Wirtschaftszeitung_23102017
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
GELD &GESCHÄFT 17<br />
Tritt auf die Gebühren-Bremse<br />
Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs dürfte den Banken in Deutschland teuer zu stehen kommen. Die Richter<br />
haben Bearbeitungsgebühren bei Geschäftskrediten in vielen Fällen für unzulässig erklärt.<br />
Die Richter am Bundesgerichtshof sind ihrer Linie treu geblieben: Nach den Bearbeitungsgebühren für Privatkredite hat Karlsruhe auch die Bankgebühren für Unternehmenskredite gekippt.<br />
Foto: dpa<br />
Für Verbraucher hatte Karlsruhe bereits<br />
imJahr 2014 für Klarheit gesorgt.<br />
Der Bundesgerichtshof (BGH)<br />
entschied seinerzeit, dass Banken<br />
bei der Kreditvergabe nur für Zinsen<br />
kassieren dürfen – zusätzliche Bearbeitungsgebühren<br />
sind nicht zulässig.<br />
Inzwei wegweisenden Urteilen<br />
hat der BGH diese Entscheidung<br />
nun auch auf Geschäftsleute und<br />
Unternehmen übertragen.<br />
Dass eine Kreditvergabe<br />
stets mit einem finanziellen<br />
Aufw<br />
and verbunden<br />
ist, wissen auch die Richter<br />
in Karlsruhe. Und dennoch:<br />
Banken müssen ihreKosten künftig<br />
ausschließlich über die Kreditzinsen decken,<br />
urteilteder Bundesgerichtshof. Sogenannte<br />
Bearbeitungs- oder Abschlussgebühren<br />
dürfennicht veranschlagt werden,<br />
weil sie eine unerlaubtePreisnebenabrede<br />
darstellen. Entsprechende Klauseln<br />
in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen<br />
(AGB) der Instituteseien unwirksam,<br />
so der BGH (Az.: XI ZR 562/15und<br />
XI ZR 233/16, BGH-Urteile vom 4.Juli<br />
2017).<br />
Die Richter haben damit eine jahrelange<br />
Hängepartie beendet –mehrereOberlandesgerichte<br />
hatten in der Frage, ob die<br />
Rechtslage für Verbraucherkredite auch<br />
bei Firmenkunden gelte, in der Vergangenheit<br />
unterschiedlich entschieden.<br />
Den Einwand, Geschäftskunden seien<br />
unter anderem mit Blick auf ihre Fachkenntnis<br />
über Kredite weniger schutzbedürftig<br />
als Privatkunden, wischten die<br />
BGH-Richter vom Tisch.<br />
Die Anwälteder beklagten Banken hatten<br />
vergeblich angeführt, dass die Prüfung<br />
der Kreditwürdigkeit im Fallevon Unternehmen<br />
einen deutlich höheren Aufwand<br />
verursache. Auch die Tatsache,<br />
dass Unternehmen Kreditgebühren<br />
steuersenkend beim Finanzamt geltend<br />
machen können, ändert laut Karlsruhe<br />
nichts daran, dass die Gebühren unzulässig<br />
sind. Vielmehr gilt auch gegenüber<br />
Unternehmern der Grundsatz, dass für<br />
die Erbringung vonTätigkeiten, zu denen<br />
eine Vertragspartei gesetzlich oder<br />
nebenvertraglichverpfl<br />
ichtet ist oder die<br />
sie überwiegend im eigenen Interesse erbringt,<br />
ein Entgelt von der anderen Vertragsseite<br />
grundsätzlich nicht zu zahlen<br />
ist.<br />
Geklagt hatten zwei Unternehmen, die<br />
nun insgesamt 43 500 Euro zurückbekommen<br />
–ineinem Fall 30 000 Euround<br />
in einem weiteren Fall 13 500 Euro.<br />
Obendrein müssen die beklagten Institute<br />
ihren Kunden Zinsen für die zu Unrecht<br />
kassierten Gebühren zahlen.<br />
Die Kreditbranche steht damit voreinem<br />
gigantischen Loch. Nach Schätzungen<br />
vonVerbraucherschützern haben Banken<br />
allein von Verbrauchern rund 13 Milliarden<br />
Euro Gebühren zuUnrecht kassiert.<br />
Im Fall der Unternehmenskredite dürfte<br />
die Summe noch einmal deutlich höher<br />
liegen, glauben die Verbraucherschützer.<br />
Da die Bearbeitungsgebühren mitunter<br />
bis zu zwei Prozent der Darlehenssumme<br />
betragen, stellt das Urteil die Finanzbranche<br />
in Zeiten von Null- und Negativzinsen<br />
vor ein beachtliches Problem.<br />
Pikant: Während Privatkunden versucht<br />
sein könnten, auf eine Rückforderung zu<br />
verzichten, weil die Abschluss- und Bearbeitungsgebühren<br />
angesichts eher kleiner<br />
Kreditbeträge vielfach nur einige<br />
Hundert Euro ausmachen, stehen Unternehmensverantwortliche<br />
inder Pfl<br />
icht,<br />
eine Erstattung einzufordern –tun sie das<br />
nicht, könnten sie vonden Gesellschaften<br />
unter Umständen persönlich haftbar gemacht<br />
werden. Anwaltskanzleien wittern<br />
dementsprechend bereits gute Geschäfte,<br />
zumal im Geschäftskundenbereich<br />
mitunter sechsstellige Beträge verhandelt<br />
werden dürften.<br />
Gut für die Betroffenen: Ähnlich wie<br />
schon bei der Entscheidung zuVerbraucherkrediten<br />
dürfte die Verjährung der<br />
Ansprüche kein großes Thema sein. Gewöhnlich<br />
verfällt der Rückforderungsanspruch<br />
innerhalb von drei Jahren. Demnach<br />
wären zumindest alle Verträge, die<br />
ab 2014 geschlossen wurden,anfechtbar.<br />
Einige Fachleute gehen sogar davon aus,<br />
dass eine Frist vonzehnJahren gilt –damit<br />
könnten sogar Firmenkredite aus<br />
dem Jahr 2007 bei Rückforderungen eine<br />
Rolle spielen.<br />
Andreas Fier<br />
Stephan Dröge,<br />
Freiberuflerbetreuer,<br />
Sparkasse Münsterland Ost.<br />
Dr. med. Jens Quakernack,<br />
GYNMÜNSTER<br />
Operative Gynäkologie,<br />
Münster.<br />
Einfach<br />
verstanden.<br />
sparkasse-mslo.de<br />
Wirverstehen,was Siebewegt.<br />
Weil wirinIhrer Branche zu Hause<br />
sind.Mit Erfahrung und Know-how,<br />
wieesnur Spezialisten haben.<br />
Wissen isteinfach wertvoll.<br />
Wenn’s um Geld geht