2017-07-06 CHPS Working Paper No 7 Amnog_ mit ISSN
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anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse relevanten Ausmaß der Wirksamkeit bei einer<br />
definierten Indikation. Die arznei<strong>mit</strong>telrechtliche Zulassung ist dabei eine notwendige, aber keine<br />
hinreichende Bedingung für die Verordnungsfähigkeit in der vertragsärztlichen Versorgung.“ 15 Für die<br />
wirtschaftliche Verordnung soll der Arzt bei mehreren Behandlungsoptionen die Therapie wählen,<br />
die nach Tagestherapiekosten und Behandlungsdauer die Wirtschaftlichste ist. Dasselbe gilt für die<br />
Auswahl der Darreichungsform. 16<br />
1.2.2 Arzt-Patient-Interaktion<br />
Die Art und Weise wie der Arzt seine Behandlungsentscheidungen trifft, hängt ab von seiner Rolle,<br />
die er in der Arzt-Patient-Beziehung einnimmt. Die verschiedenen Rollen, die der Arzt einnehmen<br />
kann, lassen sich in vier Modellen beschreiben. Sie lassen sich anhand der Dimensionen<br />
„Informationskontrolle“ und „Entscheidungskontrolle“ unterscheiden. Dabei gilt, dass sich die<br />
Einflussnahme von Arzt und Patient antiproportional darstellt.<br />
1.2.2.1 Paternalistic model<br />
Beim „paternalistic model“ ist der Patient, im Vergleich zu den anderen Modellen, am wenigsten<br />
autonom. Vielmehr ist er in seiner Rolle abhängig vom Arzt, der als Experte sein Wissen einsetzt und<br />
die Therapiealternative aussucht, die ihm für den Patienten am besten erscheint, ohne die<br />
persönlichen Präferenzen des Patienten zu kennen. Als Maßstab nimmt der Arzt die<br />
allgemeingültigen Gesundheitsziele, die förderlich für das Patientenwohl sind. Der Arzt tritt in diesem<br />
Modell als Beschützer auf, der das Beste für seinen Patienten erreichen möchte. Die Rolle des<br />
Patienten beschränkt sich darauf, dem, was der Arzt empfohlen hat, zuzustimmen. 17<br />
1.2.2.2 Professional as agent model<br />
Der Arzt ist Stellvertreter des Patienten und entscheidet für den Patienten, nachdem er die<br />
Sichtweise und die Präferenzen des Patienten in Erfahrung gebracht hat. Der Arzt verfügt dann<br />
sowohl über sein eigenes wissenschaftliches und fachliches Wissen als auch über die Perspektive des<br />
Patienten und kann so<strong>mit</strong> die Therapieform wählen, die einerseits der bestmöglichen medizinischen<br />
Versorgung und andererseits den Vorstellungen des Patienten entspricht. 18<br />
1.2.2.3 Shared decision making model<br />
Charakteristisch für das „Shared decision making model“ ist, dass mindestens zwei Personen direkt<br />
an der Entscheidung über die Therapieform beteiligt sind. Wenn mehr als zwei Personen beteiligt<br />
sind, kann es sich dabei typischerweise um ältere Patienten handeln, die Freunde oder Verwandte<br />
zur Entscheidungsfindung hinzuziehen. Je nach Diagnose können auch verschiedene Ärzte an der<br />
Entscheidung beteiligt sein. Da<strong>mit</strong> eine Arzt-Patient-Beziehung nach dem „shared decision making<br />
model“ zustande kommen kann, müssen sowohl Arzt als auch Patient an der Entscheidungsfindung<br />
gleichermaßen interessiert sein. Voraussetzung für die gemeinschaftliche Entscheidungsfindung ist<br />
ebenfalls, dass Arzt und Patient gleichermaßen ihre Informationen dem jeweils anderen <strong>mit</strong>teilen<br />
15 Arznei<strong>mit</strong>telrichtlinie (2016) § 9 Abs. 1.<br />
16 Vgl. Arznei<strong>mit</strong>telrichtlinie (2016) § 9 Abs. 2.<br />
17 Vgl. Charles C., Gafni A., Whelan T. (1997), S. 682f.<br />
18 Vgl. Charles C., Gafni A., Whelan T. (1997), S. 684.<br />
CHSP WORKING PAPER NO. 7<br />
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