Jahresbericht 2012 - BZ Wil
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Handmaschinenstickerei – ein<br />
spannender Ausflug in vergangene Tage<br />
Arlette Sauterel<br />
Sekretariat Weiterbildung<br />
Bernhard Hollenstein beim Handsticken<br />
20<br />
Am 13. September 2011 machen sich die Verwaltungsangestellten auf zu einem<br />
Ausflug in die Vergangenheit. Von den einst 18‘500 in der Ostschweiz betriebenen<br />
Stickmaschinen während der Blütezeit im 19.Jh wird heute noch eine<br />
der letzten Handstickmaschinen von Bernhard Hollenstein in der idyllischen Hügellandschaft<br />
bei Dreien, südöstlich von <strong>Wil</strong>, betrieben. Seine filigrane Arbeit,<br />
die auch in der heutigen Zeit gefragt ist, spiegelt ein Stück Schweizer Industriegeschichte.<br />
Niemand erwartet in diesem abgelegenen 300-jährigen Holzhaus eine derart<br />
umfassende Sammlung an tausenden von Stickmotiven, liebevoll gesammelt<br />
und im Dachstock in unzähligen Musterbüchern aufbewahrt. Noch heute sind<br />
die Stickereien an Trachtenblusen und -hemden und Vereinsabzeichen bekannt<br />
und neue Aufträge erfüllt Bernhard Hollenstein nach wie vor mit der gleichen<br />
Leidenschaft. Auch das bekannte Krokodil von Lacoste und das Edelweiss, das<br />
Michel Jordis Kleider und Uhrbänder weltberühmt machte, wurden ursprünglich<br />
von ihm produziert.<br />
So idyllisch, wie sich das alte Haus heute präsentiert, war es damals allerdings<br />
wohl nicht. Die Arbeit an der Stickmaschine war ermüdend, alle Hände wurden<br />
gebraucht. So arbeiteten Vater und Kinder in Schichten, 12-Stunden-Tage<br />
waren keine Seltenheit. Ohne Kinder konnte kein Sticker überleben. Kaum war<br />
die Schule aus, stiegen die Kinder in den Keller hinab. Bernhard Hollenstein erzählt:<br />
Fäden und Nadeln mussten von den Kindern mit Bienenwachs und Seife<br />
einschmiert werden, damit sie gut durch den Stoff dringen konnten und dann<br />
die bis 312 Nadeln auf eine Art Klammern auf der Maschine gesteckt werden.<br />
Heute macht er alle Arbeitsgänge selber. Der Sticker setzt mit der linken Hand den<br />
Panto graphen, eine Art Hebel mit Spitze, an den Stich auf der Vorlage. Gleichzeitig<br />
dreht er mit der rechten Hand an einem Rad. Nun werden die Nadelreihen<br />
an den Stoff gedrückt. Ein Druck aufs Fusspedal, und die Nadeln dringen durch<br />
den Stoff, Dann greift der Sticker wieder zum Pantographen und verschiebt ihn,<br />
dreht das Rad, tritt das Pedal. Der Stich ist gemacht.<br />
Grosszügig führt uns Bernhard Hollenstein durch das ganze Haus, Wohnzimmer,<br />
Schlafzimmer, Küche, überall dürfen wir Einsicht nehmen und viele Einrichtungsgegenstände<br />
aus früherer Zeit bewundern.<br />
Eine der letzten Handstickerei-Maschinen (Jahrgang 1890)