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Wirtschaftszeitung_23102017

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GELD &GESCHÄFT 17<br />

Tritt auf die Gebühren-Bremse<br />

Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs dürfte den Banken in Deutschland teuer zu stehen kommen. Die Richter<br />

haben Bearbeitungsgebühren bei Geschäftskrediten in vielen Fällen für unzulässig erklärt.<br />

Die Richter am Bundesgerichtshof sind ihrer Linie treu geblieben: Nach den Bearbeitungsgebühren für Privatkredite hat Karlsruhe auch die Bankgebühren für Unternehmenskredite gekippt.<br />

Foto: dpa<br />

Für Verbraucher hatte Karlsruhe bereits<br />

imJahr 2014 für Klarheit gesorgt.<br />

Der Bundesgerichtshof (BGH)<br />

entschied seinerzeit, dass Banken<br />

bei der Kreditvergabe nur für Zinsen<br />

kassieren dürfen – zusätzliche Bearbeitungsgebühren<br />

sind nicht zulässig.<br />

Inzwei wegweisenden Urteilen<br />

hat der BGH diese Entscheidung<br />

nun auch auf Geschäftsleute und<br />

Unternehmen übertragen.<br />

Dass eine Kreditvergabe<br />

stets mit einem finanziellen<br />

Aufw<br />

and verbunden<br />

ist, wissen auch die Richter<br />

in Karlsruhe. Und dennoch:<br />

Banken müssen ihreKosten künftig<br />

ausschließlich über die Kreditzinsen decken,<br />

urteilteder Bundesgerichtshof. Sogenannte<br />

Bearbeitungs- oder Abschlussgebühren<br />

dürfennicht veranschlagt werden,<br />

weil sie eine unerlaubtePreisnebenabrede<br />

darstellen. Entsprechende Klauseln<br />

in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen<br />

(AGB) der Instituteseien unwirksam,<br />

so der BGH (Az.: XI ZR 562/15und<br />

XI ZR 233/16, BGH-Urteile vom 4.Juli<br />

2017).<br />

Die Richter haben damit eine jahrelange<br />

Hängepartie beendet –mehrereOberlandesgerichte<br />

hatten in der Frage, ob die<br />

Rechtslage für Verbraucherkredite auch<br />

bei Firmenkunden gelte, in der Vergangenheit<br />

unterschiedlich entschieden.<br />

Den Einwand, Geschäftskunden seien<br />

unter anderem mit Blick auf ihre Fachkenntnis<br />

über Kredite weniger schutzbedürftig<br />

als Privatkunden, wischten die<br />

BGH-Richter vom Tisch.<br />

Die Anwälteder beklagten Banken hatten<br />

vergeblich angeführt, dass die Prüfung<br />

der Kreditwürdigkeit im Fallevon Unternehmen<br />

einen deutlich höheren Aufwand<br />

verursache. Auch die Tatsache,<br />

dass Unternehmen Kreditgebühren<br />

steuersenkend beim Finanzamt geltend<br />

machen können, ändert laut Karlsruhe<br />

nichts daran, dass die Gebühren unzulässig<br />

sind. Vielmehr gilt auch gegenüber<br />

Unternehmern der Grundsatz, dass für<br />

die Erbringung vonTätigkeiten, zu denen<br />

eine Vertragspartei gesetzlich oder<br />

nebenvertraglichverpfl<br />

ichtet ist oder die<br />

sie überwiegend im eigenen Interesse erbringt,<br />

ein Entgelt von der anderen Vertragsseite<br />

grundsätzlich nicht zu zahlen<br />

ist.<br />

Geklagt hatten zwei Unternehmen, die<br />

nun insgesamt 43 500 Euro zurückbekommen<br />

–ineinem Fall 30 000 Euround<br />

in einem weiteren Fall 13 500 Euro.<br />

Obendrein müssen die beklagten Institute<br />

ihren Kunden Zinsen für die zu Unrecht<br />

kassierten Gebühren zahlen.<br />

Die Kreditbranche steht damit voreinem<br />

gigantischen Loch. Nach Schätzungen<br />

vonVerbraucherschützern haben Banken<br />

allein von Verbrauchern rund 13 Milliarden<br />

Euro Gebühren zuUnrecht kassiert.<br />

Im Fall der Unternehmenskredite dürfte<br />

die Summe noch einmal deutlich höher<br />

liegen, glauben die Verbraucherschützer.<br />

Da die Bearbeitungsgebühren mitunter<br />

bis zu zwei Prozent der Darlehenssumme<br />

betragen, stellt das Urteil die Finanzbranche<br />

in Zeiten von Null- und Negativzinsen<br />

vor ein beachtliches Problem.<br />

Pikant: Während Privatkunden versucht<br />

sein könnten, auf eine Rückforderung zu<br />

verzichten, weil die Abschluss- und Bearbeitungsgebühren<br />

angesichts eher kleiner<br />

Kreditbeträge vielfach nur einige<br />

Hundert Euro ausmachen, stehen Unternehmensverantwortliche<br />

inder Pfl<br />

icht,<br />

eine Erstattung einzufordern –tun sie das<br />

nicht, könnten sie vonden Gesellschaften<br />

unter Umständen persönlich haftbar gemacht<br />

werden. Anwaltskanzleien wittern<br />

dementsprechend bereits gute Geschäfte,<br />

zumal im Geschäftskundenbereich<br />

mitunter sechsstellige Beträge verhandelt<br />

werden dürften.<br />

Gut für die Betroffenen: Ähnlich wie<br />

schon bei der Entscheidung zuVerbraucherkrediten<br />

dürfte die Verjährung der<br />

Ansprüche kein großes Thema sein. Gewöhnlich<br />

verfällt der Rückforderungsanspruch<br />

innerhalb von drei Jahren. Demnach<br />

wären zumindest alle Verträge, die<br />

ab 2014 geschlossen wurden,anfechtbar.<br />

Einige Fachleute gehen sogar davon aus,<br />

dass eine Frist vonzehnJahren gilt –damit<br />

könnten sogar Firmenkredite aus<br />

dem Jahr 2007 bei Rückforderungen eine<br />

Rolle spielen.<br />

Andreas Fier<br />

Stephan Dröge,<br />

Freiberuflerbetreuer,<br />

Sparkasse Münsterland Ost.<br />

Dr. med. Jens Quakernack,<br />

GYNMÜNSTER<br />

Operative Gynäkologie,<br />

Münster.<br />

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