28.11.2017 Aufrufe

Hamm, Unna, Hagen - coolibri Dezember 2017

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

INTERVIEW<br />

„ B e l a n g l o s e<br />

B i l d e r w u r d e n<br />

e x t r e m<br />

i n t e r e s s a n t “<br />

Das Ruhrgebiet. Die 80er-Jahre. Noch als Schüler ging der damals 19-jährige Reinhard Krause mit Kamera auf Fotopirsch<br />

und hat 2500 Filme durch die Kamera gejagt. Daraus ist jetzt der Bildband „Woanders is auch scheiße!“ entstanden – ein<br />

nostalgisches Zeitzeugnis in Schwarz-Weiß. Sebastian Ritscher hat mit Reinhard Krause über das Ruhrgebiet früher und<br />

heute, die beste Kamera und sein Lieblingsbild gesprochen.<br />

200 Fotos haben es in Ihren Bildband geschafft. Wie viele Fotos<br />

haben Sie überhaupt aus dem Ruhrgebiet der 80er-Jahre?<br />

Ich habe jetzt alle Bilder dem Ruhrmuseum geschenkt und dabei<br />

haben wir durchgezählt. Es sind 2500 Filme und 3000 Dias.<br />

2500 Filme? Das klingt nach einem teuren Hobby.<br />

Ein Film hat damals vier oder fünf Mark gekostet, da kam einiges<br />

zusammen. Aber ich habe das auch nicht als Hobby verstanden.<br />

Ich habe mich schon in der Schule sehr für Fotografie interessiert<br />

und hatte damals schon vor, das beruflich zu machen und Fotografie<br />

zu studieren. Es hat allerdings gedauert, bis ich einen Platz bekommen<br />

habe.<br />

Was haben Sie in der Zwischenzeit gemacht?<br />

Ich hatte viele Gelegenheitsjobs. Ich habe zum Beispiel bei einer Versicherung<br />

Akten vernichtet oder über eine Zeitarbeitsfirma bei Krupp als Anschläger<br />

gearbeitet. Dabei habe ich schwere Metallteile an einen Kran gehängt.<br />

Einer meiner Jobs war auch als Laborant bei einem Fotografen in<br />

der Messe Essen. Dort habe ich dann Kontakt zu Zeitungen aufgebaut und<br />

kleinere Aufträge bekommen und ich konnte als Fotograf für die Messe<br />

Essen fotografieren. So kam ich auf meine Kosten.<br />

Und die Fotos im Bildband? Waren das Auftragsarbeiten oder reine Privataufnahmen?<br />

Einige Fotos sind im Auftrag auf Terminen für Zeitungen entstanden. Viele<br />

Fotos habe ich aber aufgenommen<br />

und anschließend an die Redaktionen<br />

rumgeschickt. Ich habe schon fotografiert,<br />

um die Bilder zu publizieren. Ich<br />

habe mir immer ein Thema gesucht,<br />

um die Bilder als Illustrationsfotos anbieten<br />

zu können. Für die taz habe ich<br />

etwa auf skurrile Fotos geachtet, für<br />

die Rubrik „Augenblicke“.<br />

Haben Sie denn ein Lieblingsfoto?<br />

Puh, schwierige Frage. Wenn, dann ist<br />

das wohl das Bild des Arbeiters, der vor<br />

der Schicht bei Krupp ein Nickerchen<br />

macht. Das ist eines der Bilder, die ich<br />

6<br />

Reinhard Krause<br />

Krauses Lieblingsfoto. Ein Nickerchen nach der Krupp-Schicht.<br />

besonders mag, weil es das erste ist, welches ich veröffentlicht<br />

habe. Es hing im Folkwang-Museum bei einer Ausstellung zum<br />

Thema „Wie lebt man im Ruhrgebiet?“. Es kam in den Katalog<br />

und wurde auch bei Aspekte gezeigt. Das hat mich motiviert,<br />

weiter in Richtung Fotografie was zu machen. Sonst wäre ich<br />

wohl immer noch bei einer Zeitarbeitsfirma (lacht).<br />

Mit was für einer Kamera ist die Aufnahme denn entstanden?<br />

Die Kamera die ich hatte, habe ich von meinen Eltern geschenkt bekommen.<br />

Damals dachte ich zwar noch, ich bräuchte eine Profikamera, aber<br />

mit der einfachen Kamera konnte man die besten Fotos machen.<br />

Warum?<br />

Die hatte ich schließlich immer dabei und das war damals gar nicht so normal.<br />

Dadurch, dass ich sie ständig dabei hatte, sind die interessantesten<br />

Bilder entstanden.<br />

Was war ihnen damals beim Fotografieren wichtig?<br />

Ich wollte Situationen haben, die so authentisch wie möglich sind. Ich<br />

wollte als Fotograf keinen Einfluss nehmen und die Leute sollten nicht auf<br />

meine Kamera reagieren.<br />

Haben Sie auf eine bestimmte Technik geachtet? Die Fotos wirken nicht<br />

gerade verspielt, sondern relativ klar in ihrer Gestaltung und Aussage.<br />

Die Idee war, zu versuchen, nicht zu überästhetisieren, sonst kommt man<br />

schnell dazu, zu verfremden. Es sollte<br />

authentisch sein.<br />

Die meisten Fotos sind schwarz-weiß.<br />

War das ein gestalterisches Mittel?<br />

Nein. Schwarzweißfilme waren günstiger<br />

und außerdem hat man im Profibereich<br />

schwarz-weiß fotografiert. Ich<br />

habe die Fotos ja an die Zeitungen geschickt<br />

und die wollten keine Farbbilder.<br />

Ich weiß auch nicht unbedingt, ob<br />

die Fotos in Farbe besser gewesen<br />

wären. Trotzdem habe ich zum Glück<br />

auch mit Farbe experimentiert. So habe<br />

ich auch ein paar Stimmungsbilder

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!