Taxi Times DACH - März 2017
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GASTKOMMENTAR<br />
DER SCHATZ<br />
DER<br />
NIBELUNGEN<br />
In Worms sorgt ein<br />
<strong>Taxi</strong>gutachten für<br />
sagenhafte Zahlen.<br />
FOTO: Fotolia / fergregory<br />
Die Stadt Worms, kreisfreie Stadt in<br />
Rheinland-Pfalz, inmitten der<br />
Me tropolen Rhein-Neckar und<br />
Rhein-Main und idyllisch am Rhein gelegen,<br />
sagenumwobene Hauptstadt und Festspielstadt<br />
der Nibelungen. Der Sage<br />
zufolge liegt dort irgendwo der Schatz der<br />
Nibelungen, der einst im Rhein versenkt<br />
wurde. Das historische Bild hat durchaus<br />
Bezug zur Gegenwart; hüten doch die Stadtoberen<br />
heute die <strong>Taxi</strong>genehmigungen wie<br />
einst ihre historischen Vorbilder den Nibelungenschatz,<br />
und ein Gutachter bewacht<br />
wie dereinst die Zwergengestalt „Alberich“,<br />
die Vergabe der Konzessionen.<br />
Getreu dem historischen Vorbild erweist<br />
sich das gefertigte Gutachten als Höhlenreich,<br />
dunkel im Ganzen, aber nicht<br />
unüberwindbar.<br />
DAS WORMSER TAXI-GUTACHTEN<br />
Um die Funktionsfähigkeit des Wormser <strong>Taxi</strong>gewerbes nach § 13,4 PBefG<br />
zu bewerten, hat das Unternehmen TOKOM aus Rostock am 18. Dezember<br />
2015 der Stadt Worms ein Gutachten vorgelegt. Darin werden beispielsweise<br />
Nettoumsätze pro Genehmigung zwischen 101 000 Euro und<br />
145 900 Euro ermittelt und Einnahmen von bis zu 1,50 Euro pro Kilometer<br />
errechnet. Trotz dieser Werte kommt das Gutachten zu dem Schluss,<br />
dass die Funktionsfähigkeit des <strong>Taxi</strong>gewerbes nicht gewährleistet sei,<br />
und empfiehlt neben einer Reduzierung der Anzahl der <strong>Taxi</strong>konzessionen<br />
auch eine sehr hoch angesetzte Tariferhöhung.<br />
Der Tarifvorschlag des Gutachters wurde zunächst umgesetzt, nach<br />
Protesten des Gewerbes nochmals geändert. Derzeit befindet sich das<br />
gesamte Gutachten in Überarbeitung, wozu nun wiederholt Unternehmenskenndaten<br />
nachgefragt werden, während bei der Ausgangsbegutachtung,<br />
trotz eines umfassenden Auskunftsverlangens über die<br />
Geschäftsjahre 2008 bis 2014, offensichtlich nur unvollständige Angaben<br />
vorlagen. <br />
jh<br />
SIEGFRIED<br />
UND DER ZWERG<br />
Wie damals Siegfried den Zwergen<br />
besiegte, war im heutigen Vorbild ein<br />
<strong>Taxi</strong>unternehmen erfolgreich und hat sich<br />
sechs <strong>Taxi</strong>konzessionen erstritten, trotz<br />
eines Gutachtens, welches die Funktionsfähigkeit<br />
des örtlichen Taxengewerbes nach<br />
§ 13 Abs. 4 PBefG als in seiner Funktion<br />
bedroht sieht. Dabei hat der „Alberich“<br />
unter den Gutachtern doch alles so schön<br />
berechnet, wenn auch auf einer schmalen<br />
Datengrundlage:<br />
Zwischen 120 000 Euro und 140 000<br />
Euro je Fahrzeug und Genehmigung Nettoumsatz,<br />
bei durchschnittlich 70 000 bis<br />
90 000 km jährlicher Fahrzeuglaufleistung,<br />
daraus folgend Kilometer-Erlöse zwischen<br />
1,41 und 1,55 Euro, alles in allem Traumwerte,<br />
die<br />
darauf hinweisen,<br />
dass der Besitz einer <strong>Taxi</strong>genehmigung<br />
in Worms dem Nibelungenschatz<br />
quasi gleichkommt. Schlimm nur,<br />
dass alleine diese Zahlen im nationalen<br />
Vergleich deutlich von allen sonst seriös<br />
ermittelten Werten erheblich abweichen<br />
und daher bei Kennern der Materie nur für<br />
Kopfschütteln sorgen.<br />
In der Folge daraus finden die Vorschläge<br />
des Schatzhüters zu neuen <strong>Taxi</strong>-Tarifen<br />
keine Zustimmung. Zwei beschlossene<br />
und verkündete Tarifänderungen innerhalb<br />
kurzer Frist sorgen dafür, dass die<br />
zuständigen Eichbehörden auch einen Teil<br />
des Schatzes abbekommen.<br />
Derweil sammelt der Gralshüter fleißig<br />
weiter Unternehmensdaten, um seine Einschätzungen<br />
und Prognosen weiter zu<br />
untermauern. Alles in allem ist es offensichtlich<br />
in der Realität wie in der Sage:<br />
Alle mühen sich, teilweise vergebens und<br />
teilweise umsonst, den Nibelungenschatz<br />
endlich zu finden.<br />
Dabei ist es bei Gutachten zur Funktionsfähigkeit<br />
des <strong>Taxi</strong>marktes eigentlich<br />
ganz einfach: Erstens findet man keine<br />
Schätze und zweitens muss eine Behörde<br />
auf die Wahl des Gutachters gut achten, da<br />
sie ansonsten wegen einer falschen Prognose<br />
ins Schwert der Justitia läuft! au<br />
Axel Ulmer ist ausgebildeter<br />
Volljurist mit Schwerpunkt<br />
Verwaltungsrecht/PBefG und fungiert<br />
als Unternehmensberater für die Ulmer<br />
Consulting UG in Kaiserslautern.<br />
TAXI MÄRZ / <strong>2017</strong><br />
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