Begleitplanken
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In der Pause sprechen wir über den besuchten Unterricht. Im Zen-<br />
trum unseres Interesses steht die Rolle der Lehrperson. Der Lehrer<br />
hat vorgängig unser «Kartenset» erhalten. Welches seine wich-<br />
tigste Karte sei? Er zögert. Alle seien irgendwie wichtig. «Umgang<br />
mit Fehlern», Umgang mit dem, was noch fehlt; dazu gehören die<br />
Kärtchen in der Merkkette. Vielleicht müsste man noch weiterge-<br />
hen: «Fehler der Woche» – das würde den Fehlern die nötige posi-<br />
tive Beachtung geben. – «Auf dem Wochenblatt ist doch meistens<br />
irgendwo ein Fehler, nicht absichtlich; den Kindern macht’s Spass,<br />
Fehler von mir zu finden. Aber wie man mit Fehlern umgeht, hängt<br />
natürlich auch mit der Selbstwahrnehmung zusammen: Reflexion<br />
ist auch eine wichtige Karte», sagt Hansruedi Hediger.<br />
Ausser der Schlussrunde und dem Bericht zur Lernkontrolle, die<br />
wir mitbekommen haben, erhalten die Knaben und Mädchen auch<br />
Die zweistöckige Leseecke<br />
mit jedem Wochenblatt einen Selbstbeobachtungsauftrag. «Mein<br />
grösstes Problem sind Schülerinnen und Schüler mit einer schlechten<br />
Selbstwahrnehmung. Ein noch so schwacher Schüler mit einer<br />
guten Selbstwahrnehmung ist kein Problem für eine Normalklasse.<br />
Schwierig wird es bei schwachen Schülerinnen und Schülern mit<br />
einer schlechten Selbstwahrnehmung. – Wichtige Karten sind auch<br />
«Vertrauen» und «Verantwortung». Es ist erstaunlich, was Kinder<br />
leisten können, wenn man ihnen echte Verantwortung übergibt.<br />
Ich traue den Kindern viel zu. Und ich setze bewusst auf Expertinnen<br />
und Experten, bilde Kinder so aus, dass sie anderen helfen<br />
können.» Auf «Methodenvielfalt» möchte der Lehrer noch mehr<br />
setzen, meint aber, er bremse sich vielleicht selber, da er sehr auf<br />
Kontrolle bedacht sei. So mache er zum Beispiel keinen eigentlichen<br />
Werkstattunterricht. Einzelne Werkstattposten seien immer im Plan<br />
integriert. «Andere wichtige Karten in meinem Spiel? – Rituale, die<br />
bringen viel. Die ganze Organisation des Unterrichts muss weitgehend<br />
ritualisiert sein, damit ich frei bin. Emotionen auch – vor allem<br />
Angstfreiheit ist eine entscheidende Voraussetzung dafür, dass ich<br />
überhaupt in einen positiven Kontakt zu einem Kind kommen kann.<br />
Wer emotional eingebunden ist, fühlt sich wahrgenommen, verschwindet<br />
nicht in der Anonymität.»<br />
Offenheit, Neugierde und Freude am Experimentieren<br />
Was wir noch wissen möchten: «Wie findet eine Lehrperson zu<br />
einem derartigen Unterricht und zu dieser Rolle?»<br />
«Durch gesammelte Erfahrungen und vor allem durch Offenheit,<br />
Neugierde und Freude am Experimentieren; auch durch den Willen,<br />
sich weiterzubilden, zu lesen, sich mit Kolleginnen und Kollegen<br />
auszutauschen. Wichtig ist auch die Bereitschaft, auf Kinder<br />
einzugehen, ihre Fragen – oft auch irritierende Fragen – ernst zu<br />
nehmen und verstehen zu wollen. Überhaupt die Fragekultur: Es<br />
gibt Gebiete, in denen wissen einzelne Kinder mehr als ich. Dort<br />
frage ich, zeige ich bewusst Interesse. Manchmal sind die Kinder<br />
die Lehrer des Lehrers.»<br />
Werner Jundt, Alice Uhr<br />
profi-L 2/06 © schulverlag blmv AG<br />
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