br />

nötige Hintergrundwissen in Theorie und<br />

Praxis vermittle der interdisziplinär angelegte<br />

Lehrgang «Handwerker/in in der<br />

Denkmalpflege». Anhand von Fallbeispielen<br />

erläuterte Michael P. Fritz mögliche<br />

Tagungszentrum Seehotel Waldstätterhof<br />

in Brunnen. (Foto: Franziska Mitterecker)<br />

Einsatzgebiete für als Handwerker in der<br />

Denkmalpflege ausgebildete Pflästerer:<br />

Schadensanalysen, Beratungen, Erarbeitung<br />

von Sanierungskonzepten sowie deren<br />

Umsetzung, Erstellen von Dokumentationen,<br />

Unterhalts- und Pflegeplänen.<br />

Kapuzinerkloster Altdorf<br />

Auf die Theorie folgte die Praxis: Christian<br />

Bauer, der erste und bis anhin einzige<br />

Pflästerer, der den Lehrgang «Handwerker/in<br />

in der Denkmalpflege» erfolgreich<br />

abgeschlossen hat, legte anhand seiner<br />

Abschlussarbeit anschaulich dar, wie sich<br />

für ihn der Umgang mit einem historisch<br />

bedeutungsvollen Objekt, von der ersten<br />

Ortsbegehung bis zum abschliessenden<br />

Unterhaltsplan, im Einzelnen gestaltet.<br />

Sein Untersuchungsobjekt war der gepflästerte<br />

Vorplatz des ehemaligen Kapuzinerklosters<br />

in Altdorf. Das Kloster, 1581<br />

erbaut, war das erste Kapuzinerkloster<br />

nördlich der Alpen und bis zum Auszug<br />

der letzten Mönche im Jahr 2009 als solches<br />

aktiv. Heute wird es für Hochzeiten<br />

und kulturelle Anlässe genutzt. Der Verbindungsweg<br />

zwischen Kloster und Kirche<br />

Altdorf war bereits Ende des 16. Jahrhunderts<br />

gepflästert und ist im Inventar<br />

historischer Verkehrswege der Schweiz<br />

als Objekt von nationaler Bedeutung aufgeführt.<br />

Der Klostervorplatz ist integraler<br />

Teil dieses gepflästerten Weges – und er<br />

trägt deutliche Spuren seiner langen Geschichte:<br />

Lose, gekippte und kaputte Steine,<br />

Kluften, Senkungen, ausgewaschene<br />

Vorplatz des Kapuzinerklosters<br />

in Altdorf.<br />

Überwiegend Wildpflästerung<br />

aus regionalem<br />

Quarzsandstein<br />

(Altdorfer Sandstein).<br />

(Foto: Christian Bauer)<br />

Fugen und stark humoses Bettungsmaterial<br />

gefährden nicht nur die Pflästerung in<br />

ihrem Bestand, sondern auch nicht mehr<br />

ganz trittfeste Wanderer oder die Knöchel<br />

absatzbewehrter Hochzeitsgäste. Christian<br />

Bauer schilderte das anspruchsvolle<br />

Vorgehen beim Ausarbeiten eines Sanierungskonzepts,<br />

welches sowohl den historischen<br />

Bestand möglichst umfassend<br />

bewahrt als auch heutigen Ansprüchen<br />

an Sicherheit und Komfort Genüge tut.<br />

Workshop, Justitia und Gestaltung<br />

Nach dem Mittagessen wurden die Themen<br />

des Vormittags in einem Workshop<br />

verarbeitet: In Kleingruppen entwarfen<br />

die Teilnehmer ihre eigenen Sanierungskonzepte<br />

für die Altstadt von St. Ursanne<br />

(JU), wo im Rahmen der notwendigen<br />

Erneuerung von Abwasser- und Kanalisationsanlagen<br />

mehr als 9000m 2 alte<br />

Pflästerungen zerstört werden müssen.<br />

Die grosse Bandbreite der präsentierten<br />

Vorschläge ebenso wie die resultierende<br />

lebhafte Diskussion widerspiegelte die<br />

Komplexität der Problemstellung.<br />

Weitere Referate der Tagung behandelten<br />

rechtliche Fragen – wie geht man<br />

vor beim Inkasso von Forderungen? –,<br />

stellten die überarbeitete NPK 222 vor –<br />

welche Vorteile bieten die Neuerungen?<br />

–, und befassten sich mit der Auswahl<br />

von Steinen und gestalterischen Themen.<br />

Berufsleute wie Gäste traten den Heimweg<br />

am Freitag-Nachmittag um viele Anregungen<br />

bereichert an. (fmi)<br />

03/17<br />

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