Wiehre Magazin, Ausgabe Mittel-/Oberwiehre (November 2017)
Leidenschaft für die Bühne! Tänzerin, Sängerin, Schauspielerin: Juliane Hollerbusch ist ein Allround-Talent.
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Solidarisch wirtschaften<br />
statt Hunger durch Konzerne<br />
Wirtschaften für die Bedürfnisse, nicht für den Profit: solidarisch, sozial<br />
verantwortlich, ökologisch und selbstbestimmt demokratisch – wie kann das gehen?<br />
Es gibt vielfältige Ansätze in allen<br />
Lebensbereichen, zum Beispiel beim<br />
Wohnen und Arbeiten oder bei der<br />
Technologieentwicklung. Ein Beispiel für<br />
selbstbestimmte Lebensmittelproduktion<br />
ist die GartenCoop, die in Tunsel, 18 Kilometer<br />
südlich von Freiburg, Gemüse und<br />
Getreide ökologisch anbaut – nicht als<br />
Waren für den Markt, sondern für fast 300<br />
Vereinsmitglieder. Diese finanzieren den<br />
Hof mit Darlehen und laufenden Beiträgen.<br />
Die GartenCoop ist eins von mehr als 160 Projekten<br />
der „Solidarischen Landwirtschaft“, kurz<br />
SoLaWi, in Deutschland. Unabhängig von ihrer<br />
Rechtsform folgen die SoLaWis genossenschaftlichen<br />
Grundsätzen. Ihr Ziel ist nicht, möglichst<br />
viel Gewinn zu erwirtschaften, sondern für ihre<br />
Mitglieder gesunde, regional erzeugte Lebensmittel<br />
anzubauen.<br />
Unter ganz anderen Bedingungen arbeitet zum<br />
Beispiel in Barquisimeto, im venezolanischen<br />
Bundesstaat Lara, der Kooperativenverbund<br />
Cecosesola. Zu ihm gehören viele Landwirtschaftskooperativen<br />
sowie ein Gesundheitszentrum<br />
und ein Bestattungsinstitut. Mit großen<br />
Gemüsemärkten versorgt Cecosesola nicht nur<br />
die eigenen Mitglieder, sondern etwa 50.000<br />
Familien, und leistet damit – gerade in den aktuellen<br />
Krisenzeiten – einen wichtigen Beitrag<br />
zur Versorgung der Nachbarschaft.<br />
Beide Projekte, sowohl die GartenCoop als auch<br />
Cecosesola, und viele weitere Kooperativen<br />
weltweit, sind ermutigende Beispiele<br />
für Ernährungssouveränität,<br />
also für die Selbstbestimmung<br />
über die Herstellung der Lebensmittel.<br />
Diese hat das Potential,<br />
alle Menschen satt zu machen.<br />
Das fand der Weltagrarrat heraus,<br />
der Anfang des Jahrhunderts auf<br />
Initiative der Weltbank gegründet<br />
wurde, um zu untersuchen, wie<br />
der Hunger auch bei wachsender<br />
Weltbevölkerung überwunden<br />
werden kann. Die ExpertInnen<br />
legten 2008 den Weltagrarbericht<br />
vor, der besagt, dass nur eine<br />
kleinbäuerliche, ökologische Landwirtschaft<br />
dazu in der Lage ist. 58 Länder unterzeichneten<br />
den Bericht und schlossen sich damit seinen<br />
Empfehlungen an – Deutschland leider nicht.<br />
Die landwirtschaftliche Realität geht in die<br />
entgegengesetzte Richtung. Multinationale<br />
Konzerne nehmen sich Land, Wasser und Bodenschätze,<br />
und vertreiben die eingesessene<br />
Bevölkerung, die damit ihre Lebensgrundlagen<br />
verliert. Dieses Landgrabbing findet nicht nur in<br />
Afrika und Asien sondern auch in Europa, und<br />
auch in Deutschland statt. Mit ihren Monokulturen<br />
zerstören Agrokonzerne die Artenvielfalt,<br />
dominieren Saatgutmärkte und versuchen aktuell,<br />
das Verbot des Ackergiftes Glyphosat durch<br />
die EU zu verhindern.<br />
In Berlin gehen jedes Jahr im Januar LandwirtInnen<br />
und viele andere unter dem Motto „Wir<br />
haben es satt“ auf die Straße. Gemeinsam mit Via<br />
Campesina, einer Vereinigung von KleinbäuerInnen<br />
und Landlosen, die sich schon seit den<br />
1990er Jahren weltweit für Ernährungssouveränität<br />
einsetzt, fordern sie mit dieser bundesweiten<br />
Demonstration den Stopp der industriellen<br />
Landwirtschaft und die Förderung bäuerlicher<br />
Betriebe. Am Beispiel der Landwirtschaft wird<br />
deutlich, dass Solidarisches Wirtschaften keine<br />
Kuschelnische ist, sondern dass politische Auseinandersetzungen<br />
dazu gehören.<br />
Elisabeth Voß<br />
Die Autorin arbeitet als freiberufliche Publizistin<br />
und Betriebswirtin in Berlin. Sie beschäftigt sich<br />
schon lange mit Ideen und Praxen<br />
alternativer Wirtschaftsweisen. 2015<br />
hat sie ihren „Wegweiser Solidarische<br />
Ökonomie ¡Anders Wirtschaften ist<br />
möglich!“ veröffentlicht, herausgegeben<br />
vom alternativen Unternehmensverband<br />
NETZ für Selbstverwaltung<br />
und Selbstorganisation (AG<br />
SPAK Verlag).<br />
www.elisabeth-voss.de<br />
Vortrag und Diskussion mit Elisabeth<br />
Voß, „Solidarische Ökonomie“,<br />
23. <strong>November</strong>, 19 Uhr,<br />
Uni Freiburg KG I, Raum 1009<br />
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